Donnerstag, 1. Januar 2009

Auf ein Neues!

Alles Gute fürs Neue! Uns allen wünsche ich in diesem Jahr Gesundheit, Glück und Gelassenheit - und viel Klarheit.

Bald wird uns die Zahl 2009 so selbstverständlich von der Hand gehen, wie 'bis eben' noch die des alten Jahres ... und irgendwann im Januar wird sich auch kaum einer mehr verschreiben, wie immer. Und da jedes Jahr wie ein Neuanfang ist, steht auch bei mir der heutige Tag im Zeichen ... des Alten. Dolmetschern und Übersetzern geht es wie Ärzten und Apothekern: Wir sind potentiell immer im Einsatz. Und da in acht Tagen mal wieder ein Job im Bereich Marktforschung ansteht, pauke ich Vokabular zu Design, Inneneinrichtung, hochwertiger Küchenausstattung. Und wiederhole, was ich über das französische Kinojahr 2008 weiß - für einen noch nicht sicheren Job kurz darauf ...

Hier bin ich mitten in den Themen des neuen Jahres - Wirtschaft, Arbeit und Geld. "Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles" - wusste schon der alte Geheimrat. Und viele Fausts auf vielen Ebenen haben ihre Seele dem Teufel verkauft, das wussten Insider schon lange. Dass mit dem Spekulieren auf fallende Getreidepreise ebenso "Geld verdient" werden konnte wie mit dem steigenden Preis des gleichen Guts, um nur ein Beispiel zu nennen, hatte nicht nur ich nicht verstanden - ich mutmaßte damals schon, dass diese Art von "Ökonomie" ja dem Glücksspiel verwandt sein müsse. Nun wussten viele, die eigentlich die Sache hätten steuern müssen, dass etliche Getreidesäcke leer waren, auch so könnte der inzwischen zu Gemeingut gewordene Begriff "Leerverkäufe" interpretiert werden.

Inzwischen schreiben die Zeitungen, dass die Börsen zu Casinos verkommen waren. Langer Rede kurzer Sinn: Das Chaos war programmiert, und dass so wenig Menschen parallel zum Geschehen die Hintergründe erfuhren, liegt auch (aber nicht nur) an der immer schlechteren Bezahlung der freien Pressevertreter, denen seit Jahren somit immer weniger Zeit für gründliches Arbeite bleibt.

"Leerverkäufe" (eigentlich Verkäufe von Aktien, die einem nicht gehören, siehe oben) haben wir seit Jahren auch in der Sprache. Das Wort "Minuswachstum" ist so eines, wenn Rückgänge gemeint sind. Sprache beschreibt und informiert nicht nur, sie kaschiert oft Meinungen. Ein anderer mag den gleichen Vorgang "Gesundschrumpfen" nennen, auch das klingt nach Wertung: manches, das zu groß wird, ist ungesund, ein "Wasserkopf", ein Furunkel oder vielleicht ein Parasit, der die Gesundheit seiner Wirtspflanze beeinträchtigt und möglicherweise ihren Fortbestand gefährdet. Wie in anderen Blogeinträgen ausgeführt: als Dolmetscherin habe ich außerhalb des häuslichen Abendbrottisches keine Meinung, denn mein Beruf besteht ja darin, eins zu eins das Gesagte wiederzugeben und somit zum Fortgang mancher Diskussion beizutragen.

Doch muss ich hellhörig sein, wie sich Sprache verändert. Ich finde - und hier spricht die Dolmetscherin ohne jede Wertung - dass sie in Zeiten ideologischer Kämpfe ärmer wird. Gerade ist die Sprache notleidend. Noch ein Beispiel: das Verb "sparen" wird seit einigen Jahren fast ausnahmslos im Sinne von "EINsparen" verwendet, die Vorsilbe "ein-" bringt eine sprachliche Verengung des Begriffs mit sich im Sinne von "Reduzierung von Ausgaben" oder "Verminderung des Verbrauchs". Der ursprüngliche Sinn des Wortes "sparen" ist ein anderer: heute für ein positives Ziel (das in der Zukunft liegt) auf etwas zu verzichten. Das kann Geld sein, das man zur Erfüllung eines Wunsches zurücklegt, oder aber "ich spar' mir 2009 den Zucker im Kaffee", weil ich weiß, dass zu viel Zucker ungesund ist, ich handle also bewusst für mich. Und auch der "Bausparvertrag" heißt so, weil ich fürs Bauen spare, und nicht, weil ich mir das Bauen sparen will.

Ausgehend vom guten Vorsatz zurück zum Neujahreswunsch "Klarheit": Ich wünsche uns, dass möglichst viele die Krise dazu nutzen mögen, die Grundfesten der Gesellschaft zu überdenken - und auf dass wir alle uns beherzt dafür einsetzen,
die zentralen Begriffe wieder mit
ihrem eigentlichen Sinn zu füllen.

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