Donnerstag, 20. Januar 2022

COVIDiary (466)

Erst hat der Ber­liner Mor­gen­himmel zart vor sich hin­ge­rötet, dann schlug die graue Wol­ken­decke über Ber­lin zu, gegen Mit­tag tau­mel­ten 13 Flöck­chen vom Him­mel und konn­ten es selbst nicht glau­ben. Das Jahr ist noch so neu, trotz­dem hat es gerade kein Licht für uns üb­rig. Es ist kalt, feucht, win­dig, der Spa­zier­gang gerät zur Mut­probe. Im Bü­ro: Rou­ti­nen. Bon­jour, hier schreibt eine Dol­met­scherin und Über­setzerin über ihren All­tag.

Einer von drei Arbeitsplätzen
Auf dem Schreibtisch:

⊗ Behördentermin für ei­ne Kun­din ver­ein­baren
⊗ Ver­dol­met­schung einer Ehe­schlie­ßung an Kollegen wei­ter­ge­ben (Englisch)
⊗ Mar­ke­ting­kon­zept kor­ri­gie­ren und behut­sam ergänzen (ich kenne den Ver­leiher gut)
⊗ Über­setzung eines Woh­nungs­kauf­ver­trags erstellen und zur Be­glau­bi­gung durch die Kol­le­gin vor­be­rei­ten

⊗ Vokabel­liste des letzten Ein­sat­zes ak­tuali­sie­ren, da gab es min­des­tens zwan­zig Neu­zu­gänge
⊗ Kos­ten­vor­an­schläge
⊗ Einen Agentur­an­frage absagen, die Kon­di­tionen stimmen nicht
⊗ Schreib­tisch auf­räumen

Coronews: Gestern gab es zum ers­ten Mal seit Pan­de­mie­beginn in Deutsch­land 100.000 do­ku­men­tier­te neue Fäl­le an nur einem Tag. Den Fach­leu­ten zufolge, sind schon jetzt die La­bor­ka­pa­zi­tä­ten knapp. Die da­zu­ge­hö­rigen Sta­tis­ti­­ken sind nicht erst seit heu­te mit Vor­sicht zu genießen. Die Info mit den Fax­ge­rä­ten in den Ge­sund­­heits­­äm­tern war 2020 ein Schock fürs Pub­likum und ein Of­fen­ba­rungseid für die Ver­wal­tung. Nach­dem einige Zeit­lang unser Stadt­teil Neu­kölln mit über 1000 als der zweit­höchsten In­zi­denz Deutsch­lands Schlagzeilen ge­macht hat, steht jetzt das (fast) be­nach­barte Berlin-Mitte mit über 2000 im Fokus der Auf­merk­sam­keit und an der Spitze sämt­licher Bundes­länder.

Schreibtisch mit zwei Monitoren, auf denen ein Redner zu sehen ist
Ein anderer: Online-Dolmetschen
Wie glücklich bin ich, dass ich der­zeit über­wie­gend von Zu­hause aus arbeiten kann. Ich brauche auch keinen Win­ter­urlaub oder anderes, was mich in die Ge­fah­ren­zone brin­gen würde. In vielen Ski­ge­bieten ist derzeit so wenig los, dass ganze Branchen um ihre Exis­tenz fürch­ten, so eine Kol­legin, die in Öster­reich lebt und vom Ende des dor­ti­gen drei­wö­chigen Lock­downs be­richtet hat.

Und natür­lich fällt mir beim Wort "Ski­ge­biet" der gestern auf einer fran­zö­si­schen Ski­pis­te töd­lich ver­un­glückte fran­zö­sische Schau­spie­ler Gas­pard Ul­liel ein, den ich wie­der­holt do­lmet­schen durfte. Er­schüt­ternd, so jung aus dem Leben ge­ris­sen zu wer­den und ir­ri­tierend, dass es so etwas wie einen Ski­tou­ris­mus der­zeit offenbar doch gibt. Die fran­zö­sische Sta­tis­tik weiste an Ul­liels Todes­tag 436.167 do­ku­men­tierte Neu­in­fek­tionen und am 16.1. eine In­zi­denz von 3098,2 aus. Am späten Nach­­mit­­tag das Stut­zen beim Blick in den Ka­len­der: Heute ist der Jahres­tag der Wann­see­kon­ferenz. Puh! Das ZDF hat dazu einen Film in der Media­thek, spä­ter ansehen.

Erst­mal weiter mit All­tags­ar­beit, alten und neuen Rou­tinen sowie Hör­bü­chern beim abendlichen Kochen: Ich höre gera­de Emile Zola, da fin­det sich ei­ni­ges im Netz. Und freue mich am Fa­mi­lien­spra­chschatz. Vokabelnotiz vom gro­ßen kleinen Nicht­chen, das nicht mehr lange zwei Jahre "alt" ist: ihr fiel neulich das Wort für "Mund­schutz" nicht ein, sie hat fröhlich mit "Mund­klei­dung" variiert. Sie hat die Sprach­be­ga­bung der Familie ge­erbt. Wie schön!

Und in der Nacht schneit es dann wirklich.

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Foto: C.E. (Archiv)

Samstag, 15. Januar 2022

COVIDiary (463)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerin­nen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher ar­beiten seit Beginn der Pan­demie we­ni­ger als zu­vor, al­ler­dings ist die Ar­beit for­dern­der als frü­her. Manche Einsätze sind mir trotzdem ein Fest. 

Diesen Ring gebe ich Dir!

Samstagsarbeit! Freun­din­nen ver­hei­raten gehen ... Fast auf den Tag genau vier Jahre nach der ersten gleich­ge­schlecht­li­chen Hoch­zeit, die ich begleiten durfte, bin ich wieder im Stan­des­amt aktiv. Ehe­schlie­ßun­gen sind immer schick: Per­sonal überschaubar, Text im Vor­hin­ein be­kannt, das ist Routine. 

Und ich habe neben dem Dol­met­schen die Chan­ce genutzt, Sym­bol­bilder zu schießen. 

Dabei spiele ich be­wusst mit den Gren­zen des Fo­to­gra­fier­baren und der Foto­gra­fie, nutze auch Pho­to­shop, bilde mich weiter. Voilà ! Außerdem bin ich die Mas­ken­ge­sichter satt, auch wenn ich weiß, wie wich­tig Masken sind.

Brautsträuße, bewusst unscharf

Früher hieß es (von Stan­des­be­am­ten an Bräu­tigam): "Jetzt dürfen Sie die Braut küssen!" 

Diese Pers­pek­ti­ve war hier mehrfach ver­än­dert, au­ßer­dem pan­de­mie­bedingt im sehr kleinen Kreise: Stan­des­be­amtin, Ehe­frauen, zwei Trau­zeug­in­nen plus die Dol­met­scherin. So wird es niemanden überraschen, dass das einzige männ­li­che Wesen im Raum der Hund einer der Trau­zeu­ginnen war.

Bei "Jetzt dürfen Sie ein­an­der küssen!" durf­ten die Bräu­te übrigens ihre Masken ab­neh­men.

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Fotos:
C.E.

Freitag, 14. Januar 2022

­COVIDiary (462)

Wie wir Sprach­ar­bei­ter:in­nen ar­beiten, genauer Konferenz­dol­met­scher und Über­set­zer, beschreibe ich hier. Wir in­ter­na­tio­nal tä­ti­gen Simultandol­met­sche­rin­nen rei­sen nor­ma­ler­wei­se viel. Durch Co­ro­na ar­beiten wir indes immer öf­ter online.

Zeichnen als Entspan­nungs­technik
 

 

er Früh­ling naht in Riesen­schritten! Es wird mor­gens jetzt deutlich früher grau als noch vor ei­nem Monat! Und die Abend­run­de müs­sen wir nicht mehr in der Mitte des Nach­mit­tags gehen, sie rutscht lang­sam in Rich­tung späterer Nach­mit­tag.

Arbeit die­se Woche: Elf Stun­den Dol­met­schen für ei­nen Stamm­kun­den und Über­set­zungs­ar­beit, Privat­kor­res­pon­denz und Film­ex­po­sé für eine Ber­li­na­le­teil­nah­me.

In Pandemie­zeiten dol­metsche ich über­wiegend kon­sekutiv. Den Kun­den, ein trina­tionales Kon­sor­tium, be­gleite ich jetzt im vier­ten Jahr, bin also über viele Ab­läufe auf dem Lau­fen­den. Daher be­rech­ne ich keine Er­schwer­nis­zu­lage wegen der stark er­mü­den­den On­line­ar­beit.

Mein POV: Hinter der Besprechungsraumsoftware ist die Tischvorlage

Positiv ist auch, dass das Team gut auf mich auf­passt. Ich arbeite hier al­lein (wie bei Kon­se­kutiv­dol­metschen üb­lich). Das Team gönnt mir Pau­sen, es wieder­holt ge­dul­dig, falls was nicht durch­kam oder klar war, und es gibt bei etlichen Sit­zungen auch einen bis zwei Mehr-oder-weniger-Zwei­spra­chi­ge im vir­tu­el­len Kon­­fe­­renz­saal, die mir in Zweifels­fäl­len weiterhelfen, Vo­ka­beln zuschieben (was sonst die Auf­ga­be ei­ner Kol­legin wäre), Dinge klar reformulieren. Denn einige dieser Sitzungen wa­ren Ak­tio­närs­ver­samm­lun­gen, da muss ich mich noch weiter ein­ler­nen.

Sonst habe ich ver­stärkt dem Sofa ge­frönt, mich aus­geruht, ge­le­sen oder Hör­bü­chern ge­lauscht, denn solche Hirn­höchst­leis­tun­gen sind nur mit aus­rei­chend Aus­gleich mög­lich.

Ach, wie schön es doch ist, ein gemütliches Zu­hau­se zu haben.

Noch eine Pixelskizze
Beim Gang zum Augenarzt sehe ich dann am Bahn­­steig den Augen­win­keln ein Foto, das ich rasch als Ge­dan­ken­stütze knipse: "Hei­mat neu ent­decken", die Auf­schrift der Plastik­tü­ten dieses Ob­dach­losen, war einmal der Slogan einer Su­per­markt­kette mit rotem K. Unsere Ge­gend wurde in den letzten 15 Jahren turbogen­tri­fi­ziert, in kras­sem Ge­gen­satz dazu steht der Abstieg der nächstgelegenen U-Bahn-Halte­stelle von "ein wenig ver­lot­tert" zu "furcht­bar ab­sto­ßend". (Seit Jahren gehe ich nor­ma­ler­wei­se zu Fuß zum Kottbusser Tor, aber heute fällt Regen.)
"Unser" "Haus­bahn­hof" Schön­lein­straße ist be­rühmt-be­rüch­tigt.

Das Wort "Geis­ter­bahn­hof" war mal an­ders be­legt


Nahezu die ganze Stadt kennt ihn als Auf­ent­halts­ort von Dro­gen­ab­hän­gi­gen und Ob­dach­lo­sen. Die Hilf­lo­sig­keit von Bezirk und BVG spricht Bän­de; ge­ra­de Letzte­re reißt lieber Wit­ze als sich selbst am Rie­men. Links das Bei­spiel der "Sym­pa­thie­kam­pag­ne" vom letzten Herbst.

Seit Jah­ren werden im­mer wie­der Anläufe unternommen, den Bahnhof zu re­no­vie­ren, aber nichts wird wirklich verbessert. Mit Jahresbeginn wurde er fast ein wenig illegal, denn ab 2022 sollte der öf­fent­li­che Personen­nah­ver­kehr (ÖPNV) in Deutsch­land eigentlich durch­ge­hend bar­rie­re­frei sein, so zu­min­dest eine UN-Kon­ven­tion zur Stärkung der Rechte Behin­der­ter, die auch von Deutsch­land ra­ti­fi­ziert wurde. Und ge­nau das ist er natür­lich nicht, son­dern auch für Fuß­gän­ger ei­ne Zu­mu­tung.

Schon vor Jahren verglich ein Tages­spie­gel­leser diesen Bahn­hof mit "Hie­ro­ny­mus Boschs Ge­mäl­de von der Hölle". Und ja, der Urheber dieses Zitats, Jef­fer­son Chase, übrigens ein Übersetzerkollege, hat recht. Einmal bin ich beim Rein­kom­men und et­was zu schar­fem Um-die-Ecke-Bie­gen auf hal­ber Höhe fast in ein Jun­kie­la­ger hin­ein­ge­stol­pert, das in einer Ecke auf­ge­schlagen wurde: Pappe und Ta­schen am Boden, einer bin­det sich den Arm ab, ein ande­rer er­hitzt etwas auf ei­nem Löf­fel, den er über das Feu­er eines Feuer­zeugs hält, zieht es auf ei­ne Sprit­ze. Seit­her gehe ich dort in gro­ßen Bögen.

Der Geruch in die­ser Unter­welt war schon im­mer infernal. Die FFP2-Mas­ken helfen ein we­nig. Ich kenne Fa­mi­lien, die des­halb den Kiez meiden.

Ich finde es un­ver­ant­wort­lich von der Politik, dass sie in Sachen Ob­dach­lose nicht schon seit Jahrzehnten aktiv wird. Es gibt ein Men­schen­recht auf Woh­nen, und die ak­tuel­le La­ge kostet unter dem Strich doppelt so viel Geld (durch Sozial­ar­bei­ter, Not­un­ter­künf­te, me­di­zi­ni­sche Kosten, Polizei, Knäste), als den Ob­dach­lo­sen Woh­nungen zu ge­ben. Ich verweise (erneut) auf das sehr er­folg­rei­che Pr­ogramm "Hou­sing first", wo, wie der Name be­sagt, mit dem Woh­nen an­ge­fan­gen wird. Und durch gute Be­glei­tung wer­den Ex­is­ten­zen sta­bi­li­siert, die Aus­fall­quote ist gering.

Bei einer der der Ak­tio­närs­ver­samm­lun­gen dieser Woche war auch die Rede von ihrer Betreuung. Einer der Deut­schen freute sich, mit Clo­chards ein fran­zö­sisches Wort zu kennen. Ich musste ihn ent­täu­schen. Der Be­griff gilt inzwischen als ro­man­ti­sie­rend, in Frankreich ist von SDF die Rede, sans do­mi­cile fixe, ohne fes­ten Wohn­sitz. (Und wir sind inzwischen alle so ver­traut mit­ein­an­der, dass ich als Dol­met­sche­rin sowas kurz bei­steu­ern darf.)

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Illustrationen:
BVG und C.E.
POV:
Point of view (Blickrichtung der Person)

Montag, 10. Januar 2022

COVIDiary (461)

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­terin können Sie hier ­ erhalten. Ich bin Dol­met­scherin für die fran­zö­sische Sprache, und ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen. Seit Beginn der Pandemie arbeite ich meistens von zuhause aus.

Zu Jahres­anfang scheint in der Nach­barschaft schöneres Wohnen an­gesagt zu sein.

Gemälde, das ein elegantes Wohnzimmer zeigt
Berliner Zimmer, Paul Graeb (1865)

Der Weg dahin be­ein­träch­tigt in­des meine eigene Wohn­qua­li­tät. Die eine Nachbarin schleift Böden ab. Die zur an­de­ren Seite dü­beln ein Regal an.

Es klingt nach sechs oder sie­ben Etagen Re­gal­bret­­ter, ich kenne das selbst so. Je­des ein­zel­ne da­­von macht auf jeder Seite zwei bis vier Dübel not­wen­dig. Al­­ler­­dings braucht es meh­re­re An­läu­fe, bis diese in die Wand char­miert werden kön­nen.

Nur Men­schen mit Stur­heit und Talent finden hier die rich­tigen Stellen, an denen sich wirk­lich Löcher in die Wand bohren lassen und nicht gleich wieder alles in hand­tel­ler­gro­ße Stücke zerbröselt. Manch­mal fal­len ei­nem auch ganze Stein­brocken ent­gegen.

Berlin ist bis heute vom zweiten Welt­krieg ge­zeich­net. Unser Haus hatte damals ei­nen grö­ße­ren Scha­den am Dach. In den Obergeschossen sind manche Wand­auf­bau­ten daher höchst aben­teu­erlich.

So dass ich über ein Aus­weich­quartier nachdenken muss, wenn ich ent­spannt ar­bei­­ten möchte. Als Dolmetscherin mit Heimarbeitsplatz ist eine ruhige Um­ge­bung eine Grundlage. Haben derzeit Cowor­king­spaces geöffnet? Sind sie ähnlich un­ter­besetzt wie die erste Klas­se im Zug? Oder wäre ein Ho­tel­zim­mer besser?

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Illustration:
Wikimedia Commons

Samstag, 8. Januar 2022

COVIDiary (459)

Was Dol­met­scher und Über­setzer umtreibt (hier: eine Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin­), beschrei­be ich seit 2007 an die­ser Stel­le. Am Wo­chen­ende wer­de ich pri­vat: Mein Lieb­link zum Sams­tag.

Heute ist es ab Mit­tag fies­grau, nach­dem der Mor­gen noch hell ge­we­sen war. Im­mer­hin hat­ten wir diesen Mo­nat bereits zwei­ein­halb Tage mit Licht und blau­em Him­mel. Wir ha­ben in Berlin bereits Jah­res­an­fän­ge ohne eine Stun­de Son­nen­schein vor Mitte Februar erlebt.

Ein Markt­stand
Win­ter und Co­ro­na zusammen lie­fern mir ein Bild, wie ich es noch nie ge­se­hen habe: Der kleine Sams­tags­markt auf dem Zicken­platz ist so gut wie leer. Es sind we­ni­ge Kun­den, aber auch kaum Händl­er da. Nor­ma­ler­wei­se sind es fünf bis sie­ben Stän­de, da­run­ter bis vor Co­ro­na auch ein Käse­wa­gen.
Hier das sel­te­ne Bild: Markt ohne Markt­stän­de. Denn ein Plu­ral wäre hier wirk­lich ver­fehlt. 

Es gibt nur ei­nen ein­zi­gen Stand. Last wo­man standing: die Markt­frau. Bravo, Danke! Und einen herz­li­chen Dank er­geht auch noch an die Gärt­nerei, die ihre Stän­de wei­ter­be­treibt und mich seit Jah­ren zu zu­ver­läs­sig ver­sorgt: Das ist der Gärt­ne­rin­nen­be­trieb von Blum­berg bei Berlin.

Als Dolmet­scherin arbeite ich oft zu Themen wie Nach­hal­tig­keit, Bio­land­bau, Re­gio­na­li­tät, Frau­en­eman­zi­pa­tion. Mit mei­nen Lebens­mit­tel­punk­ten ver­suche ich, mich auch prak­tisch zu en­ga­gie­ren.

Für Nicht- oder Neu­ber­liner: Der Zicken­platz heißt of­fi­ziell Ho­hen­stau­fen­platz.

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Foto:
C.E.

Sonntag, 2. Januar 2022

COVIDiary (455)

Hal­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ar­beits­ta­ge­buchs gelan­det. Hier fin­den Sie Bilder und Mo­mente aus dem All­tag einer Dol­metscherin in Pan­de­mie­zei­ten. Meine Spra­chen sind Fran­zö­sisch, Eng­lisch und natür­lich auch Deutsch, meine Mut­ter­spra­che. Heute folgen die Sonntagsbilder!

Bleigießen wurde von der EU ver­boten, denn Schwerme­talle sind bekanntlich gif­tig. Umso mehr über­rascht, dass dieses Verbot erst 2018 in Kraft trat, zumal es über­zeu­gen­des Material gibt, das als Er­satz perfekt taugt.

Draufsicht: Bleigießen, Kerze, Löffel, Wasser, Hände
Rock und Tisch perfekt "gematcht"
Wieso dauern wichtige Dinge auf po­li­ti­scher Ebe­ne immer so lange?

Den Jah­res­an­fang haben wir im klei­nen, mehr­fach ge­tes­te­ten Kreise bei Cathe­rine in ihrem Künst­ler­ate­lier am Ufer des Land­wehr­­ka­nals gefeiert. Das Gros der Gäs­te war fran­ko­phon, von Geburt an, außerdem waren zwei Le­bens­ge­fährten von Fran­zö­sin­nen zu­ge­gen so­wie ich, die ich sprach­lich nicht verortet wurde.
Und jetzt kommt et­was, das mir seit Jahr­zehn­ten auf­fällt: Bei einer kleinen Ge­sell­schaft muss nur ein ein­zi­ger eng­lisch­spra­chi­ger Mensch dabei sein, damit alle ins Eng­lische wech­seln, und dass bei Fran­zö­sisch als Haupt­spra­che im Raum alle bei die­sem Idiom bleiben. 

Der eine deutsche Le­bens­­ge­­fähr­­te spricht hervorragend Fran­zö­sisch, der andere noch nicht, bekommt in der Regel eher gröblich mit, worum es geht (aufgrund Frank­reich­ur­lau­ben und Schullatein.) Bei den anderen im Raum ist die Kennt­nis der deutschen Spra­che sehr weit verbreitet, also alle sprechen Deutsch, nicht ohne Akzente und Feh­lern, aber was soll's, das macht doch nichts.

Drei Ladies an einem Kachelofen, einmal als Kinder, einmal als Frauen
Wiedersehen nach 40 Jahren

Diskret schubse ich immer mal wieder ei­nen Sprach­wechsel an. Fasse ge­le­gent­lich das Ge­spräch für den sprach­lich isolier­ten Gast zu­sam­men, was für Heiter­keit sorgt. (Und für Stirn­run­zeln: "Wie kannst du dir das alles mer­ken?") Beim ers­ten Mal wird kurz er­klärt, was und wie ich ar­bei­te, ich ver­dol­met­sche das Ge­sag­te zum Trotz und Be­weis si­mul­tan, noch mehr Ge­läc­hter. Ei­ni­ge Mi­nu­ten lang ver­su­chen sich alle auf Deutsch, dann macht es schwupps! — und es geht auf Französisch weiter.
Zum The­ma­ würden auf Nach­frage wohl al­le sa­gen, dass der gu­te Mann hier eine Chance be­kommt, die Spra­che seiner Liebs­ten zu ler­nen. Er wirk­te sehr ge­las­sen. Meine Em­pathie hat mich den ganzen Abend hin­durch ein wenig un­ru­hig sein lassen.

Nun, ich weiß auch keinen Rat, wo hier anzusetzen wäre. Oder doch, zu allererst bei mir selbst: Ich könnte ge­las­­se­ner sein: Das war Frei­zeit, kein Job. (Dé)formation pro­fes­sion­nel­le über­setze ich mit Be­rufs­(ver)­bil­dung.

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Fotos: C.E. und privat

Samstag, 1. Januar 2022

COVIDiary (454)

Was Dol­met­scher und Über­setzer um­treibt (hier: eine Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin­), be­schrei­be ich seit 2007 an dieser Stelle. Meine Spra­chen sind Franzö­sisch, natürlich Deutsch, und oft auch Englisch als Ausgangs­sprache.

Ins Büro, in dem ich le­se, hat sich ein Ma­ri­en­kä­fer ver­flo­gen! Am letz­ten Tag des Jahres, also mit­ten im Win­ter ... wäh­rend wir vor ei­ni­gen Näch­ten nachts noch zwei­stel­li­ge Mi­nus­be­träge hatten. Der­zeit ist es jetzt tags 13 Grad Cel­sius warm. Ge­sich­tet: Jogger im T-Shirt.

Wahn­sinns­wet­ter­wan­del. Aber ein ein­zel­ner Kä­fer macht noch kein Früh­jahr. Ein gutes neues Jahr al­ler­seits!



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Foto: C.E.