Mittwoch, 3. November 2021

COVIDiary (419)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerin­nen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher ar­beiten seit Beginn der Pan­demie we­ni­ger als zu­vor. Die Ein­sät­ze sind kom­ple­xer ge­wor­den, noch an­stren­gen­der als frü­her. Dies ist eine Fest­stel­lung, keine Be­schwer­de! Wir küm­mern uns schon um uns.

"Je simpler die Antwort auf eine komplexe Frage ist, desto wahrscheinlicher ist sie falsch." Daran musste ich gestern im Zug denken, als ich vom Einsatz zurückkam.

Es gibt Tage und Wochen, da machen mich die einfachen Antworten eines Teils der Gesell­schaft einfach nur müde. Ich muss dann immer sehr aufpassen, gezielt etwas zum Aus­gleich zu machen, zu den Pinseln zu greifen wäre eine Sache, die his­to­ri­schen Fotos zu sortie­ren oder mich mit Lieblings­buch, Tee und einer Woll­decke in den Sessel zu fle­zen, wären solche Aktivi­täten die hel­fen, um an der Menschheit nicht zu ver­zwei­feln. Das sind Tage, an denen ich nur zwei­mal Nach­rich­ten lese.

Wenn ich unter­wegs beim Einsatz bin, geht das we­ni­ger gut, da ist die innere Emi­gra­tion nicht so leicht. Lesen hilft da schon, klassi­sche Musik auch, so­gar Vo­ka­bel­pauk­tran­ce kann hilfreich sein. Zum Glück haben wir Sprach­ar­beiterinnen grund­sätz­lich gute Laune, das hab ich ja ges­tern schon an­ge­deutet. Warum? Die Arbeit ist schwer genug, warum sollten wir sie uns mit schlechter Laune noch schwerer machen?

Hotel: schummrig, Kerze: abgebrannt, Tischlampe: schwach, Badezimmerlampe: gemütlich
Alles eine Fra­ge des Lichts
Es gibt wei­tere Hilfs­mit­tel. Licht ist eins. Der nass­dunk­le Herbst­teil ist an­ge­bro­chen. Schon ges­tern Abend habe ich im Hotel­zim­mer damit be­gon­nen, über Be­leuch­tung nach­zu­den­ken. Nach einem spä­ten Mit­tag­es­sen wie­der zu­hau­se, hilft eine Kerze beim Kaf­fee­. Wie wär's mit ei­ner Le­se­lampe zum Ak­ten­stu­dium am Be­spre­chungs­tisch? Und was ist als neu­es Licht im Bad denk­bar, das Well­­ness­stim­mung schafft?
Jene Para­meter an­zu­ge­hen, die ich selbst ver­än­dern kann, das ist mein Mittel der Wahl für eine po­si­tive Stim­mung. Die alte Zeit wird hier nicht ver­herr­licht: Rien n’est plus res­ponsable du « bon vieux temps » qu’une mau­vaise mémoire.

Auf Deutsch: "Nichts ist so sehr für die 'gute alte Zeit' ver­ant­wort­lich wie ein schlech­tes Ge­dächt­nis." (Anatole France)

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Fotos: C.E.

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