Freitag, 4. Dezember 2020

COVIDiary (212)

Will­kom­men bei mei­nem Blog aus der Ar­beits­welt. Wie Dol­metscher und Über­setzer ar­beiten, ist oft nicht gut be­kannt. Seit die Pan­demie aus­ge­brochen ist, hat sich unsere Arbeit verändert. Dolmetscherkabinen waren gestern.

Dolmetscharbeitsplatz mit Catering

Beim Onlinedolmetschen hat sich inzwischen einiges an Rou­tine eingestellt. Wir ar­bei­ten wei­ter an der Verbes­serung der Akus­tik, testen unterschiedliche Mikrofone und Kopf­hörer, auch für das tech­ni­sche Daten­blatt, das wir un­se­ren Kundin­nen und Kunden zur Verfügung stellen. Ein Sprung nach vorn kam be­reits durch die An­bin­dung des Rechners ans Inter­net durch ein Ether­net-Ka­bel.
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Schönen guten Tag zurück im Zeital­ter der Stolper­fallen! Vielleicht gibt es eine Mö­glich­keit, wie das Kabel auf dem Boden zu fixieren ist, ohne was aufs Parkett kleben zu müs­sen. Noch ein Punkt auf der To-Do-Liste.

Es gibt Technikfirmen, die Kon­fe­renz­interfaces anbieten, die expressis verbis für uns Dol­met­sche­rin­nen gemacht sind. Sie bieten extra Chat­fenster für unsereinen, für die An­bahnung und Durch­führung der Staffel­stab­über­gabe beispielsweise, zum Rein­hö­ren, was die Kollegin macht: Vor allem muss ich sicher sein, dass es bei ihr tech­nisch klappt, sonst werde ich nervös! Aber auch für die Konsistenz des Outputs ist dieses Rein­hören wichtig, damit sich niemand irritiert zeigen muss, weil zum Beispiel, wenn verschiedene Synony­me zur Auswahl stehen, ständig die Be­griff­lich­keit wechselt. (Die männlichen Kollegen sind in diesem Absatz mitgemeint.)

Wichtig ist bei längeren Events auch, eine Springerin/einen Sprin­ger dabei zu ha­ben. Immer wieder mal wackelt eine Leitung. Kollegin Selma war aus Istanbul besser zu hören, als aus Kreuzberg (sagt eine, die in Neukölln in Blick­weite lebt). Am Morgen war ihre Stim­me ungetrübt glockenhell, gegen Mittag traten Artefakte auf. Die Tagung ging schon in die Ziel­gerade, wir hatten gerade im 15-Minuten-Turnus gewech­selt, da gab's kein Zögern: "Gib' her das Mikro, Kollegin, ich mach länger!"

Ihr Mikroknistern war aller­dings nichts im Gegensatz zur vortragenden Denk­mal­pfle­ge­rin, die schon ein­gangs gesagt hatte: "Um 11.45 Uhr kommt der Klavier­stimmer! Als wir den Termin ausgemacht haben, war die Sitzung doch noch als Präsenz­ver­an­staltung geplant."

Der Klavier­stimmer ist pünktlich. Unangekündigt steht dann auch der Geiger des Grauens unter mei­nem Fenster, der Mann, der in drei Takten von La vie en rose zu The Sounds of Silence kom­men kann. Mit seinem schrägen Lächeln macht er trotz erwie­sener Talentlo­sigkeit jeden Markttag einen offenbar zu großen Um­satz, als dass er darauf verzich­ten möchte. Was für eine Kako­pho­nie in meinen Ohren! Und ist der Wech­sel für die geneigte Zuhörer­schaft jetzt wirklich eine Ver­bes­se­rung? Die Kollegin kann ich nicht fra­gen, die dürfte sich geis­tig schon aus­ge­klinkt haben, vor allem müss­te ich parallel zum Dol­met­schen einen komplexeren Sach­verhalt erklären. Ist mein Mikrofon gut genug, dass es die Fiedelei nicht mitnimmt? Schnell ziehe ich ins Garten­zimmer um ... wäh­rend ich dolmetsche. Dort höre ich das pene­trante Quietschen eines Schlagbohrers! Zurück ins Arbeits­zimmer!

Projekt für 2021: Endlich die Dolmetsch­box bauen, die eigene Dolmetscher­kabine, deren Bau im Früh­­jahr schon geplant wurde, was allerdings mangels Mittel ver­scho­­ben werden musste. (Die Bundes­po­li­tik und ihre so­ge­nann­ten Hilfen für uns Selb­stän­dige, ein Trauerspiel!)

Später, ich höre Radio: Warum greifen Ge­heim­dienste via Hacker die La­bore an, die Impf­stoffe gegen die ollen Coro­na­viren entwickeln? Könnte mir das bitte mal jemand erklären?

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Foto: C.E.

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