Dienstag, 31. Januar 2017

2017

Hallo, hier bloggt eine Spracharbeiterin (Französisch und Englisch). Nor­ma­ler­wei­se beschreibe ich typische Alltagsmomente (anonymisiert) oder denke über Wör­ter nach. Wirtschaft, Politik und Kultur sind die Hintergrundmusik.

So, langsam verschreiben Sie sich sicher nicht mehr mit der Jahres­zahl, oder? In Frankreich darf man sich bis zum letzten Tag des Monats Ja­nuar ein gutes neues Jahr wünschen. Mein Postfach war zwischen­durch ebenso vergrippt wie ich, so dass meine schönen digitalen Grußkarten an Kollegen und Kunden gar nicht durch­ka­men. Die gesamte Büro­technik wandert nach der Berlinale zur To­tal­in­spek­tion und Teil­er­neue­rung, damit sowas nicht mehr passiert.
Alles Gute für ein fast noch neues Jahr:  Schönheit, Energie, Licht und  gute Wahlausgänge! Tous mes vœux pour cette année encore assez jeune : De la beauté,  de l’énergie, de la lumière et de bons résultats électoraux ! Vielen Dank für die wunderbare Zusammenarbeit!  Merci beaucoup pour l'excellent partenariat !
Die Zahlensymbole sind nützlich als Mnemotechnik


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Illustration: C.E.

Donnerstag, 26. Januar 2017

... machen Mühe

Hallo! Sie haben die Seiten eines Berliner Blogs angesteuert (oder die Postings abonniert). Hier schreibt eine Dolmetscherin ... über Sprache und den Arbeits­all­tag. Die letzten Einträge waren sehr politisch, wobei es meistens um Trumpoğan ging. Jetzt kehre ich mal zu den ganz einfachen Themen zurück.

Pappkuh zum Ausschneiden, Käsewerbung, "Karoline / Käse aus Dänemark"
Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe
Heute geht es um Wie­der­käu­er aus der Familie der Paar­hu­fer, genauer gesagt um Kühe, die letzten Sommer um die zehn Mo­na­te alt waren. Um Kälber, nein, um Ex-Käl­ber, noch dazu um virtuelle.

Ein bärtiger Herr mit warmen Knopfaugen steht vor der Tür, nennen wir ihn Murat B., er lebt in Berlin und betreibt von hier aus etliche Ge­schäf­te, die bis in die Türkei rei­chen.

In seiner alten Heimat sollten letzten Sommer 60 Kälber aus Frank­reich eintreffen. Nun brach nach Überweisung der Anzahlung im Herkunftsdepartement der Vier­bei­ner ir­gend­ein Virus aus. Der Vertrag wurde storniert, die Rücküberweisung der An­zah­lung steht al­­ler­­dings aus.

Hier komme ich ins Spiel. Murats Mitarbeiterin, die sich sonst um fran­zö­sisch­spra­chi­ge Geschäftspartner kümmert, ist derzeit nicht im Büro. Ich darf jetzt te­le­fo­nie­ren. Wegen dieser Vielfalt liebe ich meinen Beruf.

Nachtrag zur hier erwähnten Kuhnummer von der Grünen Woche von vor einer Woche. Da hatte ein Red­ner für meine Kollegin (Französisch-Muttersprachlerin) tat­säch­lich in Rätseln gesprochen, als er sagte: "Da beißt die Maus kein'n Faden ab: Die Katze ist jetzt aus dem Sack. Und wie Sie wissen, ist die Kuh noch lange nicht vom Eis!"

Will ich diese animalische Reihung bewahren, scheitere ich als Dolmetscherin. Wörtlich übertragen wäre das auf Französisch etwas wie: La souris ne croque pas le fil : Le chat est sorti du sac et la vache n'est pas sauvé de la glace ! Dabei hat der Redner gesagt: Arrêtons de tourner autour du pot : Maintenant, les cartes sont mises sur table ... et on n’est pas sorti de l’auberge !
 
Die Redensartenfolge geht rückübersetzt ins Deutsche so, denn Franzosen haben andere Bilder: "Hören wir auf, um den Topf zu kreisen. Die Karten liegen jetzt auf dem Tisch ... und wir sind aus der Herberge nicht draußen!"

Wir Dolmetscher arbeiten ja immer im Team, eigentlich war die Kollegin dran, die hat aber nur kurz mit den Augen gerollt, ich hab übernommen. In die gleiche Ka­te­go­rie fallen übrigens 80 % der Witze.

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Illustration: Käsekuh (Archiv)

Mittwoch, 25. Januar 2017

Postfaktisch

Im zehnten Jahr führe ich hier mein öffentliches Arbeitstagebuch als Dol­met­scherin und Über­setzerin. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Paris, Berlin, Heidelberg und Marseille — und (fast) überall dort, wo Sie mich brauchen.­

Habe ich hier eigentlich schon das Urban Dictionnary beworben? Wir Sprach­ar­bei­ter abonnieren gerne solche Gimmicks, um uns auf dem Laufenden zu halten.
"Das ist eine sehr interessante Frage. Ich möchte sie nicht durch eine Antwort verderben." John Cage
Netzfund

Wenn Pressesprecher dreiste Unwahrheiten als "alternative Fakten" bezeichnen, findet derlei zuverlässig Eingang in dieses Digitalwörterbuch. Eine andere Möglichkeit wäre, John Cage zu zitieren (siehe links).

Oder aber den französischen Satz: Je vous félicite, c'est une excellente question ! Y a-t-il d'autres questions dans la salle ? (Ich darf Sie be­glück­wün­schen, das ist eine exzellente Frage! Gibt es im Saal weitere Fragen?)

Der Vollständigkeit halber: "Teile der Antwort könnten das Publikum verunsichern!"

Vokabelnotiz
postfaktische Ära — l'ère post-factuelle / post-vérité — the post-truth era


Quelle: Cage, John, Vortrag über nichts, in: Ders.: Silence. Frankfurt am Main: Suhrkamp BS 1193, 1995, S. 6 - 36, Zitat 35. Übersetzt übrigens von keinem ge­rin­ge­ren als Ernst Jandl!
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Illustration: John Cage

Dienstag, 24. Januar 2017

Auf dem Schreibtisch XXXIX

Mitten in ei­nen Blog aus der Ar­beits­welt sind Sie rein­ge­ra­ten: Bon­jour und herz­lich will­kom­men! Hier stehen kurze (anonymisierte) Episoden aus meinem mit­un­ter sehr vielseitigen Alltag, Gedanken zu Kultur und Sprache sowie Hinweise zu meinen Arbeitsfeldern.

Derzeit auf dem Schreibtisch:
  • Umbau der Industrie nach ökologischen Stan­dards
  • Greenwashing
  • Bildungspolitik 
  • Filmfinanzierung (Berlinale calls)
  • Marokko
  • Spritzschutz und Küchenblock

... und zwar für Konferenzen, eine Übersetzung, eine Unternehmensbegehung, eine Delegationsreise, diverse In­ter­views und die Woh­nungs­re­no­vie­rung eines Kunden.
 
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Foto: C.E. (Archiv)

Montag, 23. Januar 2017

Alternativfaktuell

Im 10. Jahr bloggt hier eine Spracharbeiterin (Französisch, aktiv und passiv und Eng­lisch, nur als Ausgangssprache). Nor­ma­ler­wei­se beschreibe ich typische All­tags­mo­men­te (anonymisiert) oder denke über Wörter nach. Wirtschaft, Politik und Kultur sind die Hintergrundmusik.

Ein englischsprachiges Kinderwörterbuch mit durcheinandergebrachtem Wortschatz
Art: Tim O'Brien #alternatefacts
Diese Peter Bichsel-Kurzgeschichte hatte ich hier vor einiger Zeit schon mal erwähnt: In "Ein Tisch ist ein Tisch" fängt ein alter Mann plötzlich an, die Dinge seines Alltags anders zu benennen, als sie bislang geheißen haben. Er tauscht die Wörter wild durcheinander und hat an­fangs Spaß an seiner "Ge­heim­spra­che". Allerdings isoliert ihn diese "eigene" Sprache immer mehr und er zieht sich von der Welt zurück.

Interessant ist zu beobachten, wie Künstler von auf politische Fak­ten­ver­dre­hun­gen eingegangen sind und heu­te eingehen.

Denn ein Neugewählter versucht gerade, die Welt für sich passend zu machen, in­dem er sie anders benennt. Noch schauen alle sehr gut hin. Unsere Awareness ver­dan­ken wir Europäer sicher der Geschichte und auch der Kultur.

Schauen wir zurück und nach England, Lewis Carroll, Humpty Dumpty: "[…] Da hast du Ruhm!" "Ich weiß nicht, was du mit 'Ruhm' meinst", sagte Alice. Humpty Dumpty lächelte verächtlich. "Natürlich nicht – bis ich es dir sage. Ich meinte: Da hast du ein schönes zwin­gen­des Argument!" "Aber 'Ruhm' heißt doch nicht 'schönes zwin­gen­des Argument'", entgegnete Alice. "Wenn ich ein Wort verwende", er­wi­der­te Hump­ty Dumpty ziemlich geringschätzig, "dann bedeutet es genau, was ich es be­deu­ten lasse, und nichts anderes." "Die Frage ist doch", sagte Alice, "ob du den Wor­ten einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst". "Die Frage ist", sagte Humpty Dumpty, "wer die Macht hat – und das ist alles. […]" (Im Original: The question is," said Humpty Dumpty, "which is to be master—that's all.")

Ich denke auch an die Beobachtungen Victor Klemperers aus der Nazizeit, die er unter dem Titel "LTI" veröffentlicht hat. Klemperer, ein Philologe und Romanist aus Dresden, beschrieb und analysierte die Sprache des Dritten Reichs, Lingua Tertii Imperii, daher der geheimnisvolle Titel, aufs Genaueste. Das Buch habe ich als Teenager und junge Erwachsene regelmäßig aus dem DDR-Urlaub in mehreren Ex­em­pla­ren in den Westen mitgebracht und verschenkt. Dort war es so gut wie un­be­kannt; im Osten wurde es eifrig gelesen, von vielen auch mit dem Subtext, die DDR-Sprache zu hinterfragen. In meiner Pariser Zeit, ab 1985, war LTI dort üb­ri­gens völlig unbekannt, was mich sehr irritiert hat. (Die Übersetzung von Eli­sa­beth Guillot erschien erst 1996.)

In der DDR gab es für viele Dinge zwei Begriffe, den offiziellen und den in­of­fi­ziel­len. Viele Menschen haben dabei gelernt, zwischen den Wörtern zu hören und zwischen den Zeilen zu lesen. Der Kultur hat das durchaus auch geholfen, und das ist jetzt nicht zynisch gemeint. Solange solche Verhaltensweisen nicht auf eine tum­be, ungebildete Masse treffen, können sie die Intelligenz steigern helfen. Hof­fen wir also das Beste für die USA, wo das Buch "1984" von George Orwell gerade wieder die Bestsellerliste erreicht. Demnächst werden wissenschaftliche For­schungs­er­geb­nis­se unserer Freunde aus den USA in Märchentexten versteckt.

Spannend ist auch, sich dem Sprichwortschatz und den Literaturen anderer Völker zuzuwenden. Auf Chinesisch gibt es das Sprichwort: "Auf einen Hirsch zeigen und ihn ein Pferd nennen." Oder eben Sprichwörter und Texte übersetzen. Ich wundere mich angesichts der Superreichen der Welt, deren Liste mehrheitlich von Menschen aus eben jenem Land angeführt werden, dessen oberster Machismo diesen Blog­post angeregt hat, |dass es auf Englisch keine Entsprechung gibt für die| dass die eng­li­sche Ent­spre­chung der wich­ti­gen Re­dens­art "Das letzte Hemd hat kei­ne Ta­schen", There are no pockets in a shroud, of­fen­bar kei­ne grö­ße­ren Aus­wir­kun­gen hat ... [EDIT: Dank an Ul­rich Schol!]

Sprachwissenschaftler, Journalisten, Übersetzer, Dolmetscher und die be­rühm­te Frau sowie der Mann von der Straße: Wir müssen alle gemeinsam auf die Grund­la­gen unserer Sprachen aufpassen und Menschen für Lügen- und Falsch­nach­rich­ten sensibilisieren. Und wir Sprachmittler müssen weiter helfen, damit die we­sent­li­chen Werke unserer Länder reisen können. Ein weiterer Kul­tur­schock: Auch "Na­than der Weise" wurde erst sehr spät auf Französisch bekannt, ich weiß nicht, ob es offizielle Übersetzungen vor der von François Rey gibt, diese stammt von 1991.

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Illustration: Tim O'Brien

Sonntag, 22. Januar 2017

Trumpish (II)

Zu­fäl­lig oder ab­sicht­lich sind Sie auf den Sei­ten ei­ner Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin gelandet. Das "Sonntagsbild" ist heute ein Film. Gestern habe ich bereits über Trumpish nachgedacht und einen Pseudotext dieses "Stils" produziert. Hier eine der Vorlagen ... und Original klingt schlimmer. 

"You know what irks me... look, having nuclear... my uncle was a great professor and scientist and engineer, doctor John Trump, at MIT -- good, good genes... very good genes, okay, very smart... the Whar­ton school of finance, very good, very smart... you know if you're a conservative republican... If I were a liberal, if like... O.K., if I ran as a liberal democrat they would say I'm one of the smartest people anywhere in the world — it's true! — but when you're a conservative republican they try... -- oh, do they do a number -- that's why I always start off -- went to Whar­ton, was a good student, went there, went there, did this, built a fort.. you know I have to give, like, my credentials all the time -- cause we're at a little dis­ad­van­taged... but -- you look at the nuclear... the thing that really bothers me... it would have been so easy -- and it's not as as important as these lives are... Nu­cle­ar is so powerful! — my uncle explained that to me many, many years ago -- the power... and that was 35 years ago... he would explain, the power of what's going to happen and he was right! -- who would have thought? -- but, when you look at what's going on with the, eh, four prisoners -- now, it used to be tree, now it's four, but when it was three -- and even now -- I would have said 'it's all in the mes­sen­ger, fellas' — and it is fellas because you know, they don't -- they haven't fi­gured out that the women are smarter right now than the men so, you know, it's gonna take em about another 150 years -- but the Persians are great negotiators -- the Iranians are great negoshi... so, and they they just killed -- they just killed us -- this is horrible -- but I would have said at the beginning: 'Fellas, you gotta let our prisoners go' -- 'it's good for...' 'look, you don't need 'em, you don't want 'em'... it would send a great signal to the United States and it would make the rest of it easier... nothing."


                                     Sun City, South Carolina (2015)

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Transcript: Thank you, Schatz 87!

Samstag, 21. Januar 2017

Trumpish (I)

Bonjour, hello, guten Tag. Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin (DE und FR). Englisch ist nur die Ausgangssprache, die sogenannte passive Sprache — und das auch nicht in allen Themen, die ich als Dolmetscherin sonst bediene. Trotz­dem und gerade deshalb verfolge ich die aktuelle Politik aufmerksam, und wenn auch nur als mitfühlende Kollegin.

Das Unvorstellbare ist passiert, der Bewohner der Dachwohnung des New Yorker Trump-Towers wurde als US-amerikanischer Präsident vereidigt. Er hat den Kol­le­gen aus der Englischfraktion bereits wiederholt Kopfschmerzen bereitet. Besserung ist nicht in Sicht.

America's First Macho müsste dieses böse Sprichtwort gefallen: "Eine Übersetzung ist wie eine Frau. Entweder sie ist schön, dann ist sie nicht treu. Oder aber sie ist treu, dann ist sie nicht schön." Er selbst liefert täglich Beweise dafür — und das Dilemma be­trifft jetzt auch die Dolmetschkollegen. Das ist in diesem Umfang neu.

Eigentlich spricht der Betreffende ein schlichtes Englisch. Linguisten haben sein Sprachvermögen mit den Leistungen von Schülern verglichen: Sie bescheinigen dem mächtigsten Mann Amerikas das Niveau der 5. Klasse. (Nur G.W. Bush liegt leicht darunter.)

"Trumpish" ist trotzdem kein Zuckerschlecken. Man müsse genau hinhören, sagt denn auch Norbert Heikamp, der ihn wiederholt gedolmetscht hat, so auch bei der Amts­ein­füh­rung. Im Spiegel-Interview beschreibt der Englischkollege, was alle Dolmetscher sagen: Wie wichtig Vorbereitung ist und dass es bei gewissen Kalibern allerdings sehr tückisch wird, wenn öffentlich das Gegenteil dessen gesagt wird, was wir auf­grund unseres Informationsmaterials erwarten dürfen.

Derlei sei anstrengender als Themen wie "sensorgestützte Müllsortierung oder Fehl­be­le­gungs­ab­ga­ben in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft" zu dol­met­schen, so Heikamp. Ja, denn bei Fachtagungen "reichen" Vorbereitung plus Er­fah­rung und Routine und die übliche 180-prozentige Wachheit aus. Bei Mr. Re­pe­ti­tions ergibt sich ein überaus un­schö­nes Grundproblem abseits der Wi­der­sprü­che: Die Sprunghaftigkeit und die mi­ni­ma­len Variationen, zu denen er manchmal fähig ist ... und die eher an einen Sketch von Monty Pythons denken lassen als an echte Politik.

Hier ein Beispiel, das diesen Mustern nachempfunden ist: "Das hier ist Donald, ja ... so heißt er, es ist der beste Name der Welt ... Donald badet in Gold. Andere Namen wie Thomas oder George oder Bill sind nicht so toll ... nein, sie sind eher schlecht. Donald ist der Beste ... — Donalds Eltern wussten das. Ich danke meinen Eltern dafür ... Sie sehen jetzt zu. Sie sehen von oben zu ... Thank you. — Donald ist hier ... er ist nicht mehr jung, aber er ist reich. — Jung sein ist nicht gut ... Es ist schlecht, heute jung zu sein. — Als ich jung war, hatte ich eine Zukunft ... was für eine Zukunft! Und ich bin echt schlau. Schlau sein ist gut. Ich habe gute Gene, good stuff. Und ich habe den besten Berater Amerikas, was sage ich, der Welt. Ich bin mein eigener Berater. But okay. Die Welt ist böse, Amerika ist toll. Ich bin toll. Mein Name ist Amerika. — God bless America."

Grundsätzlich zeichnet sich Trumpish durch kurze Hauptsätze aus. DT spricht von sich mal in der ersten Person Singular, mal in der dritten Person Singular und häufig in der ersten Person Plural, in der majestätischen Wir-Form. In freier Sprache vari­­iert er oft die getroffene Aussage mehrfach, dreht in seinen Ver­stär­kungs­wie­der­ho­lun­gen allerdings gerne die Satzbestandteile um, scheint eintretende irrationale Verschiebungen nicht zu bemerken. Der auf­ge­wor­fe­ne Gedanke wird mitunter an­schlie­ßend kurz in einen anderen Kontext gestellt, der häu­fig selbstbezogen ist. Sprunghaft kehrt er dann zu früheren Inhalten zurück, liefert einige seiner knap­pen Urteile und bringt am Ende eine der aus­wen­dig­ge­lern­ten Floskeln unter.

Zum Vergleich: Andere Redner verwenden Haupt- und Nebensätze, arbeiten sich mit rhetorischen Figuren stringent an einem Hauptthema ab, verhandeln er­kenn­ba­re Nebenthemen (oder auch nicht), sie bringen Facetten in ihre Betrachtungen herein, gehen substanziell auf Sorgen oder Grenzen ein, lassen Witz oder Ironie durchscheinen. Ihre Sätze sind unterschiedlich lang, unterschiedlich konstruiert, manchmal pointiert. Gute Reden haben wiedergebbare Inhalte.

Zusammenfassend ist How to Trump wohl mehr eine verbale Tanzanleitung für kurz­at­mi­ges Getrippel, Sidekicks, Rückfallschritte, artikulierte Ge­dan­ken­stol­pe­rer und Übersprungshandlungen bis hin zum Behaupten des Gegenteils.

Das Problem für meinen Berufsstand liegt darin, dass sich Übertragungen eigentlich nicht besser lesen oder anhören dürfen als das Original, wenn wir dem Sprecher ge­recht werden möchten ... (Im Normalfall hübschen wir hier und da schon mal auf, aber im vorliegenden Fall weiß niemand, wo anzufangen und wo aufzuhören ist). Und wer hier getreulich der Vorlage folgt, liefert ein unbefriedigendes Er­geb­nis. Kurz: Das Publikum muss un­ser­einer am Ende für unprofessionell halten.

Hoffen wir, dass die Bevölkerung wach bleibt bzw. aufwacht und sich nicht ver­wir­ren lässt von diesen Worthülsen, bei denen Dichtung, Wahrheit, Wunsch­den­ken, Ab­sur­des und sonstige frei erfundene Bestandteile wild mit­ein­an­der ver­quirlt wer­den. Und wir Sprachprofis aller Bereiche, damit meine ich auch die Presse, müssen sehr wach sein und doppelte Schichten einlegen, damit die Frau und der Mann von der Straße informiert werden. Denn der Papst hat sehr klar dieser Tage fest­ge­stellt: "In Zeiten der Krise versagt das Urteilsvermögen".

Und da wir Dolmetscher uns sonst immer unserer Meinung enthalten und die Aus­nah­me nicht die Regel ist, hier meine Einschätzung: Es wird Zeit, dass das Im­peach­ment kommt. Die Atomcodes in der Hand eines Menschen, der sicher nicht nur auf mich krank wirkt, ist eine brandgefährliche Situation.


Zweiter Linktipp: Der Film "Präsident Donald Trump", Regie: Michael Kirk, USA, 2017, bis ca. Mitte Februar auf Arte+7.
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Foto: ... dazu fällt mir nichts ein ...

Freitag, 20. Januar 2017

Kleiner Brehm

Bon­jour, hello, guten Tag! Hier bloggt ei­ne Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin und -über­set­ze­rin über ihren Alltag (Ich übersetze auch aus dem Englischen). Ich arbeite in Berlin, Paris, Köln, Lyon, Saarbrücken und dort, wo Sie mich brauchen.

Dreierkabinen und Zustelltisch
Am Messegelände
Wenn in Berlin recht zuverlässig Schnee liegt, also in den weißen Wochen, ver­an­stal­tet die Messe Berlin die "Grünen Wo­chen", das Großevent des Jahres in Sachen Landwirtschaft, Tierzucht und ähnliches. Wir graben unsere Lexiken in Sachen Milch­bau­ern und Wasser wieder raus.

Kabinen, so groß wie Luxuslimousinen: Allerdings sind wir nur zu zweit; zu dritt wären wir bei allem, was netto über acht Stunden liegt. Wir richten uns ein.
Die Spanischkollegin stöhnt: 47 Folien einer PowerPointPräsentation für zehn Redeminuten! Sie sitzt noch allein am hinzugestellten Platz. Der S-Bahn-Verkehr ist unregelmäßig.

Ein anderer Redner bringt kurz drauf Brehms Tierleben ins Spiel: "Da beißt die Maus kein'n Faden ab: Die Katze ist jetzt aus dem Sack. Und wie Sie wissen, ist die Kuh noch lange nicht vom Eis!"

Super, sowas zu dolmetschen. Der zweite Spanischkollege ist zum Glück auch eingetroffen.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 19. Januar 2017

Auf dem Schreibtisch XXXIIX

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Marseille, Hei­del­berg und dort, wo man mich braucht. Heute wieder: Blick auf den Schreibtisch.

Sekretär, Rechner, Kalender, Bücher, Wörterbuch, Vokabelkarten im Carton
Vokalbellern- und Planungstisch
... und dort liegen zur Bearbeitung oder für das Angebot oder die Mit­tel­frist­pla­nung:

⊗ Filmherstellung + -ästhetik (die Ber­li­na­le steht vor der Tür)
⊗ Wasser, Trinkwasser und Landwirtschaft (Grüne Woche)
⊗ Umstellung von Industrie auf öko­lo­gi­sches Wirtschaften
⊗ Marokko
⊗ Drehbuch

Diese Woche wurden die Termine für den Frühherbst 2017 gebucht. Es gibt aber auch noch freie Termine bei der Berlinale.


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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 17. Januar 2017

Jahresückblick

Hallo! Sie haben die Seiten eines Berliner Blogs angesteuert (oder die Postings abonniert). Hier schreibt eine Dolmetscherin ... über Sprachen und Arbeits­all­tag. Wir Simultandolmetscher arbeiten auf Konferenzen, aber nicht nur. Rückblick auf 2016.

Bräutigam neben Bräutigam
Im Standesamt Neukölln
Der lustigste Einsatz. Vor dem Hoch­zeits­zim­mer dominiert Schwarz, eine mus­li­mi­sche Hoch­zeits­ge­sell­schaft geht als erste rein. Ich warte, dann kommt der Bräu­ti­gam des nächsten Termins, dann fröhliche Menschen in Regen­bo­gen­farben, dann noch ein Bräutigam. Spä­ter begegnen die Gästegruppen ein­an­der auf dem Flur. 

Der emotionalste Einsatz. Die Mutter eines Frühchens bei der OP-Besprechung zur Öso­pha­gus­­atresie: Die Liste mög­li­cher Folgeschäden, routinierte Ärzte, weinende Mutter. Ich dolmetsche, jongliere die Wör­ter­liste auf den Knien, reiche Ta­schen­tü­cher an, halte am Ende die Hand.

Der vertrauteste Einsatz. Im Kino nach dem Film. Das Publikumsgespräch mit Re­gis­seur ist intensiv. Am Ende die Zu­schaue­rin: "Praktisch, dass Sie Ihrem Mann mit der Sprache so gut helfen kön­nen!" Dabei hatte ich den Regisseur eben erst im Kino­foyer kennengelernt.
 
Der traurigste Einsatz. Dolmet­schen einer Trauerrede. Es regnet, die Trau­er­ge­mein­de besteht fast nur aus Alten. Die kleinen En­kel­chen der Verstor­benen sind völlig ent­spannt: "Tschüss Oma, gute Reise!" Ein Kind wirft Selbstgemaltes in die Grube.

Der intensivste Einsatz. Die zahl­reichen Klausur­tagungen nach dem Trump-Wahl­schock. Derlei findet gerne am Wochenende statt, wir kurven quer durch Europa, der November wird zu einem einzigen, langen Ein­satz (Grippeinfallstor).

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Foto: C.E.

Montag, 16. Januar 2017

Mild

Bonjour, hier liest, denkt und schreibt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Langsam, sehr langsam beginnt das neue Arbeitsjahr.

Shampoo mit "mildernden Eigenschaften"
Ergebnis maschineller Übersetzung?
Eine fiese Virusgrippe mit Be­gleit­er­schei­nun­gen hat mir über Wochen Jahresende, -wech­sel und -anfang getrübt. Ich müsse mich in Geduld üben, hatte die Ärztin gleich zu Anfang gesagt.

Meine Nackenhaare haben sich prompt aufgestellt. Ich fühlte mich getroffen. Geduld kann ich nicht gut, stimmt, muss ich noch üben.

Ausgebremstwerden ärgert mich. Nicht die dicken Wälzer lesen zu können, die für genau diesen Moment auf dem Nachttisch bereitliegen, weil nicht nur die Lungen zur Kurzatmigkeit neigen, sondern auch der Geist, ist ein weiteres Ärgernis. (Meine Rettung sind Hörbücher in meinen Arbeitssprachen, die ich wiederholt lau­fen las­se; am Ende habe ich hoffentlich alles mitbekommen.)

Ich möge milder mit mir sein, bekam ich als Ratschlag aus dem Umfeld. Ein kurzer Griff in den "Kulturbeutel" ... und siehe da, was von der letzten Parisreise noch drin war ...

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Foto: C.E.

Sonntag, 15. Januar 2017

Brandwände

Bon­jour, hello, guten Tag! Hier bloggt ei­ne Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin und -über­set­ze­rin. (Ich übersetze auch aus dem Englischen.) Der Sonntag gehört dem Sonntagsfoto.

Diese Woche habe ich viel über Brand­wände nach­ge­dacht, nicht über Mauern. Wie lässt sich der Feuer­über­schlag eindämmen in Zeiten, wo unsere Demokratien viel­fach bedroht sind? Dazu passt prompt ein Bild mit schönen Formen und Farben ... Berliner Ne­ben­stra­ßen- und Hinter­hof­idylle.


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Foto: C.E.

Freitag, 13. Januar 2017

Technikwandel

Ob ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig, Sie sind auf die Web­sei­te einer Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin gelangt. Hier schreibe ich im zehnten Jahr über meinen Be­rufs­all­tag, über Sprach- und Kulturthemen. Es ist Freitagnacht auf Samstag, ich komme gerade aus dem Kino.

"Du, hoschema, du kannst den Regisseur schon um sechs un­ten im Café treffen!" So klingt es, wenn Chris aus "Bäm­bel­town", seit 40 Jahren in Kreuz­berg ansässig und pro­gramm­(mit)lei­ten­de Vorführerin in einem meiner Hauskinos am Nachmittag zum Telefonhörer greift und ich in Neukölln, 200 Meter Luftlinie bzw. 750 Meter Fußweg entfernt, drangehe.

Als im nordhessischen Marburg Geborene bekomme ich Heimatgefühle. Chris, obwohl auch sie die grassierende Grippe erwischt hat, veranstaltet vom Krankenlager aus ihr Programm.
Gut, dass wir deshalb zwei Stunden vor der Vorstellung da ankommen. Die Untertitel auf der DVD, die der Regisseur im Gepäck hat, haben nämlich am Tag selbst noch eine Verbesserung erfahren, sie kommen als .srt-Datei per Mail, und die hochauflösende Variante des Films bringt er per Datenstic mit. Der Film wird also von einem Laptop "gefahren", der VLC-Player, ein Programm im Rechner, verbindet beides mit einigen Mausklicks.

Dann müssen wir nur noch die Funktion "zweiten Bildschirm aufmachen" finden und betätigen und dessen Bild probehalber über den Beamer in den Kinosaal schicken. Ist die Lautstärke gut? Wie viele Menschen wer­den kommen? Sind mehr Körper im Raum, wird der Ton stärker verschluckt. Je nach Zuschauerzuspruch werden wir hoch- und runterregeln müssen. Das habe ich in der Berlinale einige Jahre gemacht. Dort habe ich im Jahr 2000 als Kinoleiterin an­ge­fan­gen.
Ich schreibe das so ausführlich, weil das Abspiel einer fremdsprachigen Fassung in dieser Einfachheit vor 20 Jahren noch un­denk­bar war. 

Damals waren Untertitel eine Sache für die Ewigkeit, und Fachspeditionen trans­por­tier­ten Filmrollen quer durchs Land. Es wäre auch undenkbar gewesen, einen Filmabend ohne Vorführer(in) zu ver­an­stal­ten.
Halb acht beginnen wir mit dem Einlass, viertel vor acht stellt der Thekenmann noch vier Stühle hinzu.

Die Vorführung wird mehr als ausverkauft sein; das Filmgespräch, das ich dol­met­sche, lebendig. — Gute Besserungswünsche an Chris, die Frankfurterin, die in­zwi­schen ein Kreuzberger Urgestein geworden ist!

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 11. Januar 2017

Der Designierte

Bon­jour, hello, guten Tag! Hier bloggt seit fast zehn Jah­ren eine Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin. Jeden Tag sind Wortfelder die Grundlage unserer Arbeit.

Mittags bringt der Nachrichtensprecher eine Meldung über Amerika und sagt "der künftige US-Präsident". Das, was dann folgt, ein angebliches Goldwatergate, lässt mich an der Wortwahl zweifeln. Liebe Medienleute, für diesen Umstand gibt es das Wörtchen "designiert". Und noch ein Wort wird ge­ra­de wich­tig: kom­pro­mat. So heißt kom­pro­mit­tie­ren­des Ma­te­rial auf Rus­sisch. Der rus­si­sche Ge­heim­dienst hat na­tür­lich de­men­tiert, über der­lei zu ver­fü­gen.

Gewisse Begriffe und sexuelle Praktiken wollte ich gar nicht zur Kenntnis nehmen, wenn beim Austausch von Körperflüssigkeiten, der normalerweise dem re­pro­duk­ti­ven Geschäft oder der Lust dient, plötzlich andere Körperflüssigkeiten im Mit­tel­punkt stehen, wegen der Farbe gold water genannt. Interessanter sind die anderen Details der im Netz auffindbaren Intelligence Al­le­ga­tions, deren Echtheit nicht be­stä­tigt ist. Trotzdem fand ich sie spannend und wortschatzerweiternd, als ich am späten Vormittag in ihnen gelesen habe.

Stehpultaufsatz (Biedermeier)
Denn nach dem Übersetzen in den Mor­gen­stun­den steht Wei­­ter­bil­dung auf dem Pro­gramm. Diese findet bei Sprach­­ar­­bei­tern täglich statt. Wir neh­men die Zeitung nicht ohne Stift in der Hand zur Kennt­nis, ver­schlag­wor­ten z.B. Artikel und Hör­funk­bei­trä­ge fürs digitale Archiv, füttern Wör­ter­lis­ten ("Le­xi­ken") und schauen auch ältere Texte mal wieder an.

Es gilt, den Kopf zu füttern und ständig auf dem Lau­fen­den zu bleiben. So kommt es, dass wir Texte zu ein- und demselben Thema mitunter dreifach lesen ... in un­ter­schied­li­chen Sprachen eben.

Visitenkarten, Vokabelkarteien, Kladden, Federmäppchen, Aufnahmegerät, Ladegeräte/Kabel, Locher, Briefumschläge
Ich liebe meine verschiedenen Schreibtische
Weiter geht's auf Englisch, aber über Europa und Frank­reich. Unsereiner muss sich auch auf  verschiedene Ak­zen­te einhören.
Auf dem Programm steht, was ein fran­zö­si­scher Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat gestern beim Forum Constitutionis Europae in der Humboldt-Universität gesagt hat: Link ab der 36. Minute bzw. Macron ab der 47. Minute.

Später räume ich weiter das Arbeitszimmer auf bereite ich mich auf einen Abend­ein­satz vor, auch durch einen Mittagsschlaf. So unspektakulär verläuft ein normaler Lese- und Wörtersammeltag mit drei Stunden hochkonzentrierter Buchübersetzung als Auf­takt. Und zwischendurch verfolge ich die News zum Thema gewählter und de­sig­nier­ter Präsident.

Voc
to divest from his/her business interests — Vermögenswerte veräußern, sich von ihnen trennen, ↔ to invest

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Fotos: C.E.
Gemälde: Detlev Baltrock

Dienstag, 3. Januar 2017

Tolkien

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Marseille, Heidelberg und dort, wo man mich braucht. 

H
eute vor 125 wurde ein großer Reiseleiter geboren, John Ronald Reuel Tolkien, Autor des Romans "Der Herr der Ringe".

Aber Tolkien war nicht nur der Vater aller Fantasy-Li­te­ra­tur, er war vor allem Sprachwissenschaftler und hatte sich auf Altenglisch spezialiert. Grund­sätz­lich war er ein ganz großer Sprachenfan.

raisin * WeintraubeEinmal hat er das Lesen eines Grammatikbuchs beschrieben als entering a com­plete wine-cellar filled with bottles of an amazing wine of a kind and flavour never tasted before. (... wie einen gut gefüllten Weinkeller zu betreten, in dem groß­ar­ti­ge Weine einer Art und eines Aromas lagern, die noch nie zuvor verkostet wurden.)

Quelle: J.R.R. Tolkien; Humphrey Carpenter, Christopher Tolkien (eds.), Briefe von J.R.R. Tolkien, Brief Nr. 214, (undatiert, Ende 1958 oder Anfang 1959)

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llustration: Petit Larousse Illustré, Paris 1910

Montag, 2. Januar 2017

Neujahrswünsche

Bonjour, welcome, guten Tag! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch und Englisch, schriftlich ist nur Deutsch die Zielsprache, und Englisch ist stets nur Ausgangssprache. Heute: Gastbeitrag von Monsieur Chanson Gerd Heger (Saarländischer Rundfunk).

D
ie nach wie vor packenden Neujahrswünsche von Jacques Brel aus dem Jahr 1968 gehen so:

« Je vous souhaite des rêves à n’en plus finir. Et l’envie furieuse d’en réaliser quelques-uns. Je vous souhaite d’aimer ce qu’il faut aimer, et d’oublier ce qu’il faut oublier.

Je vous souhaite des passions, je vous souhaite des si­len­ces. Je vous souhaite des chants d’oiseaux au réveil, et des rires d’enfants.

Je vous souhaite de respecter les différences des autres parce que le mérite et la valeur de chacun sont souvent à découvrir. Je vous souhaite de résister à l’en­li­se­ment, à l’indifférence et aux vertus négatives de notre époque.

Je vous souhaite enfin de ne jamais renoncer à la recherche, à l’aventure, à la vie, à l’amour, car la vie est une magnifique aventure et nul de raisonnable ne doit y renoncer sans livrer une rude bataille.

Je vous souhaite surtout d’être vous, fier de l’être et heureux, car le bonheur est notre destin véritable. »

Auf Deutsch: Ich wünsche Euch Träume ohne Ende. Und das wilde Verlangen, davon einige zu verwirklichen. Ich wünsche Euch zu lieben, was geliebt werden soll, und zu vergessen, was vergessen werden muss. Ich wünsche Euch Leidenschaft, ich wün­sche Euch Stille. Ich wünsche Euch den Gesang der Vögel am Morgen und Kin­der­la­chen. Ich wünsche Euch, dass Ihr die Unterschiedlichkeit der anderen res­pek­tiert, weil die Verdienste und der Wert eines jeden oft erst entdeckt werden müs­sen. Ich wünsche Euch, dass Ihr der Erstarrung, der Gleichgültigkeit und den ne­ga­ti­ven Einflüssen unserer Zeit widerstehen könnt. Und dann wünsche ich Euch noch, niemals auf das Suchen zu verzichten, auf Abenteuer, Le­ben, Liebe, denn das Le­ben ist ein wundervolles Abenteuer und kein Vernünftiger soll darauf verzichten, ohne dafür hart zu kämpfen. Ich wünsche Euch, dass Ihr Ihr selbst seid und stolz darauf sowie glücklich, denn das Glück ist unser wahres Schicksal.

Manège de cheveaux de bois * Holzpferdekarussell
Hommage à Edith Piaf : Mon manège à moi, c'est toi
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llustration: Petit Larousse Illustré, Paris 1910

Sonntag, 1. Januar 2017

Für die Silvesternacht

Im 10. Jahr bloggt hier eine Spracharbeiterin (Französisch und Englisch). Nor­ma­ler­wei­se beschreibe ich typische Alltagsmomente (anonymisiert) oder denke über Wörter nach. Wirtschaft, Politik und Kultur sind die Hintergrundmusik. Was nach zehn Jahren aus diesem Blog werden wird, weiß ich noch nicht. Das Jubiläum wä­re ein guter Moment, aufzuhören, oder? Aber Silvester und Neujahr sind keine gu­ten Momente für Vorsätze, so der von mir verehrte Erich Kästner.

S







p r u c h  für die Silvesternacht

Man soll das Jahr nicht mit Programmen
beladen wie ein krankes Pferd.
Wenn man es allzu sehr beschwert,
bricht es zu guter Letzt zusammen.

Je üppiger die Pläne blühen,
um so verzwickter wird die Tat.
Man nimmt sich vor, sich zu bemühen,
und schließlich hat man den Salat!

Es nützt nicht viel, sich rotzuschämen.
Es nützt nichts, und es schadet bloß,
sich tausend Dinge vorzunehmen.
Laßt das Programm! Und bessert euch drauflos!

(Erich Kästner)


Ein glückliches Jahr 2017! Bonne et heureuse année 2017 ! Happy new year 2017! ¡Feliz año nuevo! Felice anno nuovo! Barka da sabuwar shekara! Szczęśliwego nowego roku! շնորհավոր Նոր տարի! Gëzuar vitin e ri! ਨਵੇਂ ਸਾਲ ਦੀਆਂ ਵਧਾਈਆਂ! Bom Ano! Chana tova! честита нова година! Sretna Nova 2017 godina! 新年快乐

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Illustration: Petit Larousse Illustré, Paris 1910