Willkommen auf den Blogseiten einer Spracharbeiterin. Hier
denke ich über die Arbeit nach, über Sprache und über meine Länder.
Heute trauert Frankreich, und ich trauere mit. Zugleich muss ich an die Worte einer meiner Dolmetschkundinnen vom Sommer denken, einer Patientin aus Syrien, die ich neulich wiedertraf. Wie wir alle ist sie erschüttert über die Évènements, die Ereignisse, die uns in Europa ereilen. Zugleich hat sie angemerkt, dass genau das der Alltag im Krieg gewesen sei, aus dem ihre Familie geflohen ist, und zwar täglich mit hunderten von Toten.
Dass es in Europa Menschen gibt, die jetzt am liebsten die Grenzen dichtmachen würden, kann sie nicht verstehen: "Mais nous sommes du même côté — Aber wir sind doch auf der gleichen Seite!"
Vokabelnotiz:
Das Wort évènement wurde lange événement geschrieben, aber so ausgesprochen, wie es da oben mit einem Accent aigu und einem Accent grave steht. Gelernt haben das Generationen von Franzosen in Spe auf der Schule als denkwürdige Ausnahme. Richtig denkwürdig wird es jetzt: Die Schreibung wurde bereits 1990 an die Aussprache angepasst (unbemerkt von vielen). Dem Drucker der Académie Française sollen 1736 die Akzente ausgegangen sein, nicht irgendwelche, sondern die Accents graves. Grave bedeutet so viel wie "ernst", "schwer", "tief", "gravitätisch". Er hatte aber noch Accents aigus übrig, was je nach Kontext "spitz", "schrill", "hoch" oder auch "fein" bedeutet.
So viel zum Thema, dass die Not so manche Innovation gebiert. Jetzt trauern wir weiter und ehren die Toten auch durch andere Ereignisse. Das Schwere, Tiefe liegt nicht nur im Setzkasten neben dem Leichten, Hohen. Ein Bonmot der letzten Zeit, das Coluche würdig gewesen wäre, geht so: Eux, ils ont les kalachs, nous avons le Champagne. (Sie haben die Kalaschnikows, wir haben den Champagner.)
______________________________
Illustration: Claude Monet, rue Montorgueil
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen