Der Tag ging los, wie er endete: Mit Verständnisproblemen. Und das, obwohl lauter Dolmetscher beteiligt waren, die ihren Job können.
Wir sind in einer deutschen Hochschule. Hier wird heute Abend eine mehrtätige Konferenz eröffnet. Ich begleite für zwei Stunden einen französischen Wissenschaftler. Vor der Auftaktveranstaltung wird schon die nächste geplant: In einer kleinen deutsch-französischen Sitzung. Der Raum ist klein und schmucklos, die Zimmerdäcke niedrig. Die Worte, die hin- und hergehen, hallen ganz fürchterlich. Ich habe Mühen bei der Arbeit, da hilft auch kein Kaffee.
Mit Verspätung kommt der letzte Gesprächsteilnehmer vom Flughafen. Weiter geht's mit den Gesprächen bei einem Mittagessen außerhalb - zu meiner Freude hat dieser Raum die bestmögliche Akustik.
Die Tagung, auf der mein Dolmetschkunde aus Frankreich auch spricht, soll ins Englische gedolmetscht werden. Monsieurs Englisch ist nicht so gut, als dass er in der Sprache würde arbeiten wollen. Das der deutschen Wissenschaftler ist auf den ersten "Blick" auch nicht besser. Beim Mittagessen werden viele inhaltliche Überschneidungen gefunden und Neuigkeiten über gemeinsame Bekannte ausgetauscht. Man mag sich. Man versteht sich bestens.
Abends dann die Auftaktveranstaltung. Ich gehe aus eigenem Interesse hin. Alles ist Französisch-Englisch - auch die deutschen Kollegen sprechen Englisch. Die Dolmetscher schwitzen in der Kabine. Unser französischer Gast sieht leicht irritiert aus.
Das feed back bei einem Glas guten Schaumweins (du vin mousseux, nicht zu verwechseln mit Champagner): Vieles von dem, was mittags besprochen worden war, klang am Abend anders. Monsieur hatte Verständnisprobleme, was nicht an den muttersprachlichen Dolmetschern gelegen haben kann. Ich fand die englischen Vorträge der deutschen Kollegen auch weniger treffend, fast ein wenig schwammig.
Dann fragte mich der Gast aus frankophonen Landen, wie viel Englischsprachige oder des Deutschen Unkundige denn im Saal gewesen sein mochten. Wir zogen die Teilnehmerliste zu Rate. Das Ergebnis war überraschend: Es waren alles Deutschsprachige bis auf zwei Franzosen und jeweils einen Spanier und einen Engländer, die sehr gut Deutsch können. Der französischsprachige Wissenschaftler schüttelte den Kopf und sprach aus, was ich mir auch schon im Stillen gedacht hatte: In Frankreich wäre eine solche Situation unvorstellbar.
P.S.: Dass bei dem, was die Franzosen umgangssprachlich "harte Wissenschaft" nennen (sciences dures), also Naturwissenschaften, Mathematik und Anverwandtes, Englisch oft die Arbeitssprache ist, wissen wir schon länger. Hier ging es um ein kulturwissenschaftliches Thema.
2 Kommentare:
Die "harten" Wissenschaften sind bei uns die exakten Wissenschaften.
Merci beaucoup !
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