Montag, 7. Februar 2022

COVIDiary (477)

Herz­lich will­kom­men! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir ar­beiten, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Der Covonavirus hat uns in die pro­fes­sio­nel­len Hubs ge­schickt, oder aber wir ar­bei­ten aus den ei­ge­nen Arbeits­zim­mern heraus. Was nicht im­mer ein­fach ist, denn es gibt ja Nachbarn.

Denoise-Kopfhörer, Kerzenständer, großer Buchstabe "E" auf einem Sekretär
Alte und neue Hilfsmittel

Ein Denoise-Kopf­hö­rer wäre nicht ge­nug, denn mein Output ist ja ent­schei­dend. Es ist laut in unserem Alt­bau. Ich wan­de­re von Raum zu Raum, un­frei­wil­li­ge Mi­gra­tio­nen. Die Nach­barjungs stür­men gerne durch das Trep­pen­haus. Es sind zwei ent­zücken­de Kerl­chen im Grund­schul­al­ter, und sie klin­gen wie ein halbes Dutzend wohlgenährte Teen­ager. Ich grin­se jedes Mal, wenn ich in der Küche bin: Wir wa­ren exakt ge­nau­so. Ich ziehe die Au­gen­brau­en zu­sam­men, wenn ich im Raum bin, das heute als Büro dient: Hier war früher mal das Wohn­zimmer, da hät­ten dann die Gläser in der Vi­tri­ne ge­wackelt. Ich höre sie wieder. Mir fällt das Ad­jek­tiv ele­fan­tös an. Nach­wuchs­ele­fan­tös. Im­mer wie­der kön­nen Nach­bars­kin­der aus Pan­de­mie­grün­den nicht in die Schu­le ge­hen.

Die Sprecherbox, die einfache Lösung vom An­fang der Pande­mie, hat nicht genü­gend Lärm ge­dämpft. Des­halb wa­ren und sind weitere Vor­keh­rungen nötig. Die mit einer besser isolierten Dol­metschbox gewähl­ten Lösungen stoßen lei­der auch hier an ihre Grenzen — so, wie es eine pro­fes­sio­nel­le Dol­met­scher­ka­bine auch würde.

Denn die Renovierungsarbeiten der Nachbarn sind mal mehr, mal weniger laut. Vor Bo­den­ab­schliff und Regal­montage war ich im Janu­ar in ein Hotel geflüch­tet.

In der Pande­mie wurden die Ab­stände zwi­schen den Markt­stän­den vergrößert, der Wo­chen­markt, diens­tags und frei­tags, en­det jetzt knapp vor unserer Haustür. Ein stun­den­langes Flöten­kon­zert vor dem Fens­ter an Markt­tagen ist zwar schön, die Kul­tur ver­la­gert sich in Er­man­ge­lung vieler Kon­zer­te in den öf­fent­li­chen Raum, aber auch nicht unbedingt die pas­sende Be­gleit­musik für meine On­line-Ar­beit. Kurz: So­lo-Selb­stän­di­ge, die ihre pan­de­mie­kon­formen Arbeits­plätze suchen, im Wett­be­werb mit anderen Solo-Selb­stän­di­gen um die akus­ti­sche Luft­hoheit.

De­mons­tra­tio­nen auf der Haupt­ver­kehrs­straße, die zu Stau in unserer Ne­ben­stra­ße füh­ren, brin­gen au­ßer­halb der Markt­zeit Hup­kon­zerte direkt vor der Haus­tür mit sich. Dann sitzt die Dol­met­scherin im On­line-Home-Of­fice im Klei­der­schrank, weil hier die akus­ti­sche La­ge am bes­ten ist. In der Hoffnung, dass die Ele­fan­ten­ba­bies nicht im Hof an­fan­gen zu toben. Denn das Schlaf­zimmer­fens­ter hat (noch) keine Vor­hänge aus ge­räusch­min­dern­dem Stoff, wie sie in Ton­stu­dios ge­nutzt werden.

Ich kann ja mal schau­en, wo die zu wel­chem Preis zu bekom­men sind. Wenn die Pan­de­mie noch lan­ge dauert, ist meine ganze Woh­nung sound­proof, schall­dicht. Und in die Dol­metsch­box muss ich auch weiter in­ves­tie­ren.

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Foto:
C.E.

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