Something is fishy mit den Coronahilfen |
Naja, nicht ganz richtig, dieses Bild. Für den Fisch geht es böse aus. Wir Dolmetscher und Dolmetscherinnen haben zum Glück mehr als Kiemen und außerdem meistens noch weitere Talente.
Wie überleben so manche Kollegen und Kolleginnen, wo doch die Regierung vor allem große Firmen, Banken und Vermieter absichert mit ihren Hilfen und uns aufs Hartz-IV-Amt für Grundsicherung schickt? (... von mir gerne H-IV und GruSi abgekürzt, damit ist klar, was ich davon halte.) Hier folgen einige Beispiele in kurzer Zusammenfassung.
Kollegin A steht vier Mal in der Woche auf dem Markt und verkauft Bio-Lebensmittel. Da ihre große Tochter ausgezogen ist, vermietet sie das freigewordene Zimmer an eine Malerin, die ihr Atelier im Zuge der Berliner Immobilienspekulation verloren hat. Das Gästeklo der Wohnung wurde dem neuen Atelier zugeschlagen, im Bad ist noch eine Toilette. Die Kollegin lässt sich außerdem ab und zu von einer Agentur mit Ferndolmetscheinsätzen ausbeuten. Diese Agentur bezahlt jenen, die die Arbeit machen, 350 Euro für einen verkürzten Tag, und sie wird sicher den Endkunden nicht unter 650, 700 dafür berechnen.
Kollegin B kümmert sich um die Schulaufgaben ihrer Kinder, strickt wieder, macht bei Onlinesportkursen mit oder geht in den Park, wenn das Wetter es zulässt, nimmt einmal in der Woche vom Schlafzimmer aus am "virtuellen Großraumbüro" teil, wenn wir mit einem wiederholt ungenutzten Zoom-Account eines Partners ein wenig Normalität simulieren, sie übersetzt und beglaubigt dann Urkunden. Ihr Mann sichert sie wirtschaftlich ab.
Kollegin C sitzt alle drei, vier Wochen im Zug und fährt auf eine deutsche Baustelle mit französischem Bauherrn. Zu Beginn der Pandemie reiste sie noch öfter, um ihren Vater zu pflegen. Sie hat einige Direktkunden, die sie zusätzlich digital (und ohne Flaschenhals, der Prozente kostet) beschäftigen. Lücken werden mit dem Reservebudget für schwere Zeiten überbrückt.
Kollege D würde jetzt eigentlich zwei Kinder mit dem Dolmetschen miternähren. Als junger Mann hat er oft als Fernfahrer gearbeitet, ihm blieben die Kontakte, er sitzt nun wieder auf dem Bock und ist daran beteiligt, dass alle zu essen haben und wohnen können. Seine Frau ist nicht glücklich als de facto-alleinerziehende Berufstätige.
Kollegin E hat einen offiziellen Erstberuf. Sie ist an die Schule zurückgekehrt bzw. unterrichtet online. Daneben bildet sie sich fort in Sachen Digitalisierung der Lehre. In zwei Jahren wird sie irgendwo (Details vergessen) ein Zertifikat erwerben und damit ein zweites Standbein haben.
Kollegin F hat schon immer Deutsch unterrichtet, an Sprachschulen auf ihren Weltreisen, später Integrationskurse gegeben, dann auch mal Journalisten und Schauspielerinnen. Sie sitzt auf Bali und gibt zwei Stunden täglich Onlinekurse. Ihre Wohnung in Berlin hat sie an ein amerikanisches Wissenschaftlerpaar unterrichtet, die US-Hochschule zahlt, also hat sie den Mietpreis mal eben verdoppelt.
Kollege G hat seine Wohnung aufgegeben, ist zu seiner dementen Mutter gezogen, die er jetzt pflegt. Daneben hat er ein Fernstudium im Fach Psychologie aufgenommen.
Das sind nur einige Beispiele unter vielen.
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Illustration: C.E.