Home office mit dem Götterboten Hermes (ca. 1900) |
Die Coronakrise mit der Risikostufe "erhöht" ist sicher nicht ohne, zeigt aber auch komplett irrationale Züge.
Mir kommt die Stimmung vor wie das Ergebnis der gesammelten Unsicherheiten, in denen immer mehr Menschen leben: angefangen bei der eigenen wirtschaftlichen Unsiherheit bis hin zu Globalisierung, Kriegs- und Fluchtbewegungen um uns herum sowie, last but not least, die Klimakatastrophe. Die daraus entstandenen Ängste werden jetzt auf das Virus projiziert. Hysterische Hamsterkäufe, Fremdenfeindlichkeit und Gleichgültigkeit darüber, dass mancherorts in den EU-Staaten Elemente der Demokratie und Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden, sind die Folgen.
Wir Dolmetscher lesen regelmäßig Statistiken und wissenschaftliche Texte, dort geht es besonnen, aber sorgenvoll zu. Zynische Bemerkung: Mit Zunahme des Bildungsgrads sinkt der Aufregungsgrad. Leergekauft sind die Discounter, nicht die Bioläden.
Im Büro ist es trotzdem ungemütlich. Fachtagungen und Delegationsreisen sind in der Schwebe. Der südfranzösische Markt für audiovisuelle Medien, die Messe MipTV in Cannes, geplant für ab Ende März, ist abgesagt, die Messe für Serien soll im Sommer nachgeholt werden. Von Verschiebung (in den Juli) ist auch bei der Hannover-Messe die Rede.
Wenn sich das Virus so verhält wie andere Viren, mag es weder Sommer noch Sonne, dann dürften die Fallzahlen mit steigenden Temperaturen signifikant zurückgehen. Aber von welchen Ausgangszahlen her betrachtet wäre dieser Rückgang? Vermutlich von hohen bis sehr hohen.
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben ihre Vorgaben und Fristen. Ich ahne, dass wenn jetzt für etliche gesetzlich oder vertraglich vorgeschriebene Versammlungen (Betriebsräte, Aktionäre, Wissenschaftler mit ihren Veröffentlichungspflichten) nur Absagen kommen, auch diese Termine nur verschoben sind, denn Publikationen, Entlastungen von Vorständen und Aufsichtsräten und Informationsfristen müssen nachgeholt bzw. gehalten werden.
Beine hoch und runterkommen |
Aber unter dem Strich wird nur ein kleinerer Teil der Einsätze von uns als Team nachgeholt werden könnnen. Wissenschaftlicher Austausch, Koordinierung unter Politikern, allgemeines Handelsgeschehen werden zurückgehen. Wenn das komplette Konferenzgeschehen im Frühjahr wegbricht, ist es für immer weg.
Das ist wie bei einem Weihnachtsbaumverkäufer, der sich in der Adventszeit einen komplizierten Beinbruch zuzieht, er wird auch im August sein Geschäft nicht nachholen können.
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Foto: Eigenes Archiv (1. Foto ca. 1900,
2. Foto von Otto-Heinrich Elias, ca. 1967)
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