Die Themen ändern sich, die Arbeitsweise im Wort- ähh, Vorfeld ist die gleiche: Vokabeln wiederkäuen, Floskeln dreschen, neue Wortschöpfungen ernten!
Morgen dolmetschen wir ... auf der Berliner Grünen Woche ;-)
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Illustration: Wortschatz Uni Leipzig (Grüne Woche 2008)
Was ich anbiete
Dienstag, 20. Januar 2009
Tipp: Bildwörterbuch
Auch Bildwörterbücher sind hervorragende Lernmittel. Viele Verlage bieten ein- und mehrsprachige Wörterbücher an, die sich hervorragend als Kopiervorlagen nutzen lassen. An zwei Stellen in der Wohnung, u.a. am Elektrokocher fürs Teewasser, hängen die Zettel dann bei mir. Die drei Minuten Ziehzeit schaue ich entspannt auf Vokabeln ...
Unten: 'Zweitaktmotor' aus der Printausgabe von "Quid", einem populärwissenschaftlichen und jährlich neu erscheinenden Kompendium - sowie 'Dreharbeiten' aus einem alten Bildwörterbuch der DDR. Bei historischen Quellen wie diesen ist indes besondere Vorsicht geboten. Mancher der hier vorgestellten Begriffe wird so nicht benutzt oder ist in die Sprachgeschichte eingegangen, zum Beispiel die "Ateliersekretärin". Derlei Worte sind dann wieder charmant für uns Dolmetscher - oder können helfen bei der Vorbereitung eines Interviews mit einem älteren Filmschaffenden zu einem filmhistorischen Thema.
Nun also « Moteur ! » - das heißt auf Deutsch je nach Situation "Motor" oder "Film ab!"
Unten: 'Zweitaktmotor' aus der Printausgabe von "Quid", einem populärwissenschaftlichen und jährlich neu erscheinenden Kompendium - sowie 'Dreharbeiten' aus einem alten Bildwörterbuch der DDR. Bei historischen Quellen wie diesen ist indes besondere Vorsicht geboten. Mancher der hier vorgestellten Begriffe wird so nicht benutzt oder ist in die Sprachgeschichte eingegangen, zum Beispiel die "Ateliersekretärin". Derlei Worte sind dann wieder charmant für uns Dolmetscher - oder können helfen bei der Vorbereitung eines Interviews mit einem älteren Filmschaffenden zu einem filmhistorischen Thema.
Nun also « Moteur ! » - das heißt auf Deutsch je nach Situation "Motor" oder "Film ab!"
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Freitag, 16. Januar 2009
Tipps: Lernen mit dem MP3-Player und am "Lernort"
Weiter mit den Vokabellerntipps. Die vierzehnjährige Marie aus München muss für die Schule viel lernen. Sie schrieb mir folgendes:
tausend Dank für den Tipp. Das kenne ich auch vom Rollenlernen (ich hab im Schüler- und Studententheater gespielt und Mini-Sprechrollen beim Film).
Wo wir grad dabei sind, ich hab auch noch einen Tipp: Man kann sich auch über einen Ort konditionieren wie die berühmten Pawlowschen Hunde (die mit der Klingel). Ich habe einen Schreibtisch nur für Vokabeln und Termine, siehe Bild, und nach jeder Pause wärme ich mich fünf bis zehn Minuten mit Wortschatzarbeit auf. Dazu sammle ich in einer Schublade des Möbels Notizzettel mit Worten drauf, die ich abarbeite, wenn Zeit ist. Meine Vokabelkarteikärtchen (in verschiedenen Farben für unterschiedliche Bereiche) ergänze ich dort auch, indem ich die entsprechende Fachliteratur durcharbeite.
Als Schülerin hab ich das auch schon so gemacht: Ein Regalfach leergeräumt, ein tieferes Brett drauf, hinten festgeklemmt und fertig war das Stehpult fürs Vokabellernen.
Viele Grüße, Caroline
Liebe Caroline,Liebe Marie,
eine Sache hast Du vergessen: Man kann toll mit dem MP3 lernen. Ich habe ein Programm, mit dem ich Vokabeln und Abfragestoff aufnehme. Dann schiebe ich Lieblingsmusik und Schulstoff abwechselnd auf den Player. Für die Fahrt zur Schule oder zum Sport echt der Hammer!
tausend Dank für den Tipp. Das kenne ich auch vom Rollenlernen (ich hab im Schüler- und Studententheater gespielt und Mini-Sprechrollen beim Film).
Wo wir grad dabei sind, ich hab auch noch einen Tipp: Man kann sich auch über einen Ort konditionieren wie die berühmten Pawlowschen Hunde (die mit der Klingel). Ich habe einen Schreibtisch nur für Vokabeln und Termine, siehe Bild, und nach jeder Pause wärme ich mich fünf bis zehn Minuten mit Wortschatzarbeit auf. Dazu sammle ich in einer Schublade des Möbels Notizzettel mit Worten drauf, die ich abarbeite, wenn Zeit ist. Meine Vokabelkarteikärtchen (in verschiedenen Farben für unterschiedliche Bereiche) ergänze ich dort auch, indem ich die entsprechende Fachliteratur durcharbeite.
Als Schülerin hab ich das auch schon so gemacht: Ein Regalfach leergeräumt, ein tieferes Brett drauf, hinten festgeklemmt und fertig war das Stehpult fürs Vokabellernen.
Viele Grüße, Caroline
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Montag, 12. Januar 2009
Automatische Wortwiederholung
Gestern Abend im Bett nach einem langen Arbeitstag mit vielen technischen Begriffen, die ich lange nicht verwendet habe - und zu denen dank Neuerungen etliche hinzugekommen sind: Der Kopf schiebt Worte hin und her. Ich spüre das fast als physischen Vorgang. Ich weiß, dass meine Aufmerksamkeit auf der Nachhausefahrt schon gemindert war. In der Warteschlange beim Einkaufen war der Kopf zwischendurch 'weg', ich hatte schräge Assoziationen mit ihrer ganz eigenen Logik, wie sie fürs Einschlafen typisch sind. Sekundenschlaf nennt man derlei am Lenkrad, ich kann's im Stehen.
Und im Bett dann "träumte" ich im Halbschlaf Vokabeln in multicolor: poppig bunt, in 50er-Jahre-Bonbonfarben. Sie waren halb Mensch-halb Ding und sehr beweglich, eine Mischung aus Animismus und Zeichentrick.
Ich ließ dem Kopf freien Lauf und beobachtete allenfalls belustigt. Aufschreiben, das, waren meine letzten Gedanken. Und am Morgen kann ich alles, was am Vorabend vielleicht noch nicht wieder so 100 %-ig saß.
Und im Bett dann "träumte" ich im Halbschlaf Vokabeln in multicolor: poppig bunt, in 50er-Jahre-Bonbonfarben. Sie waren halb Mensch-halb Ding und sehr beweglich, eine Mischung aus Animismus und Zeichentrick.
Ich ließ dem Kopf freien Lauf und beobachtete allenfalls belustigt. Aufschreiben, das, waren meine letzten Gedanken. Und am Morgen kann ich alles, was am Vorabend vielleicht noch nicht wieder so 100 %-ig saß.
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Samstag, 10. Januar 2009
Freie Sicht - ins Grüne
Heute ist der Tisch groß genug für den großen und den kleinen Klapprechner, denn statt einer beengten Kabine haben wir einen ganzen Raum für uns. Indes, uns fehlt der Blick auf das zu dolmetschende Geschehen. Irgendetwas ist immer suboptimal, dafür ist die Sicht hier dann doch hervorragend, am Haus vorbei, mitten ins Grüne oder fast.
Das entschädigt für Wochenendarbeit.
Das entschädigt für Wochenendarbeit.
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Tipp: Film über Heiner Müller
Auf 3Sat kommt heute Abend um 20:15 Uhr ein Portrait über Heiner Müller, an dessen Entstehung wir beteiligt waren. Unser Part war Beschaffung und Übersetzung von Material mit Jeanne Moreau, die letztes Jahr in Avignon in einer szenischen Lesung "Quartett" vorgestellt hat. Müller wäre gestern 80 geworden. Félicitations !
"Ich will nicht wissen, wer ich bin - Heiner Müller", Film von Christoph Rüter und Thomas Irmer
"Ich will nicht wissen, wer ich bin - Heiner Müller", Film von Christoph Rüter und Thomas Irmer
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Mittwoch, 7. Januar 2009
to schlepp
Auf dem Filmmarkt von Cannes, auf den ich für deutsche Dokumentaristen acht Jahre lang reiste, lernte ich ein englisches, pardon, New Yorker Verb kennen, das mir vertraut vorkam: to schlepp — Oh gosh, I think I don't wanna take your catalogue, I've already sooo many things to schlepp, isn't there a digitized version out there, darling? (Meine Güte, aber ich denke, ich nehme Deinen Katalog nicht mit, ich habe schon sooo viele Dinge zu schleppen, gibt's da draußen keine digitalisierte Fassung, Süße?)
Die New Yorkerin Linda Gottesman (oder war es Sue Oscar) durfte mich "Süße" nennen, die beiden Damen von "Filmmaker's Library" könnten fast meine Großmütter sein. Doch so leid es mir tat, mit einem digitalen Gesamtkatalog mit Suchfunktion konnte ich nicht dienen. So rissen sie immer einige Seiten aus dem Katalog heraus — und ließen sich weitere Filmbeschreibungen später zufaxen. (Ein "Faxgerät", auch Fernkopierer genannt, erlaubte das digitalisierte Versenden einzelner Schriftstücke, die beim Absender in einen Schlitz geschoben wurden und beim Empfänger, in die Bildinformationen rückübersetzt, ausgedruckt wurden.) Oder aber ich brachte den Katalog für die alten Damen zur Post. (Die "Post" war früher ein System aus miteinander vernetzten, staatlichen Kurierdiensten, die zwar lange benötigten, nicht dringende Sendungen aber mit einer an 100 % grenzenden Zuverlässigkeit zu moderaten Preisen beförderten.)
To schlepp — das mache ich, wenn ich heute meinen geliebten Apple-Rechner mit auf die Einsätze nehme. Er wiegt mit Extra-Festplatte 2,56 Kilo, dazu kommen immer noch Ausdrucke, auf die ich Notizen gemacht habe. Seit Jahren träume ich von einem Subnotebook von Apple, einem ultrakompakten Notebook, das längst auf dem Markt sein müsste, würden die Hersteller auf die Gerüchte Ihrer Nutzer hören, denn im Netz gibt es neben wilden Spekulationen darüber sogar Fotos vom Gerät: Gewicht unter 800 Gramm, eine für Appelgetreue im Blindflug verwendbare, komplette Tastatur sowie ein kleines Display (von zehn oder elf Zoll). Das fehlt in der Angebotspalette des Herstellers - und in meinem Rucksack. Ach, nicht auszudenken wär' das schön! Wieder mehr Platz auf dem Mini-Tischchen der Dolmetscherkabine, auch der Sekretär ist nicht gleich voll, wenn ich am Laptop arbeite. Und zwischen den Arbeitsplätzen hätte ich weniger "to schlepp".
Gestern wurde auf der Frühjahres-Pressekonferenz von Apple weder etwas Vergleichbares vorgestellt noch angekündigt! Schade! Denn das MacBook Air ist für Menschen, die mit Film zu tun haben, keine Alternative, denn die Zusatztechnik wiegt ja auch.
Ich denke, im Büro der immer noch aktiven New Yorker Damen Linda und Sue dürfte es inzwischen (ähnlich wie bei mir) kein Faxgerät mehr geben, der Filmverband hat indes noch immer keinen digitalen Gesamtkatalog mit Suchfunktion und Apple kein Subnotebook. Geduld!
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Foto: C.E.
Die New Yorkerin Linda Gottesman (oder war es Sue Oscar) durfte mich "Süße" nennen, die beiden Damen von "Filmmaker's Library" könnten fast meine Großmütter sein. Doch so leid es mir tat, mit einem digitalen Gesamtkatalog mit Suchfunktion konnte ich nicht dienen. So rissen sie immer einige Seiten aus dem Katalog heraus — und ließen sich weitere Filmbeschreibungen später zufaxen. (Ein "Faxgerät", auch Fernkopierer genannt, erlaubte das digitalisierte Versenden einzelner Schriftstücke, die beim Absender in einen Schlitz geschoben wurden und beim Empfänger, in die Bildinformationen rückübersetzt, ausgedruckt wurden.) Oder aber ich brachte den Katalog für die alten Damen zur Post. (Die "Post" war früher ein System aus miteinander vernetzten, staatlichen Kurierdiensten, die zwar lange benötigten, nicht dringende Sendungen aber mit einer an 100 % grenzenden Zuverlässigkeit zu moderaten Preisen beförderten.)
To schlepp — das mache ich, wenn ich heute meinen geliebten Apple-Rechner mit auf die Einsätze nehme. Er wiegt mit Extra-Festplatte 2,56 Kilo, dazu kommen immer noch Ausdrucke, auf die ich Notizen gemacht habe. Seit Jahren träume ich von einem Subnotebook von Apple, einem ultrakompakten Notebook, das längst auf dem Markt sein müsste, würden die Hersteller auf die Gerüchte Ihrer Nutzer hören, denn im Netz gibt es neben wilden Spekulationen darüber sogar Fotos vom Gerät: Gewicht unter 800 Gramm, eine für Appelgetreue im Blindflug verwendbare, komplette Tastatur sowie ein kleines Display (von zehn oder elf Zoll). Das fehlt in der Angebotspalette des Herstellers - und in meinem Rucksack. Ach, nicht auszudenken wär' das schön! Wieder mehr Platz auf dem Mini-Tischchen der Dolmetscherkabine, auch der Sekretär ist nicht gleich voll, wenn ich am Laptop arbeite. Und zwischen den Arbeitsplätzen hätte ich weniger "to schlepp".
Gestern wurde auf der Frühjahres-Pressekonferenz von Apple weder etwas Vergleichbares vorgestellt noch angekündigt! Schade! Denn das MacBook Air ist für Menschen, die mit Film zu tun haben, keine Alternative, denn die Zusatztechnik wiegt ja auch.
Ich denke, im Büro der immer noch aktiven New Yorker Damen Linda und Sue dürfte es inzwischen (ähnlich wie bei mir) kein Faxgerät mehr geben, der Filmverband hat indes noch immer keinen digitalen Gesamtkatalog mit Suchfunktion und Apple kein Subnotebook. Geduld!
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Foto: C.E.
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Am Wegesrand aufgelesen
Worte suchen
Es gibt Wortfindungsstörungen, die kennen nur Dolmetscher. Uns zeichnet meist eine besondere Vokabelsammelwut aus, die aber ganz sanftmütig daherkommt. Worte aufzuschnappen geht meist leicht, sie sich zu merken ist schon schwieriger, sie in den Wortschatz einfließen zu lassen dann eine echte Aufgabe - und dazu die treffenden anderssprachlichen Begriffe zu finden ist nochmal etwas ganz andres. So werden wir mitunter auffällig: merwürdig formalistisches Sozialverhalten kann unser Umfeld dann beobachten, das von großem Ernst und von Zielvorgaben geprägt ist, die nicht leicht zu durchschauen sind.
Ein Beispiel: Den pfeifenden und zugleich blubbernden Ton der Espressomaschine, an deren Stab mit Wasserdampf Milch erhitzt und zu leichtem Schaum verwandelt wird, hatte ich als Studentin in Paris kennen- und liebengelernt. Er hing eng zusammen mit Lieblingscafé, Lieblingskino und Freunden. Das Wort dazu schnappte ich mal irgendwann auf: le percolateur.
Einmal in Deutschland dann, genauer: in Berlin, hörte ich wieder das für mich magische Geräusch. Ich sprang auf, rannte zum Thresen, und fragte: "Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte sagen, wie das Teil da heißt, mit dem Sie die Milch aufschäumen?" Die Servierkraft guckte ein wenig irritiert, sagte: "Milchschäumer!" - und machte weiter. Ich aber hatte das Gefühl veräppelt zu werden und setzte nach, bat um den richtigen Namen für das Bauteil. Jetzt sah mich die Bedienung schon etwas irritierter an, es schien sie zu verwundern, dass ich, die ich akzentfrei Deutsch spreche, das Wort nicht kannte bzw. ihr nicht glaubte. "Wie denn sonst: Milchschäumer!", wiederholte sie lauter, während ich immer noch auf ein ganz eigenes Wort für den Stab wartete. Wie ich dann reagierte, hab ich verdrängt, ich erinnere mich nur noch, wie sie im Weggehen sich gestisch mit einem Kollegen verständigte und mir indirekt den Vogel zeigte.
Das Deutsche ist häufig so explizit, dass ich mitunter vor lauter Einfachheit nicht drauf komme - und hier hatte ich das Wort in der Tat noch nie zuvor gehört.
Die entsprechende Geschichte aus Frankreich hab ich auch noch, wobei nicht die Einfachheit des Begriffes im Mittelpunkt steht, sondern die Aussprache. Ich war etwa 20, als es in der Mensa Ratatouille gab, diesen leckren Mix aus Sommergemüse. Nun hatte ich viele französische Gerichte in Frankreich gegessen, kannte sie zum Teil auch aus Deutschland, war aber einen Moment lang unsicher, ob ich das Gericht wiedererkenne oder nicht. Es war in der Zeit der Prüfungsvorbereitung, mir schwirrte der Kopf vom Pauken und ich hatte Angst, es mit Bouillabaisse zu verwechseln; damals aß ich noch keinen Fisch. Also fragte ich andre Studenten in der Schlange, was denn nochmal Ratatouille sei. Die Frage wurde akzentfrei gestellt und kam bei ihnen ungefähr so an, wie wenn in Deutschland in der Mensaschlange sich jemand akzentfrei nach "Leberkäs" oder "Käsespätzle" erkundigt: als Witz. Um mich herum fingen alle an zu kalauern, la grenouille dans la bredouille, "der Frosch in der Klemme", ist die am einfachsten zu übersetzende Antwort. Bis ich kleinlaut sagte, dass ich das jetzt wirklich grad mal nicht wisse, weil ich nicht in Frankreich aufgewachsen bin ...
Ein Beispiel: Den pfeifenden und zugleich blubbernden Ton der Espressomaschine, an deren Stab mit Wasserdampf Milch erhitzt und zu leichtem Schaum verwandelt wird, hatte ich als Studentin in Paris kennen- und liebengelernt. Er hing eng zusammen mit Lieblingscafé, Lieblingskino und Freunden. Das Wort dazu schnappte ich mal irgendwann auf: le percolateur.
Einmal in Deutschland dann, genauer: in Berlin, hörte ich wieder das für mich magische Geräusch. Ich sprang auf, rannte zum Thresen, und fragte: "Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte sagen, wie das Teil da heißt, mit dem Sie die Milch aufschäumen?" Die Servierkraft guckte ein wenig irritiert, sagte: "Milchschäumer!" - und machte weiter. Ich aber hatte das Gefühl veräppelt zu werden und setzte nach, bat um den richtigen Namen für das Bauteil. Jetzt sah mich die Bedienung schon etwas irritierter an, es schien sie zu verwundern, dass ich, die ich akzentfrei Deutsch spreche, das Wort nicht kannte bzw. ihr nicht glaubte. "Wie denn sonst: Milchschäumer!", wiederholte sie lauter, während ich immer noch auf ein ganz eigenes Wort für den Stab wartete. Wie ich dann reagierte, hab ich verdrängt, ich erinnere mich nur noch, wie sie im Weggehen sich gestisch mit einem Kollegen verständigte und mir indirekt den Vogel zeigte.
Das Deutsche ist häufig so explizit, dass ich mitunter vor lauter Einfachheit nicht drauf komme - und hier hatte ich das Wort in der Tat noch nie zuvor gehört.
Die entsprechende Geschichte aus Frankreich hab ich auch noch, wobei nicht die Einfachheit des Begriffes im Mittelpunkt steht, sondern die Aussprache. Ich war etwa 20, als es in der Mensa Ratatouille gab, diesen leckren Mix aus Sommergemüse. Nun hatte ich viele französische Gerichte in Frankreich gegessen, kannte sie zum Teil auch aus Deutschland, war aber einen Moment lang unsicher, ob ich das Gericht wiedererkenne oder nicht. Es war in der Zeit der Prüfungsvorbereitung, mir schwirrte der Kopf vom Pauken und ich hatte Angst, es mit Bouillabaisse zu verwechseln; damals aß ich noch keinen Fisch. Also fragte ich andre Studenten in der Schlange, was denn nochmal Ratatouille sei. Die Frage wurde akzentfrei gestellt und kam bei ihnen ungefähr so an, wie wenn in Deutschland in der Mensaschlange sich jemand akzentfrei nach "Leberkäs" oder "Käsespätzle" erkundigt: als Witz. Um mich herum fingen alle an zu kalauern, la grenouille dans la bredouille, "der Frosch in der Klemme", ist die am einfachsten zu übersetzende Antwort. Bis ich kleinlaut sagte, dass ich das jetzt wirklich grad mal nicht wisse, weil ich nicht in Frankreich aufgewachsen bin ...
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Dienstag, 6. Januar 2009
Vokabeln lernen die Siebente
Und noch ein Beitrag über das Lernen von Vokabeln. Diese Arbeit steht im Zentrum unseres Berufs, daher haben Dolmetscher und Dolmetscherinnen natürlich die besten Lerntipps.
Wie gehe ich vor? Ich weiß, dass ich in 10 Tagen einen Design-Workshop dolmetschen darf. Für Design habe ich mich bislang nur privat interessiert, praktiziere dazu bislang auch einen privaten Sprachgebrauch, bin mir vieler Begriffe nicht sicher, weiß "passiv" mehr als "aktiv." Ich bitte einen Freund, der Designer ist, mit mir ins Bauhaus-Archiv in Berlin zu gehen, man könnte auch nach Dessau fahren oder schicke Läden durchstreifen. Einst, als ich das erste Mal für die Automobilindustrie einen Marktforschungstermin dolmetschte, hat mir mein Bruder, ein angehender Ingenieur, Otto-Motor, Autoaufbau und -ausstattung erklärt. Es war Ostern und wir waren alle ein paar Tage im Haus der Familie zusammengekommen; die drei mal zwei Stunden mit ihm, der hervorragend erklären und andere mitreißen kann, haben mich für das Thema "angewärmt", was auch bitter nötig war: Vor meinen ersten Einsätzen für die Automobilindustrie waren für mich PKWs rollende Blechkisten, die sich nach Merkmalen wie Farbe, Geruch und Sauberkeit unterscheiden ließen und nicht nach Aspekten wie Design, Ausstattung und Fahrverhalten.
Danach lese ich Texte, erst in der einen, dann in der anderen Sprache. Und hier lege ich mit dem los, was mich weiter erfreut: Mit Worten, die ich schon kenne, und das sind oft überraschend viele. Ich lege mir eine Vokabelliste an, wobei ich alles so aufschreibe, wie es kunterbunt aus den Texten purzelt. Zum Weiterlernen kopiere ich mir die Listen und ordne sie neu: Erst nach thematischen Blöcken, dabei ergänze ich die Begriffe gern auch durch Beispielsätze aus dem Netz. Eine andere Liste ist alphabetisch für die Ausgangssprache geordnet, eine weitere Liste alphabetisch für die Zielsprache. Was dann noch nicht 'sitzt', wandert auf Karteikarten, wobei ich immer großzügig mehr aufschreibe als im Moment nötig, die eigene Vergessenskurve schätze ich realistisch ein. Und noch ein Lernmoment ist wichtig: Die Wiedervorlage, besonders in einem anderen Kontext. Am Ende mische ich immer wieder Vokabelkarteien aus verschiedenen Themenfeldern, was ich dann kann, beherrsche ich wirklich.
Lernpsychologisch mache ich das: Verknüpfung eines Themas mit angenehmen Menschen und Ereignissen, Aufrufen von Vorwissen (das Hirn freut sich, schüttet weiter Glückshormone aus), Anknüpfen an Vorwissen ( = bereits bestehende Synapsen), Wiederholung fürs bessere Einprägen, Aktivierung durchs Umsortieren in eine thematisch untergliederte Liste, Wiederholung nach sprachlichen Kriterien, am Ende die völlige Herauslösung aus dem Kontext.
Zwischen den Lernphasen, in die ich mich in positiv gestimmter, gespannter Haltung hineinbegebe, mache ich Lockerungsübungen. Mal sind diese sprachlicher Art, ich schreibe einen Brief, einen Blogeintrag, löse einige Zeilen Kreuzworträtsel. Oder aber ich mache etwas Gymnastik. Bewegung ist auch fürs Lernen gut, so verteile ich gern meine Karteikärtchen auf verschiedene Stellen der Wohnung, flaniere hin und her, putze mal eben das Bad, höre zwischendurch Lieblingsmusiken oder lache mich schebbs an Comedy, Kabarett oder witzigen Filmen. Kennen Sie den?
Wie gehe ich vor? Ich weiß, dass ich in 10 Tagen einen Design-Workshop dolmetschen darf. Für Design habe ich mich bislang nur privat interessiert, praktiziere dazu bislang auch einen privaten Sprachgebrauch, bin mir vieler Begriffe nicht sicher, weiß "passiv" mehr als "aktiv." Ich bitte einen Freund, der Designer ist, mit mir ins Bauhaus-Archiv in Berlin zu gehen, man könnte auch nach Dessau fahren oder schicke Läden durchstreifen. Einst, als ich das erste Mal für die Automobilindustrie einen Marktforschungstermin dolmetschte, hat mir mein Bruder, ein angehender Ingenieur, Otto-Motor, Autoaufbau und -ausstattung erklärt. Es war Ostern und wir waren alle ein paar Tage im Haus der Familie zusammengekommen; die drei mal zwei Stunden mit ihm, der hervorragend erklären und andere mitreißen kann, haben mich für das Thema "angewärmt", was auch bitter nötig war: Vor meinen ersten Einsätzen für die Automobilindustrie waren für mich PKWs rollende Blechkisten, die sich nach Merkmalen wie Farbe, Geruch und Sauberkeit unterscheiden ließen und nicht nach Aspekten wie Design, Ausstattung und Fahrverhalten.
Danach lese ich Texte, erst in der einen, dann in der anderen Sprache. Und hier lege ich mit dem los, was mich weiter erfreut: Mit Worten, die ich schon kenne, und das sind oft überraschend viele. Ich lege mir eine Vokabelliste an, wobei ich alles so aufschreibe, wie es kunterbunt aus den Texten purzelt. Zum Weiterlernen kopiere ich mir die Listen und ordne sie neu: Erst nach thematischen Blöcken, dabei ergänze ich die Begriffe gern auch durch Beispielsätze aus dem Netz. Eine andere Liste ist alphabetisch für die Ausgangssprache geordnet, eine weitere Liste alphabetisch für die Zielsprache. Was dann noch nicht 'sitzt', wandert auf Karteikarten, wobei ich immer großzügig mehr aufschreibe als im Moment nötig, die eigene Vergessenskurve schätze ich realistisch ein. Und noch ein Lernmoment ist wichtig: Die Wiedervorlage, besonders in einem anderen Kontext. Am Ende mische ich immer wieder Vokabelkarteien aus verschiedenen Themenfeldern, was ich dann kann, beherrsche ich wirklich.
Lernpsychologisch mache ich das: Verknüpfung eines Themas mit angenehmen Menschen und Ereignissen, Aufrufen von Vorwissen (das Hirn freut sich, schüttet weiter Glückshormone aus), Anknüpfen an Vorwissen ( = bereits bestehende Synapsen), Wiederholung fürs bessere Einprägen, Aktivierung durchs Umsortieren in eine thematisch untergliederte Liste, Wiederholung nach sprachlichen Kriterien, am Ende die völlige Herauslösung aus dem Kontext.
Zwischen den Lernphasen, in die ich mich in positiv gestimmter, gespannter Haltung hineinbegebe, mache ich Lockerungsübungen. Mal sind diese sprachlicher Art, ich schreibe einen Brief, einen Blogeintrag, löse einige Zeilen Kreuzworträtsel. Oder aber ich mache etwas Gymnastik. Bewegung ist auch fürs Lernen gut, so verteile ich gern meine Karteikärtchen auf verschiedene Stellen der Wohnung, flaniere hin und her, putze mal eben das Bad, höre zwischendurch Lieblingsmusiken oder lache mich schebbs an Comedy, Kabarett oder witzigen Filmen. Kennen Sie den?
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Montag, 5. Januar 2009
Arbeitszimmer *AKTUALISIERT*
Aktuelle Situation hier: klick.
Der Staat braucht Geld, deshalb wurden und werden steuerliche Vergünstigungen gestrichen. Zum Beispiel scheint seit einem Jahr fraglich, was für uns Dolmetscher und Übersetzer in Zukunft gilt: Dürfen wir ein Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung steuerlich geltend machen oder nicht? Es hänge davon ab, so die Debatte, wo der/die Freiberufler/in den Arbeitsschwerpunkt habe.
Draußen verdiene ich mein Geld, ich sitze in einer Dolmetscherkabine, flüstere in eine "Personenführungsanlage" oder dolmetsche konsekutiv in Sitzungs- oder Schnittraum, auf Podium oder Bühne. Doch das wäre ohne Vor- und Nachbereitung unmöglich. Und diese Tätigkeiten sind nun mal papier- und bücherlastig, außerdem übersetze und schreibe ich die anderen Tage. Auf einen öffentlich sichtbaren Tag als Dolmetscherin mit Spezialisierung auf Medien kommen drei Arbeitstage in Arbeitszimmer, Archiv oder Kino. Laut Gesetz habe ich aber mindestens 50 % meiner gesamten beruflich aufgewendeten Zeit im Arbeitszimmer zu verbringen, damit dies mein Arbeitsmittelpunkt ist. Oft muss ich viel lesen - und gehe dazu heimlich in die Bibliothek oder schleiche mich illegalerweise ins Wohnzimmer, wo ich rückenschonend auf dem Sofa liege. Eine Stunde später stehe ich verstohlen am Lesestehpult im Flur, immer das Wort des Orthopäden im Ohr: "Die beste Haltung für den Rücken ist die nächste!" Ist das steuerlich relevantes Arbeiten? Und das Hometrainer-Fahrrad, auf dem strampelnd ich viele Jahre lang jeden Tag einen Film gesehen habe, als ich mich nebenberuflich um Marketing für einen deutschen Filmverband gekümmert und für Festivals Filme ausgewählt habe? Die Gesetze sagen: im Arbeitszimmer verboten, und außerhalb des Arbeitszimmers keine Arbeitszeit! Wie gut, dass es kaputt ging und entsorgt werden musste.
Der Mittelpunkt meiner beruflichen Tätigkeit steht für mich nicht infrage, auch wenn ich noch nicht weiß, wie ich das nachweisen soll. Aber es scheint alles halb so schlimm, im Netz finde ich wunderbare Lösungen, mit denen der Arbeitsplatz bald ohnehin kurz vor virtuell ist.
Ein schwedisches Designerteam stellt ein Raumwunder à la Matrjoschka-Puppe vor: Arbeits-/Wohn- und Schlafzimmer auf vier Quadratmetern. Und wo noch der Staubsauger reinpasst (siehe Link), hätte gleich noch 'ne Miniküche eingebaut werden können, oder?
Nur einen Quadratmeter für den Computerarbeitsplatz braucht dieser Entwurf von M.T.I. Impex aus Rumänien:
Und wie zu erwarten haben die andren Schweden, das bekannte Möbelhaus, die optimale Raumsparlösung: Den Wandklappsekretär "PS" für Flur oder Wohnzimmereckle sowie das berühmte, allseits beliebte "papierlose Büro".
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Fotoquellen: Die jeweiligen Hersteller/Verkäufer.
Der Staat braucht Geld, deshalb wurden und werden steuerliche Vergünstigungen gestrichen. Zum Beispiel scheint seit einem Jahr fraglich, was für uns Dolmetscher und Übersetzer in Zukunft gilt: Dürfen wir ein Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung steuerlich geltend machen oder nicht? Es hänge davon ab, so die Debatte, wo der/die Freiberufler/in den Arbeitsschwerpunkt habe.
Draußen verdiene ich mein Geld, ich sitze in einer Dolmetscherkabine, flüstere in eine "Personenführungsanlage" oder dolmetsche konsekutiv in Sitzungs- oder Schnittraum, auf Podium oder Bühne. Doch das wäre ohne Vor- und Nachbereitung unmöglich. Und diese Tätigkeiten sind nun mal papier- und bücherlastig, außerdem übersetze und schreibe ich die anderen Tage. Auf einen öffentlich sichtbaren Tag als Dolmetscherin mit Spezialisierung auf Medien kommen drei Arbeitstage in Arbeitszimmer, Archiv oder Kino. Laut Gesetz habe ich aber mindestens 50 % meiner gesamten beruflich aufgewendeten Zeit im Arbeitszimmer zu verbringen, damit dies mein Arbeitsmittelpunkt ist. Oft muss ich viel lesen - und gehe dazu heimlich in die Bibliothek oder schleiche mich illegalerweise ins Wohnzimmer, wo ich rückenschonend auf dem Sofa liege. Eine Stunde später stehe ich verstohlen am Lesestehpult im Flur, immer das Wort des Orthopäden im Ohr: "Die beste Haltung für den Rücken ist die nächste!" Ist das steuerlich relevantes Arbeiten? Und das Hometrainer-Fahrrad, auf dem strampelnd ich viele Jahre lang jeden Tag einen Film gesehen habe, als ich mich nebenberuflich um Marketing für einen deutschen Filmverband gekümmert und für Festivals Filme ausgewählt habe? Die Gesetze sagen: im Arbeitszimmer verboten, und außerhalb des Arbeitszimmers keine Arbeitszeit! Wie gut, dass es kaputt ging und entsorgt werden musste.
Der Mittelpunkt meiner beruflichen Tätigkeit steht für mich nicht infrage, auch wenn ich noch nicht weiß, wie ich das nachweisen soll. Aber es scheint alles halb so schlimm, im Netz finde ich wunderbare Lösungen, mit denen der Arbeitsplatz bald ohnehin kurz vor virtuell ist.
Ein schwedisches Designerteam stellt ein Raumwunder à la Matrjoschka-Puppe vor: Arbeits-/Wohn- und Schlafzimmer auf vier Quadratmetern. Und wo noch der Staubsauger reinpasst (siehe Link), hätte gleich noch 'ne Miniküche eingebaut werden können, oder?
Nur einen Quadratmeter für den Computerarbeitsplatz braucht dieser Entwurf von M.T.I. Impex aus Rumänien:
Und wie zu erwarten haben die andren Schweden, das bekannte Möbelhaus, die optimale Raumsparlösung: Den Wandklappsekretär "PS" für Flur oder Wohnzimmereckle sowie das berühmte, allseits beliebte "papierlose Büro".
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Sonntag, 4. Januar 2009
Nacharbeiten
Das Schöne am Job ist: Nach getaner Arbeit geht's nach Hause und ich kann die Festplatte unter der Frisur wieder leerputzen" — so oder so ähnlich sagte mir Sebastian letzten November, warum er unseren Dolmetscherberuf so mag. Der liebe Kollege arbeitet aber auch schon mehrere Jahrzehnte und wird nur wenig von seinen Jobs mit nach Hause nehmen.
Er schreibt sich im Lauf eines Dolmetschertages vielleicht ein halbes bis ganzes Dutzend neuer Begriffe auf — "weniger alte Hasen" wie ich schleppen zusätzlich gerne Unterlagen nach Hause. Das hat seinen Sinn: An Tagen wie heute bereite ich einige Stunden lang den Einsatz zum zweiten Mal nach. Die erste Nachbereitung erfolgt — des besseren Merkens willen — gleich im Anschluss an den Einsatz: Ich notiere Vokabeln, sortiere aus, was in den Reißwolf kommt und was in den Themenordner darf, zu dem ich übers Jahr auch die passenden Lesenotizen und Artikel hefte. Wenn später dann ein Einsatz mit verwandten Inhalten vorzubereiten ist, ist es immer ein schönes, angenehmes Wiedersehen mit den Früchten früherer Arbeit, ein Anknüpfen mit bereits Gewusstem und das schöne Gefühl, dass die Materie nicht ganz fremd ist.
Ich hefte mir dazu auch gern die Reden ab, an die ich vielleicht keine so gute Erinnerung haben müsste, jene, bei denen ich im Geschwindmarsch mit durchmusste, ich schrieb vor zwei Tagen davon. Diese später nochmal aus dem Aktenregal zu holen und erneut zu studieren hat etwas Versöhnliches. Und ich bin überrascht, wie viel ich trotzdem immer mit aufnehme — bei meinen Fachgebieten, die bei mir mehr als die Hälfte der Ordner ausmachen, ohnehin, und bei allgemeineren Inhalten auch. Dritter Themenkomplex: Die Bereiche, in die ich mich erst einfuchsen muss, die mich dann auch oft über Jahre begleiten. Heute überrascht mich beim Nacharbeiten das erstaunliche Gefül, die Texte gut zu kennen und viel vom Inhalt zu wissen. Die negativen Gefühle aus der Kabine sind verschwunden. Na, denn mal los ...
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Foto: Musterbüro aus dem Katalog. Nur wer verrät
einem, welche Farbe für welche Art von Inhalten steht?
Ich knoble noch an meiner idealen Büroordnung.
Er schreibt sich im Lauf eines Dolmetschertages vielleicht ein halbes bis ganzes Dutzend neuer Begriffe auf — "weniger alte Hasen" wie ich schleppen zusätzlich gerne Unterlagen nach Hause. Das hat seinen Sinn: An Tagen wie heute bereite ich einige Stunden lang den Einsatz zum zweiten Mal nach. Die erste Nachbereitung erfolgt — des besseren Merkens willen — gleich im Anschluss an den Einsatz: Ich notiere Vokabeln, sortiere aus, was in den Reißwolf kommt und was in den Themenordner darf, zu dem ich übers Jahr auch die passenden Lesenotizen und Artikel hefte. Wenn später dann ein Einsatz mit verwandten Inhalten vorzubereiten ist, ist es immer ein schönes, angenehmes Wiedersehen mit den Früchten früherer Arbeit, ein Anknüpfen mit bereits Gewusstem und das schöne Gefühl, dass die Materie nicht ganz fremd ist.
Ich hefte mir dazu auch gern die Reden ab, an die ich vielleicht keine so gute Erinnerung haben müsste, jene, bei denen ich im Geschwindmarsch mit durchmusste, ich schrieb vor zwei Tagen davon. Diese später nochmal aus dem Aktenregal zu holen und erneut zu studieren hat etwas Versöhnliches. Und ich bin überrascht, wie viel ich trotzdem immer mit aufnehme — bei meinen Fachgebieten, die bei mir mehr als die Hälfte der Ordner ausmachen, ohnehin, und bei allgemeineren Inhalten auch. Dritter Themenkomplex: Die Bereiche, in die ich mich erst einfuchsen muss, die mich dann auch oft über Jahre begleiten. Heute überrascht mich beim Nacharbeiten das erstaunliche Gefül, die Texte gut zu kennen und viel vom Inhalt zu wissen. Die negativen Gefühle aus der Kabine sind verschwunden. Na, denn mal los ...
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Foto: Musterbüro aus dem Katalog. Nur wer verrät
einem, welche Farbe für welche Art von Inhalten steht?
Ich knoble noch an meiner idealen Büroordnung.
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Alltag
Samstag, 3. Januar 2009
Kabinenheld
Das Gegenteil vom Kabinenschätzchen ist der Kabinenheld: Ein Redner (oder eine Rednerin, letzten Dezember war es ein Mann), der um die Komplexität seines historischen Fachtexts weiß, der sich einer Epoche widmet, die nicht unbedingt zu dem Stoff zählt, die jeder Dolmetscher samt anderssprachiger Fachtermini eben mal so auf der Festplatte hat, zumal nicht, wenn die Rede auf einer eher anthropologisch ausgerichteten Fachtagung gehalten wird. Und der den Text deshalb in die andere Sprache übersetzen lässt. Der daraufhin bemerkt, dass er ein wenig über der Zeit liegt und Streichungen vornimmt - und diese auf die zweite Fassung überträgt. Der sich schließlich zu Beginn der Pause sich uns vorstellt, den Text reinreicht und nach der Pause in wunderbarem Tempo seinen Vortrag zum Besten gibt.
Ein wahrer Held der Kabinenarbeiter eben.
Das Label "Alltag" stimmt hier eigentlich nicht, der Vorgang ist leider (noch) nicht alltäglich.
Ein wahrer Held der Kabinenarbeiter eben.
Das Label "Alltag" stimmt hier eigentlich nicht, der Vorgang ist leider (noch) nicht alltäglich.
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Alltag
Freitag, 2. Januar 2009
Kabinenschätzchen
Heute schreibe ich über das Kabinenschätzchen. Das ist nicht, was Sie jetzt möglicherweise denken, und hat auch rein gar nichts mit einem "Boxenluder" zu tun.
Nach manchem Tag in der Dolmetscherkabine gehen wir unzufrieden nach Hause. Es liegt zumeist nicht an den Inhalten, sondern an den Umständen manchen Vortrags. Jede Konferenz hat ihr Kabinenschätzchen. Besonders beliebt bei unsereinem ist der oder die Redner/in, der/die im Schweiße seines/ihres Angesichts buchstäblich bis zur letzten Minute am Manuskript feilt, damit auch auf Seite drei, dritter Absatz, letzter Satz, das zweite Komma an der richtigen Stelle steht. Dann legt er oder sie los, ohne sich uns zuvor kurz vorgestellt oder auch nur eines Blickes quer durch den Raum gewürdigt zu haben, und legt ebenso selbstvergessen ein erstaunliches Sprechtempo vor, als ginge es auf Zeit und nicht um ein kompliziertes Thema. Die Sätze erweisen sich in der Folge von der Art, dass drei Komma fünf von ihnen spielend ausreichen, um ein Manuskriptblatt von 1800 Anschlägen zu füllen. Und weil im Deutschen bekanntlich das Verb am Ende kommt, brauchen wir Dolmetscher eine Behaltensspanne von 8,57 Zeilen (à 60 Anschlägen) inklusive Namen von Autoren, Orten, Jahreszahlen, Fachtermini und komplizierter Sachverhalte, bis wir anfangen können zu sprechen. Das sind dann die wirklichen Kabinenschätzchen am Rednerpult, die uns etwas abverlangen, was 1:1 menschenunmöglich ist. Und erst recht maschinenunmöglich. An Tagen mit solchen Kandidaten kann die schmerzhafte Erinnerung ans Erlebte die Erfolgserlebnisse in der Dolmetscherkabine dann doch so überstrahlen, dass ich am Abend mit der Arbeit nicht zufrieden bin. Das ist schade, weil so unnötig.
Und ich muss dann immer an Tucholsky denken, der fächerübergreifend an allen Hochschulen studiert gehört, und zwar die "Ratschläge für einen schlechten/guten Redner" aus dem Jahre 1932. Ein Ausschnitt:
Nach manchem Tag in der Dolmetscherkabine gehen wir unzufrieden nach Hause. Es liegt zumeist nicht an den Inhalten, sondern an den Umständen manchen Vortrags. Jede Konferenz hat ihr Kabinenschätzchen. Besonders beliebt bei unsereinem ist der oder die Redner/in, der/die im Schweiße seines/ihres Angesichts buchstäblich bis zur letzten Minute am Manuskript feilt, damit auch auf Seite drei, dritter Absatz, letzter Satz, das zweite Komma an der richtigen Stelle steht. Dann legt er oder sie los, ohne sich uns zuvor kurz vorgestellt oder auch nur eines Blickes quer durch den Raum gewürdigt zu haben, und legt ebenso selbstvergessen ein erstaunliches Sprechtempo vor, als ginge es auf Zeit und nicht um ein kompliziertes Thema. Die Sätze erweisen sich in der Folge von der Art, dass drei Komma fünf von ihnen spielend ausreichen, um ein Manuskriptblatt von 1800 Anschlägen zu füllen. Und weil im Deutschen bekanntlich das Verb am Ende kommt, brauchen wir Dolmetscher eine Behaltensspanne von 8,57 Zeilen (à 60 Anschlägen) inklusive Namen von Autoren, Orten, Jahreszahlen, Fachtermini und komplizierter Sachverhalte, bis wir anfangen können zu sprechen. Das sind dann die wirklichen Kabinenschätzchen am Rednerpult, die uns etwas abverlangen, was 1:1 menschenunmöglich ist. Und erst recht maschinenunmöglich. An Tagen mit solchen Kandidaten kann die schmerzhafte Erinnerung ans Erlebte die Erfolgserlebnisse in der Dolmetscherkabine dann doch so überstrahlen, dass ich am Abend mit der Arbeit nicht zufrieden bin. Das ist schade, weil so unnötig.
Und ich muss dann immer an Tucholsky denken, der fächerübergreifend an allen Hochschulen studiert gehört, und zwar die "Ratschläge für einen schlechten/guten Redner" aus dem Jahre 1932. Ein Ausschnitt:
Sprich mit langen, langen Sätzen – solchen, bei denen du, der du dich zu Hause, wo du ja die Ruhe, deren du so sehr benötigst, deiner Kinder ungeachtet, hast, vorbereitest, genau weißt, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinandergeschachtelt, so daß der Hörer, ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat, auf das Ende solcher Periode wartet...nun, ich habe dir eben ein Beispiel gegeben. So mußt du sprechen.
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Alltag
Donnerstag, 1. Januar 2009
Auf ein Neues!
Alles Gute fürs Neue! Uns allen wünsche ich in diesem Jahr Gesundheit, Glück und Gelassenheit - und viel Klarheit.
Bald wird uns die Zahl 2009 so selbstverständlich von der Hand gehen, wie 'bis eben' noch die des alten Jahres ... und irgendwann im Januar wird sich auch kaum einer mehr verschreiben, wie immer. Und da jedes Jahr wie ein Neuanfang ist, steht auch bei mir der heutige Tag im Zeichen ... des Alten. Dolmetschern und Übersetzern geht es wie Ärzten und Apothekern: Wir sind potentiell immer im Einsatz. Und da in acht Tagen mal wieder ein Job im Bereich Marktforschung ansteht, pauke ich Vokabular zu Design, Inneneinrichtung, hochwertiger Küchenausstattung. Und wiederhole, was ich über das französische Kinojahr 2008 weiß - für einen noch nicht sicheren Job kurz darauf ...
Hier bin ich mitten in den Themen des neuen Jahres - Wirtschaft, Arbeit und Geld. "Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles" - wusste schon der alte Geheimrat. Und viele Fausts auf vielen Ebenen haben ihre Seele dem Teufel verkauft, das wussten Insider schon lange. Dass mit dem Spekulieren auf fallende Getreidepreise ebenso "Geld verdient" werden konnte wie mit dem steigenden Preis des gleichen Guts, um nur ein Beispiel zu nennen, hatte nicht nur ich nicht verstanden - ich mutmaßte damals schon, dass diese Art von "Ökonomie" ja dem Glücksspiel verwandt sein müsse. Nun wussten viele, die eigentlich die Sache hätten steuern müssen, dass etliche Getreidesäcke leer waren, auch so könnte der inzwischen zu Gemeingut gewordene Begriff "Leerverkäufe" interpretiert werden.
Inzwischen schreiben die Zeitungen, dass die Börsen zu Casinos verkommen waren. Langer Rede kurzer Sinn: Das Chaos war programmiert, und dass so wenig Menschen parallel zum Geschehen die Hintergründe erfuhren, liegt auch (aber nicht nur) an der immer schlechteren Bezahlung der freien Pressevertreter, denen seit Jahren somit immer weniger Zeit für gründliches Arbeite bleibt.
"Leerverkäufe" (eigentlich Verkäufe von Aktien, die einem nicht gehören, siehe oben) haben wir seit Jahren auch in der Sprache. Das Wort "Minuswachstum" ist so eines, wenn Rückgänge gemeint sind. Sprache beschreibt und informiert nicht nur, sie kaschiert oft Meinungen. Ein anderer mag den gleichen Vorgang "Gesundschrumpfen" nennen, auch das klingt nach Wertung: manches, das zu groß wird, ist ungesund, ein "Wasserkopf", ein Furunkel oder vielleicht ein Parasit, der die Gesundheit seiner Wirtspflanze beeinträchtigt und möglicherweise ihren Fortbestand gefährdet. Wie in anderen Blogeinträgen ausgeführt: als Dolmetscherin habe ich außerhalb des häuslichen Abendbrottisches keine Meinung, denn mein Beruf besteht ja darin, eins zu eins das Gesagte wiederzugeben und somit zum Fortgang mancher Diskussion beizutragen.
Doch muss ich hellhörig sein, wie sich Sprache verändert. Ich finde - und hier spricht die Dolmetscherin ohne jede Wertung - dass sie in Zeiten ideologischer Kämpfe ärmer wird. Gerade ist die Sprache notleidend. Noch ein Beispiel: das Verb "sparen" wird seit einigen Jahren fast ausnahmslos im Sinne von "EINsparen" verwendet, die Vorsilbe "ein-" bringt eine sprachliche Verengung des Begriffs mit sich im Sinne von "Reduzierung von Ausgaben" oder "Verminderung des Verbrauchs". Der ursprüngliche Sinn des Wortes "sparen" ist ein anderer: heute für ein positives Ziel (das in der Zukunft liegt) auf etwas zu verzichten. Das kann Geld sein, das man zur Erfüllung eines Wunsches zurücklegt, oder aber "ich spar' mir 2009 den Zucker im Kaffee", weil ich weiß, dass zu viel Zucker ungesund ist, ich handle also bewusst für mich. Und auch der "Bausparvertrag" heißt so, weil ich fürs Bauen spare, und nicht, weil ich mir das Bauen sparen will.
Ausgehend vom guten Vorsatz zurück zum Neujahreswunsch "Klarheit": Ich wünsche uns, dass möglichst viele die Krise dazu nutzen mögen, die Grundfesten der Gesellschaft zu überdenken - und auf dass wir alle uns beherzt dafür einsetzen,
die zentralen Begriffe wieder mit
ihrem eigentlichen Sinn zu füllen.
Bald wird uns die Zahl 2009 so selbstverständlich von der Hand gehen, wie 'bis eben' noch die des alten Jahres ... und irgendwann im Januar wird sich auch kaum einer mehr verschreiben, wie immer. Und da jedes Jahr wie ein Neuanfang ist, steht auch bei mir der heutige Tag im Zeichen ... des Alten. Dolmetschern und Übersetzern geht es wie Ärzten und Apothekern: Wir sind potentiell immer im Einsatz. Und da in acht Tagen mal wieder ein Job im Bereich Marktforschung ansteht, pauke ich Vokabular zu Design, Inneneinrichtung, hochwertiger Küchenausstattung. Und wiederhole, was ich über das französische Kinojahr 2008 weiß - für einen noch nicht sicheren Job kurz darauf ...
Hier bin ich mitten in den Themen des neuen Jahres - Wirtschaft, Arbeit und Geld. "Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles" - wusste schon der alte Geheimrat. Und viele Fausts auf vielen Ebenen haben ihre Seele dem Teufel verkauft, das wussten Insider schon lange. Dass mit dem Spekulieren auf fallende Getreidepreise ebenso "Geld verdient" werden konnte wie mit dem steigenden Preis des gleichen Guts, um nur ein Beispiel zu nennen, hatte nicht nur ich nicht verstanden - ich mutmaßte damals schon, dass diese Art von "Ökonomie" ja dem Glücksspiel verwandt sein müsse. Nun wussten viele, die eigentlich die Sache hätten steuern müssen, dass etliche Getreidesäcke leer waren, auch so könnte der inzwischen zu Gemeingut gewordene Begriff "Leerverkäufe" interpretiert werden.
Inzwischen schreiben die Zeitungen, dass die Börsen zu Casinos verkommen waren. Langer Rede kurzer Sinn: Das Chaos war programmiert, und dass so wenig Menschen parallel zum Geschehen die Hintergründe erfuhren, liegt auch (aber nicht nur) an der immer schlechteren Bezahlung der freien Pressevertreter, denen seit Jahren somit immer weniger Zeit für gründliches Arbeite bleibt.
"Leerverkäufe" (eigentlich Verkäufe von Aktien, die einem nicht gehören, siehe oben) haben wir seit Jahren auch in der Sprache. Das Wort "Minuswachstum" ist so eines, wenn Rückgänge gemeint sind. Sprache beschreibt und informiert nicht nur, sie kaschiert oft Meinungen. Ein anderer mag den gleichen Vorgang "Gesundschrumpfen" nennen, auch das klingt nach Wertung: manches, das zu groß wird, ist ungesund, ein "Wasserkopf", ein Furunkel oder vielleicht ein Parasit, der die Gesundheit seiner Wirtspflanze beeinträchtigt und möglicherweise ihren Fortbestand gefährdet. Wie in anderen Blogeinträgen ausgeführt: als Dolmetscherin habe ich außerhalb des häuslichen Abendbrottisches keine Meinung, denn mein Beruf besteht ja darin, eins zu eins das Gesagte wiederzugeben und somit zum Fortgang mancher Diskussion beizutragen.
Doch muss ich hellhörig sein, wie sich Sprache verändert. Ich finde - und hier spricht die Dolmetscherin ohne jede Wertung - dass sie in Zeiten ideologischer Kämpfe ärmer wird. Gerade ist die Sprache notleidend. Noch ein Beispiel: das Verb "sparen" wird seit einigen Jahren fast ausnahmslos im Sinne von "EINsparen" verwendet, die Vorsilbe "ein-" bringt eine sprachliche Verengung des Begriffs mit sich im Sinne von "Reduzierung von Ausgaben" oder "Verminderung des Verbrauchs". Der ursprüngliche Sinn des Wortes "sparen" ist ein anderer: heute für ein positives Ziel (das in der Zukunft liegt) auf etwas zu verzichten. Das kann Geld sein, das man zur Erfüllung eines Wunsches zurücklegt, oder aber "ich spar' mir 2009 den Zucker im Kaffee", weil ich weiß, dass zu viel Zucker ungesund ist, ich handle also bewusst für mich. Und auch der "Bausparvertrag" heißt so, weil ich fürs Bauen spare, und nicht, weil ich mir das Bauen sparen will.
Ausgehend vom guten Vorsatz zurück zum Neujahreswunsch "Klarheit": Ich wünsche uns, dass möglichst viele die Krise dazu nutzen mögen, die Grundfesten der Gesellschaft zu überdenken - und auf dass wir alle uns beherzt dafür einsetzen,
die zentralen Begriffe wieder mit
ihrem eigentlichen Sinn zu füllen.
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