Mittwoch, 4. Mai 2016

Warum Profis?

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in. Hier schreibe ich im neunten Jahr über die Arbeitswelt der Sprachen. Ich arbeite in Ulm, Schwerin, Lyon, Pa­ris, Cannes und Berlin, kurz: dort, wo die Kunden mich brauchen.

Schreitender dunkelhäutiger Knabe mit Handy vor zünftigem Wandersmann als gezeichnete Abbildung
Wanderer unter sich
Leider habe ich schon wieder ein Ar­gu­ment für den Einsatz von Pro­fi­dol­met­schern im Bereich Flucht und Migration.

Mindestens ein Laiensprachmittler über­trägt willentlich falsch Interviews und macht falsche Angaben über seine "Kun­den", die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin vor­stel­lig wer­den. Darüber bringt das Dradio Wissen einen aktuellen Beitrag. Abraham Z., so heißt es, übertrage als Mitarbeiter des BAMF in Spandau absichtlich im Sinne des Regimes in Eritrea. Er gebe wiederholt falsche Daten und Geburtsorte an, die zu Widersprüchen und Abschiebungen führ­ten.

Er gilt als regimetreuer Eritreer, der den Geflüchteten bewusst schaden wolle. DRadio-Wissen-Reporter Timo Nicolas berichtet über diesen Fall, für den es zahl­rei­che Zeugen gebe. Leider thematisiert der Beitrag nicht den Unterschied zwi­schen professionellen Dolmetschern und Laiensprachmittlern.

In Fachkreisen, in denen ich mich umhöre, wird von mehreren "Dolmetschern" gemunkelt. Ich nehme an, dass sie nicht beeidigt sind. Die Tageszeitung taz hat schon letztes Jahr darüber einen Artikel veröffentlicht.

Irgendwie fällt mir dazu langsam nichts mehr ein.


EDIT: Report München hat gestern über weitere Fälle aus Köln und anderen Orten berichtet. Das Problem hängt nicht nur damit zusammen, dass es zu wenig professionelle Dolmetscher gibt, sondern auch damit, dass die Behörden immer seltener 75 Euro die Stunde (auch für Fahrtzeiten) zahlen möchten und daher oft auf Lai­en­sprach­hel­fer zurückgreifen.

Profis haben die nötige Distanz, und in schwierigen Momenten kennen sie auch Mittel und Wege, um die eigene seelische Gesundheit zu schützen.

Weiteres Problem, und das hat nicht nur die ARD: Die Vermischung der Begriffe Dolmetscher und Übersetzer. Es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Berufe in ein- und demselben Arbeitsfeld. Außerdem müssen die Berufsbezeichnungen von uns Profis endlich geschützt werden, daher der Begriff des Lai­en­sprach­hel­fers bzw. Sprach­hel­fers.
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Foto: C.E. (Gesicht per Photoshop verändert)

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