Mittwoch, 10. Februar 2010

Notizentechnik

Hallo beim Blog einer Dolmetscherin und Übersetzerin! Hier können Sie mehr über unsere Arbeit erfahren. Heute geht es um die Frage: "Wenn Sie im Kino ein Pu­bli­kums­ge­spräch dolmetschen, schreiben Sie dann Steno oder wie sehen Ihre Notizen aus?"

Zwischen den Jahren und einigen Einsätzen habe ich mich mal wieder mit meiner eigenen Kurzschrift beschäftigt. Dolmetscher notieren beim zeitversetzten (kon­se­kutiven) Dolmetschen die wesentlichen Punkte - und zwar nicht in Steno, wie Sie, lieber anonymer Leser meines Blogs, vermuten (damit sind Sie übrigens in bester Gesellschaft, die Frage höre ich oft!)

An den Hochschulen wird Notizentechnik unterrichtet, es gibt Standardwerke da­zu, am Ende entwickelt jede/jeder von uns sein eigenes System. Da ich in Frank­reich studiert habe, bin ich sehr von der französischen Art des Aufschreibens beeinflusst, dazu kommen deutsche, englische und ein paar spanische Kürzel. Vieles stammt aus der Mathematik, die berühmten +, -, =, <, >, ->, =>, das dürfte bei allen von uns gleich sein. Aus dem Griechischen kommen Buchstaben wie Φ für Philosophie, θ für Theologie oder Theater, ψ für Psychologie usw.

Das einfachste Zeichen, das ich verwende, ist das I, das kürzeste Wort einer Welt­spra­che. Und dann lässt sich mit den An­fangs­buch­staben meiner Sprachen viel anstellen. Logisch, dass D und F meine beiden Arbeitsländer sind, dazu gehören die Adjektive dt und fz und nicht etwa d und f, weil das kleine da­hin­ge­schlän­gel­te Schreib­schrift-F ohne Unterstrich bei mir Film bedeutet ... (Wobei, auf Französisch notiert, heißt f-a durchaus deutsch-französisch, franco-allemand, das ist also kontextabhängig.)

Nehmen wir das E, das scheint einfacher gelagert. Hier habe ich viele Varianten, nur ein "richtiges" E hab ich nicht in Verwendung, weil England GB ist. Auch der Sinn eine auf dem Bauch liegenden Es entschließt sich mir noch nicht. Wer eine gute Idee hat - mit Begründung - bitte her damit! Es geht los mit dem kleinen e von e-Mail oder e-gouvernment: Das macht also sieben Mal "E", denn oben ab­ge­bildete das Zeichen für "europäisch" ist ja nur ein dekliniertes Kürzel.

Smileys "schreiben" viele Kolleginnen und Kollegen sehr detailliert auf, ich nutze sie in ihrer allereinfachsten Art, ohne Augen, das Smiley-Köpfchen grinst oder mault, und wenn etwas ungefähres über seinem Kopf schwebt, eine Tilde, dann denkt das Smiley nach. In der Praxis entstehen viele in­di­vi­du­elle Formen. Das, was notiert wird, ist am Ende oft sprach­un­ge­bun­den, aber nicht nur. Wenn es um wörtliche Wiedergabe geht, notiere ich mit " eingeführte Zitate. Dabei schreibe ich je nach Ent­spannt­heits­grad mehr in dieser oder in jener Sprache auf ...

Im Alltag beobachte ich, dass ich aus­führ­li­cher mitschreibe, je müder ich bin und/oder je länger das Festival dauert. Daher war es eine gute Idee, in den ruhigeren Momenten des Jahres mal wieder in die Bücher reinzugucken.

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Foto: Hier berichtet eine junge Regisseurin aus Paris über ihre berufliche Integration, aber es ist geschmiert, das q° von question/Frage (1. Zeichen viertletzte Zeile) sieht fast aus wie das Zeichen für Mensch, das ist ein I mit kleinem Kreisköpfchen oben drauf!

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