Samstag, 28. Juli 2007

Multitasking

Gestern stand ich vor einem logistischen Problem. Neben dem Dolmetschen unterrichte ich einen Tag in der Woche in der Hochschule und gebe einen doppelstündigen Kurs im Fach Medienwissenschaft (siehe Link "Festivalblog Französische Filmwoche").
Normalerweise überschneiden sich die Bereiche nicht, jetzt plötzlich schon: Alexandra, eine unserer Studentinnen, wollte die Arbeit in der Kabine drehen, denn sie macht für eine Kunstausstellung einen Beitrag über Multitasking. Die Idee gefiel mir, dennoch war mir mulmig: Die Kabinen, in denen wir Dolmetscher sitzen, sind drei bis vier Quadratmeter groß und darin halten sich dann zwei Kollegen auf. Ergebnis: Die Luft ist stickig, und viel Raum, um sich zu bewegen, gibt es auch nicht.

Also schlug ich vor, dass ich uns selbst filmen würde. Dolmetschen und gleichzeitig filmen? Das geht allenfalls bei Tischgesprächen, wenn es sowohl auf die Übersetzung als auch auf das Bild nicht sooo sehr ankommt. Das habe ich schon mal gemacht, als ich vor Jahren Nicolas Philibert über die Herausbringungsstrategie seines Dokumentarfilms "Haben und sein" befragt habe. Die Aufzeichnungen wurden dann "nur" von den Studenten ausgewertet, gedolmetscht hab ich für die anwesenden Journalisten, damit diese auch wissen, worüber wir sprechen.

Jetzt war leider das institutseigene Tischstativ für die Kamera ausgeliehen und meins passte nicht (genauer: die Schnellspannplatte - la semelle). So dass die Idee, selbst zu filmen (die vorbereitete Kamera nur ein- und auszuschalten), ausfiel.

Wir waren auf einem großen, von einer Gewerkschaft organisierten Kongress. Leider hatte die Gewerkschaft eine der Großfirmen mit der Beschickung der Kabinen mit Dolmetschern beauftragt, eine Firma von der Art, die 40 % des Honorars als Vermittlungsgebühr abzieht. Ergebnis der Geringschätzung, die in Nachlässigkeit mündete: Für Spanisch erschien der zweite Kollege nicht. Derlei kommt sonst nicht vor, Dolmetscher sind die personifizierte Dienstleistung ...

Aus den anderen Arbeitsgruppen sprangen in deren Arbeitspausen ab und zu Kollegen für Spanisch ein, einmal wechselte meine Französisch-Kollegin Kerstin die Kabine. Sie dolmetschte dann aus dem (lateinamerikanischen) Spanisch ins Deutsche, die Nachbarkabine und ich vom Deutschen jeweils ins Englische bzw. Französische.

Und Alexandra hatte ihre große (halbe) Stunde. Ich bot ihr gestisch den zweiten Dolmetscherstuhl an, sie legte los und filmte alles, was ihr vor die Linse geriet. Mich inklusive. Blöderweise sprach die Gewerkschaftlerin aus Uruguay ziemlich assoziativ und nicht so auf den Punkt, so dass das Dolmetschen gar nicht so einfach war. Ich saß in mich gekehrt da und redete vor mich hin. Komische Bilder sind das sicher. Am Ende wird alles montiert und vermengt mit Berichten von Fluglotsen, Chefköchen und Musikern. Ich bin gespannt.

Ort und Zeit der Aufführung hier: klick!

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Foto: Ana Lisa Calais e Val

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