Nicht dass Sie denken, ich dolmetschte nur "bei Films". Weit gefehlt, hier habe ich zwar gelernt, aber auch Botschaften und Forschungseinrichtungen, Politiker und Stiftungen zählen zu unseren Kunden.
Neulich in irgendeinem Ministerium, der Termin war extrem kurzfristig anberaumt worden, und trotz wiederholter Nachfrage hatte ich keine Unterlagen zur Vorbereitung erhalten. Der Termin geht mir Verspätung los, die französische Delegation lässt auf sich warten - und erleichtert gehe ich mit der Moderatorin die Powerpointpräsentation durch und pauke Kürzel und Namen: jenes Ministerium, diese Abteilung, jene Kommission, diese Arbeitsgruppe.
Später, als sich alle vorstellen, weiß ich genau, bis zu welchem Punkt auf der Liste ich von der Moderatorin gebrieft'worden bin. Danach hab ich drei oder vier Hänger: Sekunden, in denen das Hirn rattert und wild nach Lösungen sucht, werden vermeintlich zu Minuten, alle scheinen mich anzustarren, es unmöglich zu finden, dass ich hier bin, sich zu überlegen, wer wohl auf die Idee gekommen sein mag, mich anzustellen, jetzt scheinen alle sich meinen Namen merken zu wollen mit dem Hintergedanken: "Die nicht mehr!" und ich suche noch immer nach Sinn, finde Worte, presse sie heraus, finde meine Stimme wieder, der Satz gerät langsam wieder in Gang, Wort folgt auf Wort, es spricht mich, ich bin erleichtert. Obgleich ein kühler Sommertag, war ich ganz schön ins Schwitzen gekommen.
Der Rest ist Diplomatie und besteht aus Sätzen, die ich kenne. Am Ende kommt der Vizedirektor auf mich zu, dessen Frau, wie er sagt, Französin sei, und bedankt sich außerordentlich herzlich von mir für die 'schöne Übersetzung'. Und sagt: "Wissen Sie, ich hab' Jahre gebraucht, um hinter die Bedeutungen dieser ganzen Abkürzungen zu kommen!"
Ab, nach Hause, duschen. Und beim nächsten Mal die Auftraggeber NOCH verbindlicher um die Liste der Teilnehmer und die Themen bitten!
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