Coronafrühstücke haben wir irgendwann aufgehört zu fotografieren. Aber seit wir beim Molkereiwagen ein Käseabo haben, vergrößert sich der Schalenvorrat, denn Saint-Marcellin bringt jedes Mal sein Terrakottatöpfchen mit. Der Brie aus der Gegend von Lyon riecht zwar etwas streng, schmeckt dafür aber himmlisch.
Made in France! Eine Empfehlung!
Vegetarisch, aber nicht vegan |
Der vierte Monat mit Pandemie und ohne Konferenztätigkeiten neigt sich dem Ende zu. Die ersten Erfahrungen mit Onlinedolmetschen sind gemacht, nicht alle getesteten Technikanbieter sind überzeugend. Zwei Termine haben mich diesen Monat in eine Anwaltskanzlei geführt, dann gibt es ein wenig Arbeit im Rahmen einer Filmproduktion. Aber nichts im Vergleich zum sonst diesen Monat üblichen Konferenzgeschehen und den damit verbundenen Umsätzen.
Meine Monatsbilanz: minus 80 Prozent. Immerhin besser als die Monate April und Mai mit minus 100 Prozent. Der nächste geplante Tageseinsatz auf einer Konferenz steht mit März 2021 im Kalender. Für Ende Oktober gibt es eine vorsichtige Anfrage für einen Abend. Ein Tag, einen Abend: Das ist sonst Arbeit für eine halbe Woche und nicht für ein halbes Jahr!
Ich schreibe viel, sortiere und repariere. Dabei lebe ich von der ersten Tranche der Solo-Selbständigenhilfe, die in Berlin am Anfang auch für den Eigenunterhalt war, und bin mitten in der Umrüstung des Büros auf Seuchenzeiten, deren Beginn ich ebenfalls dank Betriebskostenhilfe finanziere, den zweiten Teil mit verspätet eingehenden Honoraren (die ebenfalls dank Solo-Selbständigenhilfe fließen). Durch diese Umrüstung kann ich weiterarbeiten, wenn es nach der Sommerpause zaghaft wieder losgehen wird.
Ich habe zwei linke Hände, bin keine Heimwerkerin. Also stoße ich mit den Arbeiten, die im Dominoeffekt weitere Arbeiten nach sich ziehen, auch die regionale Wirtschaft mit an. Dieser Aspekt wird bei der Diskussion um die Lebenshaltungskosten von Solo-Selbständigen sträflicherweise außer Acht gelassen.
Wir sind auch Kunden, die Lebensmittel kaufen, Miete zahlen und die auftragslose oder -arme Zeit zur Wohnungsrenovierung und zur Weiterbildung nutzen. Bekanntlich stabilisiert Nachfrage die Wirtschaft. Wir sind doch kein Konzern, der das Rettungsgeld in Teilen an Aktionäre ausschüttet oder neue Personaler einstellt, die dann Entlassungen vornehmen! Über die Politik mit ihrer fassungslosen Haltung uns gegenüber (Tenor: "Betriebskosten ja, für den Rest geht zum Sozialamt!"), habe ich mich genug aufgeregt. Ich hoffe jetzt auf den Einfluss der Bundesländer. Die Finanzminister der Länder stehen auf der Seite von uns Selbständigen.
Dieser Umbau ist für mich übrigens wichtiger als eine Urlaubsreise, denn nur damit habe ich wirtschaftlich eine Chance. Wir werden stattdessen mit den Rädern Tagesausflüge machen, außerdem bin ich ohnehin stand by für die nicht mehr junge Elterngeneration, die gelegentlich unsere Hilfe braucht. Mehr Geld ist nicht da, Corona! Wir leben sparsam bzw. Käse wie der Saint-Marcellin und das Gärtnern sind der einzige Luxus.
Küchenauszug in meinem 50-er-Jahre-Buffet |
Alles ist derzeit ein wenig einfacher in den Abläufen als zuvor. Ich habe gelernt, Kürbiskerne zu rösten, und ich lasse mich von französischen Raumsparlösungen in Sachen Haushaltsaufbewahrung anregen. Und ich komme mir vor, als würde ich dieses Jahr einmal rund um meinen Haushalt verreisen: Das hat die olle Corona jetzt davon! Dolmetscherin in der Zwangspause und auf exotischer Reise!
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Fotos: C.E.
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