Donnerstag, 13. Juni 2013

(Im)Mobiles Büro

« Bien­­ve­­nue !» Sie ha­­ben die Ar­­beits­­ta­­ge­­buch­­sei­­ten ei­ner Über­­setzer­in an­­ge­­klickt, die da­­ne­­ben in Ber­­lin und an­ders­­wo für Po­­li­­tik, So­zia­les und Wirt­­schaft, Ki­no und Kul­tur als Fran­­zö­­sisch­­dol­­met­scherin tätig ist. Hier den­ke ich re­gel­mä­ßig über meine Ar­beit und seine Begleiterscheinungen nach. 

Ein dummer Witz geht so: Ruft der eine dem anderen auf der anderen Straßenseite zu: "He du, dein Schutzblecht klappert!" Darauf der andere: "Ich kann dich nicht verstehen, mein Schutzblech klappert."

Zuhause habe ich einen Festnetzanschluss fürs Telefon, den ich selten brauche, außer, ich sitze an Recherchen für ein größeres Projekt, dann koordiniere ich neben meinem Sprachberuf auch noch Inhalte und Interviewtermine, wenn ich z.B. für kleine TV- oder Dokumentarfilmprojekte dolmetschen darf. Neben dem Te­le­fon- wird mir der Internetanschluss geliefert. Manchmal ist er gestört. In letzter Zeit häufiger, Nachbarn geht's ähnlich, man munkelt, es sei wegen des Hoch­was­sers.

tempus fugit - eine Frau vor einer bunten Weltkarte mit ihren Zeitzonen
Der Versuch, beim Te­le­fon­an­bie­ter mit dem Handy an­zu­ru­fen, führt mich in War­te­schlei­fen. Telefonzellen gibt es kaum noch, also versuche ich vom Büro eines Rah­men­ver­trags­kun­den aus, mich ins Internetkundencenter des Anbieters einzuloggen. Auf meiner letzten Rechnung stehen vier Zahlenfolgen, die mir vorliegen.

Als da wären: Kundennummer, Telefonnummer mit Vorwahl, Rechungsnummer, Buchungsnummer. Ich zähle durch: Insgesamt 41 Ziffern, zudem bin ich in der überaus glücklichen Lage, über Vor- und Zunamen, Adresse inklusive Post­leit­zahl und Stadt, Geburtsdatum und -ort zu verfügen. Liebe mathematisch Begabte, wie wahrscheinlich ist hier am Ende noch eine Verwechslung?

Während ich versuche mich einzuloggen, möchte das System von mir ständig eine Mailadresse wissen, die "Onlinemailadresse", über die ich offenbar schnell und einfach identifiziert werden kann. Keine meiner beiden Mailadressen funktioniert, weder die beruflich noch die privat genutzte. Ich schreibe meinem Te­le­fon­an­bie­ter. Der antwortet innerhalb von 24 Stunden:
Sehr geehrte Frau E., leider konnten wir Sie telefonisch nicht erreichen. Bitte melden Sie sich am Kundencenter im Internet mit der Zu­gangs­num­mer (ehemals Onlinenummer) und dem persönlichen Kennwort Ihres DSL-Anschlusses an. Beides ist Bestandteil Ihrer persönlichen Zu­gangs­da­ten, welche laut Recherche bei Anmeldung Ihres Anschlusses postalisch versandt wurden. MfG usw.
Das war jetzt im höchsten Maße redundant (nicht erreichbar) und selbst­re­fe­rentiell. Ganz ehrlich: Von einer Onlinenummer höre ich zum ersten Mal. Nun ist es so, dass ich zuhause durchaus einige Aktenordner mit Ver­wal­tungs­un­ter­la­gen aus ver­schie­densten Epochen im Regal stehen habe. Die Einrichtung des In­ter­net­zu­gangs über­ließ ich einst Profis. Die Daten dazu wurden anschließend ab­ge­hef­tet. Als Dol­metscherin und Übersetzerin bin ich etwa das halbe Jahr auf Dienstreisen oder im Ausland, um meine Sprachkompetenz aufrecht zu erhalten. Dickleibige Ver­wal­tungs­ord­ner pflege ich bei berufsbedingten Ortsveränderungen nicht mit mir zu führen. Denn zum Telefonanschluss kommen ja noch weitere Anbieter und Daten, Kennziffern, Kunden- und Buchungskontonummern hinzu.

Die Kernbestandteile meines Büros reisen in Form eines schmalen Klapprechners mit. Ich bin fast überall auch Onlinekundin. Die mir zugesandten oder -gemailten Zugangsdaten kann ich dabei stets einfach ändern und anpassen. Rechnungen be­kom­me und be­zah­le ich online, Auftragsdetails passe ich online an, Probleme übermittele ich auf gleichem Wege.

Daher frage ich mich bestürzt und den Anbieter gleich mit, ob es keine einfachere Möglichkeit gebe, mich einwandfrei zu identifizieren. Zum Bei­spiel über eine der oben erwähnten Ziffernfolgen. Mal sehen, was als Antwort kommt.

Liebe Telefondienstleister, was Sie treiben, entspricht nicht mehr der Le­bens­wirk­lich­keit der mobilen Generationen. Am Arbeitsplatz, auf Dienstreise oder aus dem Ausland kann ich mich nicht stundenlang zu Bürozeiten in irgendwelchen Te­le­fon­war­te­schlan­gen herumtreiben. Und ob Sie's glauben oder nicht: Ich habe nie­man­den zuhause sitzen, kein Hausfrauchen und auch keinen festangestellten As­sis­ten­ten, die oder der mir die ganze Verwaltungsarbeit abnimmt.

Es wäre also schön, wenn Sie den Verwaltungsanteil des von Ihnen angebotenen High speed-Netzes des 21. Jahrhunderts so modernisieren könnten, dass er sich nicht mehr wie frühe 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts anfühlt. Oder soll ich mal kurz ausländische Nachrichtendienste um die ominöse Onlinenummer anhauen? Vielleicht könnten die mir schnell(er) weiterhelfen?

Vielen Dank im Voraus für Ihr Verständnis,
C.E.

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Foto: C.E. (Archiv)

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