Schön, dass Sie hier gelandet sind, beim 1. deutschen Weblog aus der Kabine einer Dolmetscherin. Mitunter dolmetsche, übersetze und texte ich aber nicht auf den klaustrophobisch engen zwei Quadratmetern einer solchen Kabine, denn gerade der Schwerpunkt Medien bringt mich immer wieder an besondere Orte.
So wenig Platz war selten — vor dem Brandenburger Tor drängen sich die Menschen. Der Wahlkampf geht in die Zielgerade, und bevor wir morgen weiterfahren zur Kanzlerin, stehen wir auf der Pressetribüne auf dem Pariser Platz und hören dem Vizekanzler zu. Auch hier ist es eng: Wenig Podeste wurden rasch zusammengeschoben, darauf zwei Reihen Kameras, dahinter die Journalisten. Neben uns macht die Dame von Phoenix ihren Aufsager, einen halben Ellenbogen weiter steht Spanien, dann Kanada, also wir, direkt hinter dem ZDF. Ich bin für die Zeit des Wahlkampfes in meinen alten Beruf zurückgekehrt und dolmetsche auch dabei.
Während ich rede, merke ich, dass der spanische Redakteur immer näherkommt. Schön, jetzt hören zwei mit. Wenig später tritt noch ein ausländischer Journalist hinzu, der offenbar kein Deutsch versteht ... Die unerwarteten Dolmetschkunden stören mich nicht, ganz anders die Spaßfraktion im Publikum, die alle paar Minuten ihre Jubelsalven gröhlt, daneben winkt sie mit Pappplakaten à la "MEHR ARMUT, MEHR STASI, MEHR DEMO, MEHR KRATIE". Beim ersten Mal finde ich es zumindest originell, beim zehnten Mal stört es massiv, ab dann muss ich versuchen, mich nicht aufzuregen. Die Gruppe, ein knappes Dutzend Leute, überbrüllt immer wieder kurz die Rede — und ich kann nicht richtig hören, was gesagt wird, muss die Gedankensprünge Steinmeiers mitmachen, was ohne Dolmetschtechnik (hier wäre das vor allem: Knopf im Ohr für die Rede) schon recht anstrengend ist, erahne aber seine Wortspiele, bei denen er stellenweise alte politische Schlachtrufe als Strickmuster für halbwegs ironische Kommentare von heute verwendet.
Diese Anstrengung steigert den 'Durchlaufeffekt' im Kopf, so dass ich wenige Minuten später nicht mehr weiß, wie er diese Wortspielerei betrieb, nur, dass vermutlich aufholen, ohne zu überholen (richtig rum?) der alte DDR-Slogan dazu war. Hoffentlich entwickelt sich am Schneidetisch morgen nicht der Wunsch, dass wir genau dieses Zitat nehmen, denn ich kenne nichts, das als Folie für die Kanadier funktionieren könnte.
Immer wieder mal drückt sich zwischendurch ein weggehender Kollege durch die Menge. Wir müssen aufpassen, weder einem Kameramann ins Gehege zu kommen, noch mit dem Fuß in die Spalte zwischen den Tribünenbausteinen zu geraten oder den Kollegen am Geländer über dasselbe zu schubsen.
In eine Pause hinein kommentiert Maxence, der kanadische Redakteur, meine Verdolmetschung. Was mir nicht bewusst war: Ich scheine auch meine "Sprünge" zu machen, analog zu den Gedankensprügen, und zwar immer wenn ich komplizierte Worte gefunden habe oder eine nachdrückliche Bewegung mache, um ein Satzende nonverbal zu unterstreichen.
Es geht natürlich nicht an, wenn in Spanien oder Kanada wegen der Dolmetscherin das Kamerabild bebt ...
Im zweiten Teil der Rede konzentriere ich mich also darauf, meine expressive Körpersprache flachzuhalten, die Brüller zu überhören, das Gedränge zu akzeptieren und natürlich die Müdigkeitsanfälle zu überwinden. Nach gefühlten vierzig Minuten ist die Sache zu Ende. Und ich mische mich mit dem Kameramann unters Volk und gebe wieder die Pressefrau: micro-trott' oder vox pop. Morgen geht's zur nächsten Veranstaltung, und die Nacht auf Montag wird kurz: durch die Zeitverschiebung arbeiten wir bis spät in die Nacht, um auch Kanada wissen zu lassen, von wem in den kommenden vier Jahren Deutschland regiert wird.
_________________________________________
Foto: Das sah mir dann doch zu sehr wie mit der Quadriga
gekrönt aus ;-) ... also verwerfen oder weiter an der
Schraube drehen. Letzteres tat ich mit be funky.
Was ich anbiete
Freitag, 25. September 2009
Freitag, 18. September 2009
Autorenlesung für Schüler
Als meine Generation Kind war, lange vor der Internet-Ära, gab es nur wenige Fernsehsendungen für unsereinen. Die Programmschiene hieß demnach auch "die Kinderstunde" und ist heute ebenso wie das Testbild aus Fernsehalltag und Sprachgebrauch verschwunden. Also wurde oft gelesen.
Lesende Kinder sind heute nicht mehr selbstverständlich. Daher hat sich das Internationale Literaturfestival Berlin (ILB) verdienstvollerweise auch der jungen Leser angenommen. Vor- und Nachmittags gibt es im Haus der Festspiele in der Schaperstraße, aber auch in einigen Schulen, Begegnungen mit echten Autoren. Der Ablauf der Veranstaltungen ist wie sonst auch: Einleitende Worte, Lesung von Ausschnitten aus dem Buch, Diskussion mit dem Publikum. Viele Autoren kommen aus dem Ausland, also sind auch Dolmetscher mit von der Partie.
Von allen Lesungen des ILB sind mir die Kinderlesungen am liebsten. Bei diesen Veranstaltungen ist auch noch eine "Gastgeberin" mit von der Partie, die moderiert und den Überblick über die vielen Kinderfragen behält. Shelly Kupferberg heißt die meistbeschäftigte Kollegin, die mit bewährt guter Laune auch jene zum Fragestellen anstiftet, die sonst eher in der Ecke sitzen. Die Themen der Lesungen sind breit gefächert und spiegeln die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen wider. In "Was ist bloß mit Opa los?" thematisiert Wally de Doncker die Alzheimererkrankung eines Großvaters. Nach den Lesungen findet im Foyer eine Autogrammstunde statt. Zwischen den Lesungen steht das Team dort manchmal rum und plaudert ... und mein Auge fällt auf ein liegengebliebenes Stück Papier ... ganz offensichtlich hatten wir heute wieder Leseanfänger zu Gast. Wie schön!
Lesende Kinder sind heute nicht mehr selbstverständlich. Daher hat sich das Internationale Literaturfestival Berlin (ILB) verdienstvollerweise auch der jungen Leser angenommen. Vor- und Nachmittags gibt es im Haus der Festspiele in der Schaperstraße, aber auch in einigen Schulen, Begegnungen mit echten Autoren. Der Ablauf der Veranstaltungen ist wie sonst auch: Einleitende Worte, Lesung von Ausschnitten aus dem Buch, Diskussion mit dem Publikum. Viele Autoren kommen aus dem Ausland, also sind auch Dolmetscher mit von der Partie.
Von allen Lesungen des ILB sind mir die Kinderlesungen am liebsten. Bei diesen Veranstaltungen ist auch noch eine "Gastgeberin" mit von der Partie, die moderiert und den Überblick über die vielen Kinderfragen behält. Shelly Kupferberg heißt die meistbeschäftigte Kollegin, die mit bewährt guter Laune auch jene zum Fragestellen anstiftet, die sonst eher in der Ecke sitzen. Die Themen der Lesungen sind breit gefächert und spiegeln die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen wider. In "Was ist bloß mit Opa los?" thematisiert Wally de Doncker die Alzheimererkrankung eines Großvaters. Nach den Lesungen findet im Foyer eine Autogrammstunde statt. Zwischen den Lesungen steht das Team dort manchmal rum und plaudert ... und mein Auge fällt auf ein liegengebliebenes Stück Papier ... ganz offensichtlich hatten wir heute wieder Leseanfänger zu Gast. Wie schön!
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Am Wegesrand aufgelesen
Donnerstag, 17. September 2009
Perspektive und Details
Noch ein P.S. zu improvisierten Dolmetschern.
Auch hier bin ich Zuschauerin und beobachte: Der Mann, der da vorne übersetzt, sagt die ganze Zeit "sie meint", "sie findet", "sie beabsichtigt", wenn es an die Übertragung des Gesagten geht. Wir befinden uns auf einer Autorenlesung - oder ist es eine Filmpremiere? Auf jeden Fall steht neben der Künstlerin jemand, der kein gelernter Dolmetscher ist.
Hier arbeitet einer, der sich nicht traut, das "je" des ausländischen Gasts mit "ich" zu übersetzen. Damit bleibt er auf Distanz, wie seine Perspektive - und er macht die zu dolmetschende Person zum Objekt, dabei ist sie doch das Subjekt des Gesagten.
Ein Dolmetscher ist ein Sprachrohr, ein Medium. Dolmetscher sollen eins zu eins übertragen, damit derjenige, der die fremde Sprache eigentlich nicht versteht, sie eben doch versteht. Außerdem sind Nuancen wichtig, denn sie geben den Aussagen ihren ganz individuellen Charakter. Damit das klappen kann, haben wir Dolmetscher unsere eigenen Techniken, angefangen bei der richtigen Perspektive bis hin zur Kunst, die richtigen Notizen zu machen (und sie danach richtig zu interpretieren) ...
Dann fasst der Mann, der da vorne übersetzt, zusammen, lässt Details weg, belanglos wirkende Nebensätze, die schmucklos und bescheiden daherkommen, zarte Worte in der Schwebe, die auch jemand, der die Sprache des weiblichen Gasts versteht, möglicherweise zunächst überhört. Aber am Ende haben wir Sprachkundigen diese so vielsagenden Wortchen eben doch wahrgenommen, sie geben dem Gesagten sein Parfum, das Lokalkolorit, den künstlerischen Eindruck - und vermitteln Stil.
Dem improvisierten Übersetzer sind sie möglicherweise nicht entgangen, er hat sie aber vielleicht im Stress für nicht übersetzenswert erachtet. Jenen, die auf die Übertragung in eine andere Sprache angewiesen sind, wird dabei zu viel vorenthalten, finde ich. Schade.
Und am Ende doch noch ein Beispiel: Eine Dame erzählt von ihrem Mann, der nach einer langen Krankheit verstarb. Sie sagt: "Für mich war der Strauch im Garten immer wie ein Symbol für ihn. Er wuchs und wuchs, selbst, wenn wir ihn radikal zurückschnitten, was wir manchmal mussten: Er kam immer wieder. Er war so stark."
Der Mann, der da vorne übersetzt: "Immer, wenn sie den Strauch im Garten sieht, muss sie an ihn denken, den haben sie immer zusammen beschnitten."
Auch hier bin ich Zuschauerin und beobachte: Der Mann, der da vorne übersetzt, sagt die ganze Zeit "sie meint", "sie findet", "sie beabsichtigt", wenn es an die Übertragung des Gesagten geht. Wir befinden uns auf einer Autorenlesung - oder ist es eine Filmpremiere? Auf jeden Fall steht neben der Künstlerin jemand, der kein gelernter Dolmetscher ist.
Hier arbeitet einer, der sich nicht traut, das "je" des ausländischen Gasts mit "ich" zu übersetzen. Damit bleibt er auf Distanz, wie seine Perspektive - und er macht die zu dolmetschende Person zum Objekt, dabei ist sie doch das Subjekt des Gesagten.
Ein Dolmetscher ist ein Sprachrohr, ein Medium. Dolmetscher sollen eins zu eins übertragen, damit derjenige, der die fremde Sprache eigentlich nicht versteht, sie eben doch versteht. Außerdem sind Nuancen wichtig, denn sie geben den Aussagen ihren ganz individuellen Charakter. Damit das klappen kann, haben wir Dolmetscher unsere eigenen Techniken, angefangen bei der richtigen Perspektive bis hin zur Kunst, die richtigen Notizen zu machen (und sie danach richtig zu interpretieren) ...
Dann fasst der Mann, der da vorne übersetzt, zusammen, lässt Details weg, belanglos wirkende Nebensätze, die schmucklos und bescheiden daherkommen, zarte Worte in der Schwebe, die auch jemand, der die Sprache des weiblichen Gasts versteht, möglicherweise zunächst überhört. Aber am Ende haben wir Sprachkundigen diese so vielsagenden Wortchen eben doch wahrgenommen, sie geben dem Gesagten sein Parfum, das Lokalkolorit, den künstlerischen Eindruck - und vermitteln Stil.
Dem improvisierten Übersetzer sind sie möglicherweise nicht entgangen, er hat sie aber vielleicht im Stress für nicht übersetzenswert erachtet. Jenen, die auf die Übertragung in eine andere Sprache angewiesen sind, wird dabei zu viel vorenthalten, finde ich. Schade.
Und am Ende doch noch ein Beispiel: Eine Dame erzählt von ihrem Mann, der nach einer langen Krankheit verstarb. Sie sagt: "Für mich war der Strauch im Garten immer wie ein Symbol für ihn. Er wuchs und wuchs, selbst, wenn wir ihn radikal zurückschnitten, was wir manchmal mussten: Er kam immer wieder. Er war so stark."
Der Mann, der da vorne übersetzt: "Immer, wenn sie den Strauch im Garten sieht, muss sie an ihn denken, den haben sie immer zusammen beschnitten."
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Am Wegesrand aufgelesen
Mittwoch, 16. September 2009
Schuster, bleib bei deinen ...
Dieser Tage bin ich viel beim ILB, dem internationalen Literaturfestival Berlin. Dort sind mal mehr, mal weniger Zuschauer zugegen, die Bücher der Autoren wurden gerade oder schon vor längerem veröffentlicht, je nach Thema des Abends, und Fachleute moderieren, Schauspieler sprechen, Dolmetscher dolmetschen. Das Publikum schwankt von 30 Menschen im Clubraum des Institut Français mit Marie Darrieussecq bis zu gefühlten 400 950 (!) in der fast vollen früheren Freien Volksbühne bei einer Schülerlesung mit Azouz Begag. Und vor Beginn und manchmal auch zwischendurch gibt es musikalische Akzente, die Berufsmusiker setzen.
Dann verirrte ich mich gestern Abend in einen Buchladen, weil man am Eingang mit einer französischen Autorenlesung zu einer Neuerscheinung lockte. Nun, Buchladen nennt sich das Geschäft nicht, eher etwas mit Kaufhaus, aber der Besitzer macht im Leben noch was anderes, und zwar das, was mal auf Österreichisch (früher?) eine "Aufräumerin" nannte, das ist eine Dame, die vor allem putzt - das betreibt jener Ladenbesitzer hauptberuflich im großen Stil.
Die Veranstaltung steuerte schon aufs Ende zu. Drei Menschen saßen auf der Bühne: Autor, Moderator, Schauspieler. Der Schauspieler sprach und machte seine Sache hervorragend, er ist ja ein Profi. Dann sprach der Autor, auch er kann seinen Job, und mehr noch, er spricht auch sehr gut. Dann war der Moderator dran. Er fasste die Worte des Autors zusammen, stellte auf Deutsch eine neue Frage und resumierte dann auf erweitertem Schulfranzösisch (Frankreichurlaub?) seine Frage.
Das Gespräch schien abgesprochen zu sein, Stichworte genügten dem Autor und lösten neuen Redefluss aus. Der Moderator schrieb sich dazu nur ein, zwei Worte auf, was mich ein wenig verwunderte. Woher denn seine Nähe zu Märchen käme, war eine der letzten knappen Fragen. Die Antwort indes fiel höchst differenziert aus. Er habe, so der Autor, als Student der Psychologie im Studium, sich an langatmiger Fachliteratur überfressen, zum Beispiel an Werken von Lacan. Da hätte er die Märchen von Montesquieu und Voltaire immer als Erholung empfunden, nicht zu vergessen das Buch "Der kleine Prinz", das ja hier sicher auch alle kennen würden.
Und der Moderator "übersetzte" etwas wie: "Er hat viele Bücher gelesen von einem gewissen Lacan, wenn ich den Namen richtig verstanden habe, und von Montesquieu und Voltaire und 'Der kleine Prinz' kennen Sie ja alle auch ..."
Monsieur Lacan kommt also in Berlin als Märchenerzähler zu unverhofften Ehren. Der Raum war übervoll, die Leute standen zum Teil oder hockten auf der Treppe. Niemand protestierte. Dann bildete sich eine Schlange für die Autogrammstunde.
Dann verirrte ich mich gestern Abend in einen Buchladen, weil man am Eingang mit einer französischen Autorenlesung zu einer Neuerscheinung lockte. Nun, Buchladen nennt sich das Geschäft nicht, eher etwas mit Kaufhaus, aber der Besitzer macht im Leben noch was anderes, und zwar das, was mal auf Österreichisch (früher?) eine "Aufräumerin" nannte, das ist eine Dame, die vor allem putzt - das betreibt jener Ladenbesitzer hauptberuflich im großen Stil.
Die Veranstaltung steuerte schon aufs Ende zu. Drei Menschen saßen auf der Bühne: Autor, Moderator, Schauspieler. Der Schauspieler sprach und machte seine Sache hervorragend, er ist ja ein Profi. Dann sprach der Autor, auch er kann seinen Job, und mehr noch, er spricht auch sehr gut. Dann war der Moderator dran. Er fasste die Worte des Autors zusammen, stellte auf Deutsch eine neue Frage und resumierte dann auf erweitertem Schulfranzösisch (Frankreichurlaub?) seine Frage.
Das Gespräch schien abgesprochen zu sein, Stichworte genügten dem Autor und lösten neuen Redefluss aus. Der Moderator schrieb sich dazu nur ein, zwei Worte auf, was mich ein wenig verwunderte. Woher denn seine Nähe zu Märchen käme, war eine der letzten knappen Fragen. Die Antwort indes fiel höchst differenziert aus. Er habe, so der Autor, als Student der Psychologie im Studium, sich an langatmiger Fachliteratur überfressen, zum Beispiel an Werken von Lacan. Da hätte er die Märchen von Montesquieu und Voltaire immer als Erholung empfunden, nicht zu vergessen das Buch "Der kleine Prinz", das ja hier sicher auch alle kennen würden.
Und der Moderator "übersetzte" etwas wie: "Er hat viele Bücher gelesen von einem gewissen Lacan, wenn ich den Namen richtig verstanden habe, und von Montesquieu und Voltaire und 'Der kleine Prinz' kennen Sie ja alle auch ..."
Monsieur Lacan kommt also in Berlin als Märchenerzähler zu unverhofften Ehren. Der Raum war übervoll, die Leute standen zum Teil oder hockten auf der Treppe. Niemand protestierte. Dann bildete sich eine Schlange für die Autogrammstunde.
Donnerstag, 10. September 2009
Autorenlesung vs. Signierstunde
In deutschen Kultureinrichtungen und in vielen Buchläden werden regelmäßig Autorenlesungen veranstaltet. In Frankreich ist derlei fast unbekannt, dafür ist die Signierstunde dort sehr beliebt. Beim ILB, dem Berliner Internationalen Literaturfestival, erlebe ich die Verbindung aus beidem.
Wir sind im Berliner Kino Babylon am Rosenthaler Platz, einem wunderbaren Haus aus den späten 1920er Jahren, von Hans Poelzig im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut und um die letzte Jahrhundertwende mit viel Liebe zum Detail restauriert. Hier ist heute Philippe Djian angekündigt, der einst wilde und vom literarischen Estabishment wenig anerkannte Schriftsteller, auf den die Buchvorlage für den legendären Film "Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen" von Jean-Jacques Beineix zurückgeht.
Wir Beteiligten sind gehalten, spätestens zwanzig Minuten vor der Lesung am Ort des Geschehens einzutreffen. Doch diesmal warten wir vergebens - wer nicht erscheint, ist Djian. Wir warten zehn Minuten über die Zeit, dann hilft es nichts: Wir müssen anfangen! Erst wird live etwas Musik gespielt, dann folgen einleitende Worte, an dritter Position wäre unser Gast dran. Die Chose mutiert kurzzeitig zum Gespräch im Hause Poelzig über den abwesenden Herrn Djian, da tut sich die Tür auf und mit großem Aplomb erscheint der Erwartete auf der Bühne ... Effekt garantiert. Lesung und Gespräch geraten erwartungsgemäß friedlich und unspektakulär, wenn ich davon einmal absehe, dass ich meine liebe Mühe mit dem Dolmetschen hatte, weil etliches des Gesagten mir nicht immer logisch erschien.
Wie bekannt und beliebt der Autor ist, merke ich spätestens bei der anschließenden Signierstunde. Für jede Form sprachlicher Unterstützung sitze ich neben dem Literaturstar und assistiere. Eine Schlange aus über 100 Menschen bildet sich, am Ende stehen etwas über sechzig Minuten Lesung neunzig Minuten Signier"stunde" gegenüber. Und was die Leute nicht alles dabeihaben! Einer lässt sich sogar sein Lesezeichen signieren, ein anderer den abgelaufenen Reisepass. Etliche halten fast sämtliche auf Deutsch erschienene Ausgaben des Autors unterm Arm sowie Exemplare, die Freunden oder Bekannten gehören, die "heute leider nicht kommen konnten" ... und für alle Fälle hat ein Buchladen auch noch einen Büchertisch aufgebaut, an dem die Wartenden vorbeimüssen.
Am Ende war die anderthalbfache Signierstunde deutlich anstrengender als das Stündchen Lesung plus Gespräch! Die Einladung einiger Fans, ihm das nächtliche Berlin zu zeigen, hat Djian denn auch ausgeschlagen. Auch einstige Wilde brauchen ihre Erholungsphasen!
Wir sind im Berliner Kino Babylon am Rosenthaler Platz, einem wunderbaren Haus aus den späten 1920er Jahren, von Hans Poelzig im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut und um die letzte Jahrhundertwende mit viel Liebe zum Detail restauriert. Hier ist heute Philippe Djian angekündigt, der einst wilde und vom literarischen Estabishment wenig anerkannte Schriftsteller, auf den die Buchvorlage für den legendären Film "Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen" von Jean-Jacques Beineix zurückgeht.
Wir Beteiligten sind gehalten, spätestens zwanzig Minuten vor der Lesung am Ort des Geschehens einzutreffen. Doch diesmal warten wir vergebens - wer nicht erscheint, ist Djian. Wir warten zehn Minuten über die Zeit, dann hilft es nichts: Wir müssen anfangen! Erst wird live etwas Musik gespielt, dann folgen einleitende Worte, an dritter Position wäre unser Gast dran. Die Chose mutiert kurzzeitig zum Gespräch im Hause Poelzig über den abwesenden Herrn Djian, da tut sich die Tür auf und mit großem Aplomb erscheint der Erwartete auf der Bühne ... Effekt garantiert. Lesung und Gespräch geraten erwartungsgemäß friedlich und unspektakulär, wenn ich davon einmal absehe, dass ich meine liebe Mühe mit dem Dolmetschen hatte, weil etliches des Gesagten mir nicht immer logisch erschien.
Wie bekannt und beliebt der Autor ist, merke ich spätestens bei der anschließenden Signierstunde. Für jede Form sprachlicher Unterstützung sitze ich neben dem Literaturstar und assistiere. Eine Schlange aus über 100 Menschen bildet sich, am Ende stehen etwas über sechzig Minuten Lesung neunzig Minuten Signier"stunde" gegenüber. Und was die Leute nicht alles dabeihaben! Einer lässt sich sogar sein Lesezeichen signieren, ein anderer den abgelaufenen Reisepass. Etliche halten fast sämtliche auf Deutsch erschienene Ausgaben des Autors unterm Arm sowie Exemplare, die Freunden oder Bekannten gehören, die "heute leider nicht kommen konnten" ... und für alle Fälle hat ein Buchladen auch noch einen Büchertisch aufgebaut, an dem die Wartenden vorbeimüssen.
Am Ende war die anderthalbfache Signierstunde deutlich anstrengender als das Stündchen Lesung plus Gespräch! Die Einladung einiger Fans, ihm das nächtliche Berlin zu zeigen, hat Djian denn auch ausgeschlagen. Auch einstige Wilde brauchen ihre Erholungsphasen!
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Alltag
Sonntag, 6. September 2009
Pause
Aufgrund zahlreicher, intensiver Einsätze und der Schuleingewöhnungsphase meines Patenkindes, die ich auch begleite, pausiert dieses Blog einige Tage länger als ursprünglich vorgesehen! Auf bald ...
Caroline
Caroline
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