Was hab ich mir da eingebrockt! Mal eben schnell aus ein paar Zeilen eines von mir übersetzten Drehbuchs Untertitel machen ... für einen kurzen Teaser, ja?
Die Berlinale steht vor der Tür, die Nervosität steigt überall. Und der Teaser (von englisch to tease - necken), soll den potentiellen Koproduzenten zeigen, wie der fertige Film mal aussehen soll.
Okay, normalerweise liebe ich es, "meine" Projekte sprachlich von der Idee übers Exposé durch die langen Drehbuchdurststrecken hin zum Dreh (Set-Dolmetschen!) und am Ende bis zu Untertitel und Filmpremiere zu begleiten. Aber eigentlich bin ich im Urlaub. Und der große Rechner mit dem Schnittprogramm und dem Untertitel-Tralala ist nicht greifbar.
Also mal eben rasch geschaut, was mit den Bordmitteln ginge. "VLC", das ist der Filmplayer mit dem Baustellenhütchen (das in Frankreich bei Filmdrehs von den Leuten aufgestellt wird, die im Abspann als ventouse stehen, "Blocker" auf Deutsch, wörtlich übersetzt: 'Saugnapf'), also der Saugnapf-Filmplayer kann angeblich auch Untertiteldateien mit der .srt-Endung einblenden, sofern sie den gleichen Namen wie der Film haben — aber wie stellt man die zuvor her?
Die ersten Schritte ... |
Zehn Minuten später: Schön schaut's aus, macht Spaß, ich bin wieder drin im Untertiteln, zähle Buchstaben und Sekunden, rechne mit einem automatisierten Rechner, so soll's sein. Aber wie mach ich aus einem Einzeiler einen Zweizeiler? Ich speicher' mal was zur Probe ...
Aber was ist das? Bauchweh? Ich rechne, prüfe nochmal. Sehe auf die Uhr. Ogott, das müsste Hunger sein. Das Mittagessen war leicht und der Fünf-Uhr-Tee fiel wegen diverser Aktivitäten aus! Heut bin ich allein zu Hause, da gab's mal keine Essensabsprachen! Ab mit mir in die Küche und morgen weitertesten! (Wie gesagt, das war am Freitag.)
Warum ich das hier schreibe? Der Job Übersetzer und Dolmetscher ist nichts für Leute, die Angst haben vor Arbeit. Er ist nichts für Leute, die Angst haben vor Technik. Vor allem mit der Spezialisierung auf Film und Medien sind gefragt: Leidensfähigkeit, Flexibilität, Innovativität, Lernfähigkeit, Schnelligkeit.
Deshalb ist es auch kein Job, sondern ein Beruf, ja, ich verwende gern das gute alte Wort, das so schön nach Berufung klingt.
Und das hier allen ins Stammbuch geschrieben, die "gern was mit Film" werden möchten und vielleicht ahnen, dass in 80 % der europäischen Firmen der Filmbranche nur wenig Geld ist, weshalb sie auf die Sprachdienstleistungen in Sachen Film schielen: Von der Filmbranche aus gesehen sind wir Filmmitarbeiter. Wir kämpfen täglich ums Honorar, Höhe, Termine und manchmal auch noch darum, dass es überhaupt kommt!!
Daher bin ich froh über jeden großen Kunden der Branche, die nach vielen Jahren der Aufbauarbeit ganz zart an die Tür klopfen (und besser und pünktlich zahlen). Daneben pflege ich mein festes Standbein als Dolmetscherin in den Bereichen Politik, Soziales und (Normal-)Wirtschaft.
Denn was in der Kreativwirtschaft abgeht, ist nicht normal. Berthold Seliger schrieb Ende Januar in der "Berliner Zeitung" unter der Überschrift "Die Selbstausbeuter" über die unsicheren Jobs in der Berliner Kulturbranche, von denen viele mit Medien zu tun haben. Zitat: “Natürlich hinterlässt die allenthalben in Politik und Medien anzutreffende Feier der Kreativwirtschaft und ihrer fragmentarischen, flexiblen und letztlich für den Einzelnen ruinösen Arbeitsbedingungen einen schalen Nachgeschmack.”
P.S.: Untertitelung hat geklappt, wenngleich ich das mit dem Zweizeilig-Setzen noch immer nicht raus habe. Das macht dann der Cutter am Avid.
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Bild: Subsfactory in Aktion. Das Programm
wird übrigens auf Französisch ein gratuiciel
genannt, ein Neologismus besteht aus
gratuit (kostenlos) und logiciel (Software) ...
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