Donnerstag, 25. Februar 2021

COVIDiary (268)

Will­kom­men bei mei­nem Blog aus der Ar­beits­welt. Wie wir Dol­metscher*innen und Über­set­zer*innen ar­beiten, ist oft nicht gut be­kannt. Seit die Pan­demie aus­ge­brochen ist, fin­den kaum noch Konferenzen statt (normalerweise arbeite ich mit den Sprachen Französisch und Englisch). Mir fehlen die Konferenzräume dieser Welt.  

Offene Balkontür, dahinter blauer Himmel
Vorfrühling mit ersten Blättchen
Seit vorgestern lebe ich spätestens ab der Mittagszeit mit offenen Fenstern und weit geöffneter Balkontür. Ende Februar habe ich sowas noch nicht erlebt. Und vor nicht einmal zwei Wochen waren es nachts bis zu minus 16 Grad Celsius kalt. Die Kli­ma­ka­tas­tro­phe ist nicht mehr zu über­se­hen, auch wenn ihre Ausprägungen hier derzeit eher schön ist (wie­wohl ers­chreckend).

In die Nachbarwohnung ist eine englische Muttersprachlerin mit ihrer Tochter ein­ge­zo­gen, die natürlich auch zu Hause lernt. Corona­be­dingt sind die Schu­len geschlos­sen. Leider ist die Wand zu meinem Ar­beits­zim­mer sehr dünn. Das ist OK wenn ich lese und übersetze, ich mag die bei­den sehr.

Am Abend sitze ich dort und dolmetsche konsekutiv Französisch ins Deutsche. Neben mir höre ich plötzlich Gemurmel auf Englisch. Es ist fast wie in einer echten Dolmetscherkabine. Was für eine Überraschung, der Coronavirus kann die Batterie von Dolmetscherkabinen am rückwärtigen Ende eines Konferenzraums simulieren!

______________________________
Fotos:

Mittwoch, 24. Februar 2021

COVIDiary (267)

Herzlich will­kom­men! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­metscher und Übersetzer machen, wie sie arbeiten, wie sie leben, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Außerdem denke ich über die Sprache nach. Der Corona­virus hat aus dem Arbeits­ta­ge­buch ein subjekti­ves COVIDiary gemacht.

Der nächste Mit­mensch wieder, unbezahl­bar: Heute kom­men­tierte er meine Arbeit als "physische oder psychische Präsenz".

Wir unter­scheiden derzeit Dolmet­schen vor Ort oder Dolmetschen remote, aus der Ferne, via Inter­net, wie auch immer wir das bezeich­nen möchten.

Auf Fran­zö­sisch kennen wir solche Begrifflichkeiten aus der Bil­dung. Unter for­ma­tion à distance würde zum Beispiel ein Fernstudium fallen versus vor Ort, sur place. Die hässlichen Neologismen aus der Coronazeit dazu sind distanciel und présentiel.

Früher hieß ein Fern­stu­dium übrigens "per Post" oder "per Brief" oder sowas in der Preis­lage, études par cor­res­pon­dance, wurde dann schon in der 2. Hälfte der 1980er Jahre in études à distance umge­ändert, was ich genau weiß, da ich einige Scheine im Fern­stu­dium absolviert habe.

Phy­si­sche Prä­senz versus psychischer, recht hat der Mann. Bei den bis vor Corona üb­lichen Einsätzen war ich aus dem Haus, unter­wegs, voller Energie und Ar­beits­the­men im Kopf. Jetzt bin ich hier, voller Energie, verliere keine Kraft und Zeit mehr fürs Rei­sen und hab immer noch alle Arbeits­the­men im Kopf. Was der al­ler­nächs­te Mit­mensch jetzt mit­be­kommt. Weil es mich anders umtreibt als früher ... physische oder psychische Präsenz halt.

Schön, dass sich das Wetter in diesem Fast-schon-Früh­jahr 2021 wenigs­tens Mühe gibt. Da werde ich bald viele überschüssige Ener­gien ins Gärtnern investieren kön­nen. Oder mal wieder ans Ufer setzen und einfach nur lesen.

Lesende am Ufer, Mitte Februar (2014 und 2021)

______________________________
Fotos:
C.E.