Willkommen auf den Seiten eines virtuellen Arbeitstagebuchs aus der Welt der Sprachen. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache, außerdem arbeite ich aus dem Englischen.
Jeder Beruf hat seinen Jargon, und es gibt Begriffe, die stehen in keinem Wörterbuch. Zum Beispiel Vokabular, das mit der Finanzierung von Filmen zusammenhängt. HUs sind so ein Terminus technicus — Handlungsunkosten. Wer noch nie eine Kalkulation gesehen hat, kommt hier schnell im Französischen auf "les frais opérationnels" — die Kosten, die es einem ermöglichen, operativ zu werden.
Fachleute können im Kontext verstehen, was gemeint ist. Aber das Wort, das in jeder Kalkulation ganz unten steht, lautet anders: les frais généraux. So ist es jedenfalls "bei Films", wie ich die Branche gern nenne.
Vor jedem Dolmetscheinsatz wiederholen wir Fachdolmetscher unsere Vokabellisten. Wiederholt wurde ich gefragt, ob ich diese Listen nicht im Internet veröffentlichen kann ... Leider will ich das nicht, denn ich musste mir die Begriffe einzeln und sehr mühsam beschaffen. Machen wir uns nichts vor, die meisten Menschen lassen sich ungern in die Karten sehen und senden nichts mit Zahlen drauf an Dolmetscher, die für sie mal einen Tag in der Kabine sitzen. In den Besitz von Zahlen und vor allem der damit verbundenen Fachworte komme ich nur, wenn ich den Rest des Jahres viele filmspezifische Texte und Dokumente übersetze. Meine Stammkunden fragen mich immer wieder an, denn sie wissen, welches Hintergrundwissen ich mir darüber hinaus angeeignet habe, auch durch praktische Erfahrungen in der Filmproduktion, vertieft und ergänzt durch die Lehre an der Uni.
Hier kommt das Wort "Fachdolmetscher" ins Spiel. So, wie es Fachärzte oder Fachanwälte gibt, gibt es auch unter uns Dolmetschern Kolleginnen und Kollegen mit "Interessensschwerpunkten". Meine Empfehlung an potentielle Kunden lautet daher: Fragen Sie immer, was der/die Dolmetscherin bereits an einschlägigen Vorerfahrungen hat. Denn selbst wenn die Fachbegriffe eines Tages vielleicht irgendwo veröffentlicht werden sollten, so nützen sie nur demjenigen, der darüber hinaus über das Hintergrundwissen verfügt.
Ein anderes Beispiel mag dies verdeutlichen. Ein Dolmetscher, der auch schon mal bei Fernsehsendungen im On zu hören war, dolmetscht einen Kongress von Sachverständigen in Sachen Filmfinanzierung. Hier sitzen nicht nur Leute aus der Bank, sondern auch Filmförderer, Berater, spezialisierte Steuerberater und Produzenten. Jemand erzählt vom komplizierten Schließen einer Filmfinanzierung, von schwierigen Verträgen, einem kranken Hauptdarsteller usw. und fasst zusammen: "et là, c'est évident, il n'y a pas de clause de bonne fin!"
Die "clause de bonne fin" ist ein Terminus aus der Versicherung von Verträgen. Da Dreharbeiten sehr teuer sind und weil dabei ordentlich was daneben gehen kann — der Dokumentarfilm "Lost in La Mancha" ist das hübscheste Beiprodukt des Scheiterns von Terry Gilliam, der versucht hatte, Don Quijote neu zu verfilmen — springen im Notfall Versicherungen ein, damit der Produzent die Fertigstellung des Films garantieren kann. Also: der alte deutsche Begriff war hier "Fertigstellungsgarantie", der neudeutsche lautet "completion bond" und stammt direkt aus dem Versicherungsbereich. Zwei Begriffe, mit denen die "clause de bonne fin" zu übersetzen wäre ... der arme Dolmetscherkollege in der Kabine hat indes die Fallhöhe nicht verstehen können; dass es die ganze Zeit um Versicherungen ging, war den Zuhörern zwingend klar, ihm aber nicht, weil niemand das Wort "Versicherung" ausgesprochen hat, denn es verstand sich ja von selbst ...
Und dann haben wir Dolmetscher immer viel Hektik in der Kabine und keine Zeit zum Nachfragen, kurz, die Aufzählung der Schwierigkeiten und der Begriff "bonne fin", das gute Ende, wandelte der in Sachen Filmfinanzen nicht unbedingt einschlägig vorbelastete Kollege sehr folgerichtig und höchst kreativ um in den Satz: "Bei allen Schwierigkeiten wissen wir alle: Ein Happy End kann nicht garantiert werden!"
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Foto: C.E. (Archiv)
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