Dolmetscher müssen viel hören - und immer gleich sofort übersetzen. Deshalb tragen viele Dolmetscher privat Ohrenstöpsel, beim Einkaufen, im Konzert, im Straßencafé und auch in der Disco. Der Grund ist einfach: wir Dolmetscher müssen unsere Ohren vor der allgegenwärtigen akustischen Umweltverschmutzung schützen.
Wie eine heute veröffentlichte Untersuchung des Dolmetscher- und Uebersetzer-BerufsBund Luxemburgs (DUBBL) ergab, bleiben überproportional viele Dolmetscher und Übersetzer kinderlos. Die Untersuchung fragt nach Parallelen zwischen der privaten Lebenssituation der Sprachmittler und dem weit verbreiteten Gehörschutz. "Ich glaube, ich bekomme es oft gar nicht einmal mit, wenn mich jemand anspricht", wird in diesem Zusammenhang die Luxemburger Dolmetscherin Lorola Montez zitiert, die zwischen Brüssel und Strasbourg pendelt. Da sie sich systematisch vor Lärm schützt, fährt sie ihre Strecken auch meist mit dem Privatwagen, "und damit lerne ich auch unterwegs niemanden zufällig kennen."
Drei Viertel der Dolmetscher sind Frauen, die ja aufgrund ihrer genetischen Disposition besonders gut für Multitasking ausgelegt sind. Unter Männern, die als Übersetzer und Dolmetscher arbeiten, ist die Kinderlosigkeit ebenfalls weit verbreitet.
Fortsetzung hier.
Was ich anbiete
Dienstag, 31. März 2009
Montag, 30. März 2009
Le salon est ouvert !
Der immergleiche Job, wenn eine Messe anfängt: Rasch Informationsmaterial einsammeln, auswerten, Begriffe auflisten, sich auf die Termine vorbereiten. Vom englischen Verb "to schlepp" schrieb ich bereits. Hier, was mir besonders gefällt: Links einige Messezeitschriften (erster Rundgang), rechts das Pressematerial: Pressemeldungen, Katalog, viele Fachartikel, die von den Redaktionen schon im Vorfeld zur Verfügung gestellt wurden.
Der USB-Stic wiegt maximal zehn Gramm und ist damit keine Belastung für den Rückweg: So wird aus einem Arbeitsgang ein "federleichter" Spaziergang. Merci beaucoup !
Der USB-Stic wiegt maximal zehn Gramm und ist damit keine Belastung für den Rückweg: So wird aus einem Arbeitsgang ein "federleichter" Spaziergang. Merci beaucoup !
Freitag, 27. März 2009
Dolmetschetappen in der Filmherstellung
Weiter geht's in Paris mit der Filmherstellung: Im Winter hatten wir etliche Drehtage, jetzt arbeiten wir am Schnitt der Orginaltöne des Dokumentarfilms, im April folgen die nächsten Aufnahmen. Während ich beim Dreh vor allem konsekutiv dolmetsche, also zeitversetzt, ist der Dolmetsch'modus' im Schneideraum simultan. Wir sehen das gedrehte Material weiter durch, um dann die Zitate festzulegen. Und von Durchgang zu Durchgang wird die Übersetzung genauer - am Ende könnten und werden zum Teil auch Untertitel daraus entstehen.
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Donnerstag, 26. März 2009
Sondertermine
Gestern vor einer Woche war ich im Palais de l'Elysée. Nein, nicht direkt, "nur" in einem Büro im Nebengebäude. Es ging um Fragen der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Bildungs- und Mediensektor. Als Dolmetscherin und Dozentin gehöre ich zu jenen, die gelegentlich befragt und gehört werden. Das allein tut schon gut. Noch besser wäre es aber, zu Verbesserungen beitragen zu können.
Ich kam zu früh zum Termin. Über den Bürgersteig vor dem Elysée-Palast darf der Normalfußgänger nicht gehen, es sei denn, er hat ein Anliegen, und dort warten ist auch nicht gestattet. Also besah ich mir die Schaufenster gegenüber. Und traf auf einen alten Bekannten: Pierre Cardin, den ich für Medien übersetzte, das war auch so ein Sondertermin. Die Herren sind demnach Nachbarn, soso.
Inhalt und Form des Gesprächs wurden übrigens zensiert, und zwar von mir höchstpersönlich. Ich muss mir ja auch noch was für meine Memoiren aufheben!
;-)
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Foto: C.E.
Ich kam zu früh zum Termin. Über den Bürgersteig vor dem Elysée-Palast darf der Normalfußgänger nicht gehen, es sei denn, er hat ein Anliegen, und dort warten ist auch nicht gestattet. Also besah ich mir die Schaufenster gegenüber. Und traf auf einen alten Bekannten: Pierre Cardin, den ich für Medien übersetzte, das war auch so ein Sondertermin. Die Herren sind demnach Nachbarn, soso.
Inhalt und Form des Gesprächs wurden übrigens zensiert, und zwar von mir höchstpersönlich. Ich muss mir ja auch noch was für meine Memoiren aufheben!
;-)
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Foto: C.E.
Mittwoch, 25. März 2009
Französischunterricht
Mit dem potentiellen Kunden im Smalltalk einige Sätze wechseln, bevor die Dolmetscherin die Verhandlungen überträgt, das kommt im Austausch mit französischen Geschäftspartnern besonders gut. Wissen, wo welche neue Ausstellung ist (und sie vielleicht auch gesehen haben), übers Kino ebenso wie über gute Küche parlieren können, das ist für französische CEOs selbstverständlich.
Daher bieten wir gelegentlich für besondere Kunden einen individuell zugeschnittenen Crashkurs in französischer Sprache und Landeskunde an: jeden Tag fünf bis sechs Stunden Unterricht auf einer mehrtägigen bis -wöchentlichen Reise, Stadtspaziergänge, kulturelle Erkundungen nach Wunsch, dabei "Sprachlabor" live - beim Frühstück angefangen bis zum frühen Nachmittag. Nach Pause und individueller Lernphase stehen abends weitere kulturelle Höhepunkte auf dem Programm. Auch als Vorbereitung von Schauspielern für Rollen in einer Fremdsprache möglich.
Preis auf Anfrage, für Deutsch in Berlin und für die französische Sprache in Paris und anderenorts.
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Fotos: C.E.
Daher bieten wir gelegentlich für besondere Kunden einen individuell zugeschnittenen Crashkurs in französischer Sprache und Landeskunde an: jeden Tag fünf bis sechs Stunden Unterricht auf einer mehrtägigen bis -wöchentlichen Reise, Stadtspaziergänge, kulturelle Erkundungen nach Wunsch, dabei "Sprachlabor" live - beim Frühstück angefangen bis zum frühen Nachmittag. Nach Pause und individueller Lernphase stehen abends weitere kulturelle Höhepunkte auf dem Programm. Auch als Vorbereitung von Schauspielern für Rollen in einer Fremdsprache möglich.
Preis auf Anfrage, für Deutsch in Berlin und für die französische Sprache in Paris und anderenorts.
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Fotos: C.E.
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Sonntag, 22. März 2009
Statusmeldung
Seit dem 18.3. und bis zum 27.3. bin ich in Paris, und der Frühling ist es auch!
Du 18 au 27 mars, je suis à Paris — et le printemps est au rendez-vous !
Du 18 au 27 mars, je suis à Paris — et le printemps est au rendez-vous !
Montag, 16. März 2009
Sprichwörtlich
Derzeit stecke ich nach langer Auszeit in den üblichen Messevorbereitungen, so dass meine Kolumnen hier zurückstehen müssen. Dafür habe ich am Wegesrand aufgelesene Früchte feilzubieten.
Der Schweizer "Tagesanzeiger" nimmt in seinem aktuellen Dossier allerlei Redensarten "sprichwörtlich". Wenn Sie schon immer mal wissen wollten, warum der Strohwitwe der Bissen im Hals steckenbleibt, wenn ihr ein Schlitzohr mit Milchmädchenrechnungen kommt, der lese hier weiter: Klick!
.
Der Schweizer "Tagesanzeiger" nimmt in seinem aktuellen Dossier allerlei Redensarten "sprichwörtlich". Wenn Sie schon immer mal wissen wollten, warum der Strohwitwe der Bissen im Hals steckenbleibt, wenn ihr ein Schlitzohr mit Milchmädchenrechnungen kommt, der lese hier weiter: Klick!
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Am Wegesrand aufgelesen
Sonntag, 15. März 2009
Jenseits der Rue de l'Odéon
Willkommen, bienvenue, welcome! Sie lesen in einem elektronischen Arbeitstagebuch einer Sprachmittlerin. Ich übersetze und dolmetsche in Berlin, Paris und dort, wo ich gebraucht werde.
Von heute an feiern die Franzosen mit der "semaine de la langue française" mal wieder ihre Sprache. Das Kulturministerium rief unter der Überschrift "Zehn Worte für morgen" dazu auf, Gedanken, Gedichte und derlei zu zehn Begriffen einzureichen und sie damit lebendig zu erhalten.
Eines davon ist "ailleurs" - woanders ... aber, wenn ich von der Phonetik ausgehe, mit "l'ailleurs" auch das "Jenseits". Bei diesem Wort wird das Schluss-S nicht gesprochen, was mich zu folgender Anekdote führt - die zwar in die Vergangenheit verweist, uns aber durch ein erlebtes Präsenz verstorbene Kulturschaffende lebendig erhalten kann. Mein "ailleurs" handelt von Gisèle Freund und James Joyce.
Es war einmal eine Praktikantin in einer eingemauerten Stadt, die machte bei einer Radiostation, die Sender Freies Berlin hieß, ihre ersten Schritte als Journalistin. Es war im Jahre eins vor neuer Zeitrechnung. (Die Stunde Null ist für viele Ost-West-Deutsche meiner Generation das Jahr 1989.)
Da kam eine berühmte Fotografin in die Stadt, die sogar Tochter der Stadt war und die einstmals, zu Beginn des braunen Zeitalters, von ihrem Studienort Frankfurt am Main vertrieben worden war. Daher hatte sie das Glück, in den 1930er Jahren viele Berühmtheiten in der französischen Hauptstadt kennenzulernen, in der sie bis zu ihrem Tode lebte.
Die Praktikantin war gespannt auf die alte Dame, meldete "ein Stück" an (auch "gebauter Beitrag" genannt) - und bekam die Zusage. Flau im Bauch und mit Sorgen wegen der Technik ging sie zum Termin. Abgesehen davon, dass die alte Rundfunktechnik (ein Marantz) prompt immer wieder kurze Aussetzer produzierte (kleine "Löcher" auf dem Tonband, auf dem stellenweise nichts drauf war), lief die Sache gut. Madame suchte immer wieder im Deutschen nach Worten, der Praktikantin ging's genauso, denn sie studierte in Paris und war nur in den Semesterferien in Berlin, was damals nicht die deutsche Hauptstadt war (allenfalls Hauptstadt der DDR). So soufflierte die Junge der Alten, animierte sie dazu, nochmal den ganzen Satz zu sagen, "für den Ton", fragte sie ein bisschen aus ... und brachte am Ende viel mehr mit nach Hause (oder in den Sender), als nötig gewesen wäre. Was schließlich doch gut war, siehe oben. Und nun kommt die Geschichte in der Geschichte. Gisèle Freund erzählte in etwa das:
"Eines Tages sollte ich James Joyce fotografieren. Er war schon fast blind. Wir trafen uns in der rue de l'Odéon, im Buchladen "Shakespeare and Co." von Sylvia Beach und Adrienne Monnier. Er ließ sich gern fotografieren, er schien zwischendurch sogar meine Anwesenheit zu vergessen. Dann gingen wir auf die Straße. Dort fotografierte ich weiter, ihn alleine und mit Monnier. Erst beim Entwickeln sah ich, dass ich ein unvollständiges Ladenschild mitfotografiert hatte, dem "TAILLEUR" fehlt das "T", so steht da "AILLEURS". Das ist natürlich wunderbar für den Dichter des 'Ulysses'!"
"Tailleur" - das ist der Schneider. Und ob es ein Damen- oder Herrenschneider war, darüber klärt uns eines eines der Bilder auf: Klick! Wer mehr erfahren will: Gisèle Freund hat über die Fotosession das Büchlein "Drei Tage mit James Joyce" geschrieben (... das auf Deutsch antiquarisch vorliegt.)
Sie war damals auch die offizielle Fotografin des amtierenden Präsidenten und hat der Praktikantin auch erzählt, wie sie ihm - der wegen seines kaum bewegten Gesichts den Spitznamen "Sphynx" trug - dennoch ein Lächeln abgeluchst hatte: "Erzählen Sie mir etwas über ihre Enkel!" Aber entweder hatte da die Marantz-Lochung zugeschlagen oder das Desinteresse für Regierende der Nachwuchsjournalistin, dieser Originalton fand beim Radiostück jedenfalls keine Verwendung, soit! - sei's drum. Und die Berichterstatterin traf Madame viele Jahre später für einen vermurksten Arte-Dreh. Das aber ist eine andere Geschichte.
____________________________________________________
P.S.: Der Blogeintrag mit den vielen Schlüssen, hier ist noch einer,
immerhin geht der auf Anschluss mit dem vorigen Eintrag: Ja, als
Journalistin hatte ich eindeutig das spannendere Leben. Und ich
bin noch immer verärgert, dass "bei Mediens" für Recherche und
Programmmachen immer weniger Geld vorhanden ist, wodurch
ich fröhlich hineinkatapultiert wurde ins zweite Berufsleben, das
der Dolmetscherin.
Von heute an feiern die Franzosen mit der "semaine de la langue française" mal wieder ihre Sprache. Das Kulturministerium rief unter der Überschrift "Zehn Worte für morgen" dazu auf, Gedanken, Gedichte und derlei zu zehn Begriffen einzureichen und sie damit lebendig zu erhalten.
Eines davon ist "ailleurs" - woanders ... aber, wenn ich von der Phonetik ausgehe, mit "l'ailleurs" auch das "Jenseits". Bei diesem Wort wird das Schluss-S nicht gesprochen, was mich zu folgender Anekdote führt - die zwar in die Vergangenheit verweist, uns aber durch ein erlebtes Präsenz verstorbene Kulturschaffende lebendig erhalten kann. Mein "ailleurs" handelt von Gisèle Freund und James Joyce.
Es war einmal eine Praktikantin in einer eingemauerten Stadt, die machte bei einer Radiostation, die Sender Freies Berlin hieß, ihre ersten Schritte als Journalistin. Es war im Jahre eins vor neuer Zeitrechnung. (Die Stunde Null ist für viele Ost-West-Deutsche meiner Generation das Jahr 1989.)
Da kam eine berühmte Fotografin in die Stadt, die sogar Tochter der Stadt war und die einstmals, zu Beginn des braunen Zeitalters, von ihrem Studienort Frankfurt am Main vertrieben worden war. Daher hatte sie das Glück, in den 1930er Jahren viele Berühmtheiten in der französischen Hauptstadt kennenzulernen, in der sie bis zu ihrem Tode lebte.
Die Praktikantin war gespannt auf die alte Dame, meldete "ein Stück" an (auch "gebauter Beitrag" genannt) - und bekam die Zusage. Flau im Bauch und mit Sorgen wegen der Technik ging sie zum Termin. Abgesehen davon, dass die alte Rundfunktechnik (ein Marantz) prompt immer wieder kurze Aussetzer produzierte (kleine "Löcher" auf dem Tonband, auf dem stellenweise nichts drauf war), lief die Sache gut. Madame suchte immer wieder im Deutschen nach Worten, der Praktikantin ging's genauso, denn sie studierte in Paris und war nur in den Semesterferien in Berlin, was damals nicht die deutsche Hauptstadt war (allenfalls Hauptstadt der DDR). So soufflierte die Junge der Alten, animierte sie dazu, nochmal den ganzen Satz zu sagen, "für den Ton", fragte sie ein bisschen aus ... und brachte am Ende viel mehr mit nach Hause (oder in den Sender), als nötig gewesen wäre. Was schließlich doch gut war, siehe oben. Und nun kommt die Geschichte in der Geschichte. Gisèle Freund erzählte in etwa das:
"Eines Tages sollte ich James Joyce fotografieren. Er war schon fast blind. Wir trafen uns in der rue de l'Odéon, im Buchladen "Shakespeare and Co." von Sylvia Beach und Adrienne Monnier. Er ließ sich gern fotografieren, er schien zwischendurch sogar meine Anwesenheit zu vergessen. Dann gingen wir auf die Straße. Dort fotografierte ich weiter, ihn alleine und mit Monnier. Erst beim Entwickeln sah ich, dass ich ein unvollständiges Ladenschild mitfotografiert hatte, dem "TAILLEUR" fehlt das "T", so steht da "AILLEURS". Das ist natürlich wunderbar für den Dichter des 'Ulysses'!"
"Tailleur" - das ist der Schneider. Und ob es ein Damen- oder Herrenschneider war, darüber klärt uns eines eines der Bilder auf: Klick! Wer mehr erfahren will: Gisèle Freund hat über die Fotosession das Büchlein "Drei Tage mit James Joyce" geschrieben (... das auf Deutsch antiquarisch vorliegt.)
Sie war damals auch die offizielle Fotografin des amtierenden Präsidenten und hat der Praktikantin auch erzählt, wie sie ihm - der wegen seines kaum bewegten Gesichts den Spitznamen "Sphynx" trug - dennoch ein Lächeln abgeluchst hatte: "Erzählen Sie mir etwas über ihre Enkel!" Aber entweder hatte da die Marantz-Lochung zugeschlagen oder das Desinteresse für Regierende der Nachwuchsjournalistin, dieser Originalton fand beim Radiostück jedenfalls keine Verwendung, soit! - sei's drum. Und die Berichterstatterin traf Madame viele Jahre später für einen vermurksten Arte-Dreh. Das aber ist eine andere Geschichte.
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P.S.: Der Blogeintrag mit den vielen Schlüssen, hier ist noch einer,
immerhin geht der auf Anschluss mit dem vorigen Eintrag: Ja, als
Journalistin hatte ich eindeutig das spannendere Leben. Und ich
bin noch immer verärgert, dass "bei Mediens" für Recherche und
Programmmachen immer weniger Geld vorhanden ist, wodurch
ich fröhlich hineinkatapultiert wurde ins zweite Berufsleben, das
der Dolmetscherin.
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Am Wegesrand aufgelesen,
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Zitate
Donnerstag, 12. März 2009
Merci beaucoup V
Un grand merci pour votre précieuse aide.(Vielen Dank für Ihre wertvolle Hilfe.)
Séveryne Molard (Les Nuits de Fourvière)
Kategorien:
Merci beaucoup
Sonntag, 8. März 2009
KVAs
Herzlich Willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Weblogs, das im Inneren einer Dolmetscherkabine entsteht. Vor die Arbeit haben die Götter die Preiseinschätzung gesetzt ... und dahinter die Zahlung der Rechnung (wenn nichts dazwischenkommt).
Kostenvoranschlag — das ist so ein richtig langes, deutsches Wort, das massiv klingt, deftig und nach Arbeit. Der "devis" hingegen ist eine Vokabel, die zwar auf Französisch das gleiche bezeichnet, aber als eigenständiges, knappes und nicht zusammengesetztes Wort existiert. Das französische Wort hat im Singular wie im Plural zwei Silben (und bleibt wegen des letzten Buchstabens auch in der Mehrzahl unverändert: les devis) — das deutsche inflationiert ebenso Silben (sechs) wie Wortbestandteile (gefühlte drei bis vier). Interessanterweise gibt es im Deutschen viele Komposita, die sich nicht mehr zurück'deklinieren' lassen — das Gegenteil von "Untiefen" ist "flaches Gewässer", das Gegenteil von "unwirsch" ist nicht "wirsch".
Und damit ich im Büroalltag etwas wirscher sein kann, kürze ich ab: KVA. Die damit zusammenhängenden Telefonate indes tragen zu meiner Wirschheit nicht immer bei. Beispiel für ein Telefonat mit einer sehr guten Kundin.
— Wir suchen in Köln eine Dolmetscherin für das TV-Interview mit einer Autorin. Kennst Du wen?
— Ich komme!
— Ja, nee, keine gute Idee. Wir haben kaum Geld, und wir können keine Profi-Dienstleistung für fast umsonst erwarten. Hast Du vielleicht eine begabte Studentin oder so, die Du uns empfehlen kannst?
— Das letzte Mal, als ich eine begabte Studentin empfahl, hat sie sich den Kunden gleich ganz geschnappt, das fand ich nicht so toll. Tut mir Leid. Außerdem sollte man Erfahrung haben.
— Wieso?
— Erst neulich durfte ich gedrehtes Material im Schnitt retten. Beispiel für eine Antwort: "Naja, wie schon vorhin gesagt, stimmt das so. Es war am 23."
— Kontext?
— Kontext fehlte. Der Take hätte das bereits vorher Gesagte wiederholen sollen. Und weil vom Team außer der Praktikantin keiner Französisch sprach, ging das beim Dreh so durch.
— Und dann?
— Wir haben aus später gegebenen drei Antwortteilen was zusammengefrickelt und dann zwischendurch ganz viel Wohnung gezeigt, zum Glück gab's ausreichend Material für Schnittbilder. Das war ein Gefriemel! Und hat gedauert! Hier wurde beim Dreh an der falschen Stelle gespart: Das ist wie teures Wildgulasch mit einer Tütensauce vom Discounter kredenzen.
Das hier geschilderte Problem verbirgt ein anderes. Auftraggeber des zu Drehenden ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der in Kulturdingen in Europa eine feste Größe geworden ist. Für einen festen Sendeplatz beauftragt er Firmen, die er allerdings nicht ausreichend für das, was sie drehen sollen, mit Geld ausstattet.
Das Programm ist stark formatiert, also nimmt es so auch kein anderer Sender (weitere potentielle Geldquelle). Der Produzent nimmt also bereits mit einem Geldproblem die Arbeit auf. Und das wird dann "durchgereicht". Studis und Praktis, die ihre eigenen Jobs von morgen kaputt machen, werden ausgebeutet und kriegen ohne behutsame Einführung möglicherweise einen Schaden fürs Leben.
Auch die Qualität der Programme wird aufs Spiel gesetzt. Das Verhalten etlicher Sendeanstalten trägt zu Insolvenzen bei. Ich beobachte regelmäßig Pleiten — und die Eigentümer gründen flugs was Neues. Ich warte derzeit auf etliche Summen, und das nervt, weil ja auch ich Verpflichtungen habe. (*)
Auch dieses geschilderte Problem verbirgt ein anderes. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland verfügen über ca. 8 Milliarden Euro, das ist eine acht mit neun Nullen. Wieso reicht das Geld nicht, um den Programmauftrag zu erfüllen?
Dazu fällt mir keine kalauernde Abschlusspointe ein. Wirklich nicht.
(*) Nachtrag vom Sommer 2012: Auf manche Summen warte
ich noch heute ... oder auch nicht, die Firmen sind pleite. Es
schlossen sich an: Monate mit Doppelschichten. Freiberuflerpech.
______________________________
Illustration: Anker-Kasse
Kostenvoranschlag — das ist so ein richtig langes, deutsches Wort, das massiv klingt, deftig und nach Arbeit. Der "devis" hingegen ist eine Vokabel, die zwar auf Französisch das gleiche bezeichnet, aber als eigenständiges, knappes und nicht zusammengesetztes Wort existiert. Das französische Wort hat im Singular wie im Plural zwei Silben (und bleibt wegen des letzten Buchstabens auch in der Mehrzahl unverändert: les devis) — das deutsche inflationiert ebenso Silben (sechs) wie Wortbestandteile (gefühlte drei bis vier). Interessanterweise gibt es im Deutschen viele Komposita, die sich nicht mehr zurück'deklinieren' lassen — das Gegenteil von "Untiefen" ist "flaches Gewässer", das Gegenteil von "unwirsch" ist nicht "wirsch".
Und damit ich im Büroalltag etwas wirscher sein kann, kürze ich ab: KVA. Die damit zusammenhängenden Telefonate indes tragen zu meiner Wirschheit nicht immer bei. Beispiel für ein Telefonat mit einer sehr guten Kundin.
— Wir suchen in Köln eine Dolmetscherin für das TV-Interview mit einer Autorin. Kennst Du wen?
— Ich komme!
— Ja, nee, keine gute Idee. Wir haben kaum Geld, und wir können keine Profi-Dienstleistung für fast umsonst erwarten. Hast Du vielleicht eine begabte Studentin oder so, die Du uns empfehlen kannst?
— Das letzte Mal, als ich eine begabte Studentin empfahl, hat sie sich den Kunden gleich ganz geschnappt, das fand ich nicht so toll. Tut mir Leid. Außerdem sollte man Erfahrung haben.
— Wieso?
— Erst neulich durfte ich gedrehtes Material im Schnitt retten. Beispiel für eine Antwort: "Naja, wie schon vorhin gesagt, stimmt das so. Es war am 23."
— Kontext?
— Kontext fehlte. Der Take hätte das bereits vorher Gesagte wiederholen sollen. Und weil vom Team außer der Praktikantin keiner Französisch sprach, ging das beim Dreh so durch.
— Und dann?
— Wir haben aus später gegebenen drei Antwortteilen was zusammengefrickelt und dann zwischendurch ganz viel Wohnung gezeigt, zum Glück gab's ausreichend Material für Schnittbilder. Das war ein Gefriemel! Und hat gedauert! Hier wurde beim Dreh an der falschen Stelle gespart: Das ist wie teures Wildgulasch mit einer Tütensauce vom Discounter kredenzen.
Das hier geschilderte Problem verbirgt ein anderes. Auftraggeber des zu Drehenden ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der in Kulturdingen in Europa eine feste Größe geworden ist. Für einen festen Sendeplatz beauftragt er Firmen, die er allerdings nicht ausreichend für das, was sie drehen sollen, mit Geld ausstattet.
Das Programm ist stark formatiert, also nimmt es so auch kein anderer Sender (weitere potentielle Geldquelle). Der Produzent nimmt also bereits mit einem Geldproblem die Arbeit auf. Und das wird dann "durchgereicht". Studis und Praktis, die ihre eigenen Jobs von morgen kaputt machen, werden ausgebeutet und kriegen ohne behutsame Einführung möglicherweise einen Schaden fürs Leben.
Auch die Qualität der Programme wird aufs Spiel gesetzt. Das Verhalten etlicher Sendeanstalten trägt zu Insolvenzen bei. Ich beobachte regelmäßig Pleiten — und die Eigentümer gründen flugs was Neues. Ich warte derzeit auf etliche Summen, und das nervt, weil ja auch ich Verpflichtungen habe. (*)
Auch dieses geschilderte Problem verbirgt ein anderes. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland verfügen über ca. 8 Milliarden Euro, das ist eine acht mit neun Nullen. Wieso reicht das Geld nicht, um den Programmauftrag zu erfüllen?
Dazu fällt mir keine kalauernde Abschlusspointe ein. Wirklich nicht.
(*) Nachtrag vom Sommer 2012: Auf manche Summen warte
ich noch heute ... oder auch nicht, die Firmen sind pleite. Es
schlossen sich an: Monate mit Doppelschichten. Freiberuflerpech.
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Illustration: Anker-Kasse
Kategorien:
Alltag,
Money talks / Preise
Samstag, 7. März 2009
Zufällige Begegnungen
Bonjour, welcome, Hallo und guten Tag! Sie lesen, absichtlich oder zufällig, die Seite eines digitalen Arbeitstagebuches. Hier schreibe ich als Übersetzerin und Dolmetscherin mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Politik, Kultur und Soziales über das nach, was ich erlebe. Heute: Einblick in die Werkstatt.
Der Postberlinalerlaub ist vorbei, der Schreibtisch quillt über, da ergeben sich mitunter merkwürdige "Begegnungen".
So war es zumindest letzte Woche. Zunächst galt es, den Entwurf zu einem Filmprojekt zu übersetzen, in dem viele Gangster vorkamen, die in Pokerhöllen ihresgleichen nicht nur über den Tisch ziehen. Dann schaute ich gedrehtes Material durch, es ging um ein Kinderheim in Ruanda nach der Zeit des Bürgerkriegs. Zwischendurch übersetzte ich ein kurzes Portrait von Ulrich Mühe, der Film nimmt am Wettbewerb um den deutsch-französischen Journalistenpreis teil. In den Bürostunden dann erbaten einige Firmen Kostenvoranschläge: Da will etliches betreut sein, ein Ausstellungskatalog, eine Messe und ein neues zu übersetzendes Drehbuch ...
... dazu flatterten mir Einladungen zu diversen Premieren auf den Tisch. Binnen einer Woche könnte ich abends vier Mal weggehen, dazu brachte der Kurier zwei "Streifen" auf Scheibe, die es vorab zu sichten galt. Denn diese Woche war ich nacheinander kurz für Radio Eins, das Berliner Ensemble und für Werner Schröter tätig, der Filmpremiere in der Volksbühne feierte. (Hier verdolmetschte ich die auf Deutsch geführte Diskussion für Pascal Greggory und Bulle Ogier.)
Wie bewältige ich Menge und inhaltliche Wechsel? Ich konditioniere mich für die verschiedenen Aufgaben an verschiedenen Orten — und zwar exakt durch die verschiedenen Orte. An einem Schreibtisch lerne ich, in der Küche schreibe ich Privates oder offline erste Konzepte, am Stehpult lese ich Korrektur, und wenn ich am Schreibtisch an größeren Projekten arbeite, stelle ich den elektronischen Briefkasten ab, auf dass er nicht "klappere".
Hintergrundmaterial zu den Dolmetscheinsätzen lese ich überall, gerne auch mal im Café mit W-Lan an der Ecke. Dann hab ich wenigstens in der ersten Phase (vor dem Rausschreiben der Vokabeln) das Gefühl, nicht schon wieder zu arbeiten ... und kann kurz vergessen, was mir diese Woche Energie raubt: Manche versandte und empfangene Mails kommen schwer "durch" oder sogar zurück, andere sehen in meiner Postbox aus wie zugestellt, haben ihren Empfänger aber noch nicht erreicht. Das nervt — und ich bastle weiter am neuen Intranet (und fühle mich zurecht überfordert).
Währenddessen sehen auf meinem Bildschirm die Gangster ohne Moral den humanistisch und religiös geprägten Erzieherinnen des Kinderheims für Kriegs- und Aidswaisen einander in die Augen, und vom anderen Konzept schaut sich Uli Mühe aus diese komische Gemengelage an. Und dann fällt mir auf, was meine "Kunden" diese Woche mal wieder besonders verbindet: Kino!
Die Afrikanerinnen haben dort, wo früher Tote Schützengräben lagen, ein Lichtspielhaus errichtet: La Cité des Anges, die Stadt der Engel. Und ich übersetze: "Das Volk braucht einen schönen Ort, wo es vom Frieden träumen kann, denn im Kino können die Menschen sehen, dass andere Völker ebenfalls dieses Stadium durchlaufen haben und gleichzeitig sollen sie unterhalten werden und etwas lernen — ein Fenster, das auf die Welt hinaus geht."
Der Film, aus dem ich hier zitiere, wird bald von der Deutschen Welle gesendet. Es ist ein neues Portrait von Maggie Barankitse und dem von ihr in Burundi begründeten Waisenhaus Maison Shalom mit angrenzendem Krankenhaus, Landbau, Bibliothek, Bank ... und eben einem Kino.
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Der Postberlinalerlaub ist vorbei, der Schreibtisch quillt über, da ergeben sich mitunter merkwürdige "Begegnungen".
So war es zumindest letzte Woche. Zunächst galt es, den Entwurf zu einem Filmprojekt zu übersetzen, in dem viele Gangster vorkamen, die in Pokerhöllen ihresgleichen nicht nur über den Tisch ziehen. Dann schaute ich gedrehtes Material durch, es ging um ein Kinderheim in Ruanda nach der Zeit des Bürgerkriegs. Zwischendurch übersetzte ich ein kurzes Portrait von Ulrich Mühe, der Film nimmt am Wettbewerb um den deutsch-französischen Journalistenpreis teil. In den Bürostunden dann erbaten einige Firmen Kostenvoranschläge: Da will etliches betreut sein, ein Ausstellungskatalog, eine Messe und ein neues zu übersetzendes Drehbuch ...
... dazu flatterten mir Einladungen zu diversen Premieren auf den Tisch. Binnen einer Woche könnte ich abends vier Mal weggehen, dazu brachte der Kurier zwei "Streifen" auf Scheibe, die es vorab zu sichten galt. Denn diese Woche war ich nacheinander kurz für Radio Eins, das Berliner Ensemble und für Werner Schröter tätig, der Filmpremiere in der Volksbühne feierte. (Hier verdolmetschte ich die auf Deutsch geführte Diskussion für Pascal Greggory und Bulle Ogier.)
Wie bewältige ich Menge und inhaltliche Wechsel? Ich konditioniere mich für die verschiedenen Aufgaben an verschiedenen Orten — und zwar exakt durch die verschiedenen Orte. An einem Schreibtisch lerne ich, in der Küche schreibe ich Privates oder offline erste Konzepte, am Stehpult lese ich Korrektur, und wenn ich am Schreibtisch an größeren Projekten arbeite, stelle ich den elektronischen Briefkasten ab, auf dass er nicht "klappere".
Hintergrundmaterial zu den Dolmetscheinsätzen lese ich überall, gerne auch mal im Café mit W-Lan an der Ecke. Dann hab ich wenigstens in der ersten Phase (vor dem Rausschreiben der Vokabeln) das Gefühl, nicht schon wieder zu arbeiten ... und kann kurz vergessen, was mir diese Woche Energie raubt: Manche versandte und empfangene Mails kommen schwer "durch" oder sogar zurück, andere sehen in meiner Postbox aus wie zugestellt, haben ihren Empfänger aber noch nicht erreicht. Das nervt — und ich bastle weiter am neuen Intranet (und fühle mich zurecht überfordert).
Währenddessen sehen auf meinem Bildschirm die Gangster ohne Moral den humanistisch und religiös geprägten Erzieherinnen des Kinderheims für Kriegs- und Aidswaisen einander in die Augen, und vom anderen Konzept schaut sich Uli Mühe aus diese komische Gemengelage an. Und dann fällt mir auf, was meine "Kunden" diese Woche mal wieder besonders verbindet: Kino!
Die Afrikanerinnen haben dort, wo früher Tote Schützengräben lagen, ein Lichtspielhaus errichtet: La Cité des Anges, die Stadt der Engel. Und ich übersetze: "Das Volk braucht einen schönen Ort, wo es vom Frieden träumen kann, denn im Kino können die Menschen sehen, dass andere Völker ebenfalls dieses Stadium durchlaufen haben und gleichzeitig sollen sie unterhalten werden und etwas lernen — ein Fenster, das auf die Welt hinaus geht."
Der Film, aus dem ich hier zitiere, wird bald von der Deutschen Welle gesendet. Es ist ein neues Portrait von Maggie Barankitse und dem von ihr in Burundi begründeten Waisenhaus Maison Shalom mit angrenzendem Krankenhaus, Landbau, Bibliothek, Bank ... und eben einem Kino.
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