Wenn die Großen der Politik zusammensitzen, sind Dolmetscher meist nicht weit. Dennoch kennt fast niemand ihre Namen - von Mitterrands langjähriger Dolmetscherin Brigitte Sauzay einmal abgesehen. So ist vom langjährigen Russischdolmetscher der US-Regierung Bill Hopkins denn auch das Wort überliefert: "Ich bin eine Leitung, sonst nichts."
Dolmetscher werden im politischen Alltagsgeschäft auch von anderen meist nicht als Individuen wahrgenommen, sondern als ein Medium der Verständigung. Und die Medien tun ebenfalls so, als sprächen ihre Vertreter, aber auch die Regierenden der Welt, alle Sprachen: Die übersetzten Fragen werden herausgeschnitten.
Die Dolmetscher, die dieser Tage in Heiligendamm tätig sind, arbeiten alle nach dem "Muttersprachenprinzip", sie übertragen aus bis zu fünf Fremdsprachen in ihre Muttersprache. Dabei kommen alle Dolmetscharten zum Einsatz: Vom Flüsterdolmetschen im kleinsten Kreis über konsekutive Einsätze im kleinen Kreis bis hin zu simultanem Dolmetschen in der Kabine.
Auch beim Essen tragen die Politiker Kopfhörer, auf die von den insgesamt 18 Simultandolmetschern die Worte kommen. Für jede Muttersprache arbeiten jeweils drei, die sich alle halbe Stunde abwechseln. Ein Großteil der Information liegt dabei im Gesichtsausdruck, auch das "Mundbild" hilft weiter beim Verstehen und gleichzeitigen Sprechen. Da die 18 nicht mit am Tisch sitzen, filmt ein Kamerasystem die Köpfe und überträgt das jeweilige Bild in die Kabinen.
Auch Japanisch ist als außereuropäische Fremdsprache dabei. Weil es nicht so viele japanische Kollegen und Kolleginnen gibt, die aus den anderen vier Sprachen dolmetschen, ist Deutsch die zentrale Sprache. Aus der Elektrotechnik stammt der Begriff "Relais" für diese Hauptsprache, über die alles läuft. Die Gäste aus Japan hören dann also die Verdolmetschung der Verdolmetschung, weshalb alle sehr genau arbeiten müssen.
Kein Wunder, dass laut einer Studie der WHO Dolmetscher der drittanstrengendste Beruf nach Astronaut und Pilot ist.
Einige Informationen dieses Beitrags nach "Babel 2007", Andreas Bernard, Süddeutsche Zeitung Magazin Nr. 22 vom 31.05.2007
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