Freitag, 8. Dezember 2017

Schwurbular

Den subjektiven Arbeitsalltag in der Dolmetscherkabine beschreibe ich hier im 11. Jahr. Vor dem Einsatz bereiten wir uns intensiv vor. Dabei sind Fach­wör­ter­lis­ten zu erstellen und Redeweisen zu beachten. Das klingt nach viel Arbeit. Aber es gibt Rettung.

Was mir diese Woche akut wieder eingefallen ist: Die Studie, nach der das Mathe­hirn im Fuß steckt. Es geht um die Korrelation, dass Menschen mit Schuh­grö­ße 29 selten gut rechnen können.

Biedermeierfräulein
Biedermeierfräulein
Ansonsten hatten wir wieder es erneut mit viel Schwur­bu­lar zu tun. Unter dem Be­griff sammele ich Schwurbelbegriffe wie "Tendenz zu", "neigt", "legt die Ver­mu­tung nahe", "die Studie erlaubt die In­ter­pre­ta­tion, dass ...". Solche Ausdrücke muss un­ser­ein­er in der Übersetzung pau­ken. Ich mag derlei nicht, aber es ist leider Be­rufs­all­tag.
Dazu sagt ein Bekannter "Konkunktivitis", weil es dann immer schön im Konjunktiv weitergeht. Ehe ich mir hier jetzt von derlei Hässlichkeiten noch eine Au­gen­ent­zün­dung hole, denke ich lachend an die Feststellung, dass Menschen, die in der Nase bohren, ihre Hände häufiger in der Nähe ihres Gesichtes haben.

Und ich erhole mir die Augen beim Betrachten eines schöner Bilder. Die Parole lautet: "Mehr Kunst!"

Am Abend sendet mir eine Nonne einen Vortragstext zu einem Künstler. Sie lässt uns an ihrem "Work in Progress" teilhaben, wird drei Fassungen senden, damit wir Zeit haben, uns vorzubereiten. Ich nenne das charmant.

Die kunstgeschichtliche Tagung nächste Woche, die letzte Konferenz des Jahres, wird frei sein von Schwur­bu­lar. Bis dahin heißt es: Das Gegenteil davon, nämlich Fachvokabular pauken. Sich weiterbilden. Die Stadt und unsere Zeit mit anderen Augen sehen.

Tipps dazu für dieses Wochenende:
Jüdisches Museum zu Berlin, Sonntag letzter Öffnungstag vor Umgestaltung der ständigen Ausstellung. Das Museum lebt ja von der Spannung zwischen Ar­chi­va­lien, den vielen Kulturzeugnissen jüdischen Lebens in Berlin, und der Architektur, die derzeit hinter den Exponaten stark in den Hintergrund tritt. Das soll nach der Neuausrichtung anders sein.
Gaslaternenweihnachtsmarkt der Vereine, Verbände und Kunsthandwerker in Rixdorf (Berlin-Neukölln).
⊗ British Pathé hat einige hundert Filme online gestellt, breit durch den Ge­mü­se­gar­ten: Filmerbe, News, bunte und vermischte Nachrichten vergangener Tage. Zu finden sind sie auf YouTube, sie stammen aus den Jahren von 1896 bis 1976 und sind thematisch sortiert. Ich bin über Claude Monet auf diese Goldmine gestoßen.

Heiner_Mueller_Denn_das_Schoene_bedeutet_das_moegliche_Ende_der_Schrecken
Von der Pinnwand

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Fotos: C.E.

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