Sonntag, 31. Dezember 2017

Gestankequinox

Den subjektiven Arbeitsalltag in der Dolmetscherkabine beschreibe ich hier im 11. Jahr. Heute habe ich noch ein Gutachten geschrieben, dann die Bude zu­ge­macht.

Equinox bezeichnet die Tag- und Nachtgleiche. Das ist in ziemlich genau drei Monaten. Einige Tage nach dem anderen Wendepunkt habe ich indes in Berlin den Luftequinox feststellen müssen. Aus der Kü­che riecht es nach Bouletten, die der Mitbewohner in rauen Mengen brät. Beim Versuch des Lüftens dringt eine Luft herein, die Schwarzpulver, Arsen, Blei, Stron­tium­salze und sonstige Delikatessen enthält. In Sachen Feinstaubbelastung ent­spricht Sil­ves­ter zwei Monaten Stra­ßen­ver­kehr, steht heute in der Zeitung.

Mich begeistert beides nicht. Das Silvestergedöns, das sich die Deutschen dieses Mal etwa 120 Millionen Euro kosten lassen, geht mir mächtig auf die Senkel. Dazu kommen die Folgekosten: Jedes Jahr gibt es Verletzte und Tote, Zerstörungen an Haus und Baum. Auch Tiere leiden. Ich muss an einen Neujahrsmorgen irgendwann in den frühen Nuller Jahren denken, als bei Freunden die Katze des Hauses tot un­term Küchentisch lag; sie hatte sich mit Herzinfarkt verabschiedet. Heute müs­sen wir in Berlin leider immer öfter beobachten, dass Feuerwerker auf Men­schen zie­len, auf Passanten, Krankenwagen oder Polizeiautos.

Schützengraben des modernen Straßenkampfs
Was müssen Menschen von dem Ganzen halten, die ei­nen heißen Krieg mit Stra­ßen­kämp­fen erlebt haben? Das klingt ja verdammt ähn­lich ... Und ich kann die Knal­ler­wer­fer nicht verstehen, dass sie so viel Geld an­zün­den, wobei es in eher ein­fa­chen Wohn­vier­teln nicht stiller als in den Quartieren der Wohl­ha­ben­den zugeht. Das Gegenteil ist hier lei­der der Fall.

Die Niederlande haben die Schießerei von Privat verboten. Ich begrüße das. Normalerweise habe ich nichts gegen Feuerwerk: Vor einigen Jahren habe ich in Mar­seille wunderbar orchestrierte Lichtmalereien sehr genossen. Das ist was an­de­res. Da wird auch der Müll immer gleich eingesammelt. Jetzt dürfen in Berlin al­le wie­der wochenlang im Slalom um Ballerschrott und Adventsüberbleibsel he­rum­lau­fen, die Stadt erweist sich bei solchen Themen immer als zuverlässig unfähig. Nein, ich bin kein Fan von Silvester. Guten Rutsch wünsche ich trotzdem!

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Foto: Stijepo Pavlina (Danke!)

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