Freitag, 26. März 2010

Mehr Luft, bitte!

Will­kom­men auf den Sei­ten ei­nes vir­­tu­­el­­len Ar­beits­­ta­­ge­buchs aus der Welt der Sprachen. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache und aus dem Englischen. Hier berichte ich über einen abwechslungsreichen Alltag.
 
In den Dolmetschkabinen ist es ja oft stickig, weil eng, aber was ich dieser Tage in Paris erlebe, spottet jeder Beschreibung. Eine riesige Halle mit Dutzenden von Ständen, hunderten von Ausstellern und tausenden von Fachbesuchern, parallel dazu eine Konferenz - und die Luft ist verbraucht und warm wie in einem Gewächshaus. Das ist noch der freundliche Begriff, schlimmeres kommt später noch.

Auf jeden Fall ist es eine Zumutung, in einem Raum zu arbeiten, in dem man ständig das Gefühl hat, der Erstickungstod stünde kurz bevor. Kundengespräche zu dolmetschen, logistische Lösungen in die andere Sprache rüberzuwuppen, dafür zu sorgen, dass ein deutsches Hafenterminal im besten Licht dasteht, ist sprachlich schon Herausforderung genug. Aber wenn einem stets auf gut Berlinisch die Ömme kurz vorm Wegdämmern ist vor lauter Sauerstoffknappheit, dann ist die Chose eine echte Herausforderung.

Die großen Firmen sitzen gleich vorn, die Häfen und Küstenregionen an den Seiten und hinten. Schön, wie in "Nord-Pas-de-Calais" eine leichte Brise weht oder das, was man gern dafür halten möchte, weil da irgendwo eine Außentür offensteht.

Aber das Aufatmen ist nur von kurzer Dauer. Kaputt wie selten nach Messetagen schleppen wir uns am letzten Tag zum Ausgang. Warum in Paris-Villepinte die offenbar unter dem Dach montierte Klimaanlage nicht benutzt wird, kann uns auch die freundliche Dame nicht erklären, die uns kurz vor der Garderobe anspricht. Sie erfragt die Zufriedenheit der Messebesucher - auf unsere Kritik hin meint sie nur trocken: "Das kritisieren hier alle als erstes. Ich kenne den Grund auch nicht, habe aber von Energieeinsparungen gehört."

Diese Energieeinsparungen sind sicher auch Kostenersparnisse. Schön für den "Parc des Expositions" und seine Halle 6, die vor nicht allzu langer Zeit extra zu dem Behufe erbaut wurde, Messen und Märkten Obdach zu bieten - indes offenbar mit einem Energiekonzept aus dem 18. Jahrhundert. Oder ist der technische Direktor der Messe aus Nord-Pas-de-Calais" und will seiner Region einen Vorteil verschaffen?

So, jetzt kommt noch die böse Bezeichnung für das Gesehene (oder auch Verspürte). In Cannes auf der MIP, die ich acht Jahre in Folge für den mitgliederstärksten deutschen Filmverband, die AG DOK, besuchte, sorgt stets die Klimaanlage für ein kühlschrankähnliches Ambiente. Wer schlecht saß, fühlte sich wie ein Erlkönig im Windkanal. Das Gefühl, ein solcher Auto-Prototyp beim Windschnittigkeitstest zu sein, schwindet aber plötzlich in der Stunde, in der die Messe ihre Türen schließt und wir Aussteller vielleicht noch die letzten Kisten packen: Der Veranstalter stellt die Klimaanlage ab. Nach einer Stunde fühlt es sich an wie bei den exotischen Pflanzen eines Botanischen Gartens, nach zwei Stunden, die Demontage der Stände ist in vollem Gange, wie im Primatenhaus eines Zoos, wenn Sie verstehen, was ich meine ...


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