Was ich anbiete

Mittwoch, 17. Dezember 2025

Bonjour

... und herz­lich will­kom­men! Als erfahrene Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin („se­nior in­ter­pr­eter“) und Über­set­ze­rin bin ich seit bald 20 Jah­ren in Deutsch­land, Frank­reich und in an­de­ren Län­dern Eu­ro­pas tä­tig — meist mit Fran­zö­sisch und Deutsch als Ar­beits- und Ziel­spra­che. Als Teil ei­nes Netz­werks kann ich Ih­nen auch bei der Su­che nach Un­ter­stüt­zung in an­de­ren Spra­chen hel­fen

Treppe, Jalousien, Fenster, Garten im Herbst
Herz­lich Will­kom­men!
Sie su­chen Kom­mu­ni­ka­tions­pro­fis fürs Dol­met­schen oder für schrif­tl­iche Ar­bei­ten? Nach vielen Jah­ren in Frank­reich und den ein­schlä­gi­gen aka­de­mi­schen Stu­dien sitze ich in der Fran­zö­sisch­ka­bi­ne. Schrift­lich ar­bei­te ich ins Deut­sche, auch aus dem Eng­li­schen.

Allein oder im Team be­glei­te ich De­le­ga­tio­nen und ar­bei­te auf Kon­fe­ren­zen, in Mi­nis­te­rien, Bot­schaf­ten oder am Film­set ... für Po­li­tik, Un­ter­neh­men und Pri­vat­leu­te.

Schwer­punk­te: Ak­tu­el­les, In­dus­trie, Wirt­schaft und Kul­tur, Land­wirt­schaft, krea­ti­ve Pro­jek­te, Ur­ba­nis­mus und Bau, Ener­gie und Me­dien so­wie Ki­no, vom Ex­po­sé über Dreh­buch und Pro­duk­tions­dos­sier bis zum Pres­se­heft. Ich tex­te auch.

Mit ei­ner ers­ten Kon­takt­mail an caroline@adazylla.de kön­nen Sie ei­nen te­le­fo­ni­schen Be­ra­tungs­ter­min ver­ein­ba­ren, um Ih­ren Be­darf ab­zu­klä­ren. (Ich ant­wor­te spä­tes­tens nach zwölf Stun­den.)

Ich bie­te an: Si­mul­tan (fast zeit­gleich), Kon­se­ku­tiv (zeit­ver­setzt), Flüs­ter- und Be­gleit­dol­met­schen, Büh­nen­dol­met­schen, Spre­cher­ka­bi­ne (Ton­auf­nah­men), Dia­log­Coa­ching für Film und Büh­ne, Fern­dol­met­schen.

Dol­met­schen lebt von Fach­kom­pe­tenz, Hin­ter­grund­wis­sen und Er­fah­rung. Ger­ne bin ich Ih­re Brü­cke zwi­schen der deutsch- und fran­zö­sisch­spra­chi­gen Welt — fle­xi­bel und punkt­ge­nau! Vor Ort oder mit On­line-Ex­per­ti­se: Mein Ein­satz ga­ran­tiert Ih­nen Ver­ständ­lich­keit oh­ne Miss­ver­ständ­nis­se.

Doch ge­na­u­so gern un­ter­stüt­ze ich klei­ne­re In­iti­a­ti­ven, per­sön­li­che Be­geg­nun­gen oder punk­tu­el­le Ein­sät­ze, denn auch bei die­sen sind Fin­ger­spit­zen­ge­fühl, gu­te Vor­be­rei­tung und ei­ne aus­ge­bil­de­te Stim­me ge­fragt.

Jetzt pla­nen — Er­folg si­chern!
Dol­met­schen ist mehr als Spra­che: Prä­zi­si­on, Kon­text, Wis­sen um Sprech­ab­sich­ten, Hin­ter­grund, Takt­ge­fühl und Er­fah­rung. Si­chern Sie sich mei­ne oder un­se­re pro­fes­sio­nel­le Un­ter­stüt­zung!

Herz­li­che Grü­ße,
Ca­ro­li­ne Eli­as

P.S.: Wir sind nicht nur Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­ter, son­dern be­ob­ach­ten auch die Welt. Hier dür­fen Sie in mei­nem Ar­beits­ta­ge­buch mit­le­sen. Die­se Sei­te ist für das Web­la­y­out op­ti­miert, sonst dro­hen Text­pas­sa­gen hin­ter den Fo­tos zu ver­schwin­den.

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Fo­to: C.E.

KI ist kein Dolmetscher

Bon­jour & hel­lo! Hier schreibt ei­ne Wort­schub­se! Sie ha­ben rich­tig ge­lesen, ich schub­se Wör­ter. Die All­ge­mein­heit nimmt un­sere Leis­tun­gen ähn­lich sel­ten wahr wie die der Pro­fis im Gas­traum ei­nes Flug­zeugs. Aus Ig­no­ranz ent­steht da­bei oft ge­nug Gleich­gül­tig­keit. Wer dol­met­schen möch­te, braucht auf dem Weg zur Ex­zel­lenz viel Zeit: im Schnitt 7,5 Jah­re Aus­bil­dung in Spra­che, Kul­tur, Fach­ge­bie­ten, Me­tho­dik und Be­rufs­kun­de. Ich dol­met­sche FR, DE und EN, meis­tens si­mul­tan. Heute: KI-Mitt­woch.

Die Be­haup­tung ist rasch auf­ge­stellt und im­mer öf­ter zu hö­ren: „Die KI über­setzt heu­te schon fast so gut wie Men­schen.“ Sie klingt mo­dern, ef­fi­zi­ent und al­ter­na­tiv­los. Und sie taucht zu­ver­läs­sig im­mer dann auf, wenn Bud­gets knap­per und Ver­ant­wor­tung aus­ge­la­gert wer­den.

Ar­beits­platz Dol­metsch­ka­bi­ne
Falsch ist die Be­haup­tung trotz­dem.

Nicht, weil KI nichts könn­te, sie ist nütz­lich: Hier setzt sie zum Bei­spiel Soft hy­phens. Sie hilft manch­mal auch, ei­nen ers­ten Über­blick zu be­kom­men. Die Be­haup­tung mit dem Dol­met­schen ist aber des­halb falsch, weil vie­le Zwei­bei­ner nicht ver­ste­hen (oder nicht ver­ste­hen wol­len), was Dol­met­schen ist.

Warum Dol­met­scher:in­nen nicht ein­fach aus­tausch­bar sind 
Kon­fe­ren­zdo­lmets­chen ist kei­ne Wort-für-Wort-Über­tra­gung. Wer das glaubt, hat noch nie er­lebt, wie Be­deu­tung un­ter Zeit­druck ent­steht. Wir Dol­met­scher:in­nen tref­fen per­ma­nent Ent­schei­dun­gen, und zwar in Se­kun­den­bruch­tei­len. Wir hö­ren nicht nur Wör­ter, son­dern Ab­sich­ten. Wir re­gis­trie­ren Ton­fall, Aus­las­sun­gen, vor­sich­tige For­mu­lie­rungen und ge­ziel­te Un­schär­fen. Und wir wis­sen, wann es klü­ger ist, et­was mi­ni­mal zu glät­ten oder ein falsch ver­wen­de­tes Wort zu kor­ri­gie­ren ... und wann ge­nau das nicht pas­sie­ren darf.

Ei­ne KI ver­ar­bei­tet Spra­che. Ein Mensch ar­bei­tet in Si­tu­a­tionen und bringt Ge­füh­le mit ein. Das ist kein ro­man­tischer Un­ter­schied, son­dern ein funk­tiona­ler. Des­halb sind wir Dol­met­scher:in­nen nicht ein­fach aus­tausch­bar, ge­nau des­halb schei­tert KI dort, wo zwi­schen­mensch­liche Kom­mu­ni­ka­tion Fol­gen hat.

Wo­ran las­sen sich „KI-Übel­set­zun­gen“ er­ken­nen? 
Schlechte KI-Aus­wür­fe, die vor­geben, Über­set­zun­gen zu sein, fal­len sel­ten da­durch auf, dass je­des Wort falsch wäre. Im Ge­gen­teil: Sie wir­ken auf den ers­ten Blick er­staun­lich kor­rekt. Das Pro­blem ist da­bei nie der ein­zel­ne Satz, es ist das Ge­samt­bild, sind An­spie­lun­gen und die kul­tu­rel­len Hin­ter­gründe, die zwi­schen den Text­zei­len hin­durch­schei­nen bzw. eben nicht, weil der KI das kul­tu­rel­le Hin­ter­land fehlt. Bei Tex­ten, die am En­de noch durch ei­nen Sprach­ge­ne­ra­tor ge­jagt wer­den, ist es ähn­lich. Zu­sätz­li­che Feh­ler, die bei die­sem letz­ten Schritt ent­ste­hen, sit­zen on top wie die kan­dier­te Kir­sche auf der Tor­te.

1. KI-Pro­duk­te klin­gen glatt, aber leer und oft be­lie­big
Die Sät­ze die­ser Pro­duk­te sind gram­ma­ti­ka­lisch sau­ber, Tipp­feh­ler sel­ten. Der Ton ist neu­tral, manch­mal so­gar ele­gant. Und trotz­dem bleibt am En­de we­nig hän­gen. Was fehlt, ist Po­si­tion, Hal­tung, das Wis­sen um Stand­punk­te, um Kom­mu­ni­ka­tions­ab­sich­ten und Ge­fah­ren.

Kon­fe­ren­zen dre­hen sich meis­tens um die Aus­nah­me, das Be­son­dere, Neue, Ak­tu­el­le. Die KI aber ver­mei­det Zu­spit­zung. Sie scheut Wi­der­spruch, sie kennt kei­ne Ver­ant­wor­tung. Das Er­geb­nis ist Spra­che oh­ne Ge­wicht. In ei­ner Kon­fe­renz, in der Ent­schei­dun­gen vor­be­rei­tet oder le­gi­ti­miert wer­den sol­len, ist das nicht harm­los, son­dern kann ri­skant wer­den. Die Wort­wahl der KI folgt der Wahr­schein­lich­keit, dem ma­the­ma­tischen Durch­schnitt. Als Bei­spiel dür­fen Sie an Ma­ler­fahr­un­gen aus der Kind­heit den­ken: Al­le Far­ben zu­sam­men­ge­mischt er­ge­ben grau.

2. Ma­schi­nen ken­nen Wör­ter, kei­ne Ab­sich­ten
Die KI über­setzt, was ge­sagt wird, nicht das, was ge­meint ist. Iro­nie wird zu Ernst, Vor­sicht wird zu Be­lie­big­keit, Kri­tik klin­gt plötz­lich wie ei­ne sach­liche Rand­be­mer­kung. Für das Pu­bli­kum ent­steht ein völ­lig an­deres Bild, nicht of­fensichtlich falsch, aber ver­zerrt. Ge­nau dar­in liegt die Ge­fahr: Nie­mand springt auf, nie­mand wi­der­spricht oder hin­ter­fragt die State­ments. Trotz­dem hat sich die Be­deu­tung ver­än­dert.

3. Ma­schi­nen ig­no­rie­ren Macht­ver­hält­nisse

Bei Kon­fe­ren­zen spre­chen nicht al­le auf Au­gen­höhe. Das ist kein Ge­heim­nis, son­dern All­tag. Er­fah­rene Dol­met­scher:in­nen hö­ren, wer ab­si­chert, wer pro­vo­ziert und wer de­es­ka­li­eren will. Sie er­ken­nen, wann ein Satz for­mal höf­lich ist, aber in­halt­lich Druck aus­übt. KI er­kennt Satz­struk­turen, aber sie er­kennt nicht, wer ge­rade wem et­was sagt.

4. Ma­schi­nen schei­tern an Fach­lo­gik
Fach­be­griffe sind sel­ten das ei­gent­liche Pro­blem, Fach­lo­gik schon. Die KI kann Ter­mi­no­lo­gie re­pro­du­zie­ren und da­mit Kom­mu­ni­ka­tion si­mu­lie­ren, sie kann aber nicht be­ur­tei­len, ob Be­griffe zu­ein­an­der pas­sen, ob sie im ge­ge­be­nen Kon­text Sinn er­ge­ben oder ob je­mand sie ge­rade stra­te­gisch falsch ver­wen­det. Wir Men­schen kor­ri­gie­ren lei­se, die KI re­pro­du­ziert kon­se­quent, auch dann, wenn der Feh­ler of­fen­bar ist. Sie stellt kei­ne Fra­gen, ist auch hier aal­glatt, be­quem im Um­gang und lie­fert da­mit un­zu­ver­läs­sigen Out­put.

5. Ma­schi­nen ma­chen Feh­ler, Men­schen auch
Kon­fa­bu­la­tionen oder vor­schnel­le In­ter­pre­ta­tionen der KI ha­ben in­zwi­schen wohl al­le schon mal ge­lesen. Die KI kann sich nicht selbst aus­brem­sen und ist nicht selbst­kri­tisch. Wenn am En­de 20 Pro­zent des Aus­wurfs 'un­scharf' ist, er­fun­den oder ver­pei­lt, warnt die Ma­schi­ne ei­nen nicht. Was soll das Pu­bli­kum am En­de glau­ben? Und wenn Men­schen Feh­ler ma­chen, und Men­schen ma­chen Feh­ler, er­kennt die KI das nicht, warnt nicht vor Miss­ver­ständ­nissen, über­trägt 1:1. Grund­sätz­lich gilt: Die KI kennt kei­ne Feh­ler.

Bei Kun­den führ­te das zu viel Auf­ruhr, weil ei­ne Text­über­tra­gungs-KI das Ge­gen­teil von dem pro­du­ziert hat, was ge­meint war: klick. Das war 2021. Auch heu­te fin­den sich im­mer wie­der gro­be Feh­ler in Tex­ten.

Die „KI“ ar­bei­tet zu­dem nicht al­lein:
Oh­ne mas­sen­haf­te Aus­beu­tung in ar­men Län­dern ist sie nicht mög­lich

Ré­su­mé: Was Auf­trag­geber re­gel­mäßig falsch ver­ste­hen 
Vie­le Auf­trag­geber ge­hen da­von aus, dass es beim Dol­met­schen vor al­lem dar­um geht, dass „es ir­gend­wie an­kommt“. Das reicht aber nicht: Ge­rade bei Ver­hand­lun­gen, po­li­tischen Ge­sprä­chen oder fach­lich sen­sib­len The­men ent­schei­det der Ton über die Wir­kung. Wir al­le ken­nen die Aus­sa­gen, dass die Kör­per­spra­che ei­nen we­sent­lichen An­teil an der Kom­mu­nika­tion hat, wenn nicht gar den größ­ten.

Ei­ne KI hat kei­nen Kör­per, kei­nen Auf­tritt, wenn es um Vor-Ort-Ver­hand­lun­gen im Klei­nen oder um die gro­ße Büh­ne geht. Ei­ne KI fragt nicht vor dem Ein­satz die si­tu­a­ti­ons­typi­schen Be­griffs­ver­wen­dun­gen ab. Ei­ne KI über­schrei­tet un­sicht­bar die Schwel­le ih­rer ei­genen In­kom­pe­tenz. Wir Men­schen ha­ben die Grö­ße, Lü­cken ein­zu­ge­stehen, wir Men­schen fra­gen nach oder über­le­gen ge­mein­sam mit den Kun­den, um gu­te Mus­ter­über­set­zun­gen zu fin­den, soll­te ter­mi­no­lo­gi­sches Glat­teis dro­hen, al­so „Bei­n­bruch­gefahr“ be­ste­hen. Die KI hat kein Bein, er­kennt al­so auch sol­che Ge­fah­ren nicht.

We­sent­lich: Ei­ne mi­ni­ma­le Ver­schie­bung kann Be­zie­hun­gen be­schä­di­gen, Miss­ver­ständ­nisse er­zeu­gen oder Ver­trau­en un­ter­gra­ben. Die KI be­merkt das nicht, weil sie nicht weiß, was Ver­trau­en ist. Men­schen schon. Und sie ge­ben In­hal­te, an­ders als vie­le KI-Sys­teme, nicht stan­dard­mäßig an Tech-Kon­zer­ne wei­ter.

Warum KI trotz­dem gern ein­gesetzt wird

Nicht, weil sie bes­ser wäre, son­dern weil sie bil­lig er­scheint, so­fort ver­füg­bar ist und Ver­ant­wor­tung ver­schiebt. Das ist be­quem, aber kein pro­fes­sio­neller Um­gang mit Kom­mu­ni­ka­tion. Wenn et­was schief­geht, war es die Tech­nik und kein per­sön­liches Ver­sagen, kein Feh­ler im Sys­tem. Mög­licher­weise wur­de aber aus „bil­lig“ plötz­lich rich­tig teu­er.

Kon­fe­renz­dol­met­schen ist kein tech­ni­sches Fea­ture, son­dern mensch­liche Kom­pe­tenz. Da­her sind wir zwei­bei­nigen Kon­fe­renz­dol­met­scher:in­nen un­er­setz­lich, und das gilt auch für je­ne von uns, die viel­leicht im Rol­li sit­zen oder mit Krü­cken an­kom­men.

Bis zum nächs­ten KI-Mitt­woch!

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Foto:
C.E. / Wikicommons (mechanical Turc)

Dienstag, 16. Dezember 2025

Museum der Wörter (46)

Will­kom­men bei mei­nem Blog aus der Ar­beits­welt der Spra­chen. Wie Dol­met­scher und Über­set­zer ar­beiten, ist oft nicht so ge­nau be­kannt. Zum Be­ruf gehört auch, dass wir uns stän­dig Ge­dan­ken über die Ar­beits­mit­tel machen, über Tech­nik, na­tür­lich, aber auch über die Spra­chen.

              
             
Der Ball liegt im La­ger des Geg­ners
 
Die­sen Be­griff gab es auf Deutsch noch nicht, als ich Kind war. Im Eng­lischen exis­tiert das Idiom the ball is in some­one’s court, im Fran­zö­sischen la bal­le est dans le camp de l'au­tre. Im Deut­schen wurde die wört­liche Über­tra­gung erst spä­ter geläufig, be­för­dert durch Glo­ba­li­sie­rung, Medi­en und Ver­hand­lungs­jargon. 

Völkerball
Meine Assoziation zum Begriff
Es gibt kei­nen klaren Nach­weis, dass der Ju­go­slaw­ien­krieg die­se Re­de­wen­dung in Deutsch­land erst brei­ten Krei­sen be­kannt mach­te, was meine stil­le Vermutung ist; es war al­so eher ein schlei­chen­der sprach­licher Trans­fer.

Zum Bild: „Völ­ker­ball“ hieß üb­ri­gens in dem Teil Deutsch­lands, in dem der „Füh­rer­schein“ eine „Fah­rer­laub­nis“ ge­nannt wurde, auch „Zwei­fel­der­ball“. Auf Fran­zö­sisch ist es la balle aux pri­son­niers, was mei­nen Ge­dan­ken wei­ter­treibt: „Ge­fan­ge­nen­ball“ in der wört­li­chen Über­set­zung, ein Feld­teil wird dann prompt auch la pri­son ge­nannt, das Ge­fäng­nis. Auf Eng­lisch ist es dodge­ball, dabei be­deu­tet the dodge Trick, Täu­schung oder Win­kel­zug.

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Il­lus­tra­tion: Schul­buch ca. 1911

Montag, 15. Dezember 2025

Montagsschreibtisch (120)

Herz­lich will­kom­men auf den Sei­ten ei­ner Dol­met­sche­rin, auf de­nen ich über Spra­che und Wör­ter schrei­be und über das, was zwi­schen den Zei­len liegt. Die meis­te Ar­beit, die wir Dol­met­sche­rin­nen leis­ten, bleibt un­sicht­bar: Vor­be­rei­tung und Nach­be­rei­tung, Vo­ka­bel­er­kennt­nis­se si­chern, Fach­ar­ti­kel oder Bü­cher stu­die­ren, täg­li­ches Be­a­ckern der Wort­fel­der und Zei­tungs­lek­tü­re. Die­ser Blog ist ein Ort für No­ti­zen vom Rand des Ge­sche­hens. Heu­te: Mon­tags­schreib­tisch! 

Frau mit kurzem Rock zwischen Nebel und Frost an einem Tisch
Die KI weiß nicht, was frie­ren be­deu­tet
Ges­tern wa­ren wir nur kurz im Re­gie­rungs­vier­tel, an et­li­chen Stel­len war al­les dicht. Dort herrscht heu­te Si­cher­heits­stu­fe Rot. Ich hal­te die Dau­men für ein Ge­lin­gen und für mög­lichst we­nig wei­te­re Kol­la­te­ral­schä­den für die Uk­ra­i­ne. Ich darf heu­te im Bü­ro zu­brin­gen.

Auf dem Schreib­tisch lie­gen:
Ab­la­gen
Bü­ro auf­räu­men
Vo­ka­bel­lis­ten durch­se­hen
Vor­la­gen durch­ge­hen, viel schred­dern, man­che Re­de­wen­dung vor­her ex­zer­pie­ren 
Jahr 2026 wei­ter­pla­nen

Ge­ra­de tre­ten wir in die­se Zwi­schen­zeit ein, in der sich Din­ge ord­nen las­sen, oh­ne dass gleich der nächs­te Ter­min an­steht. 

Ich mag das. Der Kopf wird frei, wäh­rend die Hän­de ar­bei­ten.

Die Näch­te dau­ern mir ge­ra­de wie­der zu lang, aber sol­che Be­schwer­den sind Bin­sen: Das än­dert sich von al­lein. Zu­gleich bin ich er­schüt­tert.

Die Men­schen fei­ern zur Win­ter­son­nen­wen­de ih­re Lich­ter­fes­te. Die See­le trau­ert, ras­sis­ti­sche Ta­ten nun auch in Aus­tra­li­en. Da­bei be­deu­tet das jü­di­sche Fest, dass das Licht die Dun­kel­heit be­siegt. Ge­nau die­se Leich­tig­keit ha­ben die At­ten­tä­ter be­wusst zer­stört wol­len. Mei­ne Trau­er, mein Bei­leid und mei­ne Ge­ne­sungs­wün­sche gel­ten den Op­fern und ih­ren An­ge­hö­ri­gen.

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Foto:
pixlr.com (Zu­falls­fund)

Samstag, 13. Dezember 2025

Überwachungssoftware

Bon­jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen der Wo­che mit­le­sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Heu­te: Link der Wo­che.

Un­be­strit­ten gibt es seit Jah­ren häufiger At­ten­ta­te, Amok­läu­fe, Kri­sen­alarm, in­ter­na­tion­al­en Ter­ror­is­mus, re­li­giö­se Fun­da­men­ta­lis­ten und ir­re Men­schen­fein­de. Die Re­gie­rung ist auf­ge­for­dert, sich Maß­nah­men zu über­le­gen, wie sich das ein­he­gen lässt. Zugleich gibt es in Deutsch­land einen brei­ten Kon­sens: Die DDR war ein Über­wa­chungs­staat, und flä­chen­dec­ken­de, au­to­ma­ti­sier­te Ein­mi­schung von oben wi­der­spricht den Rech­ten der Men­schen, zum Beispiel auf Un­ver­letz­lich­keit der Woh­nung oder des Brief­ver­kehrs. Para­dox: In Deutsch­land soll bald, Jahr­zehn­te nach dem En­de der DDR, flä­chen­de­ckend eine Soft­ware ge­nutzt wer­den, die der feuchte Traum je­des Stasi-Offi­ziers ge­we­sen wäre. Schlim­mer noch: Sie ist in Hän­den von fa­schis­toi­den, ex­tre­mis­ti­schen Über­rei­chen auf ei­nem an­de­ren Kon­ti­nent.

... und für Deutsch­land?
Schwei­zer Ab­leh­nung
Es geht um die um­strit­te­ne Pa­lan­tir-Soft­ware. Die Schwei­zer Be­hör­den haben sie gerade nach gründ­li­cher Ri­si­ko­prü­fung ab­ge­lehnt. Ein in­ter­ner Be­richt der dor­ti­gen Ar­mee stell­te klar: Die Soft­ware birgt er­heb­li­che Ge­fah­ren für Da­ten­ho­heit, na­tio­na­le Sou­ve­rä­ni­tät und Pri­vat­sphä­re. 

Ein Da­ten­ab­fluss aus den Sys­te­men kann tech­nisch nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, die Ab­hän­gig­keit von hoch­qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal des US-Kon­zerns ist ge­ge­ben, und die Kos­ten sind schwer kal­ku­lier­bar.

Undemokratische Ziele
Ab­ge­zielt wird auf „Ver­bre­chens­vor­her­sage“, auf Englisch Pre­dic­tive Po­li­cing. Da­mit sind wir nicht weit ent­fernt von Me­tho­den, die in der Ver­gan­gen­heit zu „Schutz­haft“ oder „Sip­pen­haft“ führ­ten, die Be­grif­fe stam­men aus der Na­zi­zeit. Datentausch per Echt­zeit­kom­mu­ni­ka­ti­on (En­de-zu-En­de-Ver­schlüs­se­lung) schwächt die in­ne­re Si­cher­heit des Landes mas­siv. Der Staat ver­liert da­durch einen nicht geringen Teil an Sou­ve­rä­ni­tät. Netzpolitik.org hat darüber berichtet.

Ge­fah­ren für Bür­ger­rech­te
Be­son­ders kri­tisch: Die Soft­ware sam­melt und ver­knüpft rie­si­ge Da­ten­men­gen, wodurch Men­schen an­hand sta­tis­ti­scher Mus­ter ins Vi­sier ge­ra­ten kön­nen, oh­ne Ver­dacht, nur durch al­go­rith­mi­sche Ver­knüp­fung. Dis­kri­mi­nie­rungs­po­ten­zial und Grund­rechts­ein­grif­fe sind Teil der Analyse.

Deut­sche Igno­ranz
Wäh­rend die Eid­ge­nos­sen ab­lehn­ten, set­zen vier deut­sche Lan­des­po­li­zei­en (NRW, Hes­sen, Bay­ern, Ba­den-Würt­tem­berg) Pa­lan­tir be­reits ein. In­nen­mi­nis­ter Do­brindt plant zu­sätz­lich, die Soft­ware bun­des­weit zu nut­zen, ob­wohl die Ri­si­ken be­kannt sind. Fra­gen der di­gi­ta­len Sou­ve­rä­ni­tät, Da­ten­ho­heit und Grund­rech­te wer­den da­bei an­sichts der of­fen­sicht­li­chen War­nun­gen igno­riert.

Glaub­wür­dig­keit
Soft­ware und Al­go­rith­men, ganz be­son­ders die KI, küm­mern sich nicht um die Wahr­heit. Sie in­ter­es­sie­ren sich ge­nau­so we­nig für Ge­nau­ig­keit wie manche Po­li­ti­ker:innen of­fen­bar für die ei­ge­ne Glaub­wür­dig­keit. Sie wol­len plau­si­bel ge­nug klin­gen, damit das Publikum zu­stim­mt. Rea­lis­tisch be­trach­tet kön­nen Amts­trä­ger:innen die Auf­ga­be der Sou­ve­rä­ni­tät über sen­si­ble Da­ten nicht mit ihrem Amt­seid ver­ein­ba­ren.

Fa­zit
Was in der Schweiz als zu ris­kant gilt, soll in Deutsch­land Rea­li­tät wer­den. Mil­lio­nen un­ver­däch­ti­ger Bür­ge­rin­nen und Bür­ger könn­ten der Soft­ware und de­ren Ei­gen­tü­mern in einem prä-faschistischen Staat aus­ge­setzt sein. Die Dis­kre­panz zwi­schen Ri­si­ko­ein­schät­zung und po­li­ti­scher Um­set­zung wirft viele Fra­gen auf, vor al­lem zur Ver­ant­wor­tung der Po­li­tik im Um­gang mit sen­si­blen Da­ten.

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Bild: Netz­fund

Freitag, 12. Dezember 2025

Gute Zukunft (1)

Herz­lich will­kom­men, lie­be Le­se­rin, lie­ber Le­ser! Hier bloggt ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch und Haupt­ar­beits­spra­che Fran­zö­sisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Wie le­ben und ar­bei­ten wir Dol­met­sche­r und Dol­met­sche­rin­nen, Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, und was fällt uns am We­ges­rand auf? Heute der 1. Teil einer neuen Reihe.

Es gibt Ta­ge, an de­nen ha­be ich zehn Ge­schäfts­ide­en, aber eben kei­ne zehn Le­ben, um ei­nen Bruch­teil da­von um­zu­set­zen. Neh­men wir die Kin­der­ge­burt­sta­ge. Ich ha­be da ei­nen neu­lich am Ran­de er­lebt. Dort wur­den die Stan­dards in den letz­ten Jahr­zehn­ten krass er­höht: Man­che ge­hen mit den Kids zum Boul­dern, frü­her „Klet­tern“, oder in ei­ne Hal­le, in der sich die klei­nen Mensch­lein ge­gen­sei­tig mit Far­ben be­schie­ßen kön­nen. Die mil­de Va­ri­an­te für die gu­te Jah­res­zeit sind die Schnit­zel­jagd oder das Pick­nick im Zoo. 

Mäd­chen kön­nen MINT ler­nen (*)

Den Ge­burts­tags­fei­ern ge­mein ist das Mit­ge­be­beu­tel­chen, in dem Sa­chen mit viel Zu­cker sind, mit noch mehr Zu­cker und Plas­tik­spiel­zeugs in Mi­ni­atur aus Chi­na, das nach giftigen Plastikzusätzen riecht und von mi­ni­ma­lem Spiel­wert ist. Sol­che „Mit­ge­bsel“, ein Ne­o­lo­gis­mus, der sich vom Wort „Mit­brings­el“ ab­lei­tet, lau­fen in vie­len Fa­mi­li­en un­ter „Son­der­müll“. Zu­recht.

Ich ken­ne El­tern, die sich be­wusst dem so­zia­len Druck ent­zo­gen ha­ben, sol­che Gi­ve­-away-Beu­tel zu be­sor­gen. 

Aber die­ser Druck ist hoch, und nie­mand wünscht, dass der ei­ge­ne Nach­wuchs Kom­men­ta­ren oder Hä­nse­lei­en aus­ge­setzt ist. Hier setzt mei­ne Ide­e an: Ei­ne Fir­ma kön­nte aus schö­nem Pa­pier Über­ra­schungs­tü­ten an­bie­ten, die dann in Spiel­wa­ren­lä­den, aber auch im Buch­han­del, ver­kauft wer­den kön­nen. Der In­halt: nach­hal­tig. Die Aus­wahl ist groß. Klei­ne Büch­lein pas­sen da zum Bei­spiel gut hin­ein.

Ich den­ke gleich an ein Daum­en­ki­no. Aber auch Bunt­stif­te mit Saat­gut drin sind toll. Die gibt es längst: Der An­spitz­ab­fall lan­det im Blu­men­topf, nach dem Kei­men und Wach­sen wird es span­nend! Aber ich kann mir auch die Groß­el­tern­klas­si­ker gut vor­stel­len: Krei­sel und Jo­jos, an de­nen sich bei Ro­ta­ti­on die Ver­mi­schung der Far­ben be­ob­ach­ten lässt, oder Strick­lie­seln, dann die klas­si­schen Glas­mur­meln oder bun­te Blu­men­mur­meln, auch hier mit Saat­gut­kern (für je­ne, die kei­nen Saat­gut­bunt­stift drin hat­ten). 

Globus und Pfeile, die im Kreis laufen: Kreislaufwirtschaft!
Wir brau­chen ein Sym­bol 
für Kreis­lauf­wirt­schaft!

Hübsch und be­währt sind klei­ne Denk- und Kno­bel­spie­le aus Holz, Stra­ßen­mal­krei­de, Buch­sta­ben­wür­fel oder Holz­per­len. Bei uns ste­hen die wie Aqua­rell­far­be ver­mal­ba­ren Bunt­stif­te hoch im Kurs, für den Beu­tel würde je ei­ne Far­be und ein Pin­sel plus Er­klär­zet­tel pas­sen. Das kann spä­ter noch An­ge­hö­ri­ge auf Ge­schenk­ide­en brin­gen.

Und bit­te kei­ne ge­gen­der­ten Tüt­chen! In denen be­kom­men Mäd­chen kit­schi­ge Kat­zen und -Ein­hör­ner be­kom­men und Jungs Di­nos und Rit­ter.

Das Ganze na­tür­lich als Kunst­stoff­mi­ni­a­tu­ren, die schlimms­ten­falls nach in Eu­ro­pa längst ver­bo­te­nen Lö­sungs­mit­teln stin­ken, grrrr! Die­se un­ter­schie­d­li­chen Spiel­- und An­zieh­sa­chen, aber auch die Schul­aus­stat­tung, ka­­men mas­siv erst in den Null­er Jah­ren auf. Es tut den Kin­dern nicht gut, engt ih­re Fan­ta­sie eben­so ein wie den Mut, ei­ge­ne Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten zu ent­de­cken.

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Fo­tos: pixlr.com (Zu­falls­fund) und C.E.
(*) MINT: Ma­the, In­for­ma­tik, Na­tur­wis­-
sen­schaf­ten, Tech­nik

Donnerstag, 11. Dezember 2025

Ausgerechnet Bananen!

In den All­tag von Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher er­hal­ten Sie hier un­ter der Woche ver­schie­dent­lich Ein­blick. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Die Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet nur als Über­set­ze­rin (= schrift­lich) und mit Ziel­spra­che Eng­lisch. Un­ser­ei­nem fal­len man­che Din­ge be­son­ders auf.

Die Be­mer­kung ist ty­pisch für Lin­gu­ist:in­nen: mehr Kontext! Wir le­ben eben nun mal in der Spra­che und wis­sen, wo die Fal­len lie­gen. 

England: Bananen am Strand angespült An Stränden im Süden von England sind Bananen angeschwemmt worden. Sie waren in Containern, die ein Schiff verloren hatte. Freiwillige reinigen die Strände. Die Behörden warnen davor, die Bananen nicht zu essen.
Kon­sum­emp­feh­lung oder -warn­ung?

Zu­sam­men­hän­ge sind wich­tig, Ne­ga­tionen kön­nen tri­cky sein!

Das Bild links stammt von der Ta­ges­schau­web­seite, dort stand es ges­tern Abend. Zu se­hen war ein Vi­deo zum The­ma: ­
„Eng­land: Ba­na­nen am Strand an­ge­spült“.

Nun, das Tex­ten für die The­men­über­sicht ging wohl ein My zu schnell.

Ne­ga­tionen ber­gen man­che Fall­stri­cke. Der Kon­text hilft, schnell zu über­blic­ken, wie der Feh­ler ent­stan­den ist. Da­bei hilft die Ma­the­ma­tik: mi­nus mal mi­nus gibt plus.

Und als mu­si­ka­li­sches Ad­vends­ka­len­der­tür­chen noch ein Schman­kerl, wie das da­mals ge­hei­ßen hat, ich ha­be den Ti­tel für die­sen Blog­post ent­lehnt:



Aus­ge­rech­net Ba­na­nen! (Wil­li Ro­se, 1923)

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Fo­tos:
ARD / Ton: Mu­sik­er­be

Mittwoch, 10. Dezember 2025

Konserven: nein!

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­sch­er le­ben und ar­bei­ten, kön­nen Sie, lie­be Le­se­rin, lie­ber Le­ser, beim ers­ten deut­schen Dol­met­sch­web­log aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bi­ne seit 2007 mit­le­sen. Als Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che über­set­ze ich auch, letz­tens aus dem Eng­li­schen ins Deut­sche. Da­bei er­schwert uns nicht die KI der­zeit die Ar­beit, son­dern die un­fass­ba­re Nai­vi­tät Ih­rer Nutze­r:in­nen so­wie die Geld­geil­heit man­cher Fir­men.

Die­ses Jahr ha­be ich über 30.000 Buch­sei­ten ge­hört. Ja, ge­hört, und da­zu noch tau­sen­de von Sei­ten ge­le­sen. Ich mag Hör­bü­cher. Es gibt Pha­sen, in de­nen ich er­schöpft bin, nach sehr an­stren­gen­den Ein­sät­zen zum Bei­spiel. Oder ich bin im War­te­mo­dus an der Sei­te ei­ner be­­tag­­ten ver­wand­ten Per­son. Drit­tes Mo­ment: der Haus­putz. Und schließ­lich die Näch­te, in de­nen mich Hit­ze­wal­lun­gen wach­hal­ten. Seit zwei Jah­ren er­le­be ich das, was vie­le Frau­en er­le­ben. (Es ist, wie fast al­les, was mit Frau­en zu tun hat, in Deutsch­land fast ein Ta­bu.)

Hör­bü­cher be­glei­ten mich in sehr kör­per­li­chen, sehr vul­ne­ra­blen Si­tua­tio­nen. Sie sind nah. In­tim. Ich lässe ei­ne Stim­me an mich her­an, oft über Stun­den.

Ich lie­be gu­te Stim­men.

Wie­der­holt ha­be ich Bü­cher ab­ge­bro­chen oder, so­fern ge­kauft, zu­rück­ge­ge­ben, weil sie schlecht ge­spro­chen klan­gen: leb­los, span­nungs­los, in­halt­lich flach, auch bei an­spruchs­vol­len Tex­ten. Ir­gend­wann wur­de mein Ver­dacht zur Ge­wiss­heit: Hier ist KI am Werk. Und zwar schlech­te.

Ei­ne mei­ner Freun­din­nen ar­bei­tet haupt­be­ruf­lich als Spre­che­rin. Ich selbst spre­che als Dol­met­sche­rin be­ruf­lich ja auch und be­kom­me oft ent­spre­chen­de Rück­mel­dun­gen, die mich er­mu­ti­gen sol­len, den Weg Rich­tung Hör­bü­cher wei­ter­zu­ge­hen. Doch hier holt uns die Tech­nik ein. Der Freun­din droht der Ver­lust der Le­bens­grund­la­ge. Mir wür­de Plan C ver­baut. Und wie­der dro­hen die nächs­ten Nerds, durch die Ver­nich­tung kul­tu­rel­ler Leis­tun­gen ih­re Ge­win­ne auf Kos­ten von Men­schen zu ver­viel­fa­chen.

Die Ent­wick­lung geht der­zeit ra­send schnell. Be­glei­tet von neu­en tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten lässt sich ei­ne er­schwe­ren­de Ten­denz be­ob­ach­ten: Das brei­te Pu­bli­kum wird zu­neh­mend an­spruchs­lo­ser. In der U-Bahn wird im­mer schlech­te­res Deutsch ge­spro­chen, auch die Kom­men­tar­spal­ten der Zei­tun­gen (on­li­ne) strot­zen vor Stol­per­stel­len: Denk- und Schreib­feh­ler, un­lo­gi­sche Schluss­fol­ge­run­gen, ideo­lo­gi­sche Ver­dre­hun­gen.

Der Au­dio­markt ver­än­dert sich mas­siv. Do­ku­men­tar­film­pro­duk­tio­nen nut­zen ver­mehrt KI-Stim­men, um ih­re Erst­fas­sun­gen Re­dak­tio­nen und Ko­pro­duk­tions­fir­men zu prä­sen­tie­ren. Das nor­ma­li­siert den KI-Ge­brauch, das nimmt An­fän­gern die Ein­stiegs­chan­cen. Bei You­Tube, im oh­ne­hin kaum be­zahl­ten Feld, hau­en grau­en­haft mo­no­to­ne KI-Stim­men und Übel­set­zun­gen im Voice-o­ver Sa­chen raus wie „75 Qua­drat­me­ter“ statt 75 Fuß. Te­le­fon­an­sa­gen oder die be­rühm­ten Stim­men im öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr kom­men längst vom Band, fal­sche Be­to­nun­gen in­klu­si­ve, was nicht nur Ur­ber­li­ner:in­nen stört. Es droht die Spra­che zu ver­än­dern. In Ber­lin ist ei­ne für Au­ßen­ste­hen­de „fal­sche“ Be­to­nung rich­tig: Es heißt Fál­ken­see und nicht Fal­ken­sée.

KI-Pro­jek­te gel­ten als bil­lig. Sie be­die­nen sich ge­klau­ter Stim­men. Wir ha­ben ein mas­si­ves Ur­he­ber­rechts­pro­blem. Denn Tan­tie­men be­kommt der­zeit nie­mand für die ei­ge­ne Stim­me.

Mikrofone, Mischpult
Auch das hier zeigt ech­te Be­ru­fe
Da­bei kön­nen wir Men­schen hö­ren, ob et­was stimmt, ob je­mand lügt, ob je­mand ei­ne Ma­schi­ne ist oder nicht. Das ge­schieht oft auf Ebe­nen, die wir nicht be­wusst wahr­neh­men: sub­li­mi­nal. Hör­bü­cher, bei de­nen ich das mer­ke, ge­hen so­fort zu­rück. So et­was lang­weilt mich. Ich kom­me nicht rein in die Er­zäh­lung.
Au­ßer­dem bin ich fal­schen Be­to­nun­gen ge­gen­über in­to­le­rant.

Und das be­trifft vie­les, was täg­lich in den Me­di­en zu hö­ren ist, denn auch hier sin­ken die Stan­dards. Leip-zick, Ho-nick, wich-tick, Kö-nick: die­se fal­sche Aus­lau­tung ist nur ein klei­nes Bei­spiel.

Es gibt in den Kon­ser­ven so vie­le Feh­ler, die kein Mensch hät­te ma­chen kön­nen: ent­stel­len­de Fehl­be­to­nun­gen zu­sam­men­ge­setz­ter Wör­ter et­wa. Mensch­li­che Stim­men ha­ben manch­mal hier ein Zö­gern, da ein Gluck­sen, ganz grund­sätz­lich ein Je-ne-sai-quoi, das sie un­ver­gleich­lich schön macht.

Ich hof­fe, dass mehr Men­schen die­se Sen­si­bi­li­tät mit­brin­gen und dann ein­fach so re­a­gie­ren, wie es sich ge­hört: Kon­ser­ve, nein, zu­rück­ge­ben, be­stimm­te Ver­la­ge mei­den.

In Dä­ne­mark wird der­zeit ein Ge­setz vor­be­rei­tet, das die Nut­zung von Stim­men und Fo­tos an­de­rer Men­schen ver­bie­ten soll, ein Co­py­right auf die­se bio­me­tri­schen Merk­ma­le, vor al­lem um Deep­fakes ein­zu­he­gen. Ge­schich­ten dar­über, wie di­gi­ta­le Fäl­schun­gen Ein­zel­ner An­ge­hö­ri­ge um mehr als nur den Spar­strumpf er­leich­tert ha­ben, er­zie­len ho­he Ein­schalt­quo­ten. Das dä­ni­sche Mo­dell klingt gut: Der „di­gi­ta­len Ko­pier­ma­schi­ne“ wür­de ein Rie­gel vor­ge­scho­ben, ei­ne kla­re Grund­la­ge für Kla­gen ge­schaf­fen, so der dä­ni­sche Kul­tur­mi­nis­ter ge­gen­über dem Guar­di­an. Ei­ne schon et­was äl­te­re Mel­dung da­zu gibt es beim Deutsch­land­funk Kul­tur. Glück­li­cher­wei­se gibt es ei­ne Aus­nah­me: Pa­ro­die und Sa­ti­re blei­ben er­laubt.

Der KI-Müll ver­stopft zu­neh­mend die Ka­nä­le, das ist von den Tech-Bros so be­ab­sich­tigt: flood the zo­ne with sh*t. Am En­de ist nichts mehr wahr, nichts mehr wich­tig. Die KI nimmt Pro­fis den Le­bens­un­ter­halt, den an­de­ren die Hob­bies: Ma­len, Zeich­nen, Schrei­ben, Mu­si­zie­ren. An­statt das zu tun, wo­für wir Ro­bo­ter lie­bend gern nut­zen wür­den: Haus­putz, Wä­sche, Din­ge re­pa­rie­ren.

Stim­men sind kei­ne Wa­re, sie sind Aus­druck von Kör­per, Bio­gra­fie, Er­fah­rung. Wer das nicht hört, hört viel­leicht bald gar nichts mehr.

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Il­lus­tra­tion:
pixlr.com (Zufallsfund)


Montag, 8. Dezember 2025

Montagsschreibtisch (119)

Herz­lich will­kom­men, lie­be Le­se­rin, lie­ber Le­ser, beim ers­ten deut­schen Dol­met­sch­web­log aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bi­ne. Als Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che über­set­ze ich auch, letzt­ens aus dem Eng­lisch­en ins Deut­sche. Dem Jahr geht bald die Pus­te aus.

Schreibtischmoment mit Miniatureiffelturm
Noch geht's hier ohne Kunst­licht
Der frü­he Son­nen­un­ter­gang im Win­ter schlägt mir im­mer ins Kon­tor (aufs Sys­tem, aufs Ge­müt), wes­halb ich Ta­ges­licht­lam­pen lo­be, vor al­lem an ver­reg­ne­ten Wo­chen­en­den. So, End­spurt!

Auf dem Schreib­tisch
⊗ Bü­cher sor­tie­ren
⊗ Mö­bel re­pa­rie­ren
⊗ Nach­be­rei­tung Af­ri­ka
⊗ Text­ar­beit: Plas­tik

Auch das Plas­tik­prob­lem ist ernst und, ne­ben der Dum­mheit, ein wei­te­rer kaum be­ach­te­ter Kipp­punkt der Ka­tas­tro­phe mit dem Na­men Homo sapiens auf sei­nem Hei­mat­pla­ne­ten. Ich hof­fe, wir als Spe­zi­es ma­chen bald un­se­rem Na­mens­zu­satz al­le Eh­re, der Ver­nunft­be­gab­te, und ent­wick­eln uns viel­leicht doch noch zum Homo agens responsus, dem ver­ant­wor­tungs­voll han­deln­den Men­schen.

Vor fünf Jah­ren, al­so 2020, wur­den 435 Mil­lio­nen Ton­nen Plas­tik her­ge­stellt. Die In­dus­trie rech­net, soll­ten kei­ne po­li­ti­schen Maß­nah­men ge­trof­fen wer­den, mit ei­nem An­stieg um 70 % bis ins Jahr 2040. Dass das ein Irr­weg ist, wur­de mir schon beim ers­ten Kon­gress über Plas­tik­ver­schmut­zun­gen und Mi­kro­plas­tik im Jahr 2008 be­wusst. Da­mals ha­be ich für mich die Kon­se­quenz ge­zo­gen: Plas­tik ist das As­best des 21. Jahr­hun­derts.

Jetzt zei­gen neue Forschungs­er­geb­nis­se aus Har­vard, dass Mi­kro­plas­tik längst in al­len wich­ti­gen Or­gan­sys­te­men der Men­schen an­ge­kom­men ist. Der An­stieg ist dra­ma­tisch: im Ge­hirn­ge­we­be stieg die Kon­zen­tra­ti­on in den Jah­ren zwi­schen 2016 und 2024 um die Hälf­te an. Plas­tik, das sich in ar­te­ri­el­len Pla­ques ein­la­gert, führt bei den be­treff­en­den Men­schen zu ei­nem 4,5-mal hö­he­ren Ri­si­ko für Herz­in­farkt, Schlag­an­fall oder Tod.

Mi­kro­plas­tik ist als Fremd­kör­per ein Pro­blem, aber auch, weil es ge­ra­de­zu ma­gne­tisch Gift­stof­fe wie Schwer­me­tall an­zieht. Für die Her­stel­lung wer­den oft Phtha­la­te ver­wen­det, die so­ge­nann­ten Weich­ma­cher.

Wir ent­kom­men ihm nicht, es ist im Trink­was­ser und in der Luft, in Le­bens­mit­tel­ver­pa­ckun­gen, die aufs Es­sen über­ge­hen, im Plas­tik­fit­zel vom Kü­chen­schnei­de­brett (nehmt Holz!), in syn­the­ti­scher Klei­dung oder dem win­zi­gen An­teil, der in­zwi­schen fast über­all vor­kommt, in Kos­me­ti­ka und Milch, ja so­gar in der Mut­ter­milch.

Ich trin­ke und ko­che zu­hau­se am Ufer nur (mit) Mi­ne­ral­was­ser we­gen (ver­bo­te­ner) Blei­lei­tun­gen (Miet­woh­nung). Das The­ma Was­ser­fil­ter steht ganz oben auf der Lis­te (für die an­de­re Woh­nung). Wir kau­fen un­ver­packt, ich nut­ze Glas und Edel­stahl als Ver­pa­ckun­gen, ver­wen­de nur gut aus­ge­such­te Kos­me­ti­ka, Ohr­putz­stäb­chen mit Papp­stie­len, Tee­beu­tel aus Stoff oder 100 Pro­zent Pa­pier, kei­ne Fer­tig­tee­beu­tel aus Plas­tik (kei­nen Tee im Spei­se­wa­gen der Bahn!), ver­mei­de Cof­fee to Go und den gan­zen Weg­werf­sch*iß! Ist der Blick erst­mal ge­schärft, fal­len un­fass­bar vie­le Be­rei­che auf, wo über­all un­nö­tig Plas­tik in den Kreis­lauf ein­ge­bracht wur­de.

Viel mehr lässt sich nicht ma­chen. Die Ver­hand­lun­gen zu ei­nem in­ter­na­tio­na­len Ab­kom­men, das die Plas­tik­flut ein­dämm­en soll, sind erst kürz­lich un­ter dem Ein­fluss der Fos­si­lis­ten ge­schei­tert.

Die Atem­schutz­mas­ken, die ich der­zeit auf den Bahn­rei­sen zur An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge tra­ge, weil im­mer wie­der enorm rück­sichts­vol­le Men­schen mit vol­lem Symp­tom­bild in Groß­raum­wa­gen rei­sen, Ach­tung, Iro­nie!, sind auch zum Teil aus Plas­tik, und ich muss hof­fen, dass sie so her­ge­stellt wur­den, dass kaum bis kei­ne Mi­kro­plas­tik­fa­sern di­rekt ab­ge­hen und dass die al­ten di­rekt in der Müll­ver­bren­nungs­an­la­ge lan­den.

Wei­te­re Quel­len:

Plastic pollution, Über­sicht aus Ir­land, dar­un­ter Quel­len und Ge­samt­schä­den (als Ein­füh­rung)
⊛ "Global Plastics Outlook" (OECD, 2022)
Downloadlink zum Plas­tics Tre­aty As­sist Tool­kit, bei dem die Ver­mei­dung von Plas­tik im Vor­der­grund steht, inklu­si­ve Was­te Flow Dia­gram (WFD), das 2020 von der Uni­ver­si­ty of Leeds, Eawag-Sandec, Was­te­a­wa­re und der deut­schen Ge­sell­schaft für In­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit (GIZ) ent­wi­ckelt wur­de; es dient als schnel­les, kost­en­güns­ti­ges Be­wer­tungs­in­stru­ment zur Ein­schät­zung, wie viel Plas­tik in die Um­welt frei­ge­setzt wur­de, mit Schwer­punkt auf Städ­te mit nied­ri­gem und mitt­le­rem Ein­kom­men.

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Fo­to: C.E. (Ar­chiv)

Donnerstag, 4. Dezember 2025

Nachhaltiges Jahresende

Seit fast zwei Jahr­zehn­ten bin ich als Dol­met­sche­rin Deutsch ↔ Fran­zö­sisch so­wie aus dem Eng­li­schen un­ter­wegs. Ganz gleich, ob auf Kon­fe­ren­zen, bei De­le­ga­tio­nen oder in Work­shops — ich sor­ge da­für, dass Wor­te an­kom­men. Hier den­ke ich über die Ja­hres­zeit nach.

Der­zeit geht viel mit W. los: Es­sen, Fei­er, Mu­sik, Märk­te. Mir ist das zu­viel der Hei­lig­keit. Das christ­li­che Fest, das an das hei­dnisch­e Lich­ter­fest zur Win­ter­son­nen­wen­de an­dockt, ist ge­müt­lich und schön, auch die Rau­näch­te: Fa­mi­lie und Freun­de tref­fen ein­an­der, tau­schen Ide­en und Bü­cher, le­sen, ko­chen und es­sen ge­mein­sam, hö­ren Mu­sik. Al­les schön, bis auf das Brim­bo­ri­um da­vor!

Mir ging die Vor­weih­nachts­freu­de per­dü, seit nor­mal wur­de, dass die ers­te Ar­ma­da an Scho­ko­ni­ko­läu­sen an den letz­ten Som­mer­ba­de­ta­gen in die Su­per­märk­te ein­mar­schiert. Me­ga­hit­ze weg, zack!, die Aus­la­gen vol­ler Nasch­kram fürs Jah­res­en­de. Das ers­te Weih­nachts­es­sen war die­ses Jahr am 19. 9. an­be­raumt, das ist ge­ra­de noch Spät­som­mer. Durch die Co­ro­na-Kri­se hät­ten vie­le Re­stau­rants für im­mer ge­schlos­sen, hieß es, es müs­se lang­fris­tig ge­plant und re­ser­viert wer­den. (Muss so­was dann „Weih­nachts­fei­er“ hei­ßen?)

Klar, den gan­zen Sums re­gelt der Markt, und der ist groß. Aber die Au­to­mo­bil­in­dus­trie (Ver­bren­ner!) und der Weih­nachts­markt (ech­ter Stroh­stern und mund­ge­bla­se­ne Ku­geln) sind doch nicht das Rück­grat der deut­schen Wirt­schaft! Au­ßer­dem ha­ben wir doch erst Ad­vent! Be­griff und Ge­dan­ke da­hin­ter schei­nen nur in -ka­len­der, -kranz oder -ge­steck für die Sonn­ta­ge vor Weih­nach­ten über­lebt zu ha­ben. Seit En­de Ok­to­ber über­all Weih­nachts­bäu­me in vol­lem Or­nat: Das war frü­her nicht so.

Mit den Jah­ren hat bei mir aber die Ge­las­sen­heit ge­won­nen, viel­leicht ei­ner der Vor­zü­ge des Alt­wer­dens: die iro­ni­sche Dis­tanz­ung. Als Lin­gu­is­tin ist mei­ne Freu­de über kind­li­che Wor­te wie „ein Be­griff mit drei Z“, der Az­venz­kranz, un­ver­än­dert frisch. Das ist kein be­lie­bi­ger Witz, son­dern selbst ge­hört von ei­nem der Brü­der.

Buy local
Gese­hen in Ber­lin, gilt über­all

Am Tag der Ta­ge hän­gen wir his­to­ri­schen Schmuck in die Zim­mer­pal­men, denn einst, im ge­lob­ten Land, gab es kei­ne Tan­nen. Die Pal­me ist al­so der Baum der Sai­son. Hin­zu kommt das, was zar­te Kin­der­hän­de fa­bri­zie­ren an den Stät­ten ih­rer Bil­dung. Nur die Fräu­leins be­kom­men, weil sie es wie al­le ha­ben dür­fen, ih­ren Baum.

Zum Fest der Fes­te tau­schen wir Bü­cher und Zeit. Gro­ße Wunsch­ge­schen­ke macht sich je­de(r) selbst.

Trau­rig, das? Nein. Es be­wahrt uns vor Fehl­käu­fen (und macht uns nur selbst ver­ant­wort­lich).

Ich schen­ke mir die­ses Jahr ei­nen lan­gen, war­men Man­tel (schon pas­siert, Lamm­fell, lang, in­nen lei­der Plas­tik­flausch, der Floh­markt­tausch ge­gen zwei al­te Fell­män­tel ging zu schnell), viel­leicht ei­nen al­ten, schma­len Kü­chen­schrank. Für den über­lan­gen Flur gibt's Un­ter­schrän­ke fürs Fa­mi­lien­ar­chiv und für Bett- und Tisch­wä­sche. Dann ei­ne Ver­eins­grün­dung, an der ich mit­wir­ke, und Stun­den für ei­nen an­de­ren Ver­ein, al­les gu­te In­hal­te, so­wie Glüh­wein­zeit und Keks­ba­cken mit Freun­din­nen, last but not least Kon­zer­t­be­su­che.

En fa­mi­lle be­deu­tet das Jah­res­en­de oh­ne Stress. Wir schenk­en auch al­te, ge­erb­te Sa­chen, viel­leicht bald zwei his­to­ri­sche Holz­schat­ul­len für die klei­nen Fräu­leins. Wir ha­ben in­ner­fa­mi­liär ne­ben den Buch­ga­ben zum Jah­res­en­de fast ei­nen klei­nen Wett­be­werb, was prak­tische Ga­ben an­geht. Die „Grü­ne Pal­me“ ging mal an form­schö­ne Luft­be­feuch­ter aus of­fen­po­ri­ger Ke­ra­mik. Nur kein Chi­chi!

Oh­ne Ver­ab­re­dung hat sich die Fünf-R-Re­gel ein­ge­schli­chen, hier ein we­nig er­gänzt. Da­bei geht es dar­um, den öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck zu ver­rin­gern und un­se­re Le­bens­wei­se an die glo­ba­len Gren­zen ein we­nig an­zu­pas­sen. Es fol­gen die Grund­sät­ze ei­ner zir­ku­lä­ren Wirt­schaft auf Haus­halts­ebe­ne.

The 7 Rs of sustainability
Recycle, reuse, reduce, refuse, rot, repurpose or regional.

Re­cy­cle: Pfand- und Glas­ge­fä­ße zu­rück in den Kreis­lauf, al­so von Ge­trän­ken, Yo­ghurt, Mar­me­la­de … In mei­nem selbst­or­ga­ni­sier­ten Bio­la­den ge­ben wir auch gro­ße Vor­rats­ge­fä­ße ab, in de­nen un­ver­pack­ter To­fu trans­por­tiert wer­den kann. 
Reu­se
, na­tür­lich. In Sa­chen Kin­der­klei­dung bin ich oft die Sher­pa zwi­schen di­ver­sen Haus­hal­ten. Dann sind da die al­ten Mö­bel ...
Re­du­ceja: Nach der Auf­lö­sung un­se­res El­tern­hau­ses wer­de ich wei­ter re­du­zie­ren. We­ni­ger ist oft mehr, aber nicht im­mer bei His­to­ri­schem. Der Teil des Auf­satz­ma­te­ri­als mei­nes Va­ters, aus dem ich et­was ma­chen kann, wur­de ge­ret­tet. 
Re­fu­se: Der Blick ei­nes Liebs­ten, der mal mit ei­nem rie­si­gen le­der­nen Na­gel­pfle­ge­set an­kam, ob­wohl ich, die ich stän­dig rei­sen muss, längst ein leich­tes Rei­se-Set be­saß! Ich: „Nimm’s mir nicht übel, aber das ist nichts für mich! Be­hal­te es für je­man­den, für die oder den es per­fekt ist!“
Rot
, EN für „ver­rot­ten“: Als Hin­ter­hof­gärt­ne­rin war mein ers­ter Schritt ein Kom­post;
Re­pur­pose
wie Umnutzen oder U wie Up­cy­cling: Mums Ha­cken­por­sche ist ka­putt, aber nur die Ta­sche, das Ge­stell ist per­fekt. In der ru­hi­gen Zeit wer­de ich aus al­ten Jeans ei­ne neue Ta­sche nä­hen.
Re­gio­nal: Ger­ne schen­ke ich Hand­stul­pen oder Schals aus ei­ner Stric­ke­rei um die Ec­ke, bei Any­onion in der Bürk­ner­stra­ße, es lässt sich auch per Post bes­tel­len. Oder Sa­chen vom W-Markt der Ver­ei­ne.

Und es wird mir ein Fest sein.

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Fotos:C.E.

Mittwoch, 3. Dezember 2025

KI-Fingerabdruck

Bon­jour, hel­lo und Will­kom­men! Sie le­sen hier auf den Blog­sei­ten ei­ner Kon­fe­renz­dol­met­scher­in, auf de­nen über den All­tag hin­ter den Ku­lis­sen des Dol­met­schens be­rich­tet wird. — KI-Mittwoch, heu­te nur kurz.

Nicht, dass mir der Stoff aus­ge­hen wür­de, im Ge­gen­teil. Wie aus in­ter­nen Quel­len zu er­fah­ren ist, wer­den KI-Aus­wür­fe von der KI selbst und von Such­ma­schi­nen her­ab­ge­stuft, so­fern sie sie er­ken­nen. Ein Er­ken­nungs­merk­mal ist, dass als Ver­gan­gen­heits­form fast nur Per­fekt vor­kommt. Ein an­de­res sind die vie­len Ge­dan­ken­stri­che, die häu­fig auch in der Form von lan­gen Stri­chen da­her­kom­men, dem Ge­viert­strich, auf Eng­lisch em dash. Der Be­griff lei­tet sich aus der Ty­po­gra­fie her und be­zieht sich auf ei­ne tra­di­tio­nel­le Maß­ein­heit, die als „em“ be­zeich­net wird.

Roboter am Tisch, Kopfhörer, Laptops
Digitales in Reihe
In der Zeit des Blei­sat­zes be­schrieb ein „em“ die Brei­te ei­nes ein­zel­nen Schrift­blocks, al­so des Groß­buch­sta­bens M in der je­wei­li­gen Schrift­art und -grö­ße.

Der deut­sche Ge­dan­ken­strich hin­ge­gen ist ein Halb­ge­viert­strich, deut­lich län­ger als ein Bin­de­strich und kür­zer als ein Ge­viert­strich, au­ßer­dem von Luft um­ge­ben. (Ei­ne Über­sicht hier: klick!, denn die Bei­spie­le wer­den von blog­ger.com lei­de al­le ver­zerrt.)

Wei­te­re Mo­men­te, die dar­auf hin­wei­sen, dass ein Text wahr­schein­lich von der KI ge­schrie­ben wor­den ist, sind:

1. Deut­lich zu glat­te, zu gleich­mä­ßi­ge Spra­che, zu höf­lich, ex­trem struk­tu­riert wie ein Schul­buch, oh­ne Tipp­feh­ler (oder fast oh­ne);
2. Mus­ter­gültig struk­tu­rier­te Aus­füh­run­gen, skla­visch ab­ge­ar­bei­tet, fast ei­ne „Über­struk­tu­rie­rung“ mit In­tro, drei Punk­ten, Fa­zit, evtl. Aus­blick;
3. Da­mit kon­tras­tie­rend auf­fäl­li­ge Stil­brü­che mit Be­grif­fen un­ter­schied­li­cher Sprach­ni­veaus, sprin­gen­der Ton;
4. Ab­we­sen­heit ei­ner ei­ge­nen Per­spek­ti­ve, von per­sön­li­chen Schil­de­run­gen, Ecken und Kan­ten, ästhe­ti­schen Ri­si­ken, Wort­spie­len, das Gan­ze wirkt dis­tan­ziert, „vie­le Men­schen emp­fin­den …“;
5. Wie­der­ho­lun­gen, All­ge­mein­plät­ze, zu viele Flos­keln und Ver­all­ge­mei­ne­run­gen wie „ins­ge­samt lässt sich sa­gen …“, „dem­ge­gen­über fällt auf, dass …“, „ein wich­ti­ger Aspekt ist …“, „zu­dem lie­ße sich be­mer­ken …“;
6. Man­che Aus­sa­gen wer­den un­nö­tig breit er­klärt oder mehr­fach leicht um­for­mu­liert;
7. Lo­gi­sche oder fak­ti­sche Un­ge­nau­ig­kei­ten wie fal­sche Jah­res­zah­len, er­fun­de­ne Quel­len, fal­sche De­tails;
8. Auf­fäl­lig gleich­för­mi­ge Satz­rhyth­men und syn­tak­ti­sche Mus­ter, kei­ne ab­rup­ten Kurz­sät­ze, kaum el­lip­ti­sche Wen­dun­gen, we­nig Va­ria­ti­on im Takt bzw. feh­len­de ei­ge­ne „Mu­si­ka­li­tät“;
9. Schein­prä­zi­si­on: Aus­sa­gen wir­ken prä­zi­se, blei­ben aber in­halt­lich leer (z. B. „un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen zeigt sich …“) im Un­ter­schied zu Flos­keln, die eher ver­bin­den­de Füll­wör­ter sind;
10. Feh­len­de ar­gu­men­ta­ti­ve Span­nung: kei­ne Zwei­fel, kein Wi­der­spruch, kei­ne Rei­bung, keine ab­rup­ten Per­spek­ti­ven­wech­sel, nur li­nea­res Ab­ar­bei­ten des fest struk­tu­rier­ten Plans.

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zu­falls­fund)

Dienstag, 2. Dezember 2025

Die argen Touren ...

... man­cher „Agen­tu­ren“ ner­ven nur noch. Sol­che Fir­men mö­ge bit­te der Erd­bo­den ver­schluc­ken! Heu­te: 85,66 Pro­zent Pro­vi­sion! Und es geht noch schlim­mer. Das The­ma braucht Auf­merk­sam­keit.

Hel­lo, bon­jour & hallo auf den Sei­ten mei­nes Web­logs. Den Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin fin­den Sie seit bald 20 Ja­hren auf die­sen Sei­ten skiz­ziert. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und aus dem Eng­li­schen, und ich über­set­ze auch.

Ges­tern Mit­tag lan­det ei­ne WICH­TIG-EILT-SO­FOR­TI­GE-VOR­LA­GE-Mail in mei­nem Post­kas­ten.

URGENT REQUEST | Consecutive on site interpreting | 02.12.2025 | 12:30 – 13:30 | Moabit Prison, Alt-Moabit 12a, 10559 Berlin | There are no special requirements for the project or the interpreter.
Ein echtes Beispiel
Ich ha­be links al­les un­kennt­lich ge­macht, was die Fir­ma ver­rät, nur sie selbst könn­te sich er­ken­nen. Der Vor­gang ist symp­to­ma­tisch: Ei­ne eng­li­sche Li­mi­ted, die Sach­be­ar­bei­te­rin sitzt in der Re­pu­blik Mol­dau und ruft mich spä­ter noch mit ei­ner bel­gi­schen Te­le­fon­num­mer an. Bei der Grün­dung der Fir­ma 2002 hat viel­leicht der bel­gi­sche Markt im Fo­kus ge­stan­den. Es gibt meh­re­re Län­der­fi­lia­len; in min­des­tens vier Län­dern mit gu­ten Haupt­stadt­ad­res­sen.

Ich ant­wor­te knapp: 150 Eu­ro die Stun­de, die An­fahrts­zeit zählt zu 100 Pro­zent, CV: Stu­di­um in Pa­ris und Ber­lin, 20 Jah­re Be­rufs­er­fah­rung.

Nor­ma­ler­wei­se fra­gen un­se­re­i­nen die Ver­tei­diger di­rekt an.

Dann rech­nen wir dem Staat ge­gen­über nach JVEG ab, de­kli­niert: Jus­tiz­ver­gü­tungs- und Ent­schä­di­gungs­ge­setz, es sieht 93 Eu­ro die Stun­de vor. Die Fahrt­zeit zählt mit. Be­rech­nungs­grund­la­ge ist schlicht der gan­ze Zeit­raum, in dem un­se­re­i­ne/r nicht am Schreib­tisch sit­zen kann. Lo­gisch, oder?

Werde ich hier pri­vat an­ge­fragt, weil Geld vor­han­den ist, oder weil der Ter­min schon mor­gen ist? Oder hat die Agen­tur den Auf­trag über ein Ge­richt er­gat­tert? Denn im­mer mehr Ge­schäfts­stel­len der Ge­richte la­gern die Ar­beit aus, zum gro­ßen Leid­we­sen der auf Recht spe­zia­li­sier­ten Kol­leg:in­nen, das kri­ti­sie­ren auch Ver­bands­kol­leg:in­nen vom ADÜ Nord. Wird die Firma wie so oft 30 bis 50 Pro­zent des oh­ne­hin nicht so üp­pi­gen Ho­no­rars für sich be­an­spru­chen (ver­gli­chen mit den vie­len Stu­di­en­jah­ren, der Ein­ar­bei­tungs­zeit, die nicht ver­gü­tet wird). 

Ex­klu­siv hat die Agen­tur die In­for­ma­tionen nicht, mich er­rei­chen an diesem Tag zwei fast wort­glei­che An­fra­gen. Mit der einen Agen­tur kom­mu­ni­zie­re ich nicht ein­mal. Viel­leicht stammt das Bild da oben auch von der an­de­ren An­fra­ge, ich lö­sche im­mer sehr schnell. Aber die an­ony­mi­sier­te Fir­ma fischt im glei­chen Be­cken.

We­nig spä­ter er­hal­te ich das, was ich als Bet­tel­mail be­schrei­ben wür­de: Es gebe nicht so viel Geld, ich mö­ge mei­nen best pri­ce nen­nen. Und mein CV aus­führ­li­cher!

„Die Autorin dieser Zeilen“

Der „bes­te Preis“, Be­griff aus dem Eng­li­schen, ist so ein dum­mer Be­griff für ei­nen „Mi­ni­mal­preis“. Ich ant­wor­te: 149 Eu­ro pro an­ge­fan­ge­ner Stun­de. Fahr­zeit zählt mit.

Ob 40 Eu­ro auch rei­chen wür­den, und die Fahr­zeit bit­te nicht be­rech­nen! Ge­bet­telt wird jetzt am Te­le­fon. Und der Le­bens­lauf wä­re auch wich­tig!

Gro­ßer Zeit­druck und Ap­pel ans Hel­fer­herz sind ty­pisch für sol­che Vor­gän­ge. Haupt­sa­che, wir ha­ben kei­ne Zeit fürs Nach­den­ken.

Ich den­ke nach. Mit zwei Stun­den Fahrt­zeit und ei­ner Stun­de vor Ort lie­ße sich hier legal 279 Eu­ro ab­rech­nen. Falls jetzt je­mand denkt „boah, ej, die Dol­met­scher:­in­nen nut­zen den Staat aus, sie ver­die­nen Geld da­mit, dass sie U-Bahn fah­ren!“, hier die Er­in­ne­rung: Die­se Fahr­zeit­ab­rech­nung kom­pen­siert die nicht ver­gü­te­te Vor­be­rei­tungs­zeit. Ich rech­ne den groß­zü­gi­gen Satz von 40 Eu­ro Ho­no­rar mit der Sum­me ge­gen.

Die Agen­tur möch­te mir groß­zü­gi­ge 14,34 Pro­zent von dem von mir ge­ne­rier­ten Um­satz als Ar­beits­ent­gelt ab­tre­ten. Das sind Net­to­zah­len. Was hier noch mit der Um­satz­steu­er ge­macht wer­den kann, ha­be ich nicht auf dem Schirm. Wer weiß, viel­leicht gibt's auch Er­stat­tun­gen nicht ge­zahl­ter (Um­satz)Steu­ern ähn­lich wie bei Cum-Ex oder Cum-Cum.

Sorry, aber der Knack­i muss oh­ne Hil­fe von Voll­pro­fis aus­kom­men. Viel­leicht gibt es ihn auch nicht und es wur­de nur ver­sucht, die Lis­te der Le­bens­läu­fe auf der Fir­men­fest­plat­te ein we­nig län­ger zu ma­chen, ggf. für Be­wer­bun­gen bei ech­ten Aus­schrei­bun­gen. (Das ist kei­ne Ver­mu­tung, es gibt Prä­ze­denz­fäl­le ... im Plu­ral!)

Denn ei­nes stimmt hier ga­ran­tiert nicht: „kei­ne Vor­aus­set­zun­gen“. Hier ist min­des­tens ei­ne Be­ei­di­gung nö­tig.

Aber hier se­hen bzw. le­sen Sie bei­spiel­haft, mit was für Pro­ble­men wir so zu kämp­fen ha­ben: Da sind die KI-Nerds, die un­se­re Ar­beit „al­lein von der Ma­schi­ne ge­macht“ zu ver­kau­fen ver­su­chen (die KI kann's nicht), da­zu ir­gend­wel­che di­vi­den­de­zen­trier­te Fir­men, die mit Sprach­ar­beit dea­len, weil da an­ders als bei Schraub­en oder Fast Food weder Trans­port­lo­gis­tik noch La­ger­räu­me nö­tig sind.

An­de­re An­fra­gen, seit die Dol­metsch­sai­son zu­en­de ist: Kor­rek­tur von Trans­krip­tio­nen, die die KI er­stellt hat, geht aus­drück­lich nur an Mut­ter­sprach­le­r:in­nen, der End­kun­de sitzt in Deutsch­land, die Agen­tur­mut­ter in In­di­en. Das er­in­nert mich an ei­nen Fall, der we­gen der Pan­de­mie nicht wei­ter ver­folgt wor­den ist. Die­se Agen­tur hat­te da­mals, um se­riö­ser zu wir­ken, ei­nen Schreib­tisch in Ber­lin in ei­nem Co­wor­king Space an­ge­mie­tet und dort auch po­ten­zi­el­le Kun­den emp­fan­gen. Das Schild mit dem Co­wor­king war in der Zwi­schen­zeit über­klebt. Gast war u.a. der Pro­duk­tions­lei­ter der Fir­ma einer be­kann­ten deut­schen Talk­la­dy, die auch Do­ku­men­tar­fil­me pro­du­ziert.

Da­mals ging es um Trans­krip­tion noch oh­ne KI. Wer den Auf­wand kennt, ahnt die Mar­ge zwi­schen dem gu­ten deut­schen Preis fürs Pa­ket und den 1,95 Dol­lar pro ge­ar­bei­te­ter Stun­de. Für das Aus­rech­nen des Pro­zent­sat­zes bin ich zu mü­de. Er war ein­stel­lig. Auf­ruf an die Talk­la­dy: Ma­chen Sie was zur KI, die Be­ru­fe killt!

Die Sa­che mit den Agen­tu­ren könn­te auch auf­tau­chen im Sin­ne von: Es kommt ja nicht plötz­lich und es bleibt tüc­kisch, das sofort zu er­ken­nen.

Die Fir­ma aus dem Coworking bie­tet auch an: Un­ter­ti­te­lung, Voice­over, Au­dio­film, Über­set­zung für Syn­chron. Fra­ge an al­le Be­tei­lig­ten, an die Pro­duk­tions­fir­men, Re­gis­seu­rin­nen, Auf­nah­me­lei­ter, Rich­te­rin­nen, Staats­an­wäl­te, An­wäl­tin­nen: Was wollt Ihr ma­chen, wenn Ihr nur noch Murks be­kommt und sich al­le Pro­fis in an­de­re Be­rufs­fel­der ge­ret­tet ha­ben wer­den? Und an die Kol­le­g:in­nen: Sam­meln wir jetzt end­lich mal Be­wei­se für ei­ne An­fra­ge, z.B. an ei­nen Rund­funk­rat? Ger­ne dürft ihr un­ten mit­dis­ku­tie­ren und/oder mich an­schrei­ben.

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Gra­fik: ei­ne der „Agen­tu­ren“
Me­me: Ge­schenk ei­ner Kol­le­gin
#KI #AI #terp #xl8 #ST #legaltranslation #ADUeNORD

Montag, 1. Dezember 2025

Montagsschreibtisch (118)

Bon­jour & he­llo! Her­zlich will­kom­men beim ers­ten deut­schen Dol­met­scher­web­log aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bi­ne. Ich bin Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che, und ich über­set­ze auch (auch aus dem Eng­li­schen und meis­tens ins Deut­sche). Was folgt auf Einsät­ze?

Schreibtisch, Laptop, Kopfhörer, Kunstlicht
In den Com­pu­ter dik­ti­ere ich seit 2004
Wis­sens­stand und Le­xi­ken à jour bringen, Vor­trä­ge sor­tie­ren, ver­schlag­wor­ten, ...

⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge bis Juli 26
⊗ Trans­ge­ne­ra­tio­nel­le Wei­ter­ga­be von Trau­ma­ta
⊗ Viel­leicht Ihr Über­set­zungs- oder Dol­metsch­be­darf?

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Fo­to:
C.E. (Archiv)

Freitag, 28. November 2025

Gefahrenlage

Bonj­our & hel­lo! Hier schreibt ei­ne Wort­schub­se! Sie ha­ben rich­tig ge­le­sen, ich schie­be Wör­ter. An­er­kannt für die Ar­beit bin ich in den Au­gen der All­ge­mein­heit ähn­lich wie die Pro­fes­sio­na­li­tät des Ka­bi­nen­teams im Flug­zeug: kurz vor gar nicht, was be­son­ders über­ra­schend ist, weil un­se­re Aus­bil­dung, nun ja, ein My län­ger dau­ert. Nach im Schnitt 7,5 Jah­ren (Spra­che, Kul­tur, Fach­ge­bie­te, Me­tho­dik, Be­rufs­kun­de) ist un­se­reine(r) reif für hö­he­re Ein­sät­ze. Ich dol­met­sche FR, DE und EN, meis­tens sim­ul­tan. Und da Spra­che mein Ar­beits­ma­te­ri­al ist, hö­re ich ge­nau hin.

Sag­te doch ei­ner der Po­li­ti­ker neu­lich: „Ich hal­te das für ei­ne Tat­sa­che!“ Ja, ist es denn nun ei­ne oder kei­ne? Mensch, frag doch erst­mal den wis­sen­schaft­li­chen Dienst, be­vor Du Mut­maß­un­gen raus­haust!

Der Satz mit der  „an­ge­nom­me­nen Tat­sa­che“ ist der et­was se­riö­ser auf­tre­ten­de Ver­wand­te des Sat­zes von den „al­ter­na­ti­ven Fak­ten“. Wo der Spruch her­stammt, wis­sen wir noch, oder? Das war aus dem Reg­num Nº I von Or­ange face.

Die an­ge­nom­me­nen Fak­ten, ge­fühl­ten Wahr­hei­ten und stö­ren­den Bauch­ge­füh­le soll­ten in den Re­den des po­li­ti­schen Be­triebs et­was we­ni­ger vor­kom­men. Vor al­lem dann, wenn sie von Volks­ver­tre­ter:­in­nen kom­men, die die ge­sam­te Ein­woh­ner­schaft des Lan­des ver­tre­ten sol­len und nicht nur ei­nen Flü­gel der ei­ge­nen Par­tei.

Wer ein we­nig gräbt, fin­det schnell ech­te Fak­ten. Wir se­hen Ge­walt, Mord und Tot­schlag im In­ter­net schlicht öf­ter, weil Crime und Ab­sur­des oft an­ge­klickt wer­den und Geld brin­gen. Frü­her hieß es: Mann beißt Hund ist ei­ne News, Hund beißt Mann ist kei­ne. Un­se­re Ge­hir­ne, dem Pri­ma­ten­ge­hirn noch recht gleich, sprin­gen vor al­lem auf das an, was un­ser Über­le­ben si­chert. Wir sind eben erst ges­tern von den Bäu­men her­ab­ge­klet­tert.

Zerstörte Landschaft, Mensch in Schutzkleidung
Dystopie oder Zukunft: Es liegt an uns!
Und da wir Frau­en des Lan­des erst neu­lich un­ge­fragt zu Zeu­gin­nen für po­ten­ti­el­le Ge­walt an je­der Stra­ßen­ecke her­an­ge­zo­gen wor­den sind: Nein, ich ha­be kei­ne Angst, wenn ich abends von Ein­sät­zen nach­hau­se kom­me.

Aus al­ten Fil­men weiß ich von den „Halb­star­ken“, die in die Schlä­ger­trupps der Braun­hem­den ge­gan­gen sind, um sich aus­zu­to­ben, nach dem Krieg tru­gen sie El­vistol­le und fuh­ren knat­ter­ndes Zwei­rad, spä­ter wa­ren die Hip­pies das zen­tra­le Feind­bild.

Al­lem ge­mein ist (ob­wohl es ge­mein ist, Fa­schis­ten in ei­nem Atem­zug mit Hip­pies zu nen­nen, I know), dass sie ih­re Frei­hei­ten ge­sucht ha­ben, Aben­teu­er und Spaß, und es ih­ren „Al­ten“ mal so rich­tig zei­gen woll­ten.

In den 60ern, 70­ern und 80­ern sa­ßen vie­le Män­ner auf Bän­ken an Grün­an­la­gen vor den Bahn­hö­fen rum, an de­nen sie zum ers­ten Mal die Stadt be­tre­ten hat­ten. Heimweh, Fernweh, Lands­leu­te se­hen, kom­plett ver­ständ­lich. Wo war da ein Pro­blem? Als jun­ge Schü­le­rin­nen wur­den wir nicht an­ge­quatscht, spä­ter dann schon. Das ner­vt, er­le­ben wir Frau­en aber un­ter­schieds­los von sämt­li­chen Zwei­bei­nern mit Tes­tos­te­ron­über­schuss.

Par­al­lel da­zu wur­den die „Gam­mler“ be­schimpft und die „Haus­be­set­zer“ heu­te „Mi­gran­ten“. Und im­mer wa­ren wir Frau­en im Vi­sier. Das Phä­no­men nennt sich „Cat­cal­ling“, das ken­nen al­le. Über­grif­fe von Män­nern in ver­ba­ler Form sind weit ent­fernt von kör­per­li­chen An­grif­fen, auch das weiß ich. Aber wo­her sol­len wir Frau­en wis­sen, was Ab­sicht und wo Gren­zen sind beim Ge­gen­ü­ber? Zum Glück wur­den tät­li­che Über­grif­fe in der Ehe Mit­te der 1990er per Ge­setz ver­bo­ten. (Da fällt mir ei­ner ein, der da­ge­gen ge­stimmt hat, ex­akt je­ner, der sich heu­te um Töch­ter be­sorgt zeigt.)

Wir brau­chen Po­li­tik statt Pa­ro­len, und zwar NACH Be­fra­gung der Be­trof­fe­nen und NACH Be­rück­sich­ti­gung des­sen, was die Wis­sen­schaft sagt. Mit ge­fühl­ten Wahr­hei­ten lässt sich ge­nau­so we­nig po­si­tiv ver­än­dern wie mit „Au­gen­maß“. Leu­te, hört auf mit den Wort­hül­sen, der Maß­stab, Klapp­me­ter, Zoll­stock, aber auch das Zen­ti­me­ter­roll­maß sind längst er­fun­den!

Re­min­der: Die Ge­fah­ren sind wo­an­ders, wir müss­ten der­zeit al­le Kräf­te al­ler Län­der zu­sammen­span­nen, um die Kli­ma­ka­ta­stro­phe und die Bio­di­ver­si­täts­ka­ta­stro­phe ab­zu­mil­dern und ei­nen wirt­schaft­li­chen Auf­schwung mit Nach­hal­ti­gem zu be­grün­den. Es ist al­les durch­ge­rech­net und mach­bar. An­de­re Län­der ma­chen es uns schon vor.

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Bild: pixlr.com

Donnerstag, 27. November 2025

Brandmauer

Herz­lich will­kom­men, lie­be Le­se­rin, lie­ber Le­ser! Hier bloggt ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch und Haupt­ar­beits­spra­che Fran­zö­sisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Wie le­ben und ar­bei­ten wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen, Über­set­ze­rin­nen und Über­setzer? Manchmal geht es um ver­meint­lich un­schein­ba­re Be­grif­fe.

Ei­ne Brand­mau­er zwi­schen an­ein­an­der­ge­bau­ten Häu­sern ver­hin­dert das Über­grei­fen von Feu­er von ei­nem auf das an­de­re Ge­bäu­de. Wir wis­sen, wie Brand­ka­ta­stro­phen aus­se­hen (oft un­ter an­de­ren Vor­zei­chen: die Aus­lö­ser Ge­rüst, Stoff­pla­nen oder Wär­me­däm­mungs­sys­te­me aus bren­nen­dem Ma­te­ri­al ge­hen re­gel­mä­ßig durch die Nach­rich­ten). Wir wis­sen auch, dass wir in Deutsch­land die Ab­we­sen­heit gro­ßer Brand­ka­ta­stro­phen der letz­ten Jahr­zehn­te dem Vor­han­den­sein von Brand­mau­ern ver­dan­ken. Brand­mau­ern sind gut. Brand­mau­ern sind wichtig, auch in der Po­li­tik.

Denn Faschis­ten wol­len das Ge­mein­we­sen noch wei­ter aus­höh­len, als es der Neo­li­be­ra­lis­mus be­reits ge­macht hat. Ei­sam­keit, bei­de For­men von Kin­der­ar­mut, zu we­nig Kin­der und jedes 10. Kind im So­zi­al­geld­be­zug, brö­cke­len­de Fa­mi­li­en, Ich-Zen­triert­heit vie­ler, Ar­beits­lo­sig­keit, Sinn­ver­lust und man­geln­de So­li­da­ri­tät, bis hin zu emo­tio­na­len Blocka­den, aus de­nen die Faschis­ten ih­re Stim­men des­til­lie­ren, sind ty­pisch für un­se­re Zeit.

Beglei­tet wird dies von in­halt­li­chen Ver­dreh­un­gen, die vie­len nicht auf­fal­len, weil sie ih­ren Kom­pass ver­lo­ren ha­ben. Auf der Au­to­bahn wä­re das ei­ne aku­te Ge­fahr.

Helles Licht zwischen roten Rücklichtern auf verregneter Windschutzscheibe
Nicht zu übersehen: Gefahr!

Er­in­ne­rung: Was ich schreibe, be­trifft eine Mi­no­ri­tät. In den aso­zia­len Me­di­en sieht es oft so aus, als wä­ren 99 Pro­zent der Men­schen ge­gen das grund­le­gend Mensch­li­che, ge­gen hu­man sense, ge­gen Wer­te, die uns das Grund­ge­setz ge­ge­ben hat. Fach­leu­te ana­ly­sie­ren die Her­kunft der Kom­men­ta­to­rin­nen und Kom­men­ta­to­ren, die Zeit­fens­ter, die Fre­quenz, mit der sie in den Echo­raum ge­schos­sen wer­den.

Klar ist: 80 Pro­zent kom­men aus Weiß­russ­land, Rus­sland, Afri­ka und Län­dern im fer­nen Asien. Es han­delt sich um Bots und ar­me See­len in Klick­fa­bri­ken, ge­kauf­te, pro­gram­mier­te Stim­men, die Stim­mung mit De­sin­for­ma­ti­on ma­chen sol­len.

Auch hier be­nö­ti­gen wir Brand­mau­ern.

Die e­le­gan­tes­te Über­set­zung für „Brand­mau­er“ im Fran­zö­si­schen ist le rem­part dé­mo­cra­ti­que, der de­mo­kra­ti­sche Ver­tei­di­gungs­wall. In Bel­gien wird in be­währ­ter Wei­se üb­ri­gens le cor­don san­i­taire ver­wen­det, der Be­griff taucht auch im Deut­schen im Po­li­tik­be­reich re­gel­mä­ßig auf. Hier­bei ging es ursprüng­lich um einen Si­cher­heits­ab­stand, der das Über­sprin­gen von Seu­chen ver­hin­dern soll­te. In Frank­reich ist oft der Be­griff le front ré­pu­bli­cain in Ge­brauch, denn die Re­pu­blik wird dort von vie­len als ho­hes Gut ge­se­hen. In Zei­ten gras­sie­ren­der Ver­dummung und um Miss­ver­ständ­nis­se mit den in Deutsch­land me­di­al prä­sen­ten po­li­ti­schen De­bat­ten der USA zu ver­mei­den, emp­fin­de ich le rem­part dé­mo­cra­ti­que, als die sprach­lich e­le­gan­tes­te Lö­sung.  

Sol­che Sprach­über­le­gun­gen ge­hö­ren zen­tral zu mei­ner Ar­beit als Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin, wir sind auch im­mer Ter­mi­no­lo­gin­nen (bzw. Ter­mi­no­lo­gen, die Her­ren im Be­ruf). Wir müs­sen ge­nau hin­hö­ren, hin­se­hen und uns vor­be­rei­ten, um nicht über­rascht zu wer­den von Un­er­war­te­tem wie ei­nem Geis­ter­fah­rer auf der Au­to­bahn.

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Bild: pixlr.com

Mittwoch, 26. November 2025

Drei Momente

Hier bloggt eine er­fah­re­ne Dol­met­sche­rin, auf Eng­lisch se­nior in­ter­pre­ter, seit zwei Jahr­zehn­ten Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin Deutsch ↔ Fran­zö­sisch so­wie aus dem Eng­li­schen. Ganz gleich, ob bei Vorträgen, auf De­le­ga­tions­rei­sen oder in Work­shops — ich sor­ge da­für, dass Wor­te an­kom­men. In­zwi­schen kommt uns auch schon mal die KI in die Que­re. Nicht, weil sie es könn­te, son­dern weil manch­mal Men­schen aus Pro­fit­inte­ressen die Tech­nik al­lein ver­kaufen, die aber nur ein Tool ist, ein Werk­zeug.

Seit Mo­na­ten war­ten wir auf den gro­ßen Knall, den die nai­ve Nutz­ung der KI aus­lö­sen wird. Wir den­ken an ei­nen Un­fall und ei­nen teu­ren Pro­zess mit ho­hen Ent­schä­di­gungs­sum­men, die ein US-Ge­richt den Opfern zu­spricht. Da­zu drei Mo­men­te.

EINS: Die Bom­be platzt im Stil­len. Der Greis mit dem ora­nge­far­be­nen Teint legt ei­nen Plan vor, mit dem Rus­s­land und die USA über Frie­dens­ver­hand­lun­gen ein­tre­ten sol­len; es geht um den Krieg in der Ukrai­ne. Und dann ist der Plan an so vie­len Stel­len so un­ty­pisch für die eng­li­sche Spra­che for­mu­liert, dass sich Über­set­zer:in­nen ein­schal­ten: die­se oder je­ne Re­de­wen­dun­gen sei­en ty­pisch fürs Rus­si­sche. An­ge­blich sei der Text in Wash­ing­ton ge­schrie­ben wor­den.

Die Vor­la­ge scheint hör­bar aus ei­ner an­de­ren Quel­le zu stam­men. Hier war viel­leicht ein Mensch zu­gan­ge, der kein Pro­fi ist, wahr­schein­li­cher aber die KI.

Die Me­dien grei­fen's kurz auf, al­le nicken oder schüt­teln mit dem Kopf, ma­chen wei­ter, als wä­re nichts pas­siert. Von ge­wis­sen Per­so­nen wird of­fen­bar nur we­nig Kor­rek­tes er­war­tet. Wir müs­sen wei­ter auf den Knall war­ten, wenn der­lei ganz of­fi­zi­ell von ver­meint­lich ernst­zu­neh­men­den Per­so­nen ge­macht wird.

ZWEI: Beim Brunch mit Un­ter­neh­me­rin­nen er­zählt mir ei­ne Da­me, sie habe lan­ge ei­ne Un­ter­neh­mens­be­ra­tung teu­er be­zahlt und sei zu­frie­den ge­we­sen. Neu­lich habe sie de­ren letz­te Ela­bo­ra­te stu­diert und sei über wie­der­keh­ren­de, leicht plum­pe For­mu­lie­run­gen ge­stol­pert. Das habe sie da­zu an­ge­regt, mal die Quel­len im An­hang zu prü­fen. Mehr als 50 Pro­zent der ver­meint­li­chen 'Quel­len' sei­en er­fun­den ge­we­sen, gro­ße Tei­le des 'Gut­ach­tens' wohl auch Aus­wurf der Ma­schi­ne. Sie habe nun den Ver­trag mit ei­ner nam­haf­ten deut­schen Be­ra­tungs­fir­ma ge­kün­digt, er­zählt sie.

Frau in Dessous ohne Kopf und mit nur wenig Fingern
KI ohne Fingerspitzengefühl und ohne Kopf
Sie hat­te der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung ver­trau­li­che Da­ten über­ge­ben, die auch im Be­richt auf­ge­grif­fen wor­den wa­ren. 

Lei­der lan­det das nicht in den Me­di­en.

DREI: Auch die kopf­lose Wer­bung scheint nie­man­den an­zu­fech­ten. Ich habe Marke und Fund­ort, der schlim­me aso­zia­le Stamm­tisch, ver­wischt, damit es nicht au­to­ma­tisch aus­ge­le­sen wird. Ich flie­ge lie­ber un­ter dem Ra­dar.

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Bild: sie­he oben

Montag, 24. November 2025

Montagsschreibtisch (117)

Herz­lich will­kom­men, lie­be Le­se­rin, lie­ber Le­ser, beim ers­ten deut­schen Dol­met­sch­web­log aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bi­ne. Als Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che über­set­ze ich auch, letz­tens aus dem Eng­li­schen ins Deut­sche, es ging um ein Film­pro­jekt und ei­nen um­fang­rei­chen Film­för­der­an­trag.

Zu Wo­chen­an­fang folgt hier die akt­u­el­le Über­sicht, heu­te der Mon­tags­schreib­tisch!

Tisch, Stuhl, Regal, Fenster
Mein Schreib­tisch kurz vor dem Abi­tur
Rou­ti­ne im No­vem­ber:
⊗ Afrikatermin
⊗ Pla­nung der kom­men­den Ter­mi­ne
⊗ Lek­to­rat Film­ex­po­sé

Die Auf­lö­sung un­se­res El­tern­hau­ses wur­de die­ser Tage be­en­det. Wir ha­ben wun­der­ba­re Mie­ter ge­fun­den, in der Über­zahl Kin­der, so wie das auch bei uns schon war. Und es fühlt sich an wie ein Spiel­film, wenn erst der Bru­der noch ein klei­nes Holz­käst­chen von 1900 ein­packt, das noch unten in sei­nem Zim­mer auf dem Fens­ter­brett stand, der Schlüs­sel fehlt, und ich nur Stun­den spä­ter in Pa­pas Schreib­tisch ei­nen klei­nen Schlüs­sel fin­de, der sich als ex­akt das feh­len­de Schlüs­sel­chen er­weist. Es war etwa ein hal­bes Jahr­hun­dert ver­schwun­den (oder dort ge­s­ichert wor­den).

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Fo­to: C.E. (Ar­chiv)

Sonntag, 23. November 2025

Alltagsarchäologie

In den All­tag von Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher er­hal­ten Sie hier un­ter der Woche ver­schie­dent­lich Ein­blick. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Die Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet nur als Über­set­ze­rin (= schrift­lich) und mit Ziel­spra­che Eng­lisch. Heu­te sonn­täg­li­che per­sön­li­che Ge­dan­ken zum Ver­flie­ßen der Zeit.

N
e­u­lich hat auf den aso­zia­len Me­di­en­sei­ten die Toch­ter ei­nes Li­te­ra­ten Fo­tos der Ab­raum­mul­de ge­zeigt, in die sie den Haus­stand ih­rer El­tern ent­sorgt hat, da­ne­ben stand et­was von der Wut auf die El­tern, die sie da­bei be­glei­tet ha­be.

Wir zäh­len nicht zum Team Ab­raum­mul­de. Da­bei ha­ben wir nicht nur in Etap­pen ein Haus auf­ge­löst, son­dern Zeit­schich­ten ab­ge­tra­gen und sor­tiert. Zum Glück konn­ten wir uns Zeit las­sen. Am Mor­gen star­tet die Land­par­tie mit dem Kas­ten­wa­gen.

Im Stroh- und Heckengäu




An die­sem letz­ten Tag fan­den sich in Va­ters Schreib­tisch­schub­la­de al­te Scher­ben an. Ei­ner der Brü­der: „Kann das weg?“ Ich: „Viel­leicht Mit­tel­al­ter. Vor­hin hab ich ei­nen Zet­tel ge­se­hen, auf dem stand: ‚Fund­stü­cke Ack­er En­sin­gen‘, und ihn nicht ver­stan­den.“

Ein an­de­rer: „Hät­te er sie für äl­ter ein­ge­schätzt und für sel­ten, wä­ren die Scher­ben jetzt im Mu­se­um und nicht hier!“ Der Zet­tel ist im Müll, nicht mehr auf­find­bar, wird neu ge­schrie­ben. Lei­der wa­ren kei­ne wei­te­ren An­ga­ben da­bei wie Jahr oder Län­gen- und Breit­en­gra­de (letz­te­res ist erst im Smart­pho­ne­zeit­al­ter mög­lich).

Un­ser Va­ter ist nicht mehr da­bei, aber ir­gend­wie ist er es doch. Die Scher­ben kom­men in die Mu­se­ums­kis­te zum his­to­ri­schen Kirsch­kern­ent­stei­ner, zu den al­ten Lam­pen mit nicht mehr ver­trie­be­nen Ener­gie­quel­len, al­ten Klöp­pel­spit­zen und zu den Back­for­men.

Das Ge­däch­tnis ist ein wun­der­li­cher Ort. Es dau­ert nur we­ni­ge Se­kun­den und ich weiß wie­der, was da­mit ge­ba­cken wird: „Wolfs­zäh­ne“! Im noch ex­is­tie­ren­den Haus der Ah­nen wird sich ei­nes Ta­ges das Re­zept an­fin­den.

Spä­ter füt­te­re ich ei­ne Such­ma­schi­ne mit dem Be­griff und er­fah­re, dass das Re­zept aus Frank­reich bzw. dem Els­ass stammt, klas­si­sches Weih­nachts­ge­bäck ist, les dents de loup, ver­mut­lich ein Mit­bring­sel vom Ur-Ur­groß­va­ter aus Frank­reich. Al­so doch nicht Mu­se­ums­kis­te! Dann wer­de ich die Tei­le mal säu­bern und sie mit den Fräu­leins zu­sam­men nut­zen, was mei­ne klei­nen Nich­ten sind. Ich er­in­ne­re mich an ei­nen Back­tag zu­sam­men mit mei­nem Lieb­lings­cou­sin und un­ter der An­lei­tung der west­säch­si­schen Oma.

Auch al­te Le­der­wa­ren fin­den sich an, von de­nen ei­ni­ge Mar­ken­zei­chen oder Wid­mun­gen auf Her­stel­lungs- oder Nut­zungs­or­te hin­wei­sen. Ich wer­de re­stau­rie­ren (ab­ge­seg­net von und mit den Me­tho­den der Pro­fis) und sie dann Mu­se­en an­bie­ten.

Bit­te nicht miss­ver­ste­hen, mei­ne Ein­lei­tung zum Blog­post ist kei­ne Ver­ur­tei­lung der Li­te­ra­ten­toch­ter. Wir hat­ten Glück, und zwar mehr­fach: Wir sind vier Ge­schwis­ter und es gibt kei­ne drü­cken­den Sor­gen, die uns zu schnel­lem Han­deln ge­nö­tigt hät­ten. Wir hat­ten so den Lu­xus, uns ent­spannt und oh­ne Wut von dem Haus zu ver­ab­schie­den, das un­se­re Mut­ter, En­ke­lin ei­nes ost­preu­ßi­schen Gut­sher­ren mit Schloss und Pfer­de­zucht, im­mer zärt­lich „die Hüt­te“ ge­nannt hat.

Auf der an­de­ren Sei­te weiß ich, dass auch Ent­rüm­pler teuer sind. Und weil wir uns Zeit ge­las­sen ha­ben, ka­men auch die neu­en Mie­ter zu uns.

Es sind noch ei­ni­ge Bü­cher zu ver­tei­len, von de­nen vie­le schon in vie­le dank­ba­re Hän­de ge­wan­dert sind. Es feh­len noch ei­ni­ge Me­ter Re­gal bei mir für ei­ne Buch­aus­wahl, dann wer­de ich mit Zeit noch das Ar­chiv der El­tern aus­dün­nen und mir da­bei Ge­dan­ken über die ver­flos­se­ne Zeit ma­chen, Schwer­punkt 20. Jahr­hun­dert. Aber das ist ein an­de­res The­ma.

Sta­tis­tik: 1009 Ki­lo­me­ter und 111 Stock­wer­ke wer­den am En­de die­ses zwei­tä­gi­gen Ein­sat­zes auf dem Miet­wa­gen- und mei­nem Fuß­gän­ger­ta­cho ste­hen ha­ben.

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Fo­tos: C.E.

Samstag, 22. November 2025

Menschenrechtsverfahren

Bon­jour & hel­lo! Ich bin Dol­met­sche­rin Deutsch–Fran­zö­sisch mit Eng­lisch als Aus­gangs­spra­che. Mei­ne Ar­beit führt mich zu Kon­fe­ren­zen, über Kul­tur­events und mit De­le­ga­tio­nen quer durch Deutsch­land und fran­zö­sisch­spra­chi­ge Län­der und die wich­tigs­ten The­men un­se­rer Zeit. Am Sams­tag fol­gen ei­ni­ge Links der Wo­che.

Ihr wah­res Ge­sicht zei­gen die Tech-Gi­gan­ten in Fäl­len wie die­sem: Rich­tern wird die di­gi­ta­le Exis­tenz ge­nom­men.

Ein Rich­ter des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs (IStGH) in Den Haag be­rich­tet über die Ra­che der Mul­ti­mil­li­ar­dä­re, die den di­gi­ta­len Code für vie­le All­tags­be­rei­che kon­trol­lie­ren. Er kön­ne on­line kei­ne Ho­tels bu­chen, sei von vie­len Ein­käu­fen und in­ter­na­tio­na­len Bank­ge­schäf­ten aus­ge­schlos­sen, denn sein Na­me ste­he auf der schwar­zen Lis­te der USA, so Ni­co­las Guil­lou, ein fran­zö­si­scher Rich­ter am IStGH. Er er­lei­det die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen die­ser Straf­maß­nah­me im All­tag, bei der Ar­beit wie im Pri­vat­le­ben. Ins­ge­samt be­fän­den sich sechs Rich­ter und drei Staats­an­wäl­te des Ge­richts­hofs in die­ser La­ge.

Ich fas­se hier Punk­te ei­nes In­ter­views zu­sam­men, das die fran­zö­si­sche Zei­tung Le Mon­de am 19.11. ver­öf­fent­licht hat.

Hin­ter­grund ist die An­kla­ge ge­gen den is­rae­li­schen Pre­mier­mi­nis­ter so­wie sei­nen frü­he­ren Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter auf­grund mas­si­ver Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen im Ga­za-Krieg. Die USA sa­bo­tie­ren da­mit die Ar­beit ei­nes Ge­richts, das selbst ei­ne Kon­se­quenz des Zwei­ten Welt­kriegs und der in­dus­tri­el­len Men­schen­ver­nich­tung durch Na­zi-Deutsch­land ist.

Der ame­ri­ka­ni­sche Sank­tions­me­cha­nis­mus wur­de einst ge­schaf­fen, um Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, Ter­ro­ris­mus und Dro­gen­han­del zu be­kämp­fen. Die Juristen aus Den Haag ste­hen heu­te auf die­ser Lis­te ne­ben Ma­fia­bos­sen und Ter­ro­ris­ten des Is­la­mi­schen Staa­tes.

Jour­na­list Pier­re Has­ki nann­te den Vor­gang im Wo­chen­ma­ga­zin Le Nou­vel Ob­ser­va­teur „ein Sym­bol für die be­droh­te eu­ro­pä­i­sche Sou­ve­rä­ni­tät". Die An­walts­sei­te le­club­des­ju­ris­tes.com be­rich­te­te be­reits im Som­mer, dass Be­trof­fe­ne ih­re E-Mail-Adres­sen ver­lo­ren hä­tten und nicht mehr ein­fach rei­sen könn­ten.

In den Ta­ges­the­men vom 20.11., ab 29'16''
Die Trump-Ad­mi­nis­tra­tion hat die Sank­tio­nen auch auf Lie­fe­ran­ten aus­ge­wei­tet, die „den Ge­richts­hof fi­nan­ziell, ma­te­ri­ell oder tech­no­lo­gisch un­ter­stüt­zen oder ihm Gü­ter oder Dienst­leis­tun­gen lie­fern".
Dar­un­ter sind auch An­wält:in­nen, Sprach­ar­bei­ter:in­nen, Be­ra­ter:in­nen und Ver­tre­ter:in­nen von Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen.

Vie­le ha­ben auf­grund des Drucks ih­re Zu­sam­men­ar­beit mit dem IStGH ein­ge­stellt. Das ist hier kei­ne An­kla­ge, son­dern ei­ne Fest­stel­lung. In Zei­ten der Ex­tre­mis­men ist die ers­te Fra­ge im­mer: Wie er­näh­re ich mich und die Mei­nen? Trotz­dem: Noch ha­ben die meis­ten von uns Spiel­raum.

Von Den Haag zum his­to­ri­schen Vor­bild des Straf­ge­richts­hofs, nach Nürn­berg: Ich ha­be die­se Wo­che über die Aus­stel­lung zu den Dol­met­scher:in­nen des Nürn­ber­ger Pro­zes­ses ge­schrie­ben. Die Ta­ges­schau brach­te Frei­tag­abend ei­nen Be­richt über die Aus­stel­lung, aber auch über den Be­ruf. OK, in der An­mod' fiel das Wort „über­set­zen", wo es „dol­met­schen" hei­ßen soll­te! Aber aus­nahms­wei­se will ich mal nicht so sein.

Ei­ne jun­ge Kol­le­gin mach­te in dem TV-Bei­trag auch klar, war­um die KI den Job nicht über­neh­men kann: aus Grün­den des Ver­trau­ens­schut­zes (wer gibt schon sen­si­ble In­hal­te in die Ma­schi­ne?), der Qua­li­tät (die Ma­schi­nen sind nicht mit sol­chen In­hal­ten trai­niert) und der Ak­ku­ra­tes­se (die Ma­schi­ne lässt weg, er­fin­det, ver­zerrt). Dan­ke für die kla­ren Wor­te, Ei­ke Chris­tin Fes­ter!

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Il­lus­tra­tion: ARD