Heute liegt etwas Hintergrundarbeit zum deutsch-französischen Ministerrat auf dem Tisch, ich übersetze ja auch, und zwar für Politik und Medien. Der Blick richtet sich ebenso auf das Alltagsgeschehen in Frankreich, dort wackelt die Regierung. Dazu mehr, sobald die Folgen klarer werden.
Mich beschäftigen derzeit zusammen mit Medienleuten die Gefahren, in die viele westliche Demokratien geraten sind. Als Spracharbeiterin dolmetsche oder übersetze ich und behalte meinen Senf für mich. Aber HIER ist mein Space, hier darf ich meine Meinung sagen.
In der Vorbereitung habe ich mir überlegt, welche Zitate wohl zu hören sein würden, und prompt kam Winston Churchill, der sagte: "Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen, abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind." (La démocratie est le pire des régimes, à l’exception de tous les autres qui ont été essayés de temps à autre). Ich konnte das Zitat einfach so ablesen. Preparation is king.
Kritiker haben in einem Punkt recht: Die Demokratie ist schwach, hat zu viele Einfallstore für Manipulation, Korruption und Klientelismus. Anstatt in Angststarre zu verfallen, sollten wir gemeinsam nachdenken und konkrete Vorschläge wie auch Visionen anbieten.
Mein Vorschlag: mehr Momente der Benennung und Delegierung durch Zufall, ähnlich der Schöffenwahl in den Politikbetrieb einfügen. Das könnte zu repräsentativen Gremien führen, deren Mitglieder für Lobbyisten nicht erreichbar sind, abgeschirmt und anonym.
Wichtig ist, dass sie für ihre Zeit gut bezahlt werden, um sich in Fachthemen zu vertiefen, beraten von Wissenschaftlern und Experten. Es gibt sie schon, etwa in der Stadtplanung. Ihre Ergebnisse werden regelmäßig hoch bewertet. Doch bislang hatten diese Gremien nur beratenden Wert. Ich weiß noch nicht genau, wie so etwas in den Politikbetrieb einzuflechten wäre, aber sie könnten Schwächen der Demokratie auszugleichen helfen. EDIT (Leserzuschrift): Fachmenschen sollten in den entsprechenden Bereichen als fachliche Berichterstatter hinzukommen.
Noch ein Punkt: No taxation without representation war einst ein Schlachtbegriff auf dem Weg zur Demokratie. Menschen, die Steuern zahlen, müssen auch ihre Vertreter:innen ins Parlament entsenden dürfen. Den Begriff müssen wir umdrehen: No representation without proportionate taxation, „Keine politische Vertretung ohne anteilige Besteuerung.“ Klingt logisch, scheint aber derzeit ein großes Problem zu sein.
Die Vermögensverteilung in Deutschland ist bei vielen Meetings oft the elephant in the room, alle sehen sie, niemand spricht sie an.
Es wird geschätzt, dass heute den reichsten zehn Prozent der Haushalte 60 bis 74 Prozent des gesamten Nettovermögens gehören, dem reichsten einen Prozent sogar 35 Prozent des Gesamtnettovermögens. 2017 sollen es erst 18 Prozent gewesen sein, 2020 knapp 25. Die Pandemie hat wenige sehr viel reicher und viele ärmer gemacht.
Heute liegen wir bei etwa 35 Prozent und eilen Richtung 50-Prozent-Marke. Das war der Wert, den das eine Prozent 1895, in den Anfängen der Industrialisierung, besaß.
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| Demokratie in der Schule und als Rollenspiel |
Einschub: Diese Prozentsätze sind Schätzungen, denn es fehlen amtliche Daten zu den Reichen und Superreichen. Die Erhebung wurde 1997 gestoppt, als die Vermögenssteuer ausgesetzt wurde (nicht dauerhaft abgeschafft).
Anlass war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995, das bemängelte, dass Immobilienbesitzer steuerlich zu gering belastet würden, was am Durcheinander der veralteten Einheitswerte und Grundsteuermodellen in Ost und West lag. Seit dem 1.1.2025 gibt es die neue Grundsteuer. Logischerweise müsste die Politik nun nachziehen und die Vermögensbesteuerung wieder scharf stellen. Einschubende.
Aufgrund der Schätzungen haben wir kein objektives Bild über die Vermögensanhäufung. Noch ein Problem: Die Werte der Börse sind längst von den Werten der Realwirtschaft entkoppelt, vieles ist im wirklichen Leben nicht gedeckt. Trotz der Verzerrungen werden hier Tendenzen aufgezeigt. Die überhohen Werte an den Börsen haben zudem zu einer massiven Verteuerung von Immobilien geführt, die seit dem Börsencrash 2008 das große Ding sind. In der Konsequenz steigen die Mieten, und zwar deutlich schneller als die Einkommen.
Zur Vollständigkeit der Zahlen: Die unteren 20 Prozent sollen gar kein Vermögen besitzen, etwa neun Prozent verschuldet sein. Auch diese Zahl ist wenig aussagekräftig. Menschen mit Vermögen bekommen leicht Kredite, etwa für Immobilien, die dann von den Mieter:innen abbezahlt werden. Auf dem Papier haben diese Superreichen im Saldo kaum zu versteuerndes Einkommen. Ihre Steuerquote ist oft lächerlich im Vergleich zum Mittelstand.
Viele Wähler:innen fühlen sich ohnmächtig, etliche verzweifelt. An Wahltagen reagieren sie mit „wütenden“ Gesten. Ich entschuldige nichts, ich versuche, es mir zu erklären.
Gier und Habsucht haben in der Bibel keinen guten Stand. Dafür predigt dieser altehrwürdige Text Mildtätigkeit und Nächstenliebe. Und wer regiert? Wunderlich, das Ganze.
Aufgrund der Schätzungen haben wir kein objektives Bild über die Vermögensanhäufung. Noch ein Problem: Die Werte der Börse sind längst von den Werten der Realwirtschaft entkoppelt, vieles ist im wirklichen Leben nicht gedeckt. Trotz der Verzerrungen werden hier Tendenzen aufgezeigt. Die überhohen Werte an den Börsen haben zudem zu einer massiven Verteuerung von Immobilien geführt, die seit dem Börsencrash 2008 das große Ding sind. In der Konsequenz steigen die Mieten, und zwar deutlich schneller als die Einkommen.
Zur Vollständigkeit der Zahlen: Die unteren 20 Prozent sollen gar kein Vermögen besitzen, etwa neun Prozent verschuldet sein. Auch diese Zahl ist wenig aussagekräftig. Menschen mit Vermögen bekommen leicht Kredite, etwa für Immobilien, die dann von den Mieter:innen abbezahlt werden. Auf dem Papier haben diese Superreichen im Saldo kaum zu versteuerndes Einkommen. Ihre Steuerquote ist oft lächerlich im Vergleich zum Mittelstand.
Viele Wähler:innen fühlen sich ohnmächtig, etliche verzweifelt. An Wahltagen reagieren sie mit „wütenden“ Gesten. Ich entschuldige nichts, ich versuche, es mir zu erklären.
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Bild: pixlr.com (Zufallsfund)

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