Samstag, 22. November 2025

Menschenrechtsverfahren

Bon­jour & hel­lo! Ich bin Dol­met­sche­rin Deutsch–Fran­zö­sisch mit Eng­lisch als Aus­gangs­spra­che. Mei­ne Ar­beit führt mich zu Kon­fe­ren­zen, über Kul­tur­events und mit De­le­ga­tio­nen quer durch Deutsch­land und fran­zö­sisch­spra­chi­ge Län­der und die wich­tigs­ten The­men un­se­rer Zeit. Am Sams­tag fol­gen ei­ni­ge Links der Wo­che.

Ihr wah­res Ge­sicht zei­gen die Tech-Gi­gan­ten in Fäl­len wie die­sem: Rich­tern wird die di­gi­ta­le Exis­tenz ge­nom­men.

Ein Rich­ter des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs (IStGH) in Den Haag be­rich­tet über die Ra­che der Mul­ti­mil­li­ar­dä­re, die den di­gi­ta­len Code für vie­le All­tags­be­rei­che kon­trol­lie­ren. Er kön­ne on­line kei­ne Ho­tels bu­chen, sei von vie­len Ein­käu­fen und in­ter­na­tio­na­len Bank­ge­schäf­ten aus­ge­schlos­sen, denn sein Na­me ste­he auf der schwar­zen Lis­te der USA, so Ni­co­las Guil­lou, ein fran­zö­si­scher Rich­ter am IStGH. Er er­lei­det die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen die­ser Straf­maß­nah­me im All­tag, bei der Ar­beit wie im Pri­vat­le­ben. Ins­ge­samt be­fän­den sich sechs Rich­ter und drei Staats­an­wäl­te des Ge­richts­hofs in die­ser La­ge.

Ich fas­se hier Punk­te ei­nes In­ter­views zu­sam­men, das die fran­zö­si­sche Zei­tung Le Mon­de am 19.11. ver­öf­fent­licht hat.

Hin­ter­grund ist die An­kla­ge ge­gen den is­rae­li­schen Pre­mier­mi­nis­ter so­wie sei­nen frü­he­ren Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter auf­grund mas­si­ver Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen im Ga­za-Krieg. Die USA sa­bo­tie­ren da­mit die Ar­beit ei­nes Ge­richts, das selbst ei­ne Kon­se­quenz des Zwei­ten Welt­kriegs und der in­dus­tri­el­len Men­schen­ver­nich­tung durch Na­zi-Deutsch­land ist.

Der ame­ri­ka­ni­sche Sank­tions­me­cha­nis­mus wur­de einst ge­schaf­fen, um Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, Ter­ro­ris­mus und Dro­gen­han­del zu be­kämp­fen. Die Juristen aus Den Haag ste­hen heu­te auf die­ser Lis­te ne­ben Ma­fia­bos­sen und Ter­ro­ris­ten des Is­la­mi­schen Staa­tes.

Jour­na­list Pier­re Has­ki nann­te den Vor­gang im Wo­chen­ma­ga­zin Le Nou­vel Ob­ser­va­teur „ein Sym­bol für die be­droh­te eu­ro­pä­i­sche Sou­ve­rä­ni­tät". Die An­walts­sei­te le­club­des­ju­ris­tes.com be­rich­te­te be­reits im Som­mer, dass Be­trof­fe­ne ih­re E-Mail-Adres­sen ver­lo­ren hä­tten und nicht mehr ein­fach rei­sen könn­ten.

In den Ta­ges­the­men vom 20.11., ab 29'16''
Die Trump-Ad­mi­nis­tra­tion hat die Sank­tio­nen auch auf Lie­fe­ran­ten aus­ge­wei­tet, die „den Ge­richts­hof fi­nan­ziell, ma­te­ri­ell oder tech­no­lo­gisch un­ter­stüt­zen oder ihm Gü­ter oder Dienst­leis­tun­gen lie­fern".
Dar­un­ter sind auch An­wält:in­nen, Sprach­ar­bei­ter:in­nen, Be­ra­ter:in­nen und Ver­tre­ter:in­nen von Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen.

Vie­le ha­ben auf­grund des Drucks ih­re Zu­sam­men­ar­beit mit dem IStGH ein­ge­stellt. Das ist hier kei­ne An­kla­ge, son­dern ei­ne Fest­stel­lung. In Zei­ten der Ex­tre­mis­men ist die ers­te Fra­ge im­mer: Wie er­näh­re ich mich und die Mei­nen? Trotz­dem: Noch ha­ben die meis­ten von uns Spiel­raum.

Von Den Haag zum his­to­ri­schen Vor­bild des Straf­ge­richts­hofs, nach Nürn­berg: Ich ha­be die­se Wo­che über die Aus­stel­lung zu den Dol­met­scher:in­nen des Nürn­ber­ger Pro­zes­ses ge­schrie­ben. Die Ta­ges­schau brach­te Frei­tag­abend ei­nen Be­richt über die Aus­stel­lung, aber auch über den Be­ruf. OK, in der An­mod' fiel das Wort „über­set­zen", wo es „dol­met­schen" hei­ßen soll­te! Aber aus­nahms­wei­se will ich mal nicht so sein.

Ei­ne jun­ge Kol­le­gin mach­te in dem TV-Bei­trag auch klar, war­um die KI den Job nicht über­neh­men kann: aus Grün­den des Ver­trau­ens­schut­zes (wer gibt schon sen­si­ble In­hal­te in die Ma­schi­ne?), der Qua­li­tät (die Ma­schi­nen sind nicht mit sol­chen In­hal­ten trai­niert) und der Ak­ku­ra­tes­se (die Ma­schi­ne lässt weg, er­fin­det, ver­zerrt). Dan­ke für die kla­ren Wor­te, Ei­ke Chris­tin Fes­ter!

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Il­lus­tra­tion: ARD

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