Montag, 17. Juni 2013

Korrigieren?

Hal­lo! Sie le­sen auf den Blog­sei­ten ei­nes vir­tu­el­len Ar­beits­ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen. Ich bin Dol­met­scher­in und Über­set­zer­in für die fran­zö­si­sche Spra­che und aus dem Eng­li­schen. Hier den­ke ich über un­se­ren Be­rufs­all­tag nach ...
 
Dür­fen Sprach­mitt­ler kor­ri­gie­ren? Dür­fen wir bes­ser sein als das Ori­gi­nal?

Wenn ich Dreh­bü­cher über­set­ze, ge­schieht dies meis­tens in ei­nem sehr frü­hen Sta­di­um. Die Pro­du­zen­ten heu­ern mich an, weil ich viel Er­fah­rung ha­be und Sti­le wie­der­ge­ben und hal­ten kann. Ziel ist ein Buch, das sich so liest, als wä­re es auf Deutsch ge­schrie­ben wor­den. Da ver­bes­se­re ich manch­mal im Sin­ne des Au­tors, den ich ja le­send "be­grif­fen" ha­be. Denn häu­fig ge­schieht es, dass beim Än­dern von Stel­len Wör­ter über­se­hen wer­den, die sich zum Bei­spiel im **Ori­gi­nal** dann un­an­ge­nehm wie­der­ho­len (und es ist nicht als Stil­mit­tel ge­meint), um nur ein Mo­ment zu er­wäh­nen.

Sol­che "Feh­ler", die mehr sprach­li­che Un­ge­schickt­lich­kei­ten sind, wie­der­ho­le ich nicht. Ich schrei­be so, wie ich als Au­to­rin auch ge­schrie­ben hät­te. Das führt am En­de da­zu, dass nach Aus­sa­gen man­cher, die bei­de Spra­chen be­herr­schen, sich Über­set­zun­gen ge­leg­ent­lich bes­ser le­sen als die **Ori­gi­na­le**.

Neu­lich war François Hol­lan­de in Chi­na. Er gab in To­kio ei­ne Pres­se­kon­fe­renz, und es un­ter­lief ihm ei­ne sprach­li­che Un­ge­schickt­lich­keit. Er er­wähn­te die Gei­sel­nah­me in ei­ner Gas­för­der­an­la­ge in Al­ge­ri­en, die im Ja­nu­ar zehn Ja­pa­nern das Le­ben ge­kos­tet hat­te. Er un­ter­strich, dass er da­mals das "Mit­ge­fühl des fran­zö­si­schen Vol­kes an das chi­ne­si­sche Volk" über­mit­telt ha­be.

Subjekte der Dolmetscherin beim Einsatz. Hilfsmittel: Computer, Lexik, Fülleretui, Füller, Notizblock im AbendlichtNun sprach Hol­lan­de na­tür­lich nicht Chi­ne­sisch, son­dern wur­de ver­dol­metscht. Die Dol­met­scher­in wuss­te, was ge­meint war, und mach­te "das ja­pa­ni­sche Volk" da­raus. Der Sen­der ntv be­rich­te­te al­ler­dings, dass min­des­tens ei­nem ja­pa­ni­schen Jour­na­lis­ten, der des Fran­zö­si­schen mäch­tig ist, der **Feh­ler** auf­ge­fal­len war. Wie es wei­ter­ging, ist nicht über­lie­fert.

Für uns ist das Aus­bü­geln klei­ner Un­ge­schickt­lich­kei­ten All­tag. Vor ei­ni­gen Ta­gen saß ich bei ei­ner Ver­an­stal­tung ne­ben ei­ner Ge­sand­ten ei­ner af­ri­ka­ni­schen Bot­schaft auf dem Po­di­um, da ver­has­pel­te sich der Mo­de­ra­tor und sag­te wie­der­holt zu ihr: Ma­da­me So­und­so, At­ta­chée der fran­zö­si­schen Bot­schaft. Für die Oh­ren der Be­treff­en­den und ei­ni­ge aus­schließ­lich Fran­zö­sisch­spra­chi­ge im Raum, de­nen ich per Kopf­hö­rer zu­flüs­ter­te, mach­te ich flugs die rich­tige Bot­schaft draus, nur murr­ten die deutsch­spra­chi­gen Zu­hö­rer, de­nen der **Feh­ler** auf­ge­fal­len war.

Das Räch­spern im Raum war nicht zu über­hö­ren, vor al­lem nicht beim 2. Mal. So muss­te ich dann am En­de doch in ei­nem mög­lichst un­auf­fäl­li­gen Ne­ben­satz­schlen­ker den klei­nen Irr­tum er­wäh­nen, der dem Mo­de­ra­tor un­ter­lau­fen war. Ma­da­me nahm es zum Glück ge­las­sen.

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Fo­to: C.E. (von ei­ner an­de­ren Ver­an­stal­tung)

1 Kommentar:

caro_berlin hat gesagt…

Vielen Dank an einen Leser/eine Leserin für das Finden und Mitteilen eines Fehlers in diesem Text. Ist korrigiert!
Gruß, C