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Freitag, 22. August 2025

Altes Haus (1)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Im 19. Jahr be­rich­te ich hier über das Ar­beits­le­ben von Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­tern, al­so von Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zern, Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­schern. Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch, Eng­lisch und na­tür­lich auch Deutsch, mei­ne Mut­ter­spra­che. Was ma­che ich au­ßer­halb der Ka­bi­ne, wenn ich mich nicht ge­ra­de vor­be­rei­te? Hier folgt er­neut ei­ne neue Rei­he, die All­tags­kul­tur, Ge­schich­te und Ge­brauchs­spu­ren ge­wid­met ist.

Der­zeit ent­wick­le ich mei­ne häus­li­chen Ta­len­te wei­ter! Ich war als Kind in der Mit­tel­stu­fe vie­le Jah­re lang in ei­ner in­te­grier­ten Ge­samt­schu­le, wo wir po­ly­tech­ni­schen Un­ter­richt be­ka­men. Ich ha­be es ge­liebt: Holz- und Me­tall­be­ar­bei­tung, Ko­chen und Nä­hen. Vie­le Jah­re spä­ter durf­te ich mal bei ei­ner Prü­fung zur Haus­wirt­schaf­te­rin dol­met­schen und be­kam die Ma­te­ria­li­en des Lehr­gangs zur Vor­be­rei­tung. Ich le­se und ler­ne schnell und von Her­zen ger­ne.

Da­her ha­be ich neu­lich bei ei­nem Freund und bei mei­ner Mut­ter die Kü­chen um­or­ga­ni­siert, al­les nach Ab­läu­fen durch­dacht, das Feh­len­de nach­ge­kauft und ein­sortiert. Bei die­sem Freund hat­te ich um Er­laub­nis ge­be­ten, es war mein Dank­eschön für ei­ni­ge Wo­chen in sei­ner un­ge­nutz­ten Woh­nung am Meer. Bei mei­ner Mut­ter ha­be ich für mich um­sortiert, denn im Ge­gen­satz zu un­se­rer al­ten Da­me ko­che ich ger­ne.

Dann durf­te ich mich ans Stop­fen er­in­nern. Mein Va­ter hat ei­ni­ge schö­ne Ge­schirr­tü­cher aus Lei­nen ge­erbt, die jah­re­lang zu heiß ge­wa­schen wor­den sind, die Weich­spü­ler und di­rek­te Son­ne ab­be­kom­men ha­ben. Das Lei­nen war bret­thart und brü­chig. Erst­mal Lö­cher stop­fen, dann den Na­tur­stoff pfle­gen, war die Pa­ro­le.

Der Na­tur­stoff Lei­nen wird aus den Fa­sern der Flachs­pflan­ze ge­wo­ben. Zu­nächst wer­den die Fa­sern von den hol­zi­gen Stän­geln ge­won­nen, ge­glät­tet, ge­bürs­tet und ver­spun­nen. Lei­nen­stof­fe gel­ten als ide­al in der Kü­che und im Schlaf­zim­mer, denn sie neh­men viel Feuch­tig­keit auf.

Lein­tü­cher und lin­ne­ne Ge­schirr­tü­cher dür­fen nicht in der Son­ne (aus)­tro­ck­nen, son­dern müs­sen scho­nend und im Schat­ten troc­ken wer­den. Gro­ße Hit­ze (auch ein Tro­ckner) macht die Fa­sern sprö­de. Lei­nen gilt als be­son­ders ro­bust. Die Knit­ter­li­ni­en ge­hö­ren da­zu, was ich gut und ent­spannt fin­de. Ich bin kei­ne Freun­din des Bü­gel­ei­sens.

Lei­nen soll, da­mit es fle­xi­bel und ge­schmei­dig bleibt, nur bis 40 Grad Cel­si­us und mit ei­nem Fein­wasch­mit­tel ge­wa­schen wer­den. An­schlie­ßend: sie­he oben.

Im Fa­mi­li­en­be­stand gibt es auch wun­der­ba­re Tü­cher aus ei­nem Lei­nen-Baum­woll-Mix. Die Baum­woll­fä­den da­zu stamm­ten, mei­ner Tan­te zu­fol­ge, aus den auf­ge­rib­bel­ten wei­ßen Strümp­fen der Mäd­chen. Das ist mehr als 100 Jah­re her.

Weil die Stopf­stel­len­tü­cher sich ge­ra­de in der Wasch­ma­schi­ne dre­hen, hier ein Bild der al­ten Baum­woll­tü­cher, links in "Gers­ten­korn­mus­ter" ge­webt, ei­ner Art klei­nem Waf­fel­pi­qué. Das wa­ren da­mals auch Kör­per­tü­cher, al­so vor der groß­flä­chi­gen Ver­brei­tung des Fro­t­tees, das ab den 1850-er Jah­ren in Haus­hal­ten der Ober­schicht sei­nen Sie­ges­zug an­ge­tre­ten hat­te. Aber lan­ge gab es noch bei­des pa­ral­lel.

Altes Tuch im Mittagslicht

Sol­che Tex­ti­li­en sind ge­web­te Ge­schich­te, man­che so­gar mu­se­a­le Ob­jek­te, und sie er­zäh­len viel über un­se­re Kul­tur. Das gilt auch für die Art der Haus­halts­füh­rung in al­ten Häu­sern und ih­re zen­tra­len Ge­gen­stän­de. Viel­leicht soll­te ich ei­ne Le­xik da­zu an­le­gen; wer weiß denn schon, wann die pas­sen­den Kund:­in­nen an­ru­fen ...

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Fo­tos: C.E.

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