Dienstag, 14. November 2017

Die drei W von der Typo

Hier bloggt im 11. Jahr eine Spracharbeiterin. Als Dolmetscherin und Übersetzerin hege ich gewisse Vorlieben für Buchstaben, Typografie und Satz.

In Buchstaben auf dem Tisch: REIM
Morgens in Neukölln
Witwen und Waisen bringen mich zuverlässig zum Schmun­zeln, aber nur im Druck­be­reich. Zumal dieses Feld be­griffs­tech­nisch durch­aus deut­­li­­che Stei­ge­rungs­mög­lich­kei­ten bietet, als da wären: Hurenkinder und die harm­lo­ser klin­gen­den Schus­ter­jun­gen.
Diese Ménage à trois ergänzt aufs Schöns­te der Wal­zen­kö­nig.

Wie kamen Typographen auf derart komische Begriffe? Das weiß ich auch nicht. Ich kenne nur die Bedeutungen der Termini. Die ersten in der Reihe bezeichnen laut Wikipedia "verwandte Typen von Satzfehlern, die den Le­se­rhyth­mus stören und unästhetisch sind".

Das Wort "Witwe" setzt sich in der jüngsten Zeit durch die Globalisierung durch, denn im englischsprachigen Raum wird widow genannt, wenn eine letzte Zeile ohne erkennbaren Zusammenhang frei auf einer Seite steht, wodurch die letzte Zeile eines Absatzes zugleich die erste Zeile auf einer neuen Seite oder einer neuen Spalte ist. (Die sonst auch verwandten Begriffe "Hurenkind", "Hurensohn" und "Hundesohn" geraten daher langsam in Vergessenheit.)

Ein anderer Sprung im Satzspiegel ist die "Waise". Witwen und Waisen sind doppelt verwandt, auch hier gibt es einen mit den Jahren stärker werdenden englischen Begriff, the orphan. Er bezeichnet die erste Zeile eines neu­en Absatzes, die am Ende einer Seite oder Spalte steht und auf der nächsten Seite oder in der nächsten Spalte fort­ge­setzt wird. (Dieses Phänomen heißt auch Schusterjunge. In Berlin wird sonst eine Bröt­chen­art so genannt.)

Das dritte W: "Walzenkönig" heißt ein Papierbogen, der in der Druckerpresse hän­gen­ge­blie­ben ist.

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Foto: C.E.

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