Freitag, 28. Juli 2017

Scharmützel

Bonjour, hello, guten Tag! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Morgendliches Zeitunglesen mit den Fingern auf der Tastatur.

Wäre ich Spracharbeiterin mit dem Schwerpunkt Englisch geworden und im Bereich aktuelle Politik gelandet, ich würde mir jetzt ein anderes Arbeitsfeld suchen. Sprach­unterricht ist ja eine schöne Sache. Oder das Übersetzen von Büchern.

Amerikanisches Englisch ist das Stichwort. Auch der neue Pressesprecher des Wei­ßen Hauses, Anthony Scaramucci, unterläuft zuverlässig die Standards. Das ken­nen wir von dieser Regierung schon. Aber wie las­sen sich solche Aussagen halb­wegs an­stän­dig übertragen, ohne selbst in den Ver­dacht der Obs­zö­ni­tät zu gelangen? Gar nicht. Denn so manches ist derzeit in der Politik unglaublich. In einem Interview mit dem New Yorker sagte dieser: I’m not Steve Bannon, I’m not trying to suck my own cock.

Nomen est omen. Der Name Scaramuccio stammt aus dem italienischen Volks­the­ater Commedia dell'Arte und geht auf das Wort scaramuccia zurück, "Schar­müt­zel". Hier sind verbale Scharmützel gemeint, Wortgefechte, er sich mit den an­de­ren Fi­gu­ren liefert. Ebenso wird der Name auf den Fakt zurück­geführt, dass Sca­ra­muc­cio am Ende der Stücke regelmäßig vom Harlekin verdroschen wird.

Scaramuccio
Scaramuccio
Vielleicht sucht der/die Übersetzerin mittels einer Suchmaschine nach einer halbwegs taug­li­chen Übertragung. Wobei wir Sprach­ar­beiter ohnehin nicht "klassifiziert" werden können durch unsere ständigen komischen Wort­suchen. Vor einigen Wochen hatte ich Doku­mente einer Straf­sache auf meinem Tisch. Was ich da an Be­grif­fen nachschlagen durfte, war auch höchst abenteuerlich. Aber eben Rot­licht­mi­lieu.

Was die Suchmaschinenbetreiber wohl von un­ser­ei­nem denken? Kurz darauf lag ein Arztbrief auf meinem  Tisch, dann Auszüge aus ei­nem Scheidungsurteil. Ich bin froh über mei­nen Ad-Blocker und tant pis, sei's drum, dass ich damit nicht frei surfen kann. Werbung nervt ohnehin.

Vor allem bekomme ich nicht automatisch irgendwelche "meinen In­te­res­sen" ent­spre­chen­de Werbung an­gezeigt.

"Stil ist alles", sagte James Joyce einst. Der Glückliche, er kannte die modernen Algo­rithmen noch nicht.

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Illustration: Maurice Sand, Masques et bouffons
(
Wikicommons)

4 Kommentare:

Th. hat gesagt…

Hi Caro,
Spiegel und FAZ bringen's die wörtlichen Übersetzungen. Und so viel Englisch können die Leute, um zu erkennen, dass es sich nicht um eine mutwillige Fehlübersetzung handelt.

Gruß
Th.

caro_berlin hat gesagt…

Ja, schon klar. Mir geht's auch mehr ums Prinzip. In der amerikanischen Politik entgleitet immer mehr. Hohe Zeit für ein Impeachment.

Und Goldlocke zu verdolmetschen endet entweder in verfälschender Aufhübschung ... oder Unwissende halten den betreffenden Kollegen für blöd. Naja, inzwischen sollte sich rumgesprochen haben, wie Wortschatz und Stil gewisser Herren dort sind.

Schönen Urlaub wünsch ich. Traf neulich Britta, ich weiß also, dass Ihr schon weg seid. Wieder Norwegen?

Grüße
c

caro_berlin hat gesagt…

P.S.: Den hat Harlekin schnell verdroschen. Nach nur zehn Tagen sagte der Boss: "You're fired!"

Schlechte Soap opera.

Vega (Bine) hat gesagt…

Elect a clown, expect a circus.