Freitag, 6. Mai 2016

Über Titel

Was Dolmetscher und Übersetzer so umtreibt, das können Sie hier im zehnten Jahr mitlesen. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik, Wirtschaft und Handel, Soziales und Kultur —  besonders Film und Medien. Während die Mitbewohnerin in Berlin die Setzlinge gießt, bin ich mal kurz in Schwerin.

Ganz früher, noch zu Stummfilmzeiten, hießen sie "Tafeln". Heute stehen Titel meistens unten, also in Mitteleuropa, ist der Platz zu knapp, kann aus dem Unter- schon mal ein Übertitel werden. Schriften, die sich von unten nach oben lesen, finden am Bildrand ihren Platz.

In Japan stehen die Titel an der Seite
Hier fehlt beim wunderbaren Film "Tokyo Fiancée" von Ste­fan Liberski nach dem gleich­na­mi­gen Roman von Amélie Nothomb ganz eindeutig weiterer Platz unten im Bild, denn die Ausgangstitelsetzer und -größeneinsteller hatten keine Ahnung davon, dass eine weitere Sprache hin­zu­kom­men sollte.
Der Film ist von 2014 und gilt damit als alt.

Der Sales Agent hat sich leider nicht die Mühe gemacht, eine Version ohne Un­ter­ti­tel zur weiteren Bearbeitung zu senden. Für weiteres Insistieren bei Regisseur und Produktion fehlt im Festivalvorbereitungsalltag dann das Personal. Internationale Weltvertriebe (Sales Agents) sehen Filme als schnell verderbliche Ware. Das gefällt mir gar nicht, denn es stimmt nicht. Filme sind immer auch Kultur.

Ach, es lässt sich über alles promovieren, sogar über Übertitel; und manche Un­ter­ti­tel, die unsereiner so auf Festivals oder im TV sehen muss, sind deshalb un­ter­ir­disch, weil die Honorare der Untertitler so stark gefallen sind. Halt, nein, nicht "gefallen", sie sind gedrückt worden, es handelt sich hier nicht um ein Na­tur­phä­no­men (wie ein fallender Hochwasserstand z.B.) ... Was einst ein echter Beruf für erfahrene, ausgewachsene Menschen war, ist zum Gelegenheitsjob für Schüler und Studenten im Grundstudium verkommen (worden). Die Schuld dafür tragen einige Firmen, Agenturen und Sprachmakler, aber auch manches Festival stellt sich nicht die Frage nach der Bezahlung jener, die die Arbeit am Ende wirklich machen. Das sollte sich ändern. Festivals, wir müssen reden.

Gleich noch eins. Liebe deutsche Verleihfirmen: Ich weiß nicht, ob Ihr den Film von Liberski wahrgenommen habt, nicht nur ich fand ihn ganz ausgezeichnet, ein Berliner Kino hätten wir bereits, das ihn gerne spielen würde, vielleicht gibt's in Belgien ja auch eine Förderung zur Herausbringung.

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Foto: C.E.

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