Montag, 7. Dezember 2015

Something fishy

Hallo, bon­jour, welcome! Hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­set­zerin aus Pa­ris, Ber­lin und von dort, wo Sie mich brau­chen.

Aquarell mit Fischen
Blauer Montag
Nach den Ergebnissen der Regionalwahlen in Frankreich gilt erstmal: Mütchen kühlen und klaren Kopf bewahren. Am besten hilft da, ins kühle Nass abzutauchen. (Moment, wo steht nochmal das Sparschwein für den Straf­obo­lus für abgedroschene Phrasen?)

Wo ich heute schon mal blau mache, siehe rechts, fällt mir bei manchem grobem Un­sinn auf, der mir leider bei der Zei­tungs­lek­tü­re entgegenschlägt, dass wir Über­set­zer­in­nen und Dolmetscher wohl nie arbeits­los werden, gar zu zahlreich sind die Slang­ausdrücke, Kraft­spra­chen, Re­dens­ar­ten, Sprich­wörter und literarischen Kon­no­ta­tio­nen, die in den verschiedenen Idiomen manche Wörter auslösen.

Bleiben wir beim Beispiel des Aquariums, seinen Bewohnern und deren Art­ge­nos­sen. Vom Aal in der Grass'schen "Blechtrommel" über das Fischsymbol in der Re­li­gion bis hin zu something fishy (etwas ist faul an der Sache) und en queue de pois­son (etwas verläuft im Sand) bis hin zum Deutschen "Der Fisch stinkt vom Kopf her" ist das Spek­trum weit. Und auch wenn es der letzten Reihung es zwar nur um Nu­an­cen geht: um was für welche! An derlei können diplomatische Verhandlungen scheitern.

In der französischen Sprache fühle ich mich wie der Fisch im Wasser. Außerhalb der Arbeit übe ich mich im Sehen (mit minus 10 Dioptrien und krummer Au­gen­ober­flä­che keine ein­fa­che Sache). Sprich­wörter helfen dabei. Mein chinesi­sches Lieb­lings­sprich­wort: "Wer den Himmel im Wasser sieht, kann die Fische in den Ästen er­ken­nen."

Neulich durften wir als Dolmet­scherin eine Fishbowl-Diskussion dolmetschen. Das ist eine kreisrunde Sitz­an­ordnung. Die war für uns nicht leicht, denn was wir nicht hören, lesen wir vom Mund ab. Bei manchen dieser Tisch­kreise steht in der Mitte ein Stuhl für den Gastredner. Hier kam niemand hinzu. Also saßen wir im Wechsel in der Mitte, dolmetschten mit einer mobilen Flüster­anlage und ließen den Stuhl wan­dern, was zwischen­durch Belusti­gung ausgelöst hat. Am Ende fühlten wir uns selbst wie die Fisch­lein im Glase ...

Zurück an den Schreibtisch! Eine Redensart aus der Welt der Fischer besagt: A bad day of fishing is still better than a good day at the office! Dumm nur, wenn der Fisch­fangort das Büro ist. Dann nehme ich lieber den Fisch als Zeichen für Frucht­bar­keit und Wohl­stand. Babelfish.de und Konsorten werden uns jedenfalls nicht arbeitslos machen.

Auf zum Mittagessen. Was es gibt? Natürlich fish and chips.

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Illustration: C.E.

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