Dienstag, 8. Dezember 2015

DuSie, die Erste

Bonjour aus Berlin! Sie sind bei einem Weblog aus der Welt der Sprachen ge­lan­det. Hier schreibe ich über Dolmetschen und Übersetzen für Medien, Politik, Wirt­schaft, Kunst, Gesellschaft und Soziales.

Seminargruppe und Flüsterdolmetscherin in der Mitte
Seminarsituation im Sommer
Eine junge Kollegin ist auf die Hochschulbank zu­rück­ge­kehrt, Fernstudium, eben war die erste Prä­senz­wo­che. Sie ist entsetzt: Ihre Mit­stu­die­ren­den haben sie gesiezt.

Ich be­ru­hi­ge sie, das will nicht viel sagen. In Frank­reich haben wir Studis uns zu­nächst al­le gesiezt. Spontan ge­duzt wurde ich erst an deut­schen Unis.

Dort fand ich auch befremdlich, plötzlich "Frau Elias" genannt zu werden. (So hieß doch meine Mutter!)

Zehn Jahre nach Studienende, anfang der Nuller Jahre, hab ich die Seite ge­wech­selt. Sich von der Gruppe zu lösen und vorne hinzusetzen, war nicht leicht. Kurz zuvor haben wir auf den Hausmeister gewartet, der uns den Seminarraum öffnen sollte, die Studis und ich durften warten, wie gesagt, erster Tag. Einige wunderten sich, wo Mme E. denn wohl bleibe. Ich hab nüscht gesagt. Was ich denn studieren würde. Das Eintreffen des Schlüsselmanns bewahrte mich vor dem Ant­wor­ten­müs­sen.

Wir haben uns im Seminar dann alle geduzt. Eine meiner Studentinnen war sogar ein Jahr älter als ich, es wurde eine nette Fahrgemeinschaft daraus. Das war zu Beginn der unseligen Pisa-"Reform" ... als ich knapp acht Jahre später aufgehört habe, ließ ich mich schon seit einigen Jahren siezen. Einmal unterhielten sich zwei in der Bank vor mir über ihre Abithemen, die Erinnerungen waren noch frisch. Da waren sie mir dann aber echt zu jung.

Und jetzt kommt der Knaller: Offenbar siezen sich heute in manchen Studien­gän­gen so­gar Gleichaltrige — und zwar auch noch nach Wochen und Monaten! Bei der Übersetzung eines Drehbuchs, das im Hoch­schul­milieu spielt, würde ich das also nur nach einer Recherche anpassen.

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Foto: C.E. (Archiv)

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