Donnerstag, 31. Juli 2014

Julipreise

Hallo auf den Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs. Ich arbeite mit Sprache. Zu Wochenanfang habe ich insgesamt zehn Stunden lang gedolmetscht. Danach bin ich eher wortkarg, es sei denn, Honorare werden verhandelt. Kurznotiz aus dem Sommerbüro.

Andere Wirtschaften rechnen anders ...
Kundenanruf im Juli. Was denn eine Dolmetscherin pro Tag so berechne, will die Stimme wissen. Ich nenne den Preis. Eine kurze Pause entsteht. Ob es denn nicht billiger gehe? Es sei doch Sommer.

"Ah", sage ich, "sind verdolmetschte Worte mit überreifen Erdbeeren zu ver­glei­chen?"
Nein, meint die anrufende Person, im Som­mer sei doch weniger los, da könne ich doch Entgegenkommen zeigen und ...

Meine Antwort fällt eher trocken aus. Das könne man genau andersherum sehen. Wenn es weniger Aufträge gibt, müsse logischerweise der Preis je Einsatz stei­gen, um das gleiche Ergebnis zu er­zie­len.

Ist doch nicht mein Bier!
Ich erkläre, dass die Nachfrage mitnichten sinkt, sie ist nur anders, we­ni­ger Kon­fe­ren­zen, mehr Industriekunden.

Außerdem sei im Sommer die Mehrzahl der Kol­le­gin­nen und Kollegen verreist, also müsste der wirtschaftlichen Theorie zufolge mit dem sinkenden Angebot der Preis steigen.

Schweigen am anderen Ende der Leitung. 

"Keine Angst," sage ich daraufhin, "meine Ausgabepositionen bleiben über al­le Mo­na­te in etwa gleich, sie sind der Maßstab meiner Honorarhöhe. Also habe ich kei­nen ex­tra­hohen Sommerpreis."

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Fotos: C.E.

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