Donnerstag, 31. Juli 2014

Julipreise

Hallo auf den Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs. Ich arbeite mit Sprache. Zu Wochenanfang habe ich insgesamt zehn Stunden lang gedolmetscht. Danach bin ich eher wortkarg, es sei denn, Honorare werden verhandelt. Kurznotiz aus dem Sommerbüro.

Andere Wirtschaften rechnen anders ...
Kundenanruf im Juli. Was denn eine Dolmetscherin pro Tag so berechne, will die Stimme wissen. Ich nenne den Preis. Eine kurze Pause entsteht. Ob es denn nicht billiger gehe? Es sei doch Sommer.

"Ah", sage ich, "sind verdolmetschte Worte mit überreifen Erdbeeren zu ver­glei­chen?"
Nein, meint die anrufende Person, im Som­mer sei doch weniger los, da könne ich doch Entgegenkommen zeigen und ...

Meine Antwort fällt eher trocken aus. Das könne man genau andersherum sehen. Wenn es weniger Aufträge gibt, müsse logischerweise der Preis je Einsatz stei­gen, um das gleiche Ergebnis zu er­zie­len.

Ist doch nicht mein Bier!
Ich erkläre, dass die Nachfrage mitnichten sinkt, sie ist nur anders, we­ni­ger Kon­fe­ren­zen, mehr Industriekunden.

Außerdem sei im Sommer die Mehrzahl der Kol­le­gin­nen und Kollegen verreist, also müsste der wirtschaftlichen Theorie zufolge mit dem sinkenden Angebot der Preis steigen.

Schweigen am anderen Ende der Leitung. 

"Keine Angst," sage ich daraufhin, "meine Ausgabepositionen bleiben über al­le Mo­na­te in etwa gleich, sie sind der Maßstab meiner Honorarhöhe. Also habe ich kei­nen ex­tra­hohen Sommerpreis."

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Fotos: C.E.

Dienstag, 29. Juli 2014

Speisekartenpoesie

Will­kom­men auf den Sei­ten mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs, dem ersten Web­log aus dem In­ne­ren der Ka­bine der Französischdolmetscher. Heute gehen wir ku­li­na­risch auf Tour.

Eine Speisekarte in Spanien —  hier gibt es kuriose Dinge zu essen, Beispiele: Feiger salat, Aubensalat, Kuddelmuddel, Gazpacho eingebovenes des Cordobas und die allseits beliebte Suppe des kuddelmuddels (Groß- und Kleinschreibung stammt vom Original).
Reiseerinnerung aus Spanien
Der Sommer ist durch die Rei­sen auch die Zeit man­nig­fal­ti­ger Übelsetzungen auf Spei­se­kar­ten. Ich bin gespannt, ob ich am Ende dieser Wochen Leserzuschriften mit Bei­spie­len erhalte, gerne als Fo­to­do­ku­ment.

Ich erinnere mich gerne an die "Vorzeittomaten" (po­mo­do­ro passati) und an die "wü­ten­de Feder" (penne all'ar­ra­bi­ata) aus meiner Kindheit.

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Foto: Friederike Elias (Archiv)

Montag, 28. Juli 2014

Denkpause

Schlafende Katze, die ihre Hinterpfote über die Augen gelegt hat
Das Personal hat die Schlafmaske nicht gewaschen
Hallo, hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Von Berufs wegen denke ich über Sprache nach.

Im Hochsommer geträumt: Das Wort "Schneebel". Das gibt zu denken.

Nachtrag: Zwei Tage später träume ich vom Ende der DDR. Ich bin auf der Frie­drich­straße, es treten auf: Heiner Müller, dem ich damals begegnet bin, und Schalck-Golodkowski, dem ich nie begegnet bin.

Aufgewacht bin ich vom Geräusch von Rollkoffern mitten im Traum. Das Ge­räusch hat nicht gepasst.

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Foto: Julia Dombrowski

Sonntag, 27. Juli 2014

Sommeridylle

Bonjour ! Interessieren Sie sich für Dolmetschen und Übersetzen? Dann sind Sie hier auf meinen digitalen Tagebuchseiten richtig. Sonntags werde ich privat, das muss dann nicht unbedingt mit Sprachen zu tun haben: Sonntagsbilder!
 
Summer in the City ist abends besonders schön.

Efeubegrünte Fassade, in der man die Fenster/Balkone noch ahnen kann
Suchbild mit Balkon

Sonnenuntergang, Boot, Landwehrkanal
Postkartenmotiv. Naja, Kitschpostkartenmotiv.

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Fotos: C.E.

Samstag, 26. Juli 2014

Weiße und bunte Mahlzeit

Bonjour auf den Seiten des Logbuchs einer Sprachmittlerin für die französische Sprache. Hier denke ich über meinen Berufsalltag nach, der mich zwischen den Orten der Politik, Kultur und des gesellschaftlichen Lebens manchmal ganz schön auf Trab hält.

Wildkräutersalat vom Maybachufermarkt: Giersch, Melde, Löwenzahn, Knoblauchrauke, Kerbel, Barbarakraut, Gundelrebe, diverse Blüten und viel mehr, 2,50 Euro je 100 gr., regional und ökologisch
Mein Lieblingssalat vom Maybachufermarkt
Das Internet bringt soziale Events mit sich, die wir uns früher nicht hätten aus­den­ken können. Nehmen wir zum Beispiel den Flashmob (mo­bi­li­sa­tion éclair). Spontan ver­ab­re­det, treffen sich Men­schen, um auf dem Al­ex­an­der­platz wie Tote auf dem Pflaster zu liegen oder einem Uniseminare zu folgen ... oder aber Un­be­kannte tref­fen einander zum Essen.

Die Sache geschieht als Protest gegen Krieg und Sparpolitik, oder aber aus Spaß. Die Sache ist ein Hype, seit es Internet gibt. Eine innere Stimme meldet Protest an. Denke an 1968! OK, übergeredet, wie der weltbeste Patensohn früher gesagt hat, früher hieß sowas sit in oder teach in und der Spaßfaktor war damals auch wichtig. Aber ein spontanes Dinner in Weiß, wie ich es vor Jahren in Paris erlebt habe, ging doch irgendwie nicht vor Zeiten des World Wide Web, oder? Sicher nicht in dem Ausmaß.

Lauter weiß gekleidete Menschen treffen sich spontan mit Tisch, Stuhl, Ver­zehr­ba­rem und nicht nur Weißwein, Tischdecke und, warum nicht, der weißen Stoff­ser­viet­te. Die Szene findet zunächst in Paris statt. Die Idee ist ähnlich wie die Fête de la musique ein französischer Ex­port­schla­ger, inzwischen wird ihr aux quatre coins du monde gehuldigt, in allen Ecken der Welt: 2013 wurde in 40 Städten an pro­mi­nen­ten Orten stilvoll gespeist und der Sommer (oder der warme Herbstabend) ge­fei­ert. Livemusik, Serviettenschwenken und Wunderkerzen (cierges scintillants) scheinen auch Pflichtteil des Programms zu sein.

Die spontane Besinnung auf Stil und Tradition ist perfekt vernetzt und wird von Profis logistisch koordiniert, was ich diesem Film entnommen habe. Auf das Berliner Event wird von offizieller Seite nicht hingewiesen.



Das diner en blanc, fand vor einigen Wochen bereits zum 3. Mal in Berlin statt. Der Film stammt von der hiesigen Premiere des Events. Ich habe es leider verpasst, bin dafür wohl noch nicht in den richtigen Kreisen. Statt­des­sen wurde ich zu einem Themenessen eingeladen: "Der bunte Festtagsbra­ten". Es gab Kaviar, dann eine Spi­nat­cre­me­sup­pe, gefolgt von zartem weißem Kö­nigs­lachs mit goldgelb ge­sot­ten­en Tel­to­wer Rübchen, rote Beete sowie blauen Kar­tof­feln aus Frankreich, auch Trüf­fel­kar­tof­feln genannt. Der Zwischengang bestand aus Wildkräutersalat mit ess­ba­ren Blüten, dann folgte irgendein totes Tier mit But­ter­möhr­chen und grünen Bohnen. Zum Dessert gab es Heidelbeeren und belgisches Bit­ter­scho­ko­la­de­sor­bet (also ohne Sahne).

So bunt und vielfältig wie das Essen waren die Gäste. Die Sache war allerdings kein Flashmob, sondern folgte dem Prinzip: Kein Beruf und keine Nationalität durfte zwei Mal vertreten sein. Das ging übrigens gründlich schief, denn der Gastgeber, ein Dolmetschkunde, den ich vor einiger Zeit ver­hei­ra­ten ge­hol­fen hatte, war der festen Überzeugung, dass ich Französin sei. Fotos gibt's keine vom Abend. Es war Prominenz zugegen, Knipserei war nicht er­wünscht.

Der Fehler auf der Gästeliste, der ich meine Anwesenheit verdankte, wäre mit etwas In­ter­net­re­cherche vermeidbar gewesen. Ohne Internet auch kein weißes Diner, war ich überzeugt. Aber ach, mein Gedanke stimmt nicht: Das diner en blanc feierte in Paris letztes Jahr sein 25. Jubliäum.

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Film: YouTube, Foto: C.E.

Donnerstag, 24. Juli 2014

Teleprompter vs. historische Stätte

Bonjour und guten Tag! Hier lesen Sie Notizen aus dem Berufsalltag einer Über­setzerin und Dolmetscherin beim ersten Blog Deutschlands, das im Inneren einer Dolmetscherkabine entsteht.

Vier Berufe auf einem Bild
Der Redner auf dem Monitor hat so ein durchsichtiges Dingens vor dem Gesicht, auf dem vermutlich der Text an­ge­zeigt wird. Beim Fern­se­hen nennt sich sowas "Te­le­promp­ter".
Es führt dazu, dass der Mann, der heute die in­ter­na­tio­na­le Presse informiert, schnel­ler spricht, als wenn er frei reden würde. Es geht um neue Traktorentechnik.

Im Fenster vor uns können wir den Kellnern zuschauen, die die Reste vom Empfang wegräumen. Sie hatten von hier aus die illustre Gesellschaft mit Häppchen und Ge­trän­ken versorgt. Wir befinden uns im Herzen Berlins in einem palastartigen Ge­bäu­de. Die Herren vom Service (eine Dame kann ich nicht sehen) geben sich alle er­denk­li­che Mühe, das Abräumen leise zu gestalten. So ganz klappt es leider nicht.

Die umgebende Geräuschkulisse ist aber gar nicht schlimm. Wir können wir das Geklapper und Tischerücken fast nicht wahrnehmen. Fünf Kabinen stehen in ein- und derselben Reihe in einem großen, schmucklosen Raum, Wand an Wand mit dem großen Marmorsaal, aus dem die Veranstaltung übertragen wird. Was wir am besten hören können, sind, nach den Rednerstimmen im Kopfhörer natürlich, die Dolmetscherkollegen der Nachbarkabinen. Das ist den Arbeitsbehausungen zu­zu­schrei­ben, die recht betagt anmuten.

Diverse Berufsverbände der Sprachmittlergilde haben über Jahrzehnte dafür ge­kämpft, dass unsere Kabinen gewisse Standards an Komfort und Schallisolierung auf­wei­sen. Ihre Arbeit war ebenso richtig wie wichtig. Nach aktivem Pro­be­be­woh­nen dieser historischen Hütten wissen wir das jedenfalls. Vielen Dank, li­ebe Vor­müt­ter und -väter!

Am Ende steht unser chef de cabine vor uns, ein älterer, renommierter Herr, und mein­t grinsend mit Blick auf die temporären Arbeitsstätten: "Die sind aus dem Ausland her­beige­schafft worden. Hier in Berlin könnte man sowas als Kunst­in­stal­la­tion ver­kaufen." Und er beschloss mit einem: "Ist das Kunst, oder kann das weg?"


Vokabelnotiz
Der Dolmetscherberuf ist in Sachen Stress mit dem von Piloten vergleichbar. Kein Wunder, dass auch bei uns der Boss chef de cabine heißt.
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Foto: C.E.

Dienstag, 22. Juli 2014

Museum der Wörter 7

Hallo, hier bloggt eine Spracharbeiterin. Ab und zu erinnere ich an Begriffe, die wir den jüngeren Generationen erklären müssen. Aus aktuellem Anlass gehen wir ins Lebensmittelgeschäft.
            
          K
olonialwarenladen, Gurkenfass, Muckefuck.

   

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Idee: H.F.

Montag, 21. Juli 2014

Serendipity

Hello, bonjour, guten Tag ... hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin.  

Heute trifft in meinem Büro eine ganze Armee Weihnachtsmänner auf eine Bat­te­rie Mähdrescher, in den Eiskristallen spiegelt sich das erntereife Korn und die Schneemänner messen sich in der Größe mit Rotoren und Gummikettenreifen.

Das ist diese Art merkwürdiger Zufälle, wie sie in den Arbeitszimmern von Über­setzern und Dolmetschern auftreten. Ich werde durch ihn schlagartig in die ak­tu­el­le Jahreszeit zurückgeworfen und sage nur: serendipity. Ein schönes, englisches Wort, für das es kaum eine Übersetzung gibt. Ich wüsste jedenfalls keine, und vor lauter Verzweiflung, ähhh, Verzauberung für das, wofür das Wort steht, sagen die Franzosen jetzt auch sérendipité oder so, hier gibt's das auch auf Deutsch: Se­ren­di­pi­tät. Einfach nur eingedeutscht und |frisiert| französisiert fehlt mir bei den Worten etwas, was beim Original mitgeschwungen hat. Es klingt nicht gut.

Das Wort bezeichnet den Zufall, der eine Entdeckung auslöst. Während man das eine sucht, zeigt sich das Unerwartete. Wir halten kurz inne, eine Gedenk­mi­nu­te für Christoph Columbus.

Und während ich Webseitentexte freigebe, mit denen Weihnachtskram verkauft werden soll, mein Auftrag der letzten Woche, und ich schon völlig im neuen Stoff versinke und das Stroh unter den Füßen zu spüren glaube, wird mir schlag­ar­tig bewusst: Endlich stecke ich thematisch nicht mehr im Winter. Ouf! Hat ja auch gar nicht zum Hochsommer gepasst.

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Foto: wird nachgeliefert

Sonntag, 20. Juli 2014

Sommerbüro

Hallo, beabsichtigt oder zufällig sind Sie mitten im Arbeitstagebuch einer Kon­fe­renz­dol­met­scherin und Übersetzerin gelandet. Hier denke ich über unseren viel­fäl­ti­gen Beruf nach. Es ist Sonntag, Zeit also fürs Sonntagsbild.  

Das Bild zur Woche stammt dieses Mal nicht aus meinem Fotoapparat, sondern vom Bundesarchiv. Vielen Dank für diese Freigabe via Wikicommons!

Eine Frau, die eine Badekappe und einen Badeanzug trägt, sitzt auf einem Klappstuhl und tippt in eine alte Maschine, die vor ihr auf einem Klappstuhl steht. Dabei sitzt sie bis zum Bauch im Wasser eines großen Beckens oder Kanals.
Fotograf: unbekannt / 1926
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Foto: Bundesarchiv, Bild 102-08112 / CC-BY-SA
(bearbeitet durch C.E.)

Mittwoch, 16. Juli 2014

Landing page optimization (not)

Bonjour und willkommen auf dem ersten Blog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Oder aber ich sitze im Büro oder auf dem angrenzenden Balkon, um über Sprache und meinen Berufsalltag nachzudenken.

Arbeitplatz der Adventsproduktetextschmiede
Nein, |liebe| unliebe Wer­be­treibende, Spam­mer, IT-Budenmitarbeiter oder sonstige Men­schen, ich tausche keine Banner (Wie jetzt, Banner? Die WM ist doch vorüber!), ich will auch nicht 24/24 optimieren und beim Thema Landing denke ich nur an die Bienen und daran, welche Blumen ich kaufen muss, damit die Bienen und Hum­meln auch was davon haben.

Was unsereiner an Mails so wahrnehmen muss, folgt gleich unten. Und wirklich wichtige Nachrichten, die Zusage eines Dolmetschkunden für Anfang September, erfahre ich dann eher zufällig, weil die Mail im Labyrinth des Weltweiten hän­gen­ge­blie­ben ist. Gnarz.
Achtung, Ihre Landing page muss dringend optimized werden! Bounce Rate Optimization ist sehr wichtig, damit die Absprünge nicht die Con­ver­sion killen. Wir empfehlen Eyecatcher in 3D und die In­te­gra­tion eines Response-Elements (z. B. Call-Back-Button), damit In­ter­acti­vi­ty die Seite attraktiv macht. Schaffen Sie Klarheit über Ihre Web Usa­bi­li­ty! Wir helfen, auf hohe Conventions zu optimieren. Wir sagen Ihnen auch, ob es möglicherweise ein Makeup oder Total relaunch sein muss. Sprechen Sie uns 24/24, 7/7 an.
Nee, und rund um die Uhr werde ich sowieso niemanden ansprechen, und schon gar keinen Dienstleister. Meine Gedanken kreisen auch nur von nine to five um die Übersetzung und Neubetextung von Adventsbedarf, das ist mein derzeitiger Auf­trag. Irgendwie ist mir abends nach so vielen Eiskristallen und Schneemännern immer nach Ab­küh­lung und ich riskiere den big splash in den See.

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Foto: C.E.

Dienstag, 15. Juli 2014

Alte Schreibmaschine

Welcome, bienvenue, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über ihren Berufsalltag. Meine Sprachen sind Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (Ausgangssprache).

Meine Vorfahren waren Garnhändler. Sie reisten von ihrem Firmenstandort in West­sachsen aus viel durch Europa, sprachen mehrere Sprachen und be­sa­ßen wun­der­ba­re Arbeitsgeräte: Alte Füller, Löschwiegen, Papiersammler und andere Objekte, die heute Liebhabern alter Kontore die Herzen höherschlagen lassen.

Im alten Haus dieser Ahnen fanden sich zwei Schreibmaschinen an: Die Remington mit deutscher Tastatur als kleine, praktische Reiseschreibmaschine, sie ist jün­ger als das zweite Gerät und wird von der Tante noch regelmäßig benutzt, sowie die große, schwere Standmaschine, eine Continental, die im nahegelegenen Schönau bei Chemnitz hergestellt wurde.

Groß, schwer, elegant: Büroschreibmaschine
Irgendwann kam sie zu mir. Sie steht aus Dekorationsgründen im Büro auf einem Aktenschrank. Jetzt erhielt ich eine Übersetzungsanfrage, die eine recht aparte Bedingung be­in­hal­tet: Ich müsse die abzuliefernden Texte auf der Maschine schreiben. Arbeiten in Zeiten von Wirtschafts- und Po­li­tik­spi­o­na­ge ...

Eine liebe Kollegin fand für mich ein Ge­schäft, das zweieinhalb Kilometer von meiner Wohnung entfernt im Nach­bar­be­zirk liegt. Dort werden mich meine Wege also demnächst hinführen, damit das Gerät, das leicht klemmt, überholt wird. Ich freue mich auf das Arbeiten mit dem Museumsstück.

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Foto: Archiv

Montag, 14. Juli 2014

durchstechen

Willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Weblogs aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Hier schreibe ich über unseren Berufsalltag oder denke über Begriffe nach, oft auch vom Übersetzerschreibtisch aus.

... sei ein "unmögliches Verhalten", dass das kritische Gutachten zur Doktorarbeit durchgestochen wurde. Annette Schwavan am 14. Oktober ...Jeden Tag höre und lese ich Nach­rich­ten. Das Thema Fuß­ball­ über­wie­gt wei­ter. Wann hört das auf? Politik ist so viel spannender! Nachmittags sagt eine Sprecherin "Schamps­eliseh", dortselbst paradiert zur Erinnerung an die fran­zö­si­sche Re­vo­lu­tion die Armee. Die Nach­rich­ten­auf­sa­ger­in hat offenbar nie die Sprache des NachbarnIm Gespräch mit Journalisten in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin ließ er am Donnerstagabend durchblicken, dass er auf eine neuerliche Kandidatur verzichtet. Zwar vereinbarte man Verschwiegenheit - doch die Information wurde schon in den frühen Morgenstunden durchgestochen. gelernt und kam leider nicht auf die gute Idee, ihre Aus­spra­­che zu hin­ter­fra­gen.
Konjunktiv II Futur II von durchstechen, KonjugationstabelleAn­de­re Be­grif­fe werden in den Medien auch un­ge­prüft über­nom­men. In letzter Zeit häuft sich die Redewendung "etwas durch­stechen". Mich befremdet der Ausdruck, seit ich ihn das erste Mal gehört habe. Er klingt mi­limi­tä­risch. Links Übungsmaterial für den Fall, dass wir es (gegen unseren Willen) wür­den benützen müssen.

Wer da gestern über die Felder marschiert ist (le champ — der Acker), habe ich mir schon angesehen, naja, auf dem Papier. Wer weiß, vielleicht kommt mal jemand in einer Rede drauf zu sprechen.

Aber darauf, mir jetzt für "durchstechen" eine französische Entsprechung mit derselben Konnotation auszudenken, habe ich keine Lust.


Die offizielle Bildergalerie des Elysée-Palasts hier: klick.
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Fotos: Medien- und Netzfunde

Sonntag, 13. Juli 2014

Ruhetag

Bonjour! Interessieren Sie sich für Dolmetschen und Übersetzen? Dann sind Sie hier auf meinen digitalen Tagebuchseiten richtig. Sonntags werde ich privat: Sonntagsbilder!

Fußball ist nicht mein Ding. Und für wen ich bin, wissen nur Eingeweihte. Mein heu­ti­ges Fo­to passt jedenfalls zum hohen Feiertag. Gesehen in der Ber­li­ner Friedelstraße, in der auch viele internationale Restaurants und Knei­pen sind.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 10. Juli 2014

Heute mach ich blau ... (2)

Guten Tag (oder gu­ten Abend, gu­te Nacht ...)! Ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig sind Sie auf den Blog­sei­ten ei­ner Sprach­ar­beiterin gelandet. Wie wir in Berlin, Paris, Mün­chen, Köln, Lyon und Marseille als Dolmetscher und Übersetzer arbeiten, er­zähle ich auf diesen Blogseiten. 

Neulich sah ich Tisch und Stuhl im Grünen, das war ein in­spi­rie­ren­der, naturnaher Ar­beits­platz.

Heute wird es urbaner in mei­ner kleinen Reihe der mög­li­chen Arbeitsplätze. Hier ein Bild aus Neukölln. Die Ab­ge­bil­de­te ist Deutsch­leh­re­rin für Migranten und bereitet ih­ren Unterricht vor.

Einen schönen Arbeitstag wünsche ich! Und ich mache weiter mit den Über­setzun­gen und dem Um­texten von Beschreibungen einer Webseite für Weih­nachts­mann­bedarf (oder sowas in der Preislage).

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Foto: C.E.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Gewitter zum Quadrat

Bon­jour und Hal­lo auf den Seiten des ersten Weblogs aus dem Inneren der Dol­metschkabine. An Tagen außerhalb dieses kleiderschrankgroßen Trumms arbeite ich als Übersetzerin aus dem Französischen und Englischen.

Blick in ein kleines Schlauchbad mit Wanne
Mein Badezimmer
Draußen echtes Gewitter aus Blitz, Don­ner und Regen, drinnen Kopfgewitter und das Warten auf den Geistesblitz. Ich bin ja mal froh, dass wir nicht die angekündigten 35° C. haben, denn ich brüte auch ohne Som­mer­wet­ter. Paradoxerweise muss ich mir weiterhin kalte Tage vorstellen, denn ich schreibe für einen Kaufmann Web­seite und Katalog um, mit denen be­son­de­re Dinge zu Weihnachten an die wer­te Kund­schaft gebracht werden sollen. Das ist als Situation schon speziell genug.
Übersetzung ist dabei das, was ich mache, eher nicht. Der Text, der mir vorliegt, wurde bereits übersetzt, aber von einem Menschen, der seit 20 bis 30 Jahren im Ausland lebt.

Das Deutsch, das er oder sie spricht, ist höchst klassisch, klingt aber verstaubt, außerdem hat die übersetzende Person sklavisch den stellenweise auch auf Fran­zö­sisch ungelenken Stil zu imitieren versucht, zudem Satzbau und Grammatik des Originals gespiegelt.

Yucca und aufblasbare Fernsehtürme aus Shanghai auf dem Fensterabsatz. Unter dem Absatz mit Schräge befindet sich übrigens die Speisekammer.
Palme und Fernsehtürme
Au weia. Nicht die historisch-kri­ti­sche Über­tra­gung eines dichterischen Werks ist gefragt, sondern Wirkung und Ergebnisse. Der Text muss am Ende so klingen, als sei er auf Deutsch verfasst worden.

Es gewittert weiter, ich laufe durchs Haus und ziehe die Stecker aus den Dosen.
Während ich kurz an die armen Menschen auf dem Wochenmarkt vor unserem Haus denke, ruft mich eine Freundin an. Sie kommt im Sommer mit zwei Kindern, Ke­gel und Liebstem nach Berlin. Sie hat im Internet eine Ferienwohnung in unserer Nachbarschaft entdeckt. Da sie die Gäste aus Paris kommen, waren sie froh, eine An­zei­ge auf Französisch zu finden.

Bei einigen Teilen der Beschreibung musste sie allerdings heftig rätseln. Machine Translation mit wirklich schlechtem Ausgang ist das: C'est 100 MQ, 2 chambres à coucher, 1 cuisine avec système d'Induction, les micro-ondes, les mauvais 1 avec baignoire ... was auf Deutsch so viel ergibt wie: "Das ist 100 qm, 2 Schlafzimmer, 1 Küche mit Induktionssystem, den Mikrowellenstrahlen, die Schlecht 1 mit Ba­de­wan­ne ..."

Einweckgläser mit Sand fürs Peeling, Meersalz, Glyzerinseifen und Badespielzeug (des weltbesten Patensohns)
Vorratsgläser und Schleichwerbung (sorry!)
Die Lösung: Das BAD hat eine Wanne. Bad (engl.) → mau­vais → schlecht. Eigentlich gar nicht schlecht! Das ist pri­ma An­ti-Wer­bung gegen
1. Auftragsvergabe an eine anonyme |Agentur| Über­setz­ungs­mak­ler­fir­ma
2. Auftragsvergabe an ir­gend­je­man­den aus dem Umfeld, weil er/sie die Sprache "ganz gut kann"
3. Automatische Übersetzung.

Um Kollegen zu zitieren: If you think it's expensive to hire a professional to do the job, wait until you hire an amateur.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 8. Juli 2014

Traufkante

Hallo! Sie haben zu­fäl­lig oder ab­sicht­lich eine Seite meines digitalen Ar­beits­ta­ge­buchs aufgeschlagen. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin für Politik, Wirt­schaft, Me­dien, Soziales und Kultur. Derzeit ergänze ich meine sechs Druck­sei­ten Bau­vo­ka­bular und lektoriere/texte zu Weihnachtshemen.

Skizze: Hauteur de la gouttière
Höhe der Traufkante (Traufhöhe)
In Berlin liegt die maximale Höhe der Traufkante bei 22 Metern. Das trägt zum ein­heit­li­chen Er­schei­nungs­bild vieler Stadt­vier­tel bei.
Für Dolmetscherinnen, die regelmäßig für Stadtplaner und Architekten arbeiten, gehören Begriffe wie dieser zum ABC der Spezialisierung (das ABC heißt auf Fran­zö­sisch: le b.a.-ba, der Be­griff be­schreibt akustisch das Le­sen­ler­nen.)

Die Traufkante ist die Stelle, an der das vertikale Mauerwerk in die Dachpartie übergeht. Sie wird nach der Tropfkante des Daches (der Traufe) benannt, ab hier fließt Regenwasser in die Rinne ab. Beim Bau ist das eine übliche Höh­en­be­nen­nung.Wir kennen den Begriff in der Redewendung "vom Regen in die Traufe kom­men".

Als französische Entsprechungen fand ich hauteur (de la) gouttière (wörtlich: Höhe der Regenrinne) und hauteur à la corniche (wörtlich: (auf) Höhe des Dach­vor­sprungs).

Der Regenrinnenbegriff ist der am meisten gebräuchliche, so jedenfalls mein Ver­gleich der Fundstellen bei zwei Suchmaschinen. Den Ausdruck mit dem Dach­vor­sprung sehe ich in Bauplänen und stadtplanerischen Vorgaben. Ob das eine Wort vielleicht mehr bei den Urbanisten, das andere mehr bei den Ar­chi­tek­ten vor­kommt, kann ich (noch) nicht sagen.

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Illustration: Architekt

Montag, 7. Juli 2014

Retour au bureau

Hallo! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Heute: Blick auf den Schreibtisch!

Erich Kästner beschrieb im Vorwort zum "Fliegenden Klassenzimmer", wie er im Sommer auf der Almwiese sitzt, die Füße in einem kalten Wasserbecken, und eine Weihnachtsgeschichte schreibt. Der Anblick der verschneiten Berggipfel hilft ihm dabei.

An dieses Bild durfte ich eben denken. Weihnachten wirft seine Schatten voraus, der erste Auftrag dazu kam gerade rein. Bald folgt aber auch hier ei­ne Som­mer­pau­se. Für den Blog heißt das: Wenige bis keine Einträge, den Rhythmus muss ich noch finden. Bis dahin lege ich einen Endspurt hin.

Nach etlichen Dolmetschtagen bin ich wieder im Büro eingetroffen. Hier muss ich auch viel Liegengebliebenes regeln.

— Das Mailprogramm arbeitet nicht zuverlässig, Fehlersuche und -behebung
— Zwei Kostenvoranschläge schreiben
— Nachfragen, was aus alten KVAs geworden ist
— Fünf Rechnungen schreiben, darunter aber auch einige mit Bagatellbeträgen
— Korrekturlesen einer Drehbuchübersetzung
— Computer aufräumen, Sicherheitsupdate, neue Betriebssoftware einspielen
— Update des Drachen einspielen (der Drachen ist die Diktiersoftware)
— Nachbereiten einiger Themen, z.B. Urbanismus, Architektur, Umweltthemen, Film­wirt­schaft, EU-Agenda etc.
— Sichern einiger Radioprogramme meines Leib- und Magensenders Radio France, die mir durch eine technische Pannenserie verlorengingen, bevor die neue Saison startet (und man alte Programme dann nicht mehr herunterladen kann)
Ablagen!

Das ist jetzt fast schon das Programm für eine ganze Woche.

Senegal (Region Podor)
In der Zwischenzeit empfehle ich dringend einen Film zum Thema, das uns alle angeht: Agroökologie. Noch bis mor­gen Abend kann auf Ar­te+7 Les moissons du futur von Marie-Monique Robin ge­se­hen wer­den, hier der Link zur deut­schen Fas­sung: Die Zu­kunft pflanzen

Der Film lief schon Dienstagabend vor einer Woche auf Arte und kann jetzt eine Woche lang online in der Mediathek betrachtet werden. Wie gesagt, die Mög­lich­keit gibt es nur noch bis morgen Abend.

In der Zwischenzeit überlege ich mir, wie ich zu winterlichen Gedanken komme. Anders als Kästner habe ich nicht nur keine Wiese, ich habe auch keine liebe Kuh, die mich all­abend­lich von der Arbeit abholt. In die heutige Zeit übersetzt heißt das Bild, dass ich vielleicht meinen Bildschirmhintergrund winterlich auswählen sollte.
 
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Foto: Arte / Marc Duployer

Sonntag, 6. Juli 2014

Hauptstadt der Kräne

Bonjour und willkommen auf dem ersten Blog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Sonntags zeige ich hier meine Sonntagsfotos.

Eine Französin, die vor vier Jahren das letzte Mal in Berlin war, meinte, es gebe heute sehr viel mehr Baustellen als noch vor vier Jahren. Wir Hauptstädter merken das nicht so. Es ist wie mit Kindern, die man täglich aufwachsen sieht. Ent­wick­lun­gen bemerken Außenstehende besser.

So sind wir also wieder wie vor rund 15 Jahren Hauptstadt der Kräne. Hier ein klei­ner Abendeindruck vom künftigen neuen Kern der Stadt.


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Foto: C.E. (In ein zweites Fenster geladen,
lässt sich das Foto vergrößern)

Samstag, 5. Juli 2014

谢谢!

Hallo! Hier schreibt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Samstags folgt mein Lieb-Link der Woche.

Dieser Vortrag hat mir besonders gut gefallen. Er erklärt in wenigen Minuten, worüber ich hier seit mehr als sieben Jahren schreibe. Vielen Dank, merci beaucoup, thank you very much, ¡Muchas gracias, 谢谢!


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Film: Laura Burian, Barry Olsen, Miguel Garcia und andere

Freitag, 4. Juli 2014

Dank an die Technik!

Willkommen auf den Blogseiten einer Dolmetscherin aus dem Inneren der Kabine.

Was wären wir ohne unsere Techniker? Gleich geht's los ...


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Foto: C.E.

Mittwoch, 2. Juli 2014

Och nö!

Bienvenue! Sie haben die Arbeitstagebuchseiten einer Übersetzerin angeklickt, die daneben in Berlin und anderswo für Politik und Wirtschaft, Kino und Kultur als Französischdolmetscherin tätig ist. Hier denke ich regelmäßig über meine Arbeit und ihre Grundlagen nach.

Sich für sein Einkommen rechtfertigen zu müssen, macht keinen Spaß. Gerade rief die dritte Agentur binnen Wochenfrist an und möchte mich für Ge­richts­dol­met­schen anwerben. Das mache ich im Notfall direkt für die Justiz, die ihre Honorare gerade "angepasst" hat. Das ergab eine Erhöhung für die Dolmetscher und eine Sen­kung für die Übersetzer, nachdem die Sätze seit Jahren bis Jahrzehnten un­ver­än­dert ge­­blie­­ben wa­ren. (Genauere Recherche folgt nächste Woche.) Kurz: Das neue Justiz­ver­gü­tungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) hat den Kaufkraftverlust nicht aus­ge­gli­chen. Ergebnis: Ich arbeite ab und zu zu diesen Sätzen, aber be­wer­be mich nicht groß darum.

Korb mit ausländischer Währung, zum Teil von vor der Euro-Einführung
klingende Münzen und mehr
Beim letzten Einsatz bekam ich für simultanes Dolmetschen 75 Euro die angefangene Stunde. Die Chose dauerte 75 Minuten plus 67 Minuten Weg­stecke (nach BVG-Planer), Fahrt­zei­ten werden auch vergütet. Bezahlt wurde ich für zwei Stunden.

Da muss ich nochmal nach­ha­ken. Denn das wirt­schaft­li­che Risiko für den Job lag allein auf meiner Seite.

Sollte ich nach einer Buchung fürs Gericht eine Anfrage für einen vollbezahlten Dol­met­scher­job bekommen, gebietet die Redlichkeit, diesen weiterzugeben. Mög­li­cher­weise verzichte ich dann aber auf 750 Euro Tagesgage, um bei Gericht 150 Eu­ro Umsatz zu generieren.

Die Agentur von heute hat mir pro Stunde übrigens 35 Euro angeboten und für Hin- und Rückweg eine Pauschalvergütung von insgesamt 20 Euro. Meine Antwort war kurz und eindeutig: "Die Sätze sind indiskutabel, rufen Sie mich bitte nicht mehr an!" Dann kamen die Einwände der Agenturdame. Sie zielte auf ein schlechtes Ge­wissen, aber nur bei mir. Warum haben solche Menschen eigentlich kein schlechtes Ge­wis­sen?

Auch bei wohlhabenden Privatkunden rufe ich höhere Sätze auf. Gespräch mit ei­nem (potentiellen)  Privatkunden: "Sie müssen ja nicht so genau dolmetschen wie bei einer Konferenz!" Darauf ich: "Was soll ich weglassen? Die Artikel, Adjektive, al­le Nebensätze oder wie hätten Sie's denn gern?"

Die Gerichte haben übrigens auch ihre Auftragsvergabebüros und müssten die Auf­trä­ge nicht an Agenturen vergeben. Ein Kollege mutmaßte auf den Seiten eines so­zialen Netzwerks, dass diese Weitervergabe gar nicht rechtens sei. Muss ich kom­men­de Woche auch mal recherchieren.

P.S.: Einer Kollegin wurden von einer Agentur sogar 15 Euro die Stunde angeboten, die Reisezeiten würden dabei wohl auch "vergütet". Was für ein Witz!


Vokabelnotiz
Klingende Münze — monnaie sonnante et trébuchante
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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 1. Juli 2014

Vom Faden auf die Nadel

Willkom­men! Schön, dass Sie auf meinen Blogsei­­ten ge­­lan­­det sind. Re­gel­mä­ßig schrei­be ich hier über meine Arbeit als Dol­­met­­scher­in/Über­­setzerin für die fran­­si­sche Sprache. Heute nehme ich eine Redensart unter die Lupe.
 
Blaue Flaschen, Pflanzen und Nähzeug in einer "Etagere" (so nennen das die Deutschen)
Nähzeug, derzeit auf der Küchenfensterbank
Löcher in Wolljacken zu stopfen gehört sicher nicht zu den Kernkompetenzen ei­ner Dolmetscherin. Das Stechen von Gür­tel­löchern mit einer Lederlochzange auch nicht. Aber in diesem Metier ist es gut, eine rundum gebildete Persönlichkeit zu sein. Denn dadurch lernt unsereiner so manchen Ausdruck schneller.

Zum Beispiel, wie die Franzosen be­schrei­ben, wenn jemand "vom Hölz­chen aufs Stöck­chen" kommt. So führte eins zum an­de­ren, und ich darf diese Woche das zwei­te Foto aus meiner Küche prä­sen­tie­ren: Voilà! Die Franzosen kom­men näm­lich in solchen Situationen vom Faden auf die Na­del, de fil en aiguille.

Der Begriff ist seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitet und geht auf einen Roman aus dem Jahr 1280 zurück. Dabei sei die Redensart mit dem Wort fil gar nicht vom Faden, sondern von seiner Bedeutung als Rinnsal oder Wasserlauf abgeleitet (un fil d'eau). Ein The­ma er­gibt sich hier aus dem nächsten, das ist wie ein lan­ger, ste­ter Strom vor sich hin plät­schern­den Wassers, und zwangsläufig führt ein Faden dann auch zur Nadel — hier finden wir einen Gedankensprung, auch wenn er nur klein ist.

Die Autoren der von mir hier wiederholt empfohlenen Seite Expressio nennen als deutsche Entsprechung übrigens "von Hötzchen zu Klötzchen". Kennt das jemand? Für mich klingt das irgendwie nach Westfalen. Möglicherweise ist es eine eher re­gi­o­na­le Entsprechung.

So, dann wende ich mich mal weiter den Themen Stadtenwicklung und Woh­nungs­wirt­schaft zu.

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Foto: C.E. (mit Nadelbuch von einem mir
bekannten Schüler, damals in der 4. Klasse)