Mittwoch, 12. März 2014

Scheckbetrug

H­allo! Hier bloggt eine Sprach­arbei­ter­in. Was Fran­zö­sisch­dol­met­scher und -über­setzer umtreibt, wenn sie Schwer­punk­te wie Film, Fernsehen und Me­die­nwirt­schaft haben, lesen sie hier. Da­ne­ben arbeite ich auch mit der eng­li­schen Spra­che und in den Fel­dern Politik, Kultur und Soziales­.

Übersetzer, Dolmetscher und andere Spracharbeiter scheinen als potentielle Opfer im Visier der Internetbetrüger zu sein. Daher sind wir gut beraten, mit der glei­chen Sorgfalt und Hartnäckigkeit unsere (potentiellen) Kunden im Netz zu prüfen, wie wir dortselbst mögliche Über­setzungs­va­ri­an­ten durchspielen oder nach Nach­weisen für Fach­ter­mi­ni forschen.

Gerade hatte ich wieder so einen Fall. Es ging los wie eine ganz nor­ma­le Über­setz­ungs­an­frage: Neun Seiten Text aus dem Bereich So­zial­for­schung, recht komplex, die Ab­sen­derin war eine Privat­per­son in England, ihr Vorname hat mich irritiert. Die Daten der Dame habe ich in diverse Suchmaschinen ein­ge­ge­ben, denn ich habe Reachel mit E noch nie gehört. Dabei ging es um folgende Fragen: Gibt es diese Person am angegebenen Ort? Taucht sie im Web 2.0 auf? Hat sie Webvisitenkarten bei XING oder LinkedIn?

Eine Person dieses Namens fand sich nur in den USA, der Beruf könnte zum Thema des Texts passen. Ist da etwa jemand auf Reisen oder steckt die Dame viel­leicht mitten im Umzug? Ist der Aufsatz für eine Publikation oder eine Firma zu über­setzen? (Das Elaborat liest sich nach Unternehmenshintergrund.)

Ich gebe einen Preis im oberen Durchschnitt an und frage nach der Deadline. Die Dame geht darauf aber gar nicht ein, sondern möchte eine Vereinbarung über die Zahlungsweise treffen, während ich für einen verbindlichen Kostenvoranschlag nach der Firmenadresse und der internationalen Mehrwertsteuernummer frage. (Ihre Mailadresse lässt keine Rückschlüsse auf eine Firma zu.)

Die Person schreibt mir in rascher Folge Nachrichten, die immer knapper werden. Das kenne ich allenfalls von hochrangigen Chefs, aber nicht von Privatpersonen oder Se­kre­tär­in­nen. Ihre vierte Mail sieht aus wie befürchtet: Mir wird ein Scheck angeboten. Ich lehne diese Zahlungsart in knappen Worten ab.

Hier bricht auch der Kontakt ab. Was jetzt gekommen wäre, ver­läuft nach einem bekannten Sche­ma, das im Netz als cheque over­payment fraud, advance fee fraud oder overpayment scam bekannt ist. Der Dienstleister (oder auch die Dienst­leister­in) erhält einen Scheck, der auf eine höhere als die geforderte Summe ausgestellt ist. Postwendend trifft dann eine Nachricht des Ab­sen­ders ein, dass es sich um ein Versehen handele, verbunden mit der Bitte, den Dif­fe­renz­betrag auf ein Konto im Aus­land zu überweisen.

Der Kontoinhaber ist der Empfänger oder eine dritte Person. Allein hier schon soll­ten alle Glocken schrillen, ich sage nur: Geldwäsche. Während die Überweisung sofort losgeht, platzt der eingereichte Scheck nach Eintreffen der Differenzsumme auf dem fremden Konto, denn eine Scheckgutschreibung dauert länger. Am Ende kann das Geld nicht mehr zurückgeholt werden.

Betroffen von solchen Machenschaften sind nicht nur wir Sprachmittler, sondern auch Verkäufer von diversen Gerätschaften wie Gebrauchtwagen. Auf einer Web­seite steht, dass jede dieser Betrugsvarianten ein wenig anders, aber stets plau­si­bel ist. Ich hatte keine Lust auf eine Abenteuergeschichte, denn ich war mit einer solchen erst neulich in Paris. Davon schreibe ich hier morgen. Denn auch wir Über­setzer, Dolmetscher und andere Spracharbeiter erleben manchmal echte Krimis.

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Illustration: C.E. (Den Namen der "Dame" habe ich ver-
pixelt, denn es gibt in den USA jemanden, der so heißt.)

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