Dienstag, 30. April 2013

Sitzordnung

Hallo beim Weblog aus der Dolmetscherkabine. Hier schreibe ich über meinen immer wieder sehr abwechslungsreichen Alltag, denn es kommt vor, dass die Kabine gar keine Wände hat. Die Frage ist nur: wo steht sie dann am besten? 

Zum Glück sind wir eine gute halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung da. Der Raum ist nicht groß, ein Hintergrundgespräch wird zu verdolmetschen sein. Vor Ort gibt's Dol­metsch­technik, also Mikrofon, Kopf­hö­rer, Misch­pult, aber keine Über­tra­gung oder Verstärkung des von Rednern oder Teil­nehmern gesprochenen Worts — keine Mikrofone für die Redner, keine Laut­sprech­er, unter denen wir zur Not Stellung beziehen können, sollte im Raum kurz ge­tu­schelt werden, die Feuerwehr vor­bei­fah­ren oder der Beamer sich als ein altes Modell erweisen, das fast noch mit Holz­koh­le zu befeuern ist, will sagen: Wenn es plötzlich laut zu brummen anfängt.

Zum Glück sind wir eine gute halbe Stunde vor Beginn da. Die Tische wurden in Form eines Vierecks platziert, eine Art eckiges, breites O, die Tische für uns Dolmetscher und den Mann am Mischpult stehen draußen wie die Ö-Pünktchen.

Sofort greifen wir ein. Weit weg vom Geschehen wird es nämlich schwierig für uns, gleichzeitig zu hören und zu sprechen. Wir brechen das Viereck auf, unser Tisch kommt direkt vor das "Podium", hier wird sicher die meiste Zeit gesprochen wer­den.

So, jetzt kann's losgehen in der Kabine ohne Wände ...

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Foto: C.E.

Montag, 29. April 2013

Antizipation

Will­kom­men et bien­ve­nue auf den Sei­ten des Ar­beits­ta­ge­buch ei­ner Fran­zö­sisch­dol­met­scherin und -über­setzerin. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch (passiv). Heute wieder: Kopfeinsichten, oder: Wie der Beruf einen bis ins Privatleben hinein prägt.

Im Kino lache ich oft vor allen anderen Zuschauern. Und ich lache an Stellen, die sich für mich wie Insider-Witze lesen, weil ich in "Einstellungen" oder auch schon mal im Tonschnitt Parallelen zu anderen Filmen sehe, die über die Art der Ver­bin­dung auf mich komisch wirken.

Ich weiß nicht, ob der zweite Satz der Einleitung für andere verständlich ist, ich lasse den einfach mal so stehen. Was ich beschreibe, ist Ergebnis ständigen Mit- und Querdenkens der visuellen, akustischen Angebote. Für mich sind Filme nichts rein Statisches, auch wenn sie nach dem image lock natürlich in dieser Version un­ver­änderlich sind. Aber ich habe in meinem bisherigen Leben auf der Inhalts- und Sprachebene zu viel an Filmen mitgewirkt, Filme "gesehen", während ich Dreh­bücher übersetzen durfte usw., um nicht vom Arbeitsprozess geprägt zu sein. Und als jemand, die das TV nicht mag ... (Ausnahmen bestätigen die Regel.)

Im Kino oder auch bei Witzerzählungen lache ich oft schneller als andere. Den Satz kann ich gut erklären.

Freitagabend waren wir im Restaurant. Ein Freund, mit dem ich oft die Sprachen wechsle, machmal vermischen sie sich auch, erzählte einen Witz, und der geht so: Ein Mann, dem man ansieht, dass er aus dem Ausland kommt, ist auf einem Kon­gress. Zufällig sitzt er in der Mittagspause mit einem anderen Kongressbesucher am selben Tisch. Die Herren probieren den Wein. Der andere Kongressbesucher fragt: "Glouglou gut?" (Glouglou ist onomatopoetisches Französisch für das Trink­ge­räusch, "gluck gluck" sagt dict.cc). Der fremdländisch aussehende Mann nickt. Dann wird das Essen serviert. Der andere Kongressbesucher fragt: "Jamjam gut?" Der Fremde nickt. Nach dem Essen geht die Veranstaltung weiter. Der fremdländisch Aus­­se­hende tritt ans Pult und hält seinen Vortrag (hier lache ich schon) ... in einwand­freiem Deutsch. Er kommt zurück auf seinen Platz, er sitzt neben dem anderen Kongressbesucher, und fragt ihn: "Blabla gut?"

Kerze, Gläser, Stoffserviette, Krümel auf StofftischdeckeMein Gegenüber zeigt sich ent­täuscht, denn ich scheine den Mi­gration­switz schon zu ken­nen. Schlimmer noch, ich habe ihn selbst zuende erzählt, ihm die Pointe vermasselt. Aber er war neu für mich. Ich habe nur die narrative Struktur ver­stan­den, das Ende antizipiert. Vor­aus­denken ist Teil des Dol­met­schens, konnte ich erklären. So war die Stimmung gerettet.

Mit einer gesprochenen Erzählung ergeht es mir also ähnlich wie beim Filmesehen: Ich habe so manche mögliche Variation im Kopf. Bei Filmen, Theaterstücken oder Büchern spüre ich, wenn es gut läuft, künstlerische Entscheidungen, freue mich daran, dass meine grauen Zellen durch Anspielungen gekitzelt werden, die ich manchmal nur in Gedanken antizipiere. Wenn ein Film (Theaterstück, Buch ...) hinter seinen Möglichkeiten bleibt, Material verschenkt, bin ich traurig. (Das ist der Grund, weshalb ich kein TV mehr sehe, das bleibt mir zu oft unterhalb einer halbwegs anspruchsvollen Flughöhe.)

Ein Kunstwerk, das sein Potential nicht ausschöpft, fühlt sich an wie ein Witz, dessen Pointe vermasselt wurde.

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Foto: C.E. (Archiv)

Sonntag, 28. April 2013

Kistengucker

Guten Tag! (oder gu­ten Abend, gu­te Nacht ...) Ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig sind Sie auf den Blog­sei­ten ei­ner Sprach­ar­beiterin gelandet. Wie wir in Berlin, Paris, Mün­chen, Köln, Lyon und Marseille als Dolmetscher und Übersetzer arbeiten, er­zähle ich hier auf den Blogseiten, denn wir sind ein im Netzwerk lose ver­bun­den­es Team. Sonntags werde ich privat: Sonntagsbilder!
 
Was hat der junge Mann da in seiner Kiste? Gespannt schaut er darauf, hebt nicht den Blick, wenn die U-Bahn Richtung Kreuzberg hält, weicht mit sanften Be­we­gun­gen Aussteigenden aus, hält sich nirgendwo fest: Seine Beine gleichen die Flieh­kräf­te aus, wenn die Bahn in die Kurve geht.

Gebannter Blick in das Innere eines kleinen Kartons ...

Ich denke an Mäuse, aber nein, die könnten ja rausspringen aus dem flachen, kleinen Kistlein. Vielleicht eine kostbare Inkunabel? Sieht der junge Mann so aus, dass er mit derlei die Berliner U-Bahn besteigt? Oder müsste er dann nicht die Pretiose durch Wabenplastikfolie und mehrfache Kartons sichern und sich gut festhalten auf der Fahrt?

Ein Mausklick auf das Bild liefert die Antwort, worauf der Kistengucker (Kisten­kucker?) da so gebannt blickt ... Für Blinde: Es ist ein "Reader" in einem Pappkarton, der junge Mann liest ein elektronisches Buch.
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Fotos: C.E.

Samstag, 27. April 2013

Monsanto

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache. Samstags folgt hier meistens mein "Link der Woche", inzwischen immer öfter im Plural.

Heute wieder ein Filmtipp, dabei sehe ich kaum noch TV-Sendungen am "kleinen Bildschirm" (petit écran), allenfalls online. Damit habe ich ein Verhalten wie Men­schen, die 20 Jahre jünger sind als ich. (Höchste Zeit, Ihr Fernsehgewaltigen, dass die Onlinesichtungen zu Quote und Honorierung der Filmarbeiter hinzugezogen werden!!)

Und es wird Zeit, Wissen über ein amerikanisches Großunternehmen zu verbreiten, das meiner Meinung nach unsere Gesundheit und die Gewaltentrennung gefährdet. Arte wiederholte dieser Tage einen sechs Jahre alten Film von Marie-Monique Robin, der leider nichts von seiner Aktualität verloren hat, er ist noch bis Dienstag früh­mor­gens abrufbar. Unten folgen die Links.

Automatismen der amerikanischen Verwaltungslogik greifen derzeit jedenfalls massiv die Gewaltenteilung in den USA an. Nach der Logik "Wer A sagt, muss auch B sa­gen" führt eine Klausel im Kleingedruckten eines kürzlich von Barack Obama un­ter­zeichneten Haushaltsgesetzes dazu, dass Unternehmen, die genmanipulierte Pflanzen verkaufen, nicht mehr durch Gerichte einzelner Bun­des­staaten gestoppt werden können, sogar dann, wenn diese Pflanzen in Verdacht stehen, bei Mensch und Tier Krebs auslösen zu können.

In "SEC. 735.", Zusatz 745, im Dokument der ersten Lesung der 113. Kongress­sitz­ung vom 3. Januar 2013 erhalten die Bio­techfirmen das Recht, auch bei an­ders­laut­ender Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe der amerikanischen Bun­des­staaten ihr Saatgut auszubringen. Der vermeintliche Grund ist der Schutz der Investitionen nämlicher Firmen.

Die Kritiker haben den "Plant Protection Act" längst in "Monsanto Protection Act" umgetauft. Der nordamerikanische Chemiemulti Monsanto verändert Pflanzen genetisch so, dass sie nach dem Schlüssel-Schloss-Prizip mit passgenauen Pflan­zen­schutzmitteln bearbeitet werden können. Hier gibt es gleich mehrere bittere Noten: Was eigentlich positiv sein müsste, der sparsame Einsatz von Insektiziden und Pestiziden, wird hier als Verkaufsargument vermeintlicher Naturnähe und schonenden Umgangs mit Giften verwendet. Aber die Immunität der betreffenden Nutzpflanze gegenüber dem Pflanzenschutzmittel, bei der nur alles andere vernichtet wird, kann nicht nur durch ganz normalen Pollenflug auf andere Pflanzen der gleichen Gattung überspringen, die möglicherweise auf dem Acker des Biobauern stehen, es wird sogar vermutet, dass diese Ei­gen­schaft auch die Gattungsgrenze überwinden kann, was die Probleme mittelfristig erhöht, statt zu mindern.

Außerdem werden wir Menschen zwangsweise zu Labormäusen, denn das An­ge­bau­te ist ja für den Teller bestimmt. Spätfolgen durch die genetischen Veränderungen werden oft erst nach Jahrzehnten erkennbar.

Für Bauern in der 3. Welt stellt Monsanto-Saatgut schon heute eine Le­bens­be­drohung dar, denn es lässt sich nicht einfach so, wie die Bauern dies seit Jahr­mil­lio­nen Jahren gemacht haben, vermehren: Die "Samen" der genmanipulierten Pflanzen sind steril. Und um das Bild abzurunden: Monsanto versucht derzeit, das Genmaterial von Nutzplanzen in großem Stil zu "patentieren", ganz so, als hätte die Firma es erfunden.

Solches Gebahren löst meinen unheiligen Zorn aus. Hier ist offenbar ein Groß­un­ter­neh­men an Hybris nicht zu überbieten, es verwechselt sich nicht nur mit Natur und Schöpfung (auf wen oder was das Wunder Leben auch zurückgehen mag), es greift auch ständig ein in deren Programm.

Links:
Hier geht's zum Plant Protection Act, Achtung, lawyerspeak (Fachchinesisch der Juristen)!
Bei Arte+7 kann der Film "Monsanto mit Gift und Genen" auf Deutsch gesehen werden (pour la version française, Le monde selon Monsanto, cliquez en bas à droite sur l'autre version linguistique).

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Illustration: US-Kongress

Donnerstag, 25. April 2013

Sportlich!

Hallo! Sie haben die Blog­sei­te einer Fran­zö­sisch­dol­met­scherin an­ge­steu­ert. Neben dem Dol­metschen übersetze ich auch, manchmal aus dem Englischen.
 
Wir sind Wortakrobaten, Sprachäquilibristen, Verbjongleure, so zumindest der Ein­druck, den wir selbst manchmal von unserer Tätigkeit haben. Wären wir Läufer, wir müssten in der Kombination aus Sprint und Marathon bestehen.

Aus einer alten Enzyklopädie: Sportarten
Mit Schwung an Bock und Barren: Dolmetscher sind beweglich
Ein typisches Beispiel für Sprint ist Medien­dol­met­schen. Hier warten wir oft eine ziemlich lange Zeit auf den Einsatz, der selbst kurz ist und "auf den Punkt sein" muss. Wohingegen dem Ma­ra­thon­lauf zum Beispiel die Begleitung einer Delegation aus dem fran­zö­sisch­spra­chi­gen Ausland entspricht. Hier werden wir für Ministerien, Bot­schaf­ten oder Me­dien­ver­tre­ter tätig.

Morgens um neun geht's los, wir sind oft zu zweit, aber auch nicht immer bzw. die ganze Zeit hindurch, besichtigen Unternehmen, Schulen oder Kultureinrichtungen, treffen Vertreter dieser oder jener Berufsgruppe, Menschen aus Behörden, Wis­sen­schaftler oder Pressevertreter zu Hintergrundgesprächen. Und irgendwann abends, nach dem Rüberwuppen so manchen Parlandos beim Abendessen, fallen wir ins Bett, das oft sogar ein Hotelbett ist. Logisch, dass solche Einsätze besser dotiert sein müssen als der kurze, zielgerichtete Mittagessenstermin zweier Unternehmer zum Beispiel.

Wie wir das durchhalten? Einerseits müssen wir geistig und körperlich fit bleiben, andererseits brauchen wir immer wieder Ruhezeiten. Dolmetschen zählt zu den anstrengendsten Berufen überhaupt, und ohne viel Schlaf, gutes Essen und eine klare, entspannte Lebensführung sind hier keine Höchstleistungen zu erbringen. Sportprofis geht es ähnlich, sie bezeichnen den Schlaf als dritten Punkt, wenn es um die Ingredienzien für Erfolg geht (nach Training und Ernährung). Wir Dol­met­scher sind eben Profisportler des Kopfes.

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Illustration: privat (Archiv)

Mittwoch, 24. April 2013

Kleines Loblied auf das Buch

Will­kom­men beim ersten Weblog Deutschlands, der in der Dolmetscherkabine entsteht. Hier oder am Übersetzerschreibtisch denke ich öffentlich über die Grundlagen unseres Berufs nach, stets unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse.

Wow! Schon wieder so ein Jubiläumstag, der fast spurlos an mir vorübergegangen ist: Der gestern begangene Welttag des Buches. Ich habe es vermutlich deshalb nicht bemerkt, weil ich jedes Jahr 365 Weltbuchtage feiere.

Buchrücken alter Wörterbücher aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
Bis heute je nach Textform in Gebrauch
Allein schon der Klang des Wortes "Buch"! Es geht los mit sinnlich geschürzten Lippen, die ein weiches "B" erzeugen, dann kommt ein tiefes, das Zwerchfell massierendes "U", gefolgt von einem gutturalen "CH", bevor das Wort in der Kehle verschwindet. Und der Nachhall erst! Wie der Abgang eines im Fass gelagerten, guten Rotweins! Hhhmm, lecker!

In meinem Kerngehäuse leben ca. 5000 Bücher und ich mit ihnen. Viele sind trau­rig, weil ich sie nicht täglich, ja nicht mal wöchentlich zur Hand nehme. Andere wandern von Zimmer zu Zimmer, selbst in den Nebengelassen finden sich welche an. Das schönste aber an der gemeinsamen Behausung ist der 16 Meter lange Flur, der bald zur Hälfte eine Regalwand ist.

Bücher haben immense Vorteile. Niemand kann sie hacken oder nachträglich ver­ändern, sie können nicht ab­stürzen, und wenn ich die mobile Technik wechsele, sind die Worte weiter unverändert entzifferbar. Bücher sind immer greifbar, er­zäh­len Geschichten, ermöglichen einem das Reisen ohne CO2-Verbrauch und erlauben spätere Verständigung mit anderen Wissenden. Wir heavy reader sind gar nicht so viele, und die beste Art, sich über Lieblingsbücher zu verständigen ist, Exemplare davon an liebe Menschen zu verschicken. Gerade kam erst wieder eins bei mir an, danke, Holger!

Manche Editionen machen besonders viel Freude. Der Buchblock aus feinem Papier ist manchmal besonders schön gebunden, den Ledereinband macht eine Gold­prä­gung perfekt, wenn nicht Marmorpapier das Deck- und Rückenblatt ziert und Leder die Kanten vor Abstoßungen schützt. Ach ja, und was sehr alte Bücher dieser Art angeht, da liebe ich besonders die Anmerkungen früherer Leser. Ich kann so fast in etwas wie einen Dialog mit Unbekannten eintreten, wenn ich meine Blei­stift­kom­mentare zu alten Bleistiftnotizen hinzuschreibe. Es sind bekannte Unbekannte, deren Reaktionen ich in vielen französisch- und englischsprachigen Büchern ver­fol­gen kann, denn ich habe die Bände von meinen Vorfahren geerbt.

Ihre Grenzen haben Bücher allerdings da erreicht, wo Wasser, Sonne und Sand droht, die begrenzte Haltbarkeit von Ferienschmökern ist meistens kein ästhe­tisches Erlebnis, auch nicht die traurigen Wiederbelebungsversuche, die zum Beispiel einem unfreiwillig in die Badewanne eingetauchter Schmöker zuteil werden. 


Vokabelnotiz: Heavy reader — Vielleser (Marktforschungsbegriff. Irgendwo las ich mal, wer mehr als 30 Bücher im Jahr liest, zähle schon zu dieser Gruppe.)
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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 23. April 2013

Hinterland

Bonjour! Sie lesen hier Artikel eines digitalen Bordbuchs. Die Texte entstehen in Dolmetscherkabinen und am Übersetzerschreibtisch — dieser Beitrag aber in einem leeren Konferenzraum.

Montagmorgen um neun, ich sitze wie bestellt und nicht abgeholt in Berlin-Mitte. Ich bin bestellt und nicht abgeholt, denn die Lufthansa-Fluglotsen streiken, ein Teil der werten Kundschaft kommt nicht durch. Ohne Hintergrundarbeiter kein Flugverkehr, ohne Hintergrundmaterial keine gute Verdolmetschung, kurz: Hinterländer sind groß und wichtig.

Harter Schnitt: Neulich auf einer Verkehrsmesse, der Kunde sprach über Trans­port­logistik und verwendete regelmäßig das Wort "Hinterland": Der französische Kunde wohlgemerkt, le hinterland mit angehauchtem "H" und das A fast wie ein O aus­ge­sprochen. Cut.

Blick in die Enzyklopädie: Hinterland ist ein Begriff aus der Humangeographie und wird im Verkehrswesen rege verwendet. Zusammengefasst sind es die Gebiete "unter Ferner liefen", die noch nicht völlig erreicht und durchdrungen sind.

Hinterland, das kann für mich auch ein kultureller Begriff sein. Das Hinterland einer Vokabel zum Beispiel (gemeinhin "Wortfeld" genannt) oder das künstlerische Hinterland, das auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, aber dringend nötig ist, damit überhaupt Spitzen hervorgebracht werden können (ein rasches Hallo an die deutsche Filmwirtschaft!). Und dann ist da noch das interkulturelle Hinterland, die von Land zu Land unterschiedlichen kulturellen Referenzen, in denen sich jeweils die Erfahrungen eines Stammes, eines Volkes oder einer anderen Gemeinschaft spiegeln.

Eine am Flughafen hängengebliebene Dame liegt auf einer Sitzbank, die Reisetasche dient als Kopfkissen
Wie bestellt und nicht abgeholt (Flughafensezene)
Flash back: Wieder neulich, nein, ziemlich lang her, da saßen wir in einem Kabuff und durften die Tonspur einer Designbefragung in Sachen Autos ver­dol­met­schen. In großen Hallen standen etliche Karossen rum, darunter zwei "Erlkönige", also lebensgroße Entwürfe. In diesen Wagen nahmen nun also die po­ten­tiel­len Kunden Platz und dachten laut nach; die Designer saßen etliche Räume neben uns.

Diese Art von Marktforschung, sie heißt car clinic, dauert meist einige Tage. Leider hatte uns am Morgen des ersten Tages niemand die Damen und Herren Designer vorgestellt. So dass wir am zweiten Tag als feed back die Bitte erhielten, doch möglicherweise einfachere Ausdrücke verwenden zu wollen. Meine Kollegin und ich sahen uns fragend an. Wir haben beide in Frankreich studiert und gelebt, aber dass sich in den letzten Jahren allein durchs Dolmetschen unsere Sprachkenntnisse derart radikal und gleichzeitig auf nicht mehr übersehbare Höhenflüge begeben hätten, erschien uns doch als recht unwahrscheinlich.

Wir fragten nach. Unsere Designer, also unsere direkten Kunden, seien gar keine Franzosen, sie lebten erst seit einigen Jahren in Paris, und unser ganz normales Alltagsfranzösisch, gemischt mit einigen Fachtermini und mit Um­gangs­sprach­lich­em, wir übertrugen halt nur das, was in Gegenwart der Autos erzählt wurde, hatte sie offenbar überfordert.

Es ist immer wichtig, seine Kunden zu kennen, sie am besten sogar im Vorfeld entspannt kennengelernt zu haben, das wurde hier wieder einmal deutlich.

Flash forward nach Berlin: Der Streik der Fluglotsen hat jetzt zur Ter­min­ver­schie­bung geführt. Da die Chose, wegen derer man hier zusammenkommt, dringend ist, wird nun Mittwoch konferiert werden. Mittwoch war ich aber schon gebucht. Ergo: Fluglotsenstreik = Einkommenseinbuße für eine völlig unbeteiligte Dolmetschine.

Ein "Kollateralschaden" also, dieser Begriff kommt aus dem Militär|un|wesen. Dabei wäre ich gerne "Hinterland" der Fluglotsen gewesen, wenn es um die Forderung nach angemessener Bezahlung von Arbeit geht, die mir ja auch immer am Herzen liegt.

Messetreiben im großen Querformat
Messetreiben

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Fotos: C.E. (Archiv)

Montag, 22. April 2013

Pfannkuchen

Hallo beim ersten deut­schen Web­log aus dem In­ne­ren der Dol­met­sche­r­ka­bin­e. Ich bin in Ber­­lin, Mün­chen, Pa­ris und dort tätig, wo ich ge­braucht werde. Im Blog denke ich fast täglich über meinen Alltag nach und über die Grundlagen dieser Spracharbeit.

Zum Bild von gestern eine Vokabelnotiz.

In Berlin, Brandenburg (und in weiten Teilen Sachsens) heißen diese handlich-runden, in Fett ausgebackenen und oft mit Zucker bestäubten oder überzogenen Teil­chen, die besonders gerne zu Fasching/Fasnet/Fasnacht verzehrt werden, "Pfannkuchen". Sie sind aus Hefeteig und werden gefüllt, z.B. mit Pflaumenmus.

Sylvester ist ein weiterer Pfannkuchenmoment in Berlin. Außerhalb der deutschen Hauptstadt werden die Gebäckstücke als "Berliner" bezeichnet. In Hessen und Thüringen heißen sie "Kräppel", in Österreich und Bayern "Krapfen". Wenn jetzt noch Fragen offen sind: Klett/Langenscheidt hat gerade für Sprachschüler ein Quizz zum Thema veröffentlicht, hier mehr dazu.

Einwurf vom Spielfeldrand: In Westfalen, mindestens im Raum Dortmund — Unna — Schwerte — Hagen, wird unter "Pfannekuchen" das verstanden, was anderswo "Eierkuchen" oder gar crèpe genannt wird. Einwurfende. Danke, Uta!

Diese Art von Backwaren kennt in Frankreich übrigens kaum jemand, stan­dard­mä­ßig sind sie nicht in Bäckereien anzutreffen. Im Elsass habe ich allerdings mal welche als boules de Berlin gesehen. Fettgebackenes ist jenseits des Rheins weder zwingend aus Teig noch automatisch süß (beignets). Ich würde Pfannkuchen am ehesten mit Doughnuts aus den USA vergleichen.

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Foto: C.E. (Archiv)

Sonntag, 21. April 2013

Brot- und Kuchenjob

Den Al­ltag aus Sicht einer Wort­­ar­­bei­­ter­­in kön­­nen Sie hier mit­ver­fol­gen. Mei­ne Brot­ar­beit als Dol­met­scher­in und Über­setzer­in hat bei mir zu er­höh­ter Auf­merk­sam­keit für al­les, was mit Sprache zusammenhängt, geführt. Trotzdem sehe ich manches nicht ...

Regelmäßig eile ich an einem Ladenschild vorbei in Richtung U-Bahn, ohne es zu sehen. Da muss erst Besuch kommen, um etwas zu bemerken. Danke, Heiner!


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Foto: C.E.

Samstag, 20. April 2013

Dokumentarfilm: Haiti

Bonjour, guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin, die von Kunden aus der Welt der Medien, von Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Kultur gebucht wird. Samstags bringe ich hier meinen Link der Woche.

Der Berlinale-Film von Raoul Peck läuft derzeit (bis einschließlich Mittwochabend) auf Arte im Replay-TV. Hier en français (Assistance mortelle) et voici auf Deutsch (Tödliche Hilfe) sowie ein Interview mit Peck.

Den Film über ein katastrophen- und helfergebeuteltes Land, das seit 1804 von Frankreich unabhängig ist, hatte ich hier kurz vorgestellt. Ich halte ihn für sehr sehenswert.

Vokabelnotiz: Lippenbekenntis, das — l'effet (m) d'annonce


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Foto: C.E. (Archiv)

Donnerstag, 18. April 2013

Die Kurve kriegen

Hallo beim Blog einer Dol­met­scher­in und Über­setzer­in! Hier schrei­be ich re­gel­mäß­ig über un­se­ren sprach­be­ton­ten Arbeitsalltag.

Seminarraum: Vortragender vor PPT-Folie
Sprichworte fürch­ten wir Dol­metscher wie der Teufel das Weihwasser. Gestern früh ruft die Kollegin an, wir haken die Zei­tungs­be­rich­te, Ra­dio­­pro­gramm­e und Hinter­grund­tex­te ab, mit denen wir gerade lernen. "Das wird später ein­facher als die Ar­chi­tek­ten neulich", meint Isa­belle. Aber wir soll­ten den Tag nicht vor dem Abend loben.

PPT-FolieAm Abend geht's um die Bo­den­schätze Malis. Leider hat uns Monsieur le professeur nicht zuvor die Folien ge­sen­­det, so dass wir ins Schwim­men geraten. Wir ge­win­nen bald wie­der Bo­den un­ter den Fü­ßen. (Könnte sich ihn bit­te mal jemand zur Brust neh­men?) Ein Gast hakt nach, ver­wen­det den Aus­druck "den Bock zum Gärt­ner ma­chen" ...

Blick auf den Dolmetschertisch (ohne Kabine drumherum): Notizen, Manuskripte, Laptop, Landkarte, Mikro, StimmölDa ich die französische Ent­sprechung nicht parat habe, improvisiere ich etwas vom pompier pyromane (zün­deln­der­ Feu­er­wehr­mann). Dann geht's im Eiltempo wei­ter. Ich habe Mühen, den Fa­den nicht zu verlieren. Kurz darauf ein Glücksmoment: Der Redner greift meinen pompier py­ro­mane auf, wir machen wieder einen Bock draus.

RandnotizenFür Freude bleibt keine Zeit: Ich muss weiter ganz Ohr sein, wenn ich nicht einen Satz später Blut und Wasser schwit­zen möchte. Drei Stunden lang stehen wir Sprach­mitt­ler­in­­nen unter Strom. Auch dieser Job ist die übliche, wun­der­ba­re Quadratur des Kreises: Der In­halt muss gleichbleiben, nur die Form ändert sich. Und ein winziger Rest bleibt immer.


P.S.: Kurz nach Mitternacht mailt mir Isabelle noch eine Vokabelnotiz: Enfermer le loup dans la bergerie. In Frankreich darf der Schafsbock nicht jungen Gartensalat frühstücken, dafür wird der Wolf im Schafstall eingesperrt.
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Fotos: C.E. (Wenn Sie das 3. Bild in einem
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Mittwoch, 17. April 2013

Matschbii-e-ne

Will­kom­men auf den Sei­ten ei­ner blog­gen­den Kon­fe­renz­dol­metscher­in. Hier schreibe ich, was diesen Sprachberuf ausmacht ... und was er mit uns anstellt.

VerpackungsmüllsortierunganlageOkay, ich geb's zu: Wer solche Über­schriften schreibt, ar­beitet hart an der Kante. Die Vielfalt der Aufträge mag ich, eine gute Auftragslage auch, aber derzeit erinnere ich mich kaum noch an meine Hobbies.

Telefonat mit einer Beinahe-Kollegin, die im Studium früh ihr Kind bekommen hat.

Sie arbeitet heute festangestellt in der Verwaltung. Als ich ihr meinen Ritt durch die Themen andeute, seufzt sie tief und sagt: "Und bei mir ist jeden Tag das gleiche Programm angesagt." Ja, das kann ich verstehen, durch zwei Rahmen­ver­trags­kun­den habe auch ich repetitive Momente, Déjà-vus und Routinen, die vor allem Zeit kosten.

Lauter Hände verknotet miteinander, ein Knäuel von Menschen ...
Gerade kombiniere ich kraft­rau­ben­de Stress­rou­ti­ne mit anspruchsvollen, vor­be­rei­tungs­in­ten­si­ven Dol­metsch­ein­sätzen. Freizeit? Fehlanzeige. Aktuelles Kinoprogramm? Nicht im Blick. Die zu lesenden Bü­cher stapeln sich. Mit Freun­den telefoniere ich gerade nur.

Dabei hat der Tag doch 24 Stunden und die Nacht dazu ...

Ich muss mich kritisch selbst befragen: Habe ich zu viele Leider-leider-Kunden mit den berühmt niedrigen Sätzen "im Portfolio", wie das auf Neudeutsch heißt? Die machen immer dann Sinn und Spaß, wenn ich dazu beitragen darf, dass etwas bewegt, weitergegeben, gestaltet werden kann. Ist das nicht der Fall, bekomme ich meine Zweifel — und klinke mich über kurz oder lang aus.

Schluss mit dem Lamento-Anflug, weiter mit Parlando. Ab der 3. Aprilwoche habe ich noch einige Termine frei, am besten für anspruchs- und sinnvolle und gerne zugleich auch gut dotierte Jobs. Mitte Juni setzt es Schulferien, ich freue mich schon.

Alte (oder auf alt gemachte) Straßenuhr vor den noch nackten Zweigen eines BaumesBis dahin beruhigt mich, dass ich auch im Halbschlaf sicher dolmetschen kann. Au­to­ma­tis­men sind in unserem Beruf wichtig. Diese Wochen lege ich noch­mal eine neue Turbostufe ein und bin erleichtert, denn auf die Birne ist Verlass. Das Ge­fühl gibt Sicherheit. Und ich sehe, wie alles mit allem zu­sam­­men­­hängt.

Außerdem: Wer hat schon wie wir Dolmetscher die Möglichkeit, ständig Neues hinzuzulernen, mit den spannendsten Menschen ins Gespräch zu kommen und für unseren Wissensdurst an so ziemlich allem, was die Welt bewegt, bezahlt zu werden? Und wenn es die Liegebindung von Büchern, verschlungene Wege bei klandestinen Waffenexporten oder die Infrarotsortierungsmaschinen verschiedener Plastikarten sind.

Nachts schlafe ich tief und fest, morgens geht's frisch weiter. Das Wort "Matsch­bii-e-ne" ist bitte mit Ruhrpottakzent zu lesen.

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Fotos: C.E. & Team (Rechte geschützt)
Vokabelnotiz für fremdsprachige Leser:
Die Birne (ugs) — der Kopf

Dienstag, 16. April 2013

... excuse my french ...

Hal­lo, wel­come, bien­ve­nue beim 1. Blog Deutsch­lands aus dem In­ne­ren ei­ner Dolmetscherkabine. Oft texte ich meine Einträge aber auch am Über­setz­er­schreib­tisch (zuende), an dem ich auch lektoriere. Neulich waren die drei Pünkt­chen mein Thema. Hier ein aktuelles Beispiel.
 
SCNF Grandes LignesKatja Riemann sagte letzten Samstag in der Filmsendung "Zwölf Uhr mittags" (Radio Eins) sinngemäß über eine Filmfigur von Nina Grosses "Das Wochenende":
... weil er sich nicht als strom­li­nien­för­mig erweist und sich nicht an jedes Arschloch anpasst ... excuse my french!

Die elegantere Variante einer Transkription ist demnach also:
... weil er sich nicht als strom­li­nien­för­mig erweist und sich nicht an jedes A... anpasst ... excuse my french!           
Den Ausdruck, mit dem man sich un­ter Verwendung einer Fremdsprache sowie Verweis auf das Idiom des west­li­chen Nachbarlandes für verbale Grobheiten entschuldigt, kannte ich noch nicht.

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Illustration: Fernverkehrslinien der SNCF

Montag, 15. April 2013

Lexiken erstellen

Hal­lo und bon­jour auf den Sei­ten ei­nes Blogs aus der Sprachenwelt. Ich schrei­be hier regelmäßig über den Berufsalltag und wie wir Dolmetscher und Übersetzer diesen mitunter erleben. Heute: Blick auf den Schreibtisch.

Sekretär mit Vokabelkartei, Kalender, Eiffelturm und einem &-Zeichen aus HolzIm Galopp wechsele ich die Themen: Eben noch Müll­tren­nung, energieeffiziente Re­no­vie­rung (wobei ich fürchte, dass wir uns damit oft das nächs­te Müllproblem ein­fan­gen), Stadtplanung, Mas­­sen­­woh­nungs­bau, Grafik/Design von Zeitungen, soziale Si­tu­a­tion am Berliner Stadtrand und meine Weigerung, den Rapper Sido zu übersetzen.

(Ich sage nur Masurenurlaub 2004: ein pubertärer Knabe schob dreiste Musik ins Kassettenfach — und ich hatte im Fond des Wagens Mühe, die Ohren einer Neun­jährigen zu schützen).

Diese Woche habe ich die malische Krise und Marketingfragen für einen fran­zö­si­schen Kunden auf dem Schreibtisch. Zwischendurch war Ruhe angesagt. Ich habe viel geschlafen, habe mich über Blumen und gebratenes Gemüse gefreut (Merci, Nicolas !), mal wieder eine nahezu ungelesene ZEIT ins Altpapier entsorgt (Heiner, ich freue mich über jeden Lesetipp) und etliche Freundinnen nicht erreicht, die, wie ich später dann auch, in der Frühjahrssonne waren.

Auf meinen Mali-Einsatz lerne ich so: Mein Rechner hat für mich viele Sendungen zum Thema in den letzten Monaten automatisch aufgenommen, diese Podcasts höre ich am Schreibtisch an (für Mitschriften) oder beim Spazierengehen, Wäsche­aufhängen usw. Zur Verstärkung des Lernens lese ich (Material vom Kunden und Clippings, d.h. passende Zeitungsberichte). Dazu klebe ich mir die Seiten auf oder kopiere Texte aus dem Netz in Word-­Da­teien, die ich mit Anmerkungen, Farben usw. ver­sehen kann. Das Drin­rum­schrei­ben­kön­nen ist für mich sehr wichtig.

Aus diesen Quellen "destilliere" ich eine Lexik. Die Ko-Kabine erstellt sich auch ihre Lexik, wir schieben beide vor dem Dolmetscheinsatz zusammen, sortieren die Be­griffe alphabetisch, werfen Dopplungen raus. Hier stehen dann z.B. in der linken Spalte die deutschen Vokabeln, in der rechten die französischen. Dann "drehen" wir eine Kopie dieser Lexik nochmal so um, dass Französisch links ist und rechts Deutsch. Anschließend sortiert die Maschine mit der alphabetischen Sor­tie­rungs­funk­tion nochmal die französischen Spalte.

Handbeschriebene Lexik in der Frühlingssonne, durch eine steinerne Brüstung fält Abendlicht
Am Ende haben wir zwei Listen, die jeweils wie ein Wörterbuch funktionieren. Da ich auch ein fotografisches Gedächtnis habe und am besten im Zusammenhang lerne, übe und wiederhole ich allerdings mit den von mir im Kontext erstellten Listen. Meistens kann ich zum Termin meine Begriffe dann aber auch.

Das Papier hat auch eine psychologische Wirkung: Die Lexiken mit alphabetischer Sortierung sind auf jeden Fall etwas, an dem ich mich im Einsatz gut festhalten kann.

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Fotos: C.E. (Archiv)

Sonntag, 14. April 2013

Thema: Urbanismus

Herz­lich will­kom­men beim Dol­met­scher­web­log. Hier be­rich­te ich von mei­ner Ar­beit als Dolmetscherin und Übersetzerin für Kunden aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Bildung. Sonntags ist hier immer Platz für das Sonntagsbild, gerne auch im Plural.

Layoutentwürfe Die letzte Woche habe ich zwar in Berlin verbracht, war aber nicht zuhause: Ich durfte ein Seminar am Stadtrand be­treu­en, und da die Hauptstadtregion sehr groß ist, wäre ich täglich drei Stunden mit den öffentlichen Trans­portmitteln unterwegs gewesen, hätte ich nicht vor Ort übernachten können.

Zwei Menschen vor der Skyline MVs
Draufsicht: Stadtplan, Farben, PinselDas Seminar war die Fortsetzung des Programms von Mitte Dezember 2012 in Nizza und versammelte junge Designer und Künstler aus Deutschland und Frankreich. Die Kulisse war deutlich anders: Häuser- statt Mittelmeer, und statt Tannenduft mit Meeresbrise großes Aufatmen bei frühlingshaftem Wetter.

Ein gutes Dutzend Menschen näherten sich behutsam dem Märkischen Viertel an. Da es eine Publikation zu erstellen galt, wurden aus Künstlern Blattmacher. Tagelang wurde über Design, Illustration, Fotografie, Wahrnehmung ... und über Urbanismus, Wohnformen und Bildung diskutiert.

Dann ging's in die Produktion.

Dolmetscherin und Dozent in AktionBetreut wurde das Projekt von Kunst­erziehern und Hochschuldozenten, einer angehenden Sprachanimateurin und Gruppendolmetscherin und von mir als Dolmetscherin. Dazu habe ich viel Ge­stal­tungs- und Redaktionsvokabular her­vor­gekramt.
Da wir stets online waren, konnte ich im Zweifelsfall gleich immer alles nach­schla­gen.
Grafiker beim Zeichnen
Ich mag die intensive Arbeit, den Grup­penprozess, das Entdecken für mich neuer Stadt­teile. Aber anstrengend ist so ein Dauereinsatz schon. Deshalb und Ohrenschutz sei Dank (eine neue Sorte) konnte ich nachts hervorragend schla­fen, während die Studenten das Berliner Nachtleben erkundeten.

rafikerin beim Nachdenken
Am Sonntag stand eine gro­ße Ber­lin­­tour an. Das war Kopf­ki­no pur, ich war plötz­lich wie­der die Stu­den­tin, die in Paris als Rei­se­­leiterin jobbt. In der Woche ein Glücks­­fall: Ich konnte auch noch Er­­fah­rungen im Re­di­gie­ren und pas­­si­ves Wis­­sen in Sa­chen Design ein­bringen, denn ich war lange mit ei­nem De­signer li­iert.
Logo des dfjw/ofajDolmetscherin beim Redigieren vor zwei RechnernZweimal waren die Gäste aus dem Sü­den sehr über­rascht: Weder von den Atrium-Kunst­schü­lern noch von den Do­zen­ten wohnt jemand direkt im Viertel. Zweite Überraschung: wie schnell eine Woche doch vorbei sein kann.

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Fotos: Team (Bildrechte geschützt).
Danke an das deutsch-französische 
Jugendwerk und an die Projektpartner
Jugendkunstschule Atrium, GO!-Ercn,
TIC e.V.

Samstag, 13. April 2013

Straßburger Forum

Hallo! Hier lesen Sie in einem digitalen Arbeitstagebuch. Samstags: Link der Woche.

Vor einer Woche hat in Straßburg das von Libération, Arte und der Stadt selbst veranstaltete deutsch-französische Forum stattgefunden, mit dem die Themen des 50. Jubiläums des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags vertieft werden. Leider flatterte mir die Einladung zur Diskussionsreihe viel zu spät ins Haus, da war ein deutsch-französisches Seminar für Grafiker und Künstler mit Umwelt- und Urbanismusbezug aus der Reihe "EuroActors for Environment", das ich parallel 'synchronisiert' habe, längst schon geplant.

So darf ich mir einige Veranstaltungen und die Dolmetscherkollegen demnächst online anhören. Von zehn verschiedenen Gesprächsrunden sind (zur Zeit) leider nicht alle online. Angehört/-gesehen werden kann zum Beispiel auf Deutsch die Diskussion über die politische Lage (hier en français).

Spannend besonders für mich die Frage: "Was bedeutet es, deutsch-französisch zu sein?" (En français ici).

Etwas reißerisch klingt das Thema "Paris ist tot, es lebe Berlin". Hier geht es auch um die Frage, warum die deutsche Hauptstadt so viele Franzosen anzieht. Auf Deutsch ist das Video leider gerade nicht verfügbar (et c'est par ici pour voir la vidéo en français), Hintergrund auf Französisch hier. Studierende, die ggf. diese Aufzeichnungen als Material einer Dolmetschübung verwenden möchten, muss ich leider enttäuschen: Die Originaltonspur wurde viel zu leise gestellt und gerade diese Aufzeichnung ist nicht lippensynchron.

Über die Inhalte kann ich noch nicht viel sagen. Was zum Beispiel bei der Debatte Paris/Berlin verhandelt wird, erscheint auf den ersten Blick etwas oberflächlich, was vielleicht auch an der großen Jugend der Befragten liegt.

Mir fehlt besonders jenes Panel, in der die Kultur nicht als "Kirsche", sondern als "Hefe" der binationalen Beziehungen verhandelt wird. (Wann kommen die Filme?)

Weitere Themen: "Welches Modell für einen besseren sozialen Dialog?", "Wie könnte ein europäisches Einwanderungsmodell aus­se­hen?", "Nach einem gemeinsamen Geschichtsverständnis zu einer gemeinsamen Zukunftsvision?", "Energiepolitik: Der Motor der deutsch-französischen Beziehung?". Hier noch die Gesamtübersicht der Veranstaltungsreihe: Clic !


Vokabelnotiz: Gentrifizierung — Der Dolmetscher sagt den Begriff erst auf Englisch, dann erklärt er ihn: Il y a le phénomène de la 'gentrification', Berlin est en train de devenir une ville bon chic, bon genre. (Der Redner erklärt es dann nochmal genauer.)
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Illustration: offizielles Logo des deutsch-
französischen Jubliäums

Donnerstag, 11. April 2013

...

Will­kom­men, bien­ve­nue, wel­come! Sie lesen im ersten deutschen Weblog aus dem Inneren der Dolmetsche­rkabine. Ich arbeite in Ber­lin, Straßburg, Paris und dort, wo ich gebraucht werde. Hier denke ich regel­mäßig über meinen Alltag nach, der auch Übersetzen und Lektorieren einschließt. Heute ganz pragmatisch, weil ich nicht müde werde, das Nachstehende zu er­klä­ren.

Die drei Regeln zu den drei Punkten:
1. Es sind immer nur drei Punkte, nicht vier, auch nicht fünf. 2. Kein Leer­zei­chen folgt nach dem Wort, das un­ter­brochen wurde, zum Beispiel "Ach du Sch...!" 3. Mit Leerzeichen, wenn sich die Auslassung auf ein neues Wort bezieht.
|Die vierte Regel: "..." möglichst vermeiden!| (Sic!)
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Foto: C.E.

Mittwoch, 10. April 2013

entwerfen

Bonjour! Sie haben eine Seite meines digitalen Arbeitstagebuchs angesteuert. Als Dolmetscherin und Übersetzerin bin ich in Berlin, Paris und überall dort tätig, wo ich gebraucht werde. Ich arbeite für die Politik, Medien, Wirtschaft und in der Kultur.

Gestern war ich schon sehr überrascht, dass die verschiedenen Trennmaschinen in der Mülltrennungsanlage auf Französisch alle irgendwie als Separator bezeichnet werden, séparateur air/ballistique/ro­tatif. Das war eigentlich einfach. Dann dachte ich sofort an das Nieren-Worfeld zurück, das mich Anfang März mit seiner großen Vielfalt |erschreckt| überrascht hat.

Ähnlich erging es mir heute. Es ging um Entwürfe in den Bereichen Grafik, Zeich­nung, Architektur, Projekt ... und jedes Mal kam ein anderes Verb zum Einsatz, siehe unten. Aber der Schreck dauert nicht lange, denn ich kenne ja die Liste im Grunde in- und auswendig, alles schon verwendet. Für rasches Vorkramen des jeweiligen Begriffs muss ich mir diese Unterschiede nur wirklich einmal bewusst machen. Ich würdigte also die schönen Vokabeln. Und freute mich, weil ich en passant ein neues Blogthema gefunden hatte.

Nur: Was sagt mir das jetzt über die Franzosen? Ich muss an die Menschen vom Nordpol denken, die ja angeblich über zahlreiche Wörter für unterschiedliche Schneequalitäten verfügen: hellen, frischen, feuchten Schnee, Schnee im Abend­licht, in einer Polarnacht, mit oder ohne Spuren, aus großen Kristallen, aus er­kenn­ba­ren und aus verklumpten, Schnee vom Ende der Schneefallsaison oder vom Anfang ...

Dann sortiert der Kopf weiter und findet weitere Übersetzungen mit Nuancen: ent­werfen, mit Bleistift zeichnen, umreißen, entwickeln, skizzieren, scribblen, in groben Zügen konzipieren, konstruieren, aufstellen, erarbeiten ...

brouillonner, concevoir, construire, crayonner, dessiner, dresser, esquisser, échafauder, croquer etc.

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Ilustration: Leo.org

Dienstag, 9. April 2013

Windsichter

Hallo! Will­kom­men beim ersten deutsch­sprachi­gen Web­log, der in ei­ner Dol­met­scher­ka­bine ent­steht (auch wenn ich die Texte meistens am Über­setzer­schreib­tisch fertigstelle). Meine Arbeitssprachen sind Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Englisch (nur Ausgangssprache), ich arbeite in den Bereichen Wirt­schaft, Politik, Kultur und Bildung und dieser Tage mit einer Gruppe Studenten aus Frankreich und Deutschland.

Menschen in Winterkleidung mit grellfarbenen SchutzwestenWindsichter (séparateur air), Ballistikseparator (séparateur ballistique) und Trommelsieb (le Trommel ou séparateur ro­tatif) sind meine Worte des Ta­ges. Bei der Besichtigung notiere ich mir eilig Vo­ka­beln, umschreibe, erkläre, schaue zwischendurch auf die zweite Frau für die Sprachen, die aber erschrocken die hübschen Augenbrauen hochzieht.

Die Kollegin konzentriert sich mit ihren sprachlichen Hilfestellungen auf andere Momente des Tages, und das ist richtig so! Sie ist Gruppendolmetscherin und für meine eher spezielle Wörteraktrobatik gar nicht ausgebildet.

Auf Veranstaltungen wie der heute hätte ich mich im Normalfall akribisch vor­be­reitet. Hier aber gab es keinerlei Hintergrundmaterial im digitalen Briefkasten. Was ich im Netz fand, hatte ich im Vorfeld gelernt. Allerdings ist es ohne erste Vorkenntnisse und Stichwörter mühsam, in die Tiefen von Materie und Netz ein­zu­dring­en und auf die richtigen Seiten zu stoßen. Vor allem bin ich eine Woche lang rund um die Uhr mit Studenten bei einer Fortbildung im Einsatz, dafür habe ich andere Wortfelder beackert, für dieses Technikthema war im Ablauf gerade mal eine hal­be Stu­nde Einlesen drin.

Wir besichtigen eine Mülltrennungsanlage. Dass hier Zweckmäßigkeit vor Schönheit geht, ist an den Sicherheitswesten unschwer zu erkennen. So ein Mundschutz macht das Dolmetschen auch nicht einfacher, es wird schnell heiß und feucht darunter ...

Menschen in grellfarbenen Schutzwesten, Dolmetscherin, PR-Mensch der Mülltrennungsanlage, Dozent mit MundschutzUnser Fachmann erkärt, wie durch eine Welle mit Dornen und über starke Gebläse der Plastikmüll voneinander ge­trennt und gelockert wird, damit er später leichter zu sortieren ist. Der Mann von Alba umschreibt, gibt ein­ge­deutsch­te Begriffe zum besten, die ich mir in der Schnel­le gar nicht alle notieren kann ...

So bleibt er mir auch wunderbare Wörter wie "Ballistikseparator", das ich als Schild erst beim Verlassen der Anlage entdecke, bis zum Ende schuldig. Dabei hätte ich hier ebenso rasch wie elegant eine wörtliche Übersetzung liefern können ... stattdessen habe ich mir mit etlichen Paraphrasierungen |einen abgebrochen| viel Mühe geben dürfen.

Naja. Zum Abschied versprach der Herr, mir ein Dokument vom Tag der offenen Tür zuzumailen, Zitat: "Da stehen all' die böse Wörter drin!" Prima! Ich bin dann gewappnet für die nächste Mülltrennungsanlage, anders gesagt: ... für wenn ich für Politiker dolmetsche und einen ganzen langen Tag Zeit habe für die Vorbe­rei­tung ;-)

Weiter mit Vokabelnotizen: Über­band­mag­net­ab­schei­der, Leicht­gut­ab­schei­der, Ge­bin­de­öff­ner ...
Und auf Französisch: table de tri, tapis roulant, ligne de tri, ordures ménagères, fabrication de granulés, désintégrateurs à ordures, séparateur rotatif, séparateur de vapeur dans les chaudières, crible rotatif à mailles de granulométries dif­fé­ren­tes ...

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Fotos: Kathrin Reichelt
Dieser Eintrag wurde durch die freund-
liche Unterstützung des dfjw möglich

Montag, 8. April 2013

Pflügel

Hallo! Sie ha­ben ein Bord­buch aus der Dol­met­scher­ka­bi­ne an­ge­steu­ert (in der auch Übersetzerisches notiert wird). Im Alltag beobachte ich die Entwicklung der Sprachen. Besonders fallen mir immer freiwillige und unfreiwillige Veränderungen meines "Arbeitsmaterials" auf.

So habe ich das noch nie gehört ...


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Foto: C.E.

Sonntag, 7. April 2013

Am Alex

Hallo! Willkommen auf meinen Blogseiten. Hier schreibe ich als Übersetzerin und Dolmetscherin für die französische Sprache. Sonntags bringe ich hier ein Foto (oder auch mal eine kleine Fotostrecke). 

Seit Wochen haben die Berliner mehr Licht, aber es ist weiterhin nur kalt und grau. Judith von der Berlinale-WG, die derzeit im Rahmen eines Sabbaticals in Südfrankreich zubringt, wirbt erfolgreich für mildere Gefilde. Ferien sind zum Verreisen da ... wenigstens von Zeit zu Zeit. Nach den Osterferien hütet jetzt die Mitbewohnerin die Wohnung, eine liebe Kollegin aus Paris, die sich aus sprach­li­chen Grün­den regelmäßig in Deutschland aufhalten muss, während ich auf einer deutsch-französischen Fortbildung dolmetsche. Ab dem 15.04.2012 bin ich wieder in Berlin tätig.

Und mein Sonntagsfoto (am Freitag aufgenommen) ist hoffentlich eines der letzten Winterfotos der Saison 2012/13. Wolkenhimmel, Wollmützen, Kran und Tram-Ober­lei­tung, seh'n Se, det is am Alex.

Kinder mit Mützen, eine blonde Frau ohne Mütze. Der Himmel hängt tief am Fernsehturm ....
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Foto: Merci beaucoup, M.N. !

Samstag, 6. April 2013

Alles Bahnhof oder wie?

Hallo beim Weblog aus der Welt der Sprachen. In Berlin, Paris, Köln oder Marseille dolmetsche ich in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kunst und Gesellschaft sowie für Privatkunden.

Heute nur einen schnellen Link der Woche. Als ich das sah, hatte ich Gänsehaut. Vokabelnotiz: Der Flashmob — la mobilisation éclair

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Film: Volksoper Wien

Donnerstag, 4. April 2013

Musteranfrage

Ein Leben aus Sicht einer Wort­ar­bei­ter­in kön­nen Sie hier mitverfolgen. Jen­seits meiner sprachbasierten Brotarbeit als Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache erlebe ich immer wieder, dass in der Allgemeinheit re­la­tiv wenig darüber, wie wir genau tätig werden, bekannt ist. Die Aufklärung setzt vor dem Schreiben eines Angebots ein.

Ein aufgeklappter Dolmetschkoffer auf einem Holztisch, drumherum weitere Tische und Stühle. Es ist hell.
Flüsterkoffer auf Reisen im Süden
Alle Naslang fragt uns je­mand, ob wir ein Muster für eine Anfrage hätten. Die Ant­wort gleich vorweg: nein, die gibt es nicht. Jeder Einsatz ist anders, daher suche ich in der Regel das Gespräch mit den Veranstaltern.

Um einen Kostenvoranschlag zu er­stel­len, frage ich ver­schie­dene Punkte ab, damit das Angebot genau passt.

Es sind Fragen wie diese: Für wen soll gedolmetscht werden? Für eine Ein­zel­per­son? Für ein allgemeines Publikum? Oder ist es ein Fachpublikum, z.B. bei einem Kongress? Ein Kamerateam oder ein Unternehmer? Eine Delegation von Politikern ... oder wird die Buchung in ein Kollegengespräch in einem Restaurant münden? (Wenn ja, in welchem Lokal? Gibt es dort ein ruhiges Hinterzimmer?)

Um welche Sprachen geht es? Sind nur zwei Sprachen beteiligt oder vielleicht drei ...? Sollte dann in die drei Sprachen gedolmetscht werden oder können wir zwei Sprachen zu Arbeitssprachen erklären?

Ist Technik vorhanden? Gab es ein Vorbereitungstreffen, das sich in Dokumenten niedergeschlagen hat? Wäre es möglich, vorab mit den Rednern in Kontakt zu treten? Wird das Event aufgezeichnet? (Urheberrechte!) Hier, wie unterschiedlich unsere Einsätze sein können.

1. Situation: Dreiergespräch in einem Ministerium. Ein Deutscher und ein Franzose verstehen sich auf Französisch, für einen zweiten Deutschen werde ich ins Deutsche flüstern. Der möchte seine Fragen allerdings auf Englisch stellen. Es kann sein, dass dem Gast aus Frankreich der eine oder andere Begriff zum Verständnis fehlt, ich werde dann einzelne Vokabeln soufflieren. Anschließend geht es in ein Restau­rant mit Hinterzimmer. Ich habe dort schon angerufen und sichergestellt, dass wir allein sein werden.

Dolmetschpult "auf Sendung" (grünes Licht)
Dolmetschpult in Aktion
2. Situation: Interview mit einem schwedischen Pres­se­ver­tre­ter. Er versteht Fran­zö­sisch, stellt seine Fragen auf Englisch, ich dolmetsche sie dem Gast aus Paris, der in Berlin weilt, in sein Idiom. Hier muss ich nahezu wörtlich übertragen, obwohl es sich um kon­se­ku­ti­ves Dolmetschen handelt. Jedes Zitat kann Grund­la­ge der Be­richt­er­stat­tung werden.

3. Situation: Delegationsreise nordafrikanischer Nachwuchspolitiker nach Berlin. Wir dolmetschen in verschiedener Teamzusammensetzung aus dem Türkischen und Deutschen ins Französische. An einem Abend gibt es ein Publikumsgespräch. Die mobile Dolmetschanlage, die uns an den drei Tagen begleitet hat, kommt an die Steckdose, denn der Veranstalter hat zwei Dolmetscherkabinen aufbauen lassen. Wir arbeiten dreisprachig, Französisch, Deutsch, Englisch. Die Techniker sind im Dauereinsatz. Wir auch: Wir haben eine Lexik erarbeitet, die über die Tage wei­ter­wächst und verbessert wird. Hier notieren wir Begriffe, die in keinem Wörterbuch stehen.

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Fotos: C.E. (Archiv)