Donnerstag, 17. Oktober 2013

Zwei Apfels

Bien­ve­nue auf der Blog­seite ei­ner Dol­met­scher­in und Über­setzer­in. Fran­zö­sisch ist meine zwei­te Arbeitssprache, Englisch meine "passive" Sprache. Hier erhalten Sie Einblicke in die Berufswelt von Sprachmenschen. Heute: Alltagsärger.

Beim Geldbeutelausräumen und Belegesortieren fiel mir neulich dieses Prachtstück von Kassenbon in die Hände:

Heimische Apfels, Pflaumen Rot, Tomaten RundDass sich der Plural von Apfel so schreibt, war mir neu, da­bei hatte ich nur ein harm­lo­ses, vorgepacktes Apfelnetz gekauft. Und dass hier das Rot in das Rund muss, scheint ja wohl klar!
Im Ernst, die kleinen, roten Pflaumen und die un­ecki­gen Tomaten, die esse ich lieber selbst, anstatt mit ihnen Fuß­ball zu spielen!

Bei einigen Beratungen mit anderen besserwisserlichen Sprachmenschen mutmaßte der eine, Apfels sei die unbeholfene Abkürzung für Apfelsine. Aber mir zeige bitte jemand den "heimischen" Orangenbaum. Ein anderer meinte, dass "Apfels" einfach "Apfelsorte" heißen könne.

Warum wurde die Kasse so schlampig programmiert? Und überhaupt, inzidentelles Lernen findet ja auch beim Einkaufen statt, so dass Kinder und Zugereiste auch bei falscher Großschreibung fehlerhaftes Deutsch lernen. Wenn's mal nur die wären! Jeder 6. erwachsene Mensch hier in "Deu" (siehe Bon) verfügt, der neusten Bil­dungs­stu­die der OECD zufolge, über die Le­se­fä­hig­keit von Zehnjährigen. Schlimm genug. Aber warum dürfen ge­ra­de die ent­schei­den, was am Ende auf den Kas­sen­bons steht?

Nennt mich kleinlich, aber Lernen ist nun mal eine lange Strecke, die aus Mil­liar­den kleiner Schritte und viel Achtsamkeit für die Mitmenschen besteht! Wenn der weltbeste Patensohn seinen Turnbeutel sucht, sage ich doch auch: "Der liegt auf dem Klafünf!", nicht ohne anschließend zu fragen, warum ich "Klafünf" gesagt habe. Wer wirklich lernwütig ist, und das sind Menschen eigentlich von Natur aus, lässt keine Chance aus.


P.S.: Anders, als einer der Kollegen annahm, stammte der Einkaufsbeleg nicht vom Viet­na­me­sen an der Ecke, sondern von einer in Berlin ansässigen Biomarktkette.
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Foto: C.E.

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