Mittwoch, 28. August 2013

Niedere Mathematik, die X-te

Bon­­jour, hel­­lo und sa­lut ... auf den Sei­­ten die­­ses Blogs. Hier schreibt eine Dol­­met­­scher­­in und Über­­setzer­in über ihren All­­tag in Ber­­lin, Paris, Köln und dort, wo sie gebraucht wird.

Nachtrag zu gestern, leider war das wieder die Quadratur des Kreises. Ich schrieb, dass ich verärgert darüber sei, dass Kunstkongressveranstalter ver­ges­sen hatten, die Kosten für die Ver­dol­met­schung ihres zweitägigen Kol­lo­qui­ums zu kalkulieren. Das stimmt so und auch wieder nicht. Angekündigt wurde die kleine, interne Arbeitsveranstaltung eines binationalen Studiengangs.
getanzte Quadratur des Kreises
Wir sprachen über eine Auf­wands­ent­schä­di­gung, die Reisekosten nach Süd­frank­reich wurden nicht ge­son­dert er­wähnt, dass die erstattet werden, ver­steht sich in unserem Gewerbe so sehr von allein, wie dass wir Preise vor Steuern verhandeln. Dann flatterte das Programm ins Haus. Und das sah nicht nach hausinterner Veranstaltung aus.

Auf ihm sind wichtige Namen zu lesen, die Zeiten sind klar ausgewiesen, es gibt Impulsreferate, Reden, Dis­kus­sio­nen, Publikum — und unten auf dem Pro­gramm stehen sehr wichtige Insti­tu­tio­nen als Sponsoren verzeichnet. Und hier geht für mich das Problem los.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das Projekt von einer eher kleinen Ar­beit­srunde in der Vorbereitungs­pha­se weg­ent­wickelt hat.

Damit war diese Veranstaltung aber nicht mehr von den handelsüblichen Kon­fe­ren­zen zu unterscheiden. Für mich ein Riesenproblem: Die kofinanzierenden In­sti­tu­tio­nen bekommen am Ende die Abrechnung mit allen Einzelrechnungen auf den Tisch. Sie würden also sehen, dass ich auch zu ganz anderen Preisen arbeite. Und bei den nächsten Ho­no­rar­ver­hand­lun­gen würde es dann schwierig werden zu rechtfertigen, wa­rum meine Arbeit plötz­lich wieder richtig Geld kostet.

Die Unerfahrenheit der Menschen in der Verwaltung darf ich nicht unterschätzen, vor allem dann, wenn es um niedere Mathematik geht. Erst an x-ter Stelle vermute ich unlautere Hintergedanken.

Daher erwäge ich meine Teilnahme doch kurz, na klar, Ehrensache! Ich suche im Netz nach den Flugpreisen, die Konferenz findet in sechs Wochen statt, und er­schrecke: Allein der Flug würde ohne Transfer mehr kosten, als an Auf­wands­ent­schä­di­gung für einen Tag gezahlt wird. Der Rest der Reisekosten und die Ausgaben für ein Gastgeschenk, in Marseille wohne ich gerne privat, hätten dazu geführt, dass ich am Ende auf 10 Euro netto je Stunde Dolmetschen kommen würde. In einem hatte ich gestern eindeutig unrecht: Gute Nachhilfelehrer verlangen mehr als das.


P.S.: Ich habe etliche Kunden, für die ich seit Jahren Leider-leider-Tarife prak­ti­zie­re: Privatleute mit kranken Familienangehörigen, kleine Filmproduktionen, die ohne eine echte Finanzierung auskommen müssen ... aber es waren auch ganz ausgewachsene Bildungseinrichtungen darunter. Früher habe ich gedacht, dass ich mir so manche Institution geneigt mache, wenn ich mich freundlich zeige und für eigentlich unzumutbare Honoare arbeite. Aber das ist ein Trugschluss! Un­ser­ei­ner wird dann irgendwo unter ferner liefen abgespeichert, und wenn in nämlichem Büro ernsthafte Aufträge reinflattern, bestellt man einen "richtigen" Dolmetscher ein, will sagen: einen/eine, der/die immer nur hohe Rechnungen schreibt.
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Fotos: C.E. (von einem Seminar in der Jugendarbeit,
Danke ans DFJW!)

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