Sonntag, 4. August 2013

Chuchichäschtli

Lie­be Leserin, lie­ber Leser, herz­lich will­­kom­­men auf den Sei­ten mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Hier schrei­be ich unter Wah­rung von Be­rufs­ge­heim­nissen über Epi­so­den mei­nes Alltags als Dolmetscherin und Übersetzerin. Neben mei­nen Haupt­spra­chen Französisch und Englisch habe ich offenbar ein Ohr für Dialektales entwickelt.

Ich habe eine Wettte verloren. Also muss ich einen Blogpost schreiben, in dem ein Wort mit drei Gutturallauten vorkommt. Voilà !

Die Konferenz sollte Gäste aus Deutschland, Frankreich, Belgien zu­sam­men­füh­ren ... ach, und eine Dame aus der Schweiz ist noch zu erwähnen, die un­prak­ti­scher­weise einen internationalen Vornamen und einen englischen Nach­namen trug. Lange vor Beginn der Veranstaltung lungerten die Ko-Kabine und ich möglichst unauffällig beim Ak­kre­di­tie­rungs­counter rum und versuchten, die Gäste zu­ iden­ti­fi­zie­ren, für die wir die nächsten zwei Tage dolmetschen würden. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Von fünf Rednern hatten wir bislang nur drei Reden bzw. Notizen zugesandt be­kom­men. Wir wollten herausfinden, wer unsere potentiellen Kunden sind, die "Zielohren", deren Wörter wir bald würden vertonen dürfen.

Das Teeregal der Autorin, ein Küchenschränkchen ..,In der Kaf­fee­pau­se ging unser Rät­sel­ra­ten weiter, diesmal half sogar die Eng­lisch­ka­bine mit. Zwei "Kunden" hat­ten wir ein­wand­frei aus­machen kön­nen.

Um das fehlende Material wollte sich der Ver­an­stalter noch kümmern, aber sicher war sicher: Hätten wir raus­be­kom­men, wer von der illustren Ge­sell­schaft uns bislang mit Ver­ach­tung ge­straft hatte, wir hätten ihn/sie an­zu­spre­chen gewusst.

Zwei Belgier konnte die Ko-Kabine am Samowar als solche erkennen. Der eine sprach Fran­zösisch mit flämischem Akzent, der andere erzählte etwas aus den années nonen­tes, den 90-er Jahren, hier lag der Fall eindeutig, denn Belgier machen die kom­pli­zier­te Zahlenarithmetik der Franzosen nicht mit.

Und auch ich konnte einen Beitrag zur Eingrenzung der "Verdächtigen" liefern, da ging die Veranstaltung längst auf die Mittagspause zu (und noch immer fehlten Dokumente, vor allem für den zweiten Tag). Denn unter den Diskutanten befand sich eine Dame, die von Englischkabine zuvor als "die Münchnerin" tituliert worden war, sie hat vermutlich in München studiert, geschenkt! Aber als sie einen Satz sagte mit "Anfang Woche" statt "Anfang der Woche", war mir klar, dass sie unsere gesuchte Schweizerin mit englischem Zunamen ist. Eine Deutsch­schwei­zerin, super, auch sie schied damit als säumige Dokumentenlieferantin für die Fran­zö­sisch­ka­bine aus.

Die Kollegen hatten diese Feinheit überhört. Ich aber hatte in einem früheren Leben mal eine Schweizer Schwiegermutter. Daher kenne ich so wunderbare Vokabeln wie [ˈχʊχːiˌχæʃtli]. Das Chuchichäschtli hängt oder steht in der Küche und ist ein Schränkchen. Achtung, das "ch" wird im Süden als stimmloser uvularer Frikativ gesprochen. Es ist ein Schibboleth, also die Besonderheit einer Sprache, durch die ich Menschen sozialen Gruppen oder Regionen zuordnen kann. (Danke, Wikipedia!)

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Foto: C.E., Tischlerin Jule hat zwei
fehlende Schubladen ersetzt.

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