Montag, 6. Mai 2013

Stichwort: Drehbuchübersetzung

Hallo beim ersten deutschen Web­log aus dem In­ne­ren einer Dol­met­scher­ka­bine. Hier schrei­be ich seit mehr als sechs Jah­ren (und ins­zwi­schen fast täglich) über meine Arbeit. — Ta-taaa: Heute beginne ich eine neue Kategorie! Ich habe seit­her alle Kernthemen des Metiers aus diversen Blickwinkeln behandelt, daher schiebe ich jetzt regelmäßig Texte in die vorderste Reihe, die sonst in der Masse der 1469 (sic!) veröffentlichen Einträge untergehen würden, ergänzt durch eine Prise Humor.

Alte Schreibmaschine2011 schrieb ich über meine Arbeitsweise als Dreh­buch­über­setzerin und verglich
Tagesgagen: Uns Übersetzern gönnt die Produktionswelt gerne das, was Tippmamsellen mit Schönschreibqualitäten bekommt.

Eine praktische Liste zum Thema habe ich schon 2008 verfasst (unten).

Meine wichtigsten Kerngedanken aus beiden: Eine gute Drehbuchübersetzung darf nicht übersetzt klingen. Drehbuch ist eine Mischung aus Pragmatik (Regie­an­wei­sungen), Prosodie (Dialoge) und Poesie (Beschreibungen). Plus die übliche Binse: Qualität kostet Zeit und Geld. Schlechte, schnell gemachte Arbeit fällt immer auf, der sorgfältig übersetzte und redigierte Text, der ganz selbstverständlich da­her­kommt, so gut wie nie.

Das Ziel der Übersetzung muss vorab definiert werden. Soll das selling script Ko­pro­duktions- oder Sendergelder einloben? Soll das shooting script morgen um­ge­setzt werden? Ist es ein postproduction script oder soll am Ende ein Buch zum Film veröffentlicht werden? Eins ist allen Beteiligten klar: Drehbücher verändern sich im Produktionsprozess stark, leider oft nicht nur zum Besten.

Da ich selbst auch Autorin bin, werde ich oft in der ersten Phase angefragt. Meine eigenen Texte hätten einen gewissen "Caroline-Sound", befand neulich auch Autor H.F. aus Hamburg. Beim Übersetzen von selling scripts kommt genau das zum Tragen: Habe ich die Wahl zwischen einer übersetzt und damit etwas holprig tön­en­den Redewendung und dem, was ich getextet hätte, entscheide ich mich in der Regel für meine Fassung. Von manchen Produzenten werde ich exakt des­we­gen gebucht: Ich mag eine gewisse Nonchalance, dabei größtmögliche Genauig­keit ... und meine weitverzweigten Leseerfahrungen dürfen gerne auch durch­schei­nen.

Ein Hinweis für Produzenten: Zur Ermittlung meines Honorars nehmen Sie die Sum­me, die Ihnen jetzt durch den Kopf geht, einfach mal zwei. So verknappt ist das natürlich ein Scherz, aber die Wirklichkeit liegt davon nicht weit enfernt, denn zum Schreibprozess kommen nicht selten technischen Bremser wie For­ma­tie­rungs­probleme hinzu. Gerne sehe ich mir Ihr Projekt genauer an. Für einen Kosten­vor­an­schlag schreiben Sie bitte eine Mail an caroline[at]adazylla.de

Ein Hinweis für Studenten: Drehbuchübersetzen und Mediendolmetschen sind die Kirschen auf dem Kuchen. Es ist eine Knochenarbeit, die besonders herausragende Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Dieser Beruf ist also kein "Job" als rasche Lösung für all jene, die "irgendwas mit Medien und Sprache" machen möchten und sich selbst keine eigenen künstlerischen Äußerungen zutrauen, daher lieber als Dienstleister "abgesichert" sein wollen. In diesem Metier gibt es keine Sicherheit.


P.S.: Wenn mich ein Buch begeistert und mein restliches Auftragsvolumen stimmt, arbeite ich gelegentlich auch mit einem Honoraranteil in Rückstellung. You only get what you're asking for, frei übersetzt mit: "Wer fragt, gewinnt".
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Foto: Archiv

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