Donnerstag, 13. September 2012

Kompetenzzentrum

Bonjour auf den Seiten eines Logbuchs aus der Dolmetscherkabine. Regelmäßig texte ich die Blogeinträge aber auch am Schreibtisch, nach der Arbeit, wenn sich das Arbeitsende wirklich klar definieren lässt. Denn immer wieder hänge ich stundenlang am Telefonhörer ...

"verkehrtes Telefon": das alte Analogteil ... seitenverkehrt
"Einen Moment, bitte", sagte der Mann, nachdem ich eben gerade gefühlte 15 Minuten auf die "Hotline" einer Telefongesellschaft gewartet hatte. Dann hatte ich für meine Verhältnisse extrem enerviert angekündigt, dass dies jetzt mein letztes Telefonat vor Einschalten eines Anwalts sei. Außerdem kannte ich ein Codewort.

Eine Bekannte, die bei dem Laden einst gearbeitet hat, riet mir zum Wort "Eskalation", das sei der zentrale Begriff dafür, dass ein "Vorgang" aus dem Ruder zu laufen drohe. "Einen Moment", sagte der Mann, "ich verbinde Sie mit der Beschwerdestelle!"

Und wirklich, nur einen Moment später meldete sich Frau Truchemuche (naja, Madame Verschmittler) vom ... (Trommelwirbel, Tusch!) "Kompetenzzentrum" nämlichen Telefonanbieters. Wie nun? Im Ernst? Die Wahl des Begriffs lässt tief blicken. Klar, dass bei einem solchen Wort der Kopf zu rödeln anfängt: Ist das Call center jetzt das "Inkompetenzzentrum"? Sind nur ausgewählte Mitarbeiter ermächtigt und/oder befähigt, kompetent auf Kundenwünsche einzugehen?

Doch ehe ich mich in linguistische Spitzfindigkeiten verliere, hier der Hintergrund. Nämliche Telefongesellschaft wollte mir schon letztes Jahr ein Superschnellnetz für Web und Fon verkaufen; nach einem knappen Dreivierteljahr war klar, dass  es derlei in meinem Wohngebiet noch nicht gibt, inzwischen |saß ich dumm auf der Leitung| stand ich ohne Leitung da. Trotzdem wurde aber trotz wiederholter Proteste und Rückbuchungen der verhinderten Kundin fröhlich Geld fürs Nichtangebot kassiert. In der Urlaubszeit haben sie sich dann alles auf einen Schlag gegriffen. Lastschriften sind nur eine gewisse Anzahl von Tagen rückholbar, damit war ich zur Bank geworden (nee, wie heißt eine Firma, die zinslose Darlehen vergibt?) Ach ja, eine eingängige Telefonnummer sollte ich auch noch bekommen.

To make a long story short: Gut acht Monate nach dem angekündigten Termin ... standen dann beide Leitungen, Telefon und Internet, am Ende reisebedingt nochmal verspätet (diese Verspätung geht auf meine Kappe). Die berühmte Firma selbst hatte sechs bzw. mehr als sieben Monate gebraucht. Ich bat um Rücküberweisung des gezahlten Geldes. Man versprach mir, die Abbuchungen solange zu unterbrechen, bis mein Guthaben erschöpft sei. (Ich protestierte mit Mail Nr. 55 oder etwas in der Preislage.)

Und dann kam die nächste Abbuchung. Dieses Mal brüllte ich beim Anruf der Hotline in den Hörer (nach Vorwarnung, soll ja niemand einen Tinnitus bekommen). Darauf folgte: siehe oben.

Jetzt wird zurückgebucht, Frau Truchemuche vom Kompetenzzentrum war wirklich kompetent. Sie fand sogar noch heraus, dass die Nichtfreischaltung deshalb nicht bemerkt worden war, weil jemand mit meiner neuen Nummer ohne mein Wissen (wo?, wie?) telefoniert hatte ... während bei mir die Leitung tot war (es ging meistens nur um Centbeträge, einmal aber 14 Euro). Jetzt kriege ich einen Einzelverbindungsnachweis und das Unternehmen sucht nach der undichten Stelle. Alles nicht gerade vertraueneinflößend.

Ich ging raus, um a) Luft zu schnappen und b) Dampf abzulassen. Der Briefträger war gerade dagewesen ... und ich zog aus dem Kasten: Einen Werbebrief nämlicher Firma, die mir das Superschnellnetz anpries und es mir mit beachtlichem Preisnachlass ultrafix andealen wollte. Nein, danke, bin bedient!

Nur die eingängige Telefonnummer, die hätte ich jetzt doch noch gerne. Das Gute an der Sache: Die olle Gemüse- und Fischnummer bin ich los und niemand kennt die Übergangsnummer, es klingelt praktisch nie!

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Foto: C.E. (Archiv)

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