Freitag, 14. September 2012

Countdown: Drehbuchübersetzung

Hallo! Sie sind auf einer Blog­seite ge­lan­det, hier geht es um Dol­met­schen Deutsch<>Fran­zö­sisch in Ber­lin, Pa­ris, Leip­zig, Köln und an­ders­wo. Mei­ne Netz­werk­kol­legen und ich ar­bei­ten als Si­mul­tan­dol­metscher, Flüsterdolmetscher, Konferenzdolmetscher, Konsekutivdolmetscher und Bühnendolmetscher. Was das jeweils ist, können Sie hier nach und nach lesen. Außerdem arbeite ich als Übersetzerin für eine besondere Form von Literatur: für alles, was mit Kino und Filmproduktion zu tun hat.

Ein neues Drehbuch steht an, ich muss mich organisieren. In Zeiten, in denen Übersetzen überwiegt, gehe ich so früh ins Bett wie als Studentin schon, um zehn Uhr, lese maximal bis elf und schlafe mit Unterbrechungen sieben Stunden lang. (In Wochen, in denen ich zum Beispiel abends dolmetsche, verschiebt sich dieser Rhythmus aufgrund des hohen Adrenalinspiegels, der durch die Konzentration entsteht.)

Drehbuchseite mit Änderungsmarken
Erst plane ich das Backtiming. Ich weiß aus Erfahrung, wie lange ich brauchen werde. Anfänge gehen immer schnell, es ist die Menge und der Feinschliff, die Zeit brauchen. Je nach Thema recherchiere ich mehr oder weniger intensiv Fachtermini oder ein Wortfeld, das eine gewisse "Farbe" haben soll; diese Arbeiten muss ich auch einplanen.

Diese Erfahrung sichere ich als control freak mit Zahlen ab. Konkret geht das so: Ich erstelle mir eine Excel-Tabelle, die mir jeweils meine Arbeitszeiten, den täglichen Durchschnitt, die verbleibenden Seiten und Zeitbedarfe ausweist. Doch diese Tabelle mache ich nur noch zur Sicherheit. Ich weiß, dass ich mich für ein durchschnittliches Buch zwei bis drei Wochen lang täglich von 8.00 bis 13.30 Uhr hinsetzen muss, um es zu übersetzen, dann geht die Kollegin vom Korrektorat ans Werk, dann folgt tagelanges Schleifen.

In den USA rechnen Produzenten und Autoren mit 100 Seiten Drehbuch für 100 Minuten, das dann auch 100.000 Anschläge inklusive Leerzeichen lang ist. Selling scripts, und im Vorfeld von Koproduktionen und Filmförderanträgen werde ich oft aktiv, sind meistens länger, da das Buch normalerweise in einem (verglichen mit dem shooting sript) frühen Stadium ist. Das letzte Buch, das ich übersetzt habe, war mit "Begleitmaterial" 150.000 Anschläge lang und hat entsprechend gedauert. So arbeite ich auf Basis einer Sechs-Tage-Woche, aber am Samstag in der Regel weniger lang.

Schreibtisch mit Rechner, Kalener, Notizbuch, Schreibgeräten, Uhr, Tee, Mobiltlefon, Lampe
Ziel ist eine Drehbuchübersetzung, die sich auf Deutsch so liest, als wäre sie auf Deutsch geschrieben. Kurz: Ein Drehbuch, das sich einfach gut liest. Schmunzeln musste ich neulich über die Mail eines potentiellen Kunden, der meinte, die Übersetzung müsse ja nicht perfekt sein, das Buch solle keinen Literaturpreis gewinnen, nur eben Geld für die Film­her­stel­lung reinholen.
Mit Verlaub: Schlechtes ist schnell gemacht, das Gute braucht immer am längsten ... und klar, schön und einfach muss so ein Buch wirken und herausragen aus der Masse, wenn sich die Finanziers dafür begeistern sollen.

Daher arbeite ich jetzt konzentriert weiter, der Countdown läuft.


Mehr zum Thema Drehbuchübersetzung hier.
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Fotos: C.E. (Archiv)

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