Dienstag, 25. September 2012

Arbeitsplätze

Schön, dass Sie hier gelandet sind, beim 1. deutschen Weblog aus der Kabine einer Dolmetscherin. Mitunter dolmetsche, übersetze und texte ich aber nicht auf den klaustrophobisch engen zwei Quadratmetern einer solchen Kabine, denn gerade der Schwerpunkt Medien bringt mich immer wieder an besondere Orte.

Filmherstellung mit ausländischen Protagonisten ist oft auch für Dolmetscher ein hochgradig diffiziles Unterfangen. Unsereiner sitzt in der Regel akustisch vom Ort des Geschehens getrennt, wie bei Konferenzen ja auch, wenn möglich sogar schalldicht isoliert. Trotzdem erhöhen die räumlichen Umstände nicht selten den Kraftakt, den Dolmetschen ohnehin schon darstellt.

Also, ich habe schon gearbeitet: im Vorraum zum Klo eines stillgelegten Schwimmbades (bei ca. zehn Grad Innentemperatur, siehe Foto), auf dem Flur eines Grand Hotels (die Episode wanderte sogar in eine Diplomarbeit), in Christa Wolfs Wintergarten, im Führerhaus eines LKWs, im Stuhllager der Akademie der Künste, im Badezimmer einer Hotelsuite, in einer Halle des einstigen Tacheles, im Gang vor dem Kino Arsenal, im Bildwerferraum so manchen Kinos, in diversen Cafés, auf einer Kunstausstellung inmitten drängelnden Publikums (das mich die ganze Zeit bat lauter zu sprechen, dabei dolmetschte ich für die Kamera), in der Anatomie vor Seziertischen, an denen gearbeitet wurde, kurz vor dem Sturm auf einem Leuchtturm (der Wind löste eine Metallplatte von der Brüstung, mich zierte wochenlang ein blauer Fleck, so groß wie ein Blatt Din A 4), bei ordentlich Seegang auf dem Fischkutter, bei Gisèle Freund in der Küche, mitten auf dem Pariser Platz, in einem Nebenraum des Kanzleramts, auf dem Bauch im Garten einer Wannseevilla liegend, über uns die Helikopter (Spielfilmdreh) und in der Loge einer Schauspielschule und ...

Gerade bereite ich den nächsten Dreh vor. Und dieses Mal soll ich mit ins Bild, im schicken Anzug, Dresscode "Vorstandsetage". Ich beginne mich geistig darauf einzustellen und weiß, dass das mit vielen meiner Kolleginnen und Kollgen nicht zu machen wäre.



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Foto: C.E. (Archiv)

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