Donnerstag, 31. Mai 2012

Im Grünen

Bienvenue auf der Blogseite einer Dolmetscherin und Übersetzerin. Französisch ist meine zweite Arbeitssprache, Englisch meine "passive" Sprache. Hier erhalten Sie Einblicke in unseren Alltag. Heute: Unerwartete Widrigkeiten.

Viele im Dreifachkreis aufgestellte weiße Stühle stehen auf rotbraunem Waldboden unter dem dunkelgrünen Blattwerk von Bäumen. Wir sehen nur einen Ausschnitt, etwa die Hälfte ... Die Sonne scheint.Schöner Tagungsort hier! Wir sind im Grünen unter einem Blätterdach, das vier nah beieinander stehende Bäume bilden. Das spätvormittägliche Licht wird sanft gefiltert, die Sonnenflecken tanzen über die Köpfe und die bunte Kleidung der Teilnehmer. Was die Vögel aber auch für einen Rabatz machen! Da versteht man ja sein eigenes Wort nicht!

OK, ich übertreibe jetzt gnadenlos, mein eigenes Wort kann ich noch verstehen, egal, ob es französisch oder deutsch ist.  Aber auch nur gerade noch so. Schwieriger wird es, die Leute zu verstehen, deren "Texte" ich in der jeweils anderen Sprache wiedergebe. Da muss ich dann immer aufstehen und möglichst nah ran an meinen "Klienten". Was eigentlich kein Problem ist, denn stundenlanges Sitzen liegt mir nicht so sehr.

Ich bin gerne in Bewegung, nicht nur geistig. Aber hier muss ich immer wieder unter den Ästen durchschlüpfen, unter kleinem Geäst, feinen Zweiglein oder aber unter den starken, tragenden Ästen, die alle zusammen diesen kleinen grünen Konferenzraum bilden. Und da immer alle gleich lossprechen, sobald ihnen das Wort erteilt wurde, weil sie so viel zu sagen haben, muss ich gleichzeitig rennen, hören und versuchen, nicht an einem Baum hängenzubleiben ... und dann auch noch um diverse Taschen herum Slalom laufen, die hier und da hinter den schönen weißen Stühlen abgelegt worden sind.

Manchmal fehlen mir die ersten Worte der neuen Sprecherin oder des neuen Sprechers, ich muss schlussendlich auch noch kombinieren, als wäre ich eine Detektivin. Ganz schön viel für eine Person.

So, rasch in den alten Ballsaal, der die Kantine des Tagungshauses abgibt, dann geht es in der hauseigenen Kinovorführung weiter. Ein letzter Blick zurück —  jetzt können die Vögel endlich wieder in Ruhe balzen.

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Foto: C.E.

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