Montag, 27. Februar 2012

Gegen das Einheitsdenken

« Bienvenue !» Sie sind auf den Arbeitstagebuchseiten einer Berliner Übersetzerin gelandet, die daneben als Französischdolmetscherin für Politik, Wirtschaft und Handel, Kino, Medien und Medienökonomie arbeitet. Dabei denke ich oft auch über Mehrsprachigkeit und die Pflege der Muttersprache nach.

Muttersprache, dieses Wort verwendet Wissenschaftler Claude Hagège ungern, er spricht von dominanten Sprachen. Wer wie er mühelos von einer zur nächsten Sprache wechselt (und ihm stehen dafür mehr als die drei, vier Sprachen zur Verfügung, die Dolmetscher im Durchschnitt sprechen), weiß, dass jeder anderssprachigen Ausdrucksweise auch ein anderer Blick auf die Dinge innewohnt. Umgekehrt diagnostiziert der Professor des Collège de France, dass unsere westlichen Gesellschaften sich immer mehr und ohne Not einem Einheitsdenken unterwerfen, das eine (oft nur mangelhaft beherrschte) vermeintliche Einheitssprache mit sich bringt.

In einer Hörfunksendung des französischen Auslandssenders Radio France Internationale (RFI) mit dem Titel « Quelles langues parlerons-nous ?» (Welche Sprachen werden wir sprechen?) kam der Linguist heute länger zu Wort. (Hier Teil eins der Sendung, hier Teil zwei; das Programm steht ca. ein Jahr lang zur Verfügung.)

Nebenbei kamen interessante Dinge zur Sprache. Zum Beispiel berichtet Hagège, dass Gehirne von Zwei- und Mehrsprachigen leistungsstärker seien, das hätten Forschungen an der Universität von Montréal ergeben. Hintergrund: Das Gehirn von Menschen, die im Hin- und Herspringen trainiert sind, passe sich schneller an, sei reaktionsschneller beim Lösen auch von nichtsprachlichen Aufgaben.

Das Buch "Contre la pensée unique" ist im Verlag Odile Jacob erschienen. Hinweis an interessierte Verleger: Hagège, von dem in Deutschland nur sehr wenig erschienen ist, hat in Frankreich auch die Grundlagenliteratur zur Erziehung von Kindern mit mehreren Sprachen veröffentlicht.
Übersetzungsvorschlag!

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