Freitag, 6. Januar 2012

Unternächte

Den heutigen Tag nennen die Katholiken "Heilige Drei Könige", das sind die Sterndeuter aus dem Morgenland, die in der Bibel vorkommen. In diesen Wintertagen sind die Sterne besonders lange am Firmament sichtbar. Den Nächten voller Dunkelheit begegneten die Menschen schon in vorchristlichen Zeiten mit einem Lichterfest — wie sehr sie vom Lichtmangel vor der Erfindung der Elektrizität beeindruckt waren, können wir heute nur erahnen. Für die Dunkelheit jedenfalls wurden Erklärungen gefunden, die von Riten begleitet sind. Das Christentum nahm viele heidnische Bräuche auf und überformte sie mit etwas anderem. Gleich welcher Kultur diese und ähnliche alte Geschichten entstammen, sie stecken voller Poesie und narrativem "Hinterland".

Einer alten Tradition zufolge beendet der "Königstag" die "Unternächte". Das Wort "Unternächte" (oder Rauhnächte) kenne ich von meinem Vater, der kennt es wiederum aus dem Erzgebirge. Diese Nächte erstrecken sich über die Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönigstag. Dies waren einst besondere Tage der Muße und des Nichtstuns, im Ergzebirge ruhte der Bergbau. In der verkürzten Form kennen wir das heute noch als "zwischen den Jahren" oder la trêve des confiseurs.

In der erzgebirgischen Mythologie war diese Zeit von einer ganzen Reihe von Regeln und Verboten begleitet. So durfte während dieser zwei Wochen auch keine Weißwäsche gewaschen werden, weil sich in dieser Phase des Jahres über den Himmel rasenden Räuber und Geister darin verfangen könnten. Die Dienerschaft hatte Pause; in Zeiten vor Erfindung der Gewerkschaften waren heidnische oder religiöse Schutzregeln wohl auch ein guter Weg, um die dienstbaren Geister vor zu viel Ausbeutung zu schützen.

(Aber von eigener Hand) Bücher zu sortieren ist hoffentlich erlaubt. Mich haben die Unternächte vor sechs Jahren zu folgenden Zeilen inspiriert, die mir beim Umräumen in die Hände fielen. Da wir zu Jahresanfang noch unter uns sind, bringe ich sie heute.


Unternächte

Zwischen Weihnachten und Königstag
Steht die Zeit.

Noch sind die Tage kurz,
Oder merkst Du was?

Am Firmament gehen Räuber und Gehilfen
Auf Streifzug.

Haus und Arbeit ruhn, einst ruhte auch
Die Dienerschaft.

Und während die Nächte uns eine Frist geben
Schlägt die Stunde.

Prüf Deine Pläne, bring Deine Bücher
In Ordnung.

Zwischen Weihnachten und Königstag
Steht die Zeit.

(02.01.06)


Ab nächstem Montag geht's dann auch wieder "richtig", also arbeitsbezogen, hier auf dem Blog weiter. Über eine weitere Bezeichnungen der Zeit nach Weihnachten schrieb ich hier: abgebrachter Feiertag.

2 Kommentare:

Vega hat gesagt…

Hi Caro, Du schreibst dieser Tage eigentlich (fast) nur übers Licht und den Lichtmangel dieser Wochen, oder Du bildest "Lichtbilder" ab ... hast Du das gemerkt? Wer Dich kennt, weiß, wie wichtig Dir Licht ist. Kleine Anregung für den Link der Woche: Setz' ihn doch zu Deinem Artikel über die Lichttherapie-Lampe, die Du Dir vor einigen Jahren angeschafft hast.
Schönes WE, bis Dienstag, Bine

caro_berlin hat gesagt…

Re-bonjour Bine,

OK, OK, dann mach' ich das wohl. Aber kein Sonntagsbild, denn ich bin noch ganz winterschläfrig.

Grüße und Euch auch ein schönes weekend,
C.